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Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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kreutzer

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragDi 7. Mai 2013, 19:49

dylan hat geschrieben:Hallo Norbert,

ein strammes Programm habt ihr da abgearbeitet, Respekt ;) . Das der Leoville Barton so schlecht abgeschnittenhat verwundert mich etwas. Ich habe den Wein schon einige Male im Glas gehabt; grauslich war er nie, zuletzt sogar gut. Vielleicht spielte da der Umstand eine Rolle, daß er zwischen mehr oder weniger fruchtbetonten Kaliforniern einen schweren Stand hatte!?
Noch eine Frage zum Quilceda Creek 98: Ist der Wein jetzt auf dem Höhepunkt und wenn ja, wie lange wird er sich da vorraussichtlich halten?

Beste Grüße

dylan


Hallo Dylan,

der Reihe nach:

für mich persönlich hätte es auch ein etwas schlankeres Programm getan. Aber bei 11 Personen musste man dann wenigstens nicht nüchtern ins Bett gehen. :)

Zum Leoville Barton. Sicher spielt auch eine Rolle das er zwischen einer Vielzahl fruchtsüßer Weine stand. Aber er war dermassen karg. Und die extrem niedriger Bewertung durch mich ht auch mit dem Urinal-Ton zu tun. Für mich ist das ein Weinfehler. Nicht jeder in der Runde hat das so extrem wahrgenommen. Ob das ein Flaschenfehler war? Keine Ahnung. Kann Urinal durch falsche Flaschenlagerung entstehen? DEr Wein wurde von meinem Weinfreund sicher irgendwann zugekauft.

Der Quilceda Creek ist einer der wenigen Weine des Abends dem ich kein + gegeben habe. Das beruht auf meiner Einschätzung das er nicht unbedingt besser wird. Auf dem Niveau hält er sich aber vermutlich bestimmt 5-10 Jahre. Da spielt die alkoholisch-likörige Ausrichtung eine Rolle.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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VKN vom 6.4.2013: Reife rote Burgunder

BeitragDi 14. Mai 2013, 12:10

Hallo Weinforum,

nachfolgend für Interessierte meine Verkostungsnotiz über eine Verkostung französischer Burgunder am 6.4.2013 in Zons:

1.
2003 Gevrey Chambertin Au Vellé
Denis Mortet

Tiefes rubinrot, in der Nase sehr schöne, etwas überreife, fast likörige Frucht, unterlegt von einer dezenten Holznote, im Wein von mittlerem Körper, satte, überreife Beerenfrucht, gehaltvolle Extraktstoffe, verhalten in der Säure, Alkohol ist aus meiner Sicht gut eingebunden, wurde aber kontrovers gesehen, genauso wie der von anderen Mitgliedern der Tischrunde zu große Holzeinsatz, dieser wird aus meiner Sicht durch den Extrakt des Weines gut abgefedert, jahrgangsbedingt vielleicht nicht der typischste Vertreter eines Gevrey Chambertin, gute Länge, 88 NK Punkte

2.
1999 Gevrey Chambertin Au Vellé
Denis Mortet

Helles kirschrot in der Farbe, in der Nase sehr feine, delikate Kirschfrucht, fein gereift und nur dezent animalisch, es überwiegt Finesse, im Wein leichter bis mittlerer Körper, feine, eher leichtgewichtige Frucht, leichte Teernote, zeigt Reifenoten, aber die Säure hält ihn im Frischebereich, ausgewogen und mit Finesse ausgestattet, passable Länge, 89 NK Punkte

3.
2000 Gevrey Chambertin Au Vellé
Denis Mortet

In der Farbe helles kirschrot mit weiter aufhellendem Rand, in der Nase reife, mir etwas zu animalisch geprägte Frucht, im Wein von leichtem Körper, etwas karge, einfach gestrickte Frucht, wirkt etwas grün, leicht trocknende Tannine, knapper Abgang, 83 NK Punkte

4.
2000 Gevrey Chambertin En Champs
Vieille Vigne
Denis Mortet

Helles kirschrot in der Farbe, in der Nase feinreife Frucht, geprägt von Unterholz und Pilzen, im Wein leichter bis mittlerer Körper, die etwas einfach gestrickte Frucht wird von einer durchaus prägnanten Säure unterlegt, aber der Wein überrascht mit einem guten Nachhall, der erste Eindruck verändert sich ins Positive, Finesse fällt mir ein, gute Länge, 88 NK Punkte

5.
2001 Gevrey Chambertin En Champs
Vieille Vigne
Denis Mortet

Helles kirschrot in der Farbe, in der Nase feinreife, noble Frucht, im Wein von leichtem Körper, eine etwas grün wirkende Frucht wird von einer kräftigen Säure unterlegt, etwas eindimensional, wird auch nicht besser, knapper Abgang, 84 NK Punkte

6.
2003 Gevrey Chambertin En Champs
Vieille Vigne
Denis Mortet

Tiefrote Farbe, in der Nase von tiefer, dunkler Beerenfrucht geprägt, im Wein von mittlerem Körper, dichte, satte Frucht, leicht likörig, recht nachhaltig, sicher kein typischer Vertreter für das Burgund aber ein opulenter Wein mit langem Abgang, 89 NK Punkte

7.
1976 Beaune 1er Cru
Château de Meursault

In der Farbe helles Rot mit braunem Rand, in der Nase sehr reifes, bereits gekipptes Bukett, im Wein von leichtem Körper, morbide, säurebetont Frucht mit einem fehlerhaft wirkenden Bruch in der Mitte, unschöner Wachston, hat aber noch etwas wie Struktur, passable Länge, aber letztlich kein strahlender Vertreter des Burgund, 81 NK Punkte

8.
1978 Corton Grand Cru
Château de Bligny
Pierre Yves Masson

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase sehr oxidativ, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, kräuterige Frucht, hat auch noch Saft und Ansätze von Finesse, trotz der fortgeschrittenen Reife noch gut strukturiert, schöne Länge, 84 NK Punkte

9.
2004 Morey St. Denis
Clos de Lambrays

Helles kirschrot in der Farbe, in der Nase finde ich eine holzgeprägte, stark getoastete Frucht, erinnert mich an verbranntes Gummi, im Wein von leichtem Körper, einfache, grüne Frucht, viel Säure, auch hier sehr eigenwillige Gummi-Töne, schwach, enttäuscht auf ganzer Linie, 79 NK Punkte

10.
2003 Morey St. Denis
Clos de Lambrays

Tiefrote Farbe, in der Nase sehr schöne, blitzsaubere, klassische Burgunder-Frucht, wenn auch etwas verhalten, im Wein von mittlerem Körper, feste, straffe Frucht mit leichtem Holzeinschlag, mineralischen Noten, noch jugendlich wirkenden Tanninen, gut eingebundene Säure, schöne Länge, sehr gut, was für ein Unterschied zum Folgejahrgang, 91 NK Punkte

11.
1996 Morey St. Denis 1er Cru
Clos de Lambrays

Helles kirschrot mit braunem Rand in der Farbe, in der Nase sehr reife, schon leicht morbide wirkende Frucht, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, sehr reife, weit entwickelte Frucht, der Mangel an Tiefe und Komplexität wird aber über die ausgeprägte Finesse mehr als wettgemacht, schöne Säure, ordentliche Länge, 90 NK Punkte

12.
2002 Clos de Lambrays

in der Farbe kirschrot mit leicht braunem Rand, in der Nase sehr feine, nole Beerenfrucht, Waldpilze, feine Holznote, im Wein von mittlerem Körper, ausdrucksvolle, finessenreiche Frucht, komplex, sehr mineralisch, eine lebendige Säure gibt dem Wein Finesse, wirkt überaus elegant, langer Abgang, Klasse, 95 NK Punkte

13.
1962 Nuits St. Georges 1er Cru
Clos des Corvees
Tastevinage
Général Gouachon

In der Farbe blasses Rot mit braunem Rand, in der Nase von verhaltener Reife geprägte Erdbeerfrucht, Dosenerdbeere, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, feine, leicht wirkende, von der Finesse kommende Frucht, Fleischextrakt, etwas säuregeprägt, der Wein kommt etwas dünn rüber, Wera sagt fragil, mir fehlt etwas die Struktur, dennoch ein sehr schöner Wein mit passabler Länge, 86 NK Punkte

14.
1953 Chambolle Musigny
Château Chambolle Musigny

In der Farbe blasses Rot mit braunem Rand, in der Nase reife, etwas exotisch wirkende Frucht, Sanddorn, im Wein von leichtem Körper, überreife, bereits oxidative Frucht, dünn und mit Todessäure ausgestattet, kein Spaßfaktor mehr zu erkennen, passable Länge, 81 NK Punkte

15.
1945 oder 1949 Nuits St. Georges Cailles 1er Cru
das Jahrgangsetikett ist verloren gegangen, nach dem Kellerbuch gab es nur diese beiden Jahrgänge, der Kork gab leider keine Auskunft
Morin Père & Fils

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase herrlich ausdrucksstarke, reife Frucht, intensive Noten von Unterholz und Pilzen, trotz aller Reife irgendwie auch noch jugendlich, im Wein von mittlerem Körper, ausdrucksstarke, mineralisch geprägte Frucht, dunkelrote Beeren, Unterholz, Pilze, reif und gleichzeitig auch frisch, ein Widerspruch?, nein, es ist eine wunderbar eingebundene und immer wieder aufblitzende Säure die ihm Frische verleiht, langer Abgang, toller Wein, ein Versprechen auf die in Zukunft zu verkostenden Morins, 95 NK Punkte

16.
2001 Chambolle Musigny
Comte Georges de Vogüé

Kirschrote Farbe, im Wein frische, ausdrucksstarke Beerenfrucht, faszinierend intensiv, im Wein von mittlerem Körper, saftige, feste, dunkle Beerenfrucht, Mineralität ohne Ende, hohe Fruchtintensität, sehr komplex, lang, erneut ein toller Vogüe, 94 NK Punkte

17.
1999 Chambolle Musigny 1er Cru
Comte Georges de Vogüé

Leider Kork

18.
2000 Vosne Romanée 1er Cru Les Chaumes
Meo Camuzet

Kirschrote Farbe, in der Nase intensive, vom Toasting geprägte Frucht, im Wein von mittlerem Körper, feste, saftige Frucht, dunkelrote Beeren, mineralisch, steinig, Süßholz, Kräuterwürze, Schokolade, gut eingebundene Säure, lang, 91 NK Punkte

19.
1999 Vosne Romanée 1er Cru Les Chaumes
Meo Camuzet

Kirschrote Farbe, in der Nase etwas verhaltene aber sehr seriöse, dunkelbeerige Frucht, im Wein von mittlerem Körper, reife, sehr zurückgenommene Frucht, sehr von der Säure geprägt, dichte aber reife Tannin-Struktur, gute Länge, ein Kraftpaket das noch nicht am Ende ist, 93 NK Punkte

Nicht notiert habe ich Details des Einstiegschampagners, einem 2002 Présidence Vieille Vigne Grand Cru Blanc de Blancs von Legras (Champagner ist nicht meine Welt) und der drei deutschen Süßweine

- 1988 Erdener Prälat Riesling Auslese** von Jos. Christoffel Jr. (Christoffel-Prüm)
- 1971 Eitelsbacher Karthäuserhofberg Kronenberg Auslese von Tyrell
- 1957 Dhronhofberger Beerenauslese naturrein eigenes Gewächs von A.Pauly-Hoffmann

Nach meiner Erinnerung hatten alle drei Weine ihren Höhepunkt überschritten. Mir mangelte es an belebender Säure. Die Tertiäraromen dominierten. Das ist allerdings eine Geschmacksfrage.

------------------------------------

Fazit:

Es war eine sehr lebhafte (laute) Probe, bei der es hoch her ging. Meinungsdifferenzen wurden lautstark ausdiskutiert. Etwas enttäuscht war ich von den Weinen von Denis Mortet. Ihre allgemein gültige Klasse bestätigten Meo Camuzet, Comte Georges de Vogüé und Clos de Lambrays. Den Korker mal ausgeklammert. Genial auch der Morin aus den 40er Jahren. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Gastgeber, der dieses und einige andere Schätzchen umlagefrei zur Verfügung gestellt hat. Die Klasse von Morin wurde mir einige Wochen später mit dem 1911er La Romanée bestätigt. Es zeigt sich wieder einmal, im Burgund kommt es sehr stark auf den Winzer an. Große Lagenamen reichen allein nicht.

Die Entdeckungsreise im Burgund geht weiter.

Aber zunächst einmal geht es für 10 Tage nach Portugal. Lissabon und eine Tour auf dem Douro.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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moc

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragDi 14. Mai 2013, 19:04

Hallo Norbert

Na dann mal viel Spass in Portugal und vor allem auf dem Douro, bzw. an den jeweiligen Ufern, in den jeweiligen Quintas...... ;)
grüße jens
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kreutzer

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VKN vom 17.6.2013: 5 Rotweine

BeitragDo 27. Jun 2013, 10:55

Hallo Weinforum,

hin und wieder entscheide ich mich, gemeinsam mit Weinfreunden vermeintlich interessante Weinflaschen für einen sehr viel späteren Weinkonsum einzukaufen, um den eigenen Geldbeutel etwas zu schonen.

Je nach Alter der Weine wird dann der Probenzeitpunkt irgendwann in der Zukunft abgesprochen.

Am 17.6.2013 war es mal wieder soweit. Gemeinsam mit einem langjährig befreundeten Ehepaar wollten wir mal wieder einige wenige Flaschen aus den gemeinsam finanzierten Altweinbeständen köpfen. Zu vier Personen bleibt die Anzahl der Weine übersichtlich. Genauso wie der Restepegel der geöffneten Flaschen. Gerade bei Altweinen ist der übrig gebliebene Flaschenrest am Folgetag nicht immer die reine Freude.

Nachfolgend für Interessierte meine Verkostungsnotizen vom 17.6.2013:

1.
1997 Passadouro Vinho Tinto - Douro
Quinta do Passadouro, Niepoort Vinhos
Alc 13,5%

Tiefrote Farbe, in der Nase kommt mir eine herrlich offene, dunkle Beerenfrucht entgegen, fein gereift und mit dezenten Unterholztönen, im Mund von mittlerem Körper, saftige, gaumenfüllende Beerenfrucht mit feiner Fruchtsüße, wirkt angesichts seiner 16 Jahre noch unglaublich frisch, die Tannine sind mürbe, zeigen aber noch ausreichend Biss, die Säurestruktur ist sehr gut eingewoben, der Weinen zeigt einen schönen Nachhall, bleibt recht lang am Gaumen, ein toller Wein, 90 NK Punkte

2.
2000 Cornas La Louvée
Jean Luc Colombo
Alc 13,5%

Tiefrote Farbe, in der Nase kommt mir zunächst die regionaltypische, animalische Note entgegen, Leder, das verbessert sich aber mit viel Luft, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, saftige, straffe Frucht, eine dezent mineralisch Note wird auch an dieser Stelle von animalischen Tönen beleitet, die Tannine sind sehr zugänglich, die Säure wirkt recht lebendig aber nicht störend, schöne Länge, ein sehr guter Wein der seine Herkunft nicht verleugnet, 88 NK Punkte

3.
1997 Cote-Rotie Cuvée Terroirs
R. Rostaing, Propriétaire
Alc 13%

Tiefrote Farbe, in der Nase finde ich eine immer noch jugendlich wirkende Frucht von schwarzen Johannisbeeren und Brombeeren, kaum Unterholztöne, im Mund von mittlerem Körper, saftig-fleischige Frucht, ein in Samt gekleidete Tannin-Struktur, gut integrierte Säure, ordentliche Mundintensität, sehr stimmig, gute Länge, sehr gut, 89 NK Punkte

4.
1993 Volnay
Domaine Bitout-Prieur
Alc 13%

Kirschrote Farbe, in der Nase fein gereifte Kirschfrucht mit einem Hauch roter Johannisbeere, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, ein leicht beschwingter, immer noch jugendlich wirkender Burgunder voller Finesse, aber auch mit Biss, einem salzigen Mundgefühl, zugänglichen Tanninen und einer lebendigen Säure, obwohl er eher leichtgewichtig bleibt zeigt er Charakter und eine passable Länge, ein überraschend schöner Wein für einen Village dieses Alters, 89 NK Punkte

5.
1949 Gevrey Chambertin
Mähler-Besse

In der Farbe helles ziegelrot mit deutlich braunem Rand, in der Nase kommt mir eine doch schon sehr reife, animalisch-stallige Frucht entgegen, mein Ding ist das nicht mehr, aber es gab am Tisch auch Liebhaber dieser Ausrichtung, na ja war ja auch ein Geburtsjahrgang einer der Damen, im Mund von leichtem Körper, es bleibt auch hier ein schlanker, sehr reifer, animalisch-stalliger Burgunder mit Noten von getrockneter Pflaume, von Tanninen keine Spur mehr, dafür gewinnt die Säure gegenüber der Frucht die Oberhand, wirkt daher unharmonisch, geht schon in den Bereich der Morbidität, der Wein lebt aus meiner Sicht nur noch von seiner Säure, hat seinen Zenit seit langer Zeit überschritten, zeigt aber hinten heraus noch eine passable Länge, alles in allem bleibt es aber erstaunlich, dass ein so alter Village von einem Handelshaus noch gut trinkbar ist, 84 NK Punkte (die Flasche wurde am Abend trotzdem geleert).

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Fazit:

Den 1997er Passadouro habe ich in Erinnerung an unsere diesjährige Douro-Flussreise aufgezogen. Der Wettergott hat mitgespielt und wir hatten einige unvergessliche Tage inmitten einer herrlichen Ruhe (kaum Bootsgeräusche) und sonnendurchflutet vorbeiziehender Weinberge und/oder Olivenbäume. Die an Bord verkosteten Rotweine aus den Regionen Douro, Alentejo und Dao waren eine Einladung, sich stärker mit portugiesischen Weinen zu befassen. Der Genuß von Vintage-Ports ist ein spezielles Thema, bei dem ich aber auch nach den ollen Klamotten schiele. :)

1613

1614

Den 1949er habe ich im Interesse unseres weiblichen Gastes aufgezogen. Man weiß ja nie, wieviele Möglichkeiten der gemeinsamen Verkostung man noch bekommt. Und im Rahmen einer großen Probe würde ein solcher Wein zwangsläufig untergehen.

Der 1993er Volnay hat meine derzeitige Vorliebe für rote, französische Burgunder durchaus befriedigt, hat sozusagen positiv überrascht.

Beide Rhône-Vertreter haben nicht enttäuscht, waren aber auch nicht ganz großes Kino.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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Eine Elsass-Reise

BeitragFr 28. Jun 2013, 16:12

Hallo Weinforum,

vor einigen Wochen bin ich mit Wera und einigen Weinfreunden zu einer Genuß-Reise ins Elsass aufgebrochen.

Stationiert in einem Hotel in Turckheim haben wir uns zu einigen Winzern und Restaurants auf den Weg gemacht, um Wein und das Leben zu genießen. Ich habe selbst keine Aufzeichnungen gemacht, möchte aber generell auf die ausgesprochen hohe Qualität der hauptsächlich verkosteten Rieslinge bei den Domänen Ostertag, Deiss, Kreydenweiss und nicht zuletzt Paul Blanck verweisen. Nur bei zwei der besuchten Winzern (Leon Beyer und Meyer-Fonné) stellte sich bei mir keinerlei Kaufreflex ein. In den Restaurants konnte die bekannt hohe Qualität der Weine von Domaine Weinbach und Zind-Humbrecht ebenfalls bestätigt werden.

Einer der teilnehmenden Weinfreunde hat die Reise organisiert und unter der Rubrik "Chef, der Metzger hat gesagt" auf Fritz Zickuhrs Blog eine launige Notiz über den Besuch bei Paul Blanck und über eines der Restaurants geschrieben, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Link: http://edekaner.blogspot.de/2013/06/wil ... lanck.html

Für Leser, die das Klicken auf unbekannte Web-Seiten meiden, hier der Text, mit dem ich inhaltlich weitgehend übereinstimme (von meiner kritischen Haltung gegenüber allen Gewürztraminern mal abgesehen). Auf der Blog-Seite gibt es auch Fotos.

Anfang:

Willis Hausbesuche: Heute: Paul Blanck, Elsass

Weh-Weh-Weh Willis Hausbesuche
Heute: Paul Blanck

Über die Taverne Alsacienne habe ich an dieser Stelle schon vor mehr als einem Jahr schwärmend berichtet. Eine Weinkarte vom anderen Stern. Mit einer sensationellen Auswahl von Elsässern und anderen Franzosen aus fast allen Anbaugebieten des gallischen Hexagons. Sehr igelfreundlich kalkuliert überdies. Oft gibt es die Flaschen fast zum aktuellen Laden- oder Weingutspreis. Man kann also nach Herzenslust bestellen und die ausgesprochen gute Küche mit ausgesprochen sehr guten Weinen begleiten, ohne dass der Dispo einem um die Ohren fliegt. Mit anderen Worten: Nüchtern habe ich dieses Lokal noch nie verlassen.


Ich habe diesen Geheimtipp lange ganz für mich behalten. Ja gut, sicher, hier im Blogg vom Scheff habe ich das Lokal erwähnt, aber hier sind wir schließlich unter uns. Nun war ich wieder mal vor Ort in Ingersheim. Nicht allein. Sondern mit den Gierschlünden. Warum ich die genau mitgenommen habe? Ich weiß es nicht! Ebenso wenig weiß ich, ob ich nach dem denkwürdigen Abend mit den Gierschlünden überhaupt noch eingelassen werde, in meine Taverne.


Wer die Gierschlünde sind? Vergesst es! Persönlichkeitsschutz! Ich sage nur, dass die aus Oberhausen, aus Dormagen-Zons, aus Bonn und aus Heisterbacherott kommen. Einige haben auch noch Ehefrauen im Gepäck. Die allerdings kaum was trinken, die werden mehr so als Vorwand mitgeführt, damit die Gierschlünde am Ende sagen können – war ja ein harmloser Abend, wir haben zu acht doch nur zehn Flaschen Wein abgeräumt.


Und so geht es dann los – man sitzt noch nicht richtig am Tisch der Taverne, da ist schon eine Flasche Champagner geordert, Initial von Selosse, man will ja nicht darben. Der ist noch nicht fertig eingeschenkt, da wird schon gestritten, welche Weißweine denn zum ersten Gang geordert werden. Der Streit dauert fast bis besagte Vorspeise schon aufgegessen ist, denn der Patron der Taverne hat den fatalen Fehler gemacht, uns acht Speisekarten und eine Weinkarte zu bringen. Vergebens versuchte ich ihm nahezulegen, dass das bei den Gierschlünden umgekehrt geht: Eine Speisekarten und acht Weinkarten braucht es. Damit sich jeder einen Überblick verschaffen, Vorschläge machen und an der Erstellung einer ersten Vorauswahl mitwirken kann. Kaum umständlicher als ein Parteitag der Piraten, und ja irgendwie auch liquid democracy. Obwohl democracy ist zuviel gesagt, schließlich wird auf dem Parkplatz des Lokals die Endauswahl mit durchgeladenen Magnumflaschen ausgeschossen. Danach kommen dann ein Clos Ste.-Hune von Trimbach aus dem Jahr 2001 und ein weißer Burgunder auf den Tisch, letzterer leider mit Weinfehler (Barriqueausbau). Von der Papierform her jedenfalls nur das Beste von der Karte der Taverne, meistens begleitet durch den Kommentar der Chefin, dies sei die letzte Flasche dieser Sorte.


Im weiteren Verlauf des Abends wird die Chefin dann zur Schraffierkünstlerin, eine Position nach der anderen kann sie von der Weinkarte streichen, weil sich die Gierschlünde im Akkord letzte Flaschen einverleiben, einen Mazis-Chambertin von Faiveley und einen Grand Cru Classé aus dem Bordelais zum Hauptgang. Wollen wir es damit bewenden lassen? Nein, natürlich nicht, da steht doch noch ein Sassicaia 1996 auf der Karte. Ist das auch die letzte Flasche? Die Patronne nickt schicksalsergeben. Also her damit, wieder ein Strich auf dem Deckel der Gierschlünde. Zum Käse und zum Dessert dann unter anderem einen 1990er Clos St.-Landelin von Muré, man gönnt sich ja sonst nichts, auch wenn der Bleistift von Madame längst zum Stummel geworden ist und die Weinkarte aussieht wie ein Streifenhörnchen.


Oh Mann, und diese Gierschlünde hatte ich an einem der nächsten Tage zur Weinprobe bei Paul Blanck angemeldet. Schnell noch mal nachtelefoniert und Warnhinweise durchgegeben. „Geht klar“, meinte die Patronne, „wir schicken unsere Geheimwaffe, Monsieur Philippe! Der ist noch mit allen fertiggeworden!“


Als wir am Gut eintrafen war Monsieur Philippe aber noch im Weinberg. Sein Onkel verwöhnte uns derweil mit den Gutsweinen und dem einen oder anderen traditionellen elsässischen Trinkspruch. Und dieser Auftakt war schon nicht schlecht.


Silvaner Vieilles Vignes 2008
Nase schon recht reif, etwas in die oxidative Richtung gehend, viel Würze und eine gewisse Mineralität sind aber auch mit dabei. Am Gaumen sehr knackige Säure, viel Apfel, etwas muskatige Würze, alles andere als oxidativ. Insgesamt eher leicht, viel Säure, fast einen Hauch zu viel Säure im Abgang. Mit etwas mehr Luft kommen dann aber noch feine Blütentöne hinzu und gewinnt der Wein an Komplexität, vielleicht sollte man ihn noch einmal über einen ganzen Abend hinweg verkosten. 82 von 100 Willipunkten.


Pinot Blanc 2011
Schöne Weißburgundernase, würzig, muskatig mit zarten Kräutertönen. Am Gaumen verspielt, jugendlich-frisch, erstaunlich fruchtbetont für einen Weißburgunder. Schöner Nachhall, der kann schon etwas für einen Gutswein. 86 von 100 Willipunkten.


Pinot Auxerrois Vieilles Vignes 2009
Eher verhaltene Nase, ein wenig wurzelholzig, obwohl der Wein kein Holz gesehen hat, eher diffuse Frucht. Am Gaumen deutlich mehr Gehalt, ölig, dickflüssig, viel Alkohol, der hinten ein wenig sticht, aber auch mit schönen floralen Noten unterwegs. 82 von 100 Willipunkten.


Riesling 2011
Schöne, ein wenig verhaltene Rieslingnase, sehr duftig. Von der Nase her vermutet man einen Süßwein im Glas. Am Gaumen aber restlos trocken, insgesamt habe ich über die gesamte Probe hinweg den Eindruck, dass Blanck etwas weniger Restzucker stehen lässt als noch in den neunziger Jahren und Anfang der nuller Jahre. Relativ voll, schönes Spiel von Mineralik und Frucht, dabei viel Saft und auch mit ordentlicher Säure ausgestattet, was im warmen Jahr 2011 nicht jeder Elsässer hinbekommen hat. 87 von 100 Willipunkten.


Riesling Patergarten 2009 (Kiesboden)
Nase zunächst ein wenig unsauber wirkend, leicht nasse Pappe, das gibt sich mit Luft ein wenig. Hier rächte es sich, dass ich die Gierschlünde als solche avisiert hatte, der Onkel von Monsieur Philippe schenkte so schnell den nächsten Wein ein, dass man nicht richtig verfolgen konnte, wie sich die Nase weiter entwickelt. Am Gaumen jedenfalls zunächst auch mit diesem leicht unsauberen Ton im Gepäck, dort aber verhaltener, da stehen die leicht salzige Mineralität und würzige Kräuternoten im Vordergrund. Muss ich nachprobieren, so um die 85 von 100 Willipunkten.


Riesling Schlossberg 2009 (Granitboden)
Volle, sehr reife Nase, brüderlich geteilt zwischen Mineralität und Rieslingfrucht. Am Gaumen feine Süße, sehr voll und erstaunlich komplex, denn wir sind ja noch immer nicht in der Grand Cru Liga des Gutes angekommen. Mir fehlt hier ausnahmsweise ein Gramm Säure, hinten bleibt ein Zuckerschwanz, den der Wein nicht wirklich braucht. Ehe ich aber zu hofschustern anfange – ja, das ist und bleibt ein feiner Wein, ausgesprochen lang, voll und komplex, erst ab Mitte des Abgangs verschlankt er sich ein wenig und hinterlässt dann eben den Zuckerschwanz. 88 von 100 Willipunkten.



Das war dann der Moment, in dem Monsieur Philippe eintraf. Er überzeugte sich kurz noch vom ordnungsgemäßen Zustand der Gierschlünde, kontrollierte unseren Füllstand, sah, dass es gut war und startete sodann einen unglaublichen Parforceritt durch zwanzig Jahre Weingutsgeschichte.





Riesling Fürstentum 2005 (Muschelkalk)
Schon mit erster Reife in der Nase, ganz leichte Firne, noch kein Petrol, druckvoll, sehr reif, ein Hauch Botrytis scheint auch mit durch den Gewürzprüfer zu streichen. Am Gaumen bestätigt sich das in einem dezenten Karamellton, schöne Reifenoten, nussig, nur wenig Süße, deutlich weniger als 1995 oder 1997, etwas weniger sogar noch als in den legendären Jahrgängen 1989, 1990, 2001. Gute Länge. Wirkt erst fast ein wenig leicht, kommt mit Luft aber unglaublich, wird komplexer und entfaltet sich zu genau dem Fürstentum, der mir das Gut seit zwanzig Jahren so lieb sein lässt. Schön langer, nussiger Abgang. 90 von 100 Willipunkten.


Riesling Sommerberg 2008
Komplexe apfelige Nase, ein wenig oxidativ anmutend, mürber Apfel, sehr kräftig und nachhaltig. Am Gaumen schönes Spiel, Apfel, Melone, Kräuter, kräftige Säure, im Abgang etwas schlanker aber lang und sehr fein. 89 von 100 Willipunkten.


Riesling Wineck-Schlossberg Grand Cru 2009
Volle Nase, fast ein wenig breit, anbiedernd, auch etwas likörig, als hätte er mehr Restzucker. Hat er auch, am Gaumen merkt man es, statt der rund 2 Gramm, die mittlerweile weingutsüblich sind, bringt der Grand Cru 7 Gramm mit. Davon lebt er auch am Gaumen, ein ganz klein wenig nimmt ihm die Süße allerdings die Eleganz, das wirkt zwar kräftiger aber auch etwas breiter als der Fürstentum und der Sommerberg. Saftig ist er natürlich und auch richtig, richtig lang. 88 von 100 Willipunkten.


Riesling Furstentum vieilles vignes 2007
Wundebare Botrytisnase, opulent und ausdrucksstark, aber bei dem immerhin schon sechs Jahre alten Wein nicht dominant, nicht die Frucht erdrückend, perfekt balanciert. Auch am Gaumen ein feines Gesamtkunstwerk von Botrytis und Frucht, mandelige Noten im Anklang, Haselnuss, aprikosige Frucht, selten passt die eigentlich wenig aussagekräftige Weinkartenlyrik „ausdrucksstark“ so gut wie bei diesem Wein mit seiner sehr eigenen Persönlichkeit. Unheimlich lang und dabei sehr viel Charme. Dicht und komplex. 92 von 100 Willipunkten.


Pinot Gris Wineck-Schlossberg Grand Cru 2007
Sehr botrytische Nase, was mir zum Grauburgunder meist nicht sonderlich gut gefällt. So auch hier, die ölige Würze der Rebsorte und der Honig der Botrytis zusammen sind einfach eine Spur zu viel für einen jungen Igel. Ist aber Geschmacksache. Die Gierschlünde tanken so was natürlich weg wie Biosprit. Na gut, man muss zugeben, mit Luft wird das feiner, rosiniger und nussiger, jetzt wird es ein echter Blanck, ölig, voll und komplex. Prima Länge. 91 von 100 Willipunkten.


Jetzt verabschiedete sich Monsieur Philippe für einen Moment. „Ich habe noch zwei Weine für Euch, vorher muss ich Euch aber noch einen anderen zeigen, den habe ich im anderen Keller, das braucht zehn Minuten.“ Das Warten lohnte sich, denn plötzlich stand auf dem Tisch ein


Riesling Schlossberg Vieilles Vignes 1985
Gibt es natürlich nicht mehr zu kaufen. Dass diese Rarität geöffnet wurde, war eine reine Hommage an die Gierschlünde. Die im Laufe der Zeit gelernt haben, dass ihr schier unersättliches Appetenzverhalten noch weitaus reichlicher belohnt wird, wenn sie durch periodisches Fallenlassen von aus dem Eichelmann abgeschriebenen Fachausdrücken Kompetenz simulieren. Mit anderen Worten: Monsieur Philippe begann Spaß an der Sache zu finden. Und etwas Besseres hätte uns nicht passieren können, denn was da ins Glas kam, war vom Duft her eine großartige Rieslingauslese, nur ganz leicht firnig. Etwas Tabak war auch dabei, wahrscheinlich einem Spürchen Botrytis geschuldet, das in den Wein eingegangen sein mag. Am Gaumen stellt man dann fest, dass es sich um eine trockene Auslese handelt. 6 Gramm Restzucker dürfte der Wein haben, meinte Monsieur Philippe. Und das war der Moment, die Hüte abzunehmen (habe ich erwähnt, dass einer der Gierschlünde einen Hut zu tragen pflegt, der verdächtig an den sich unterhaltenden Pelzig erinnert?) und in Andacht zu verfallen, denn eine trockene Auslese, die 28 Jahre so lässig wegdrückt, das können nur ganz wenige Winzer! Die Säure, die kalkige Mineralität, das Haucherl Botrytis, alles ist noch da, alles hat sich grandios zu einem fast unsterblichen trockenen Riesling bester Bauart verbunden. Im Abgang auch mandelig und rosinig. Riesengroß, 93 von 100 Willipunkten.

Na ja, und bevor es dann die beiden letzten Weine gab, meinte Monsieur Philippe, müssten wir natürlich auch noch die Gewürztraminer versuchen. Da habe er auch noch zwei vorrätig, meinte Monsieur Philippe und verschwand schon wieder im Keller.


Gewurztraminer Altenbourg 2007 (Kalk und Lehm)
Dicke Gewürztraminernase, erst fast seifig, so rosenblütenblättrig schmeißt er sich an die Rezeptoren ran. Mit Luft wird das sofort dezenter und differenzierter. Ja, nach zehn Minuten kommt sogar eine kreidig-kalkige Mineralität heraus, die man nur in wenigen Traminern durch die florale Würze wahrnehmen kann. Am Gaumen auch erst auf der etwas volleren, fast parfümierten Seite, doch auch hier wiederholt sich das Spiel aus dem Gewürzprüfer, das geht weg, wird vielschichtiger, mineralischer. Dicht, wirkt ein wenig süßer als er mit seinen 8 bis 9 Gramm Restzucker ist, das liegt wohl daran, dass er nur 5,5 Gramm Säure mitbringt. Dicht, schönes Spiel, langer, sehr voller und runder Abgang. 90 von 100 Willipunkten.


Gewürztraminer Mambourg 2007
Ein ganz anderer Wein, mit nur einem Anflug von Gewürztramineropulenz in der Nase. Da steht die unglaubliche Mineralität im Vordergrund und eine frische, fast zitronige Frucht. Am Gaumen dann doch gewürztraminertypischer, die Mineralität äußert sich hier vor allem in einer deutlichen salzigen Fußnote. Schöne Fülle! 88 von 100 Willipunkten.


„Na ja, weil Ihr es seid“, murmelte Monsieur Philippe, „irgendwo habe ich da noch einen Gewürztraminer, den sollten wir schon auch noch aufmachen, bevor es dann die beiden letzten Weine gibt.“ Same procedure as every wine, Abgang Monsieur Philippe gen Kühlung, Aufmarsch neue Flasche. Die Gierschlünde erreichten langsam schon einen Aggregatzustand, den man auch als „spundvoll“ bezeichnen könnte.


Gewürztraminer Fürstentum Vendanges Tardives 2009
Irgendwie beeindruckend, wie sich die Fürstentumnase hier gegen die Rebsorte durchsetzt. Kann man lange drüber streiten, ob das das pure Terroir ist oder der spezielle Ausdruck, den eben die Blancks dem Fürstentum verleihen. Ist mir letztlich auch egal, entscheidend ist, dass ich auch hier wieder diese Fülle im Näschen habe, diesen leicht botrytischen Hauch, diese Süßlichkeit, die ich auch vom Riesling aus diesem meinem Lieblingsweinberg der Blancks so schätze. Natürlich geht der trotzdem nicht als Riesling durch, dafür ist der Rosenton zu deutlich, der da auch noch mitschwingt. Aber eben so wunderbar dezent. Am Gaumen kommt die Rebe deutlicher heraus, steht aber mindestens gleichberechtigt neben einer feinen Mineralik und der sehr präsenten aber nicht erschlagenden Süße, die eine Vendange Tardive haben darf, ja eigentlich muss. Wunderbar dicht gewebt, mundfüllend und mit viel Druck im Abgang.
Monsieur Philippe war trotzdem nicht zufrieden. „Nee, nee, nee, der ist sonst besser. Die Flasche ist ja auch schon drei Tage offen. Ich hol mal noch eine.“ Die Gierschlünde grinsten so breit, dass die Ohren ungelogen in den Mundwinkeln verschwanden. Eine kostenlose Zugabe, hurra! Und tatsächlich, die zweite Flasche setzte noch mal einen drauf, noch frischer und voller, zwei Willipunkte mehr. Damit waren wir dann bei 92 von 100 Willipunkten.


„Als vorletzten Wein habe ich jetzt noch einen, den gibt es schon lange nicht mehr, der ist ausverkauft“, meinte Monsieur Philippe. Und wieder war er weg, zum anderen Keller des Weinguts. Bei uns kam langsam der Verdacht auf, dass er mit dem Patron der Taverne befreundet sein könnte. Und von dem angestachelt worden war, mal zu testen, wie lange wir durchhalten und wann den ersten die Eichelmannzitate ausgehen. Noch aber herrschte das breite Grinsen, jetzt in der 360 Grad-Ausprägung, die ersten Mundwinkel trafen sich am Hinterkopf. Dann stand plötzlich der Wein auf dem Tisch, ein


Riesling Fürstentum Vieilles Vignes 1995
Na, da waren wir in den Jahren, in denen das Gut deutlich mehr Süße hat stehen lassen und auch mehr Botrytis in die Weine gepackt hat. Sehr reife Nase, wirkt älter als der 1985er Schlossberg, wer hätte das gedacht. Tabak, Honig, typisch Botrytis eben, sehr reif, sehr harmonisch. Am Gaumen noch frischer, nussige und mandelige Töne. Insgesamt schöne Fülle, feines Spiel, besticht zugleich aber auch mit krachendem Extrakt und Power ohne Ende. Schon sehr gereift, hätte mir wahrscheinlich vor zwei Jahren noch etwas mehr zugesagt. Dennoch auch in der Form ohne Weiteres 89 von 100 Willipunkten wert.


„Na ja, dann kommt jetzt der Letzte“, meinte Monsieur Philippe, „obwohl, einen Allerletzten hätte ich danach noch, wenn ich den noch finde.“ Erstmal kam aber der letzte, der für mich der Höhepunkt dieser phantastischen Verkostung war.


Riesling Fürstentum Selection de Grains Nobles 2007
Durchaus botrytische aber von der Botrytis nicht überladene Nase, erst noch recht knapp, das ist ein Jungspund, der sich entfalten muss. Dann lässt er die Kupplung kommen – schöne rosinige, rumtopfige Noten, konfitierte Aprikose, unglaublich fein, alles andere als breit. Am Gaumen Vollgas, Extrakt ohne Ende, seine 160 Gramm Restzucker lächelt er weg wie nichts, da steht ein Fuder Dörraprikosen im Raum, dazu frischere Fruchtnoten, viel Saft, leicht haselnussige Noten, schöne Säure, sogar mineralische Töne bringt der noch an seine dickflüssige Oberfläche. Ewig lang, dicht, großes Kino!!! 95 von 100 Willipunkten.


„Ich sagte es ja schon, einen hätte ich noch“, Monsieur Philippe lächelte und wartete, ob wir spontan zu schunkeln anfangen würden. „Schie müsschen ihn unter die Schunge kriegen“ tönte es von den Gierschlünden, „dann entfaltet er sein volles Bouch…, Boud…, na ja, Aroma halt!“ Und unter die Schunge kam der


Riesling Fürstentum Selection de Grains Nobles 1997
Natürlich ist auch dieser Nektar längst ausverkauft. Monsieur Philippe fand aber, dass wir ihn unbedingt mir dem 2007er vergleichen müssten. Selten habe ich einen so großzügigen Winzer erlebt!
Unglaubliche Rosinigkeit in der Nase, sehr reife Botrytis, aber durchaus noch mit Frucht und Mineralität unterwegs. Am Gaumen bestätigt sich das, die Botrytis ist nicht Leitmotiv, sondern ein Spieler unter vielen. Sie zeichnet wohl für die seltsame Assoziation von Haselnussmakronen verantwortlich, die uns plötzlich in den beschwingten Köpfen herumtanzte. Auch einen Hauch Kastanie konnte man finden, daneben granitige Noten, eine schöne Dörraprikosenfrucht und vor allem unendlich viel Charme. Was für ein Wonneproppen, der wird mit Luft immer noch besser, noch voller und vor allem noch harmonischer. Viel Druck und Fülle im Abgang. Groß!
Das Gute hat nur einen Feind, das Bessere – und so muss man am Ende sagen, dass der 2007er noch eine Spur stärker war. Dennoch auch für den 1997er 93 von 100 Willipunkten.


Die ersten Gierschlünde lösten schon mühsam ihre vier Buchstaben von den hölzernen Stühlen des Verkostungsraumes, da machte Monsieur Philippe eine besänftigende Handbewegung. Ein gestisches „Moooment“, könnte man sagen. „Wir könnten mal beim 1988er nach dem Rechten sehen, wie der sich so entwickelt hat. Was meint Ihr?“ Wir meinten, dass man das durchaus könne, eigentlich auch solle, wenn nicht müsse, und schwupp entschwand Monsieur Philippe schon wieder. Und kam mit dem nächsten allerletzten Wein der Probe zurück.


Riesling Fürstentum 1988
Nun waren wir wieder in der Liga der einfachen Fürstentümer, also ohne Vendanges Tardives oder gar Selection de Grains Nobles. Aber das macht die Klasse dieser Weine aus, es fiel nicht schwer, sich von den 160 Gramm Restzucker wieder auf die 5 oder 6 Gramm hinunterzutrinken. Vor allem in der Nase überzeugte der 1988er auf voller Linie. Kräuter ohne Ende, alles andere als müde, charmant und balanciert, kühl, fein, elegant. Am Gaumen dann aber doch schon ein wenig gezehrt, leider ein paar Takte über den Punkt, deutlich firnig, auch mit Petrol im Gepäck. 85 von 100 Willipunkten, aber das waren sicher auch mal um die 90.


„Das ist ja kein Ende für so eine Probe“, meinte Monsieur Philippe und zog unter dem Tisch noch eine Flasche heraus.


Riesling Fürstentum 1994
Ein prächtige Kräuternase, nur sehr wenig Botrytis, sehr klar, sehr dicht, noch mit reichlich Frucht. Am Gaumen auch erst voll auf den Kräuternoten, ganz anders als man das sonst so vom Fürstentum kennt. Doch dann schält sich die kalkige Mineralität heraus, eine knackige Säure, getrocknete Aprikosen und vor allem die Finesse, die durch den kleinen Klecks Honig noch verspielter wirkt, den die Botrytis in die Mitte des Gaumens meißelt. Ein Meer von Mineralität, extrem dicht und vielleicht der längste Wein der Probe. Sehr harmonischer, druckvoller Abgang. 94 von 100 Willipunkten. Natürlich auch längst ausverkauft.


Tja, da war erstmals (und letztmals auf dieser Reise) der Moment gekommen, wo die Gierschlünde die Waffen gestreckt und die Verkostung weiterer Weine wahrscheinlich abgelehnt hätten. Was natürlich sehr unhöflich gewesen wäre. Monsieur Philippe spürte das genau und behütete uns vor diesem faux pas, indem er sagte, „das war jetzt wirklich der letzte Wein. Was hat das Spaß gemacht, mit Euch, vielen Dank!“ Das muss man auch erst einmal erleben, ein Winzer, der sich einen Schatzkammerschatz nach dem anderen von der Seele reißt und sich dann noch dafür bedankt, dass wir diese tolle Zeitreise mit ihm unternommen haben. Selbst der Oberhausener konnte hier nicht mehr meckern und dankte artig zurück.


Nur einer blieb unglücklich. Das Auto vor der Tür, denn es bekam jetzt eine richtig fette Zuladung.


Fazit: Das Weingut hat seine Stilistik über die letzten fünf bis zehn Jahre wieder etwas trockener ausgerichtet, die Botrytis in den Weinen unterhalb der Selection de Grains Nobles deutlich reduziert und damit tendenziell noch langlebigere Weine gefüllt als zwischen 1995 und 2004. Ein wenig ist das back to the roots, denn so waren einst auch die 1985er, 1989er und 1990er. Insgesamt entwickelt sich die Qualität noch weiter nach oben, es verwundert nicht, dass Blanck in den letzten Jahren unter den Elsässer Weinen ganz klar zum Liebling der französischen Weinjournalisten aufgestiegen ist. Bei der Selection de Grains Nobles setzt man den qualitativen Höhenflug der letzten Jahrzehnte nahtlos fort.


Dem generösen Winzer sei auf diesem Wege noch einmal für ein einmaliges Probenerlebnis gedankt und den Gierschlünden für die erforderliche satirische Überhöhung Abbitte geleistet.

Ende

Auf diesem Blog gibt es auch einen Besuchsbericht über einen Besuch im berühmten Haeberlin.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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vinos

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Re: Eine Elsass Reise

BeitragFr 28. Jun 2013, 16:55

Hallo Norbert,

vielen Dank für´s posten dieses großartig zu lesenden Berichts. Schön zu sehen und zu lesen, dass Du Deinen Ruhestand mit schönen Weinreisen geniesen kannst.

Herzliche Grüße aus Ulm
Klaus-Peter

P.S. Wünsche Dir gute Besserung - nicht schön wenn das Zahnfleisch dumm tut.
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kreutzer

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Re: Eine Elsass Reise

BeitragFr 28. Jun 2013, 17:15

vinos hat geschrieben:Hallo Norbert,

vielen Dank für´s posten dieses großartig zu lesenden Berichts. Schön zu sehen und zu lesen, dass Du Deinen Ruhestand mit schönen Weinreisen geniesen kannst.

Herzliche Grüße aus Ulm
Klaus-Peter

P.S. Wünsche Dir gute Besserung - nicht schön wenn das Zahnfleisch dumm tut.


Hallo Klaus-Peter,

wir versuchen es.:-)

Nach einer Zahnstein-Entfernung beruhigt sich das Zahnfleisch trotz allerlei Tinkturen nicht. Und die machen ernstaften Weingenuß unmöglich. Ansonsten hätte ich mir den 200er L'Espectacle bei Torsten gerne angetan. Das Begleitprogramm ist ja auch ganz nett.:-)

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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VKN vom 27.7.2013: Alte Burgunder in Wachtberg

BeitragFr 9. Aug 2013, 10:59

Hallo Weinforum,

am 27.7.2013 sind Wera und ich einer Einladung nach Wachtberg gefolgt um uns zum Thema gereifter, roter Burgunder weiterzubilden. Je mehr man von diesem alten Zeuchs trinkt, desto süchtiger wird man.

Leider waren die Voraussetzungen an diesem Tag nicht besonders optimal. Es war sehr heiß und die Hitze drückte auf den Probenraum. Sehr viele Menschen auf engstem Probenraum (ich konnte mich kaum bewegen). Ein mobiles Klimagerät sollte Abhilfe schaffen, schaffte dies aber nur bedingt. Um die Umlage für diese ambitionierte Probe erträglich zu gestalten, hat die Gastgeberin sehr viele Probenteilnehmer zugelassen. Für meinen Geschmack zuviel, da die Probenschlucke aus jeder 0,7l Flasche daraufhin doch sehr gering ausfielen.
Allerdings wurde die Probenverteilung durch einen Sommelier hervorragend organisiert. Hinzu kam eine geniale Essensversorgung durch eine professionelle Küchenhilfe. Fingerfood vom Feinsten, am laufenden Band. Man könnte darüber diskutieren, ob das für die Verkostung der Weine immer ideal war, aber, die Qualität der angebotenen Leckereien war einfach toll. Was mich persönlich störte, war der enorme Zeitdruck mit der die Probe durchgezogen wurde. Nicht immer bestand ausreichend Zeit, sich mit dem einzelnen Wein zu beschäftigen. Mir fehlte auch die Möglichkeit, die angestellten Flaschen vorher in Ruhe zu sichten. Über die jeweiligen Füllstände weiß ich also gar nichts.

Nachfolgend für Interessierte meine Verkostungsnotizen über eine Probe von Elkes Burgunderträumen vom 27.7.2013 (die Weine 2-4 wurden blind verkostet):

1.
1955 Meursault Charmes Cuvée Genervières
Vandermeulen-Abfüllung

Goldgelbe Farbe, sehr schön gereifte, ausdrucksvolle, durch Nusstöne geprägte Nase, fast schon etwas süßlich, im Wein von mittlerem Körper, herrlich ausdrucksstarke Nusstöne, das Holz hat sich komplett in etwas Positives gewandelt, eine lebendige Säuremitte gibt dem Wein auch etwas Trinkiges, unglaublich lang und nachhaltig, als Gegner von holzverseuchten, weißen Burgundern muss ich diesem Wein Respekt zollen, toll, euphorisierte 93 NK Punkte, Wera vergibt 90 WK Punkte

2.
2008 Richie Chardonnay - Sonoma
Aubert Wines

Zitronengelbe Farbe, die Nase ist deutlich von Röstaromen geprägt, im Wein von mittlerem Körper, dichte, satte Frucht, intensives Mundgefühl, Mineralität ist spürbar, mir persönlich allerdings zu sehr vom Holz geprägt, gute Länge, trotz meiner Vorbehalte 91 NK Punkte (89+ WK Punkte)

3.
2011 Lauren Chardonnay - Sonoma
Aubert Wines

Hellgelbe Farbe, ausdrucksstarke, ausgesprochen fruchtbetonte Nase, hat Klasse, Zitrus, Melone, Sternfrucht, im Wein von mittlerem Körper, saftige, trinkanimierende Frucht mit einem ganzen Korb von exotischen Fruchtaromen, lebendige Säure, sehr nachhaltiger Abgang, bei den heutigen, tropischen Trinktemperaturen ausgesprochen erfrischend, 94 NK Punkte (Anmerkung: auch wenn es sich nach Angaben des Spenders bei den 2008 Richie um den größeren Wein handeln soll, so kommt mir der 2011er Lauren im derzeitigen Trinkzustand deutlich mehr entgegen), (90 WK Punkte)

4.
2005 Meursault Charmes
Comte Lafon

Zitronengelbe Farbe, verhaltene, eher vornehme, saubere, neutral rüberkommende Nase, im Wein von mittlerem Körper, saftige Frucht, die moderate Holznote ist in diesem extraktreichen Wein gut integriert, die Säure fällt mir persönlich etwas zu moderat aus, aber der Wein braucht noch Zeit, passable Länge, 92+ NK Punkte (89 WK Punkte)

5.
1911 Musigny
Colcombet Frères

Rostbraune Farbe, in der Nase finde ich deutlich überreife, morbide Töne, Pilze und feuchtes Unterholz haben das Kommando übernommen, dennoch strahlt dieses alte Schätzchen immer noch einen gewissen Charme aus, im Wein leichter bis mittlerer Körper, im Wein schon stark von der Säure geprägt, die Frucht ist doch schon sehr fragil, erstaunlich langer Abgang, der Wein hat es eigentlich schon hinter sich, trotzdem gibt es noch ausreichend Faszination um diesem mehr als 100 Jahre alten Schätzchen subjektive 86 NK Punkte zu geben (91-93 WK Punkte)

6.
1919 Pommard - Hospices de Beaune
Bichot

Helles Rot mit braunem Rand, in der Nase eine sehr schöne klare Frucht von Erdbeeren und Kirsche, für das Alter einfach unglaublich, im Wein leichter bis mittlerer Körper, die feine, mineralisch geprägte Frucht wird von einer feinen Säuremitte durchzogen, mir fällt immer wieder die leichte Salzigkeit in der Weinmitte auf, schöne Länge, 93 NK Punkte (89 WK Punkte)

7.
1923 Clos de Vougeot
Compagnie Médocaine

Rostbraune Farbe, in der Nase dominiert eine überreife, Liebstöckel-geprägte Frucht, im Wein leichter bis mittlerer Körper, auch hier dominiert eine überreife Frucht, die mir die Trinkfreude etwas einschränkt, eine präsente Säuremitte verliert sich mit der Zeit im Glas, schöne Länge, 89 NK Punkte (95 WK Punkte)

8.
1929 Beaune Cuvée des Dames Hospitalières
Faiveley

Rostbraune Farbe, in der Nase sehr feine, elegant gereifte Burgunder-Frucht, Unterholz und Waldboden gewinnen langsam gegenüber einer Kirschfrucht die Überhand, im Wein leichter bis mittlerer Körper, sehr feine, ausgesprochen elegante Pinot-Frucht, verhalten in der Säure, ausgesprochen harmonisch, schöne Länge, ein toller Wein, 93 NK Punkte (90 WK Punkte)

9
1929 Gevrey Chambertin Clos de la Justice
Pierre Bourée

Rostbraune Farbe, in der Nase finde ich eine gereifte Frucht die bereits von Unterholz und Waldboden dominiert wird, etwas weiter im Reifeprozess als der 1929er Beaune, im Wein leichter bis mittlerer Körper, schön gereifte Pinot-Frucht mit erstaunlicher Festigkeit, schöne Säure, gute Länge, 92 NK Punkte (93 WK Punkte)

10.
1934 Aloxe Corton
Louis Grivet

Ziegelrote Farbe mit braunen Rändern, in Der Nase schöne gereifte Frucht mit leichter Neigung zum Liebstöckel, wirkt durchaus fein, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, etwas einfach gestrickte Frucht die von einer schönen Säure begleitet wird, der Wein wirkt dadurch erstaunlich frisch, im Vergleich zu einigen Vorgängern mangelt es aber an Klasse, für das Alter und für einen Aloxe Corton dennoch ein erstaunlich guter Wein, lässt sich mit Spaß trinken, passable Länge, 88 NK Punkte (89 WK Punkte)

11.
1937 Corton
Guichard Potheret

Rostbraune Farbe, in der Nase schon sehr gereift, Töne von Zigarrenrauch, es entsteht eine Korkdiskussion, klassischer TCA ist es meines Erachtens nicht, im Wein von mittlerem Körper, die Frucht kommt recht spröde rüber, eine schöne Säure hält ihn lebendig, es fehlt jedenfalls Klasse, moderate Länge, 84 NK Punkte (91 WK Punkte)

12.
1937 Clos de Vougeot
Duval & Fils

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase finde ich eine nahezu frisch wirkende Kirschfrucht, Klasse, was für ein Unterschied zum Vorgänger, im Wein von mittlerem Körper, feine, saubere Frucht, präsente Säure, aber auch Fruchtsüße, gute Länge, hat Klasse, 93 NK Punkte (95 WK Punkte)

13.
1943 Pommard
Golmard Sauvageot

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase feine, wunderschön gereifte Frucht, Kirsche, im Wein mittlerer Körper, sehr feine, feste Frucht, Sauerkirsche, lebendige Säure, schöne Länge, 92 NK Punkte (97 WK Punkte)

14.
1945 Bonnes Mares
Guichard Potheret

Rostbraune Farbe, in der Nase überreife, kräuterige, ins Liebstöckel gehende Frucht, im Wein leichter bis mittlerer Körper, einfach gestrickte, säurebetonte Frucht, auch im Abgang säurebetonte Frucht, für einen Grand Cru ein Desaster, nicht mein Ding, aus Respekt vor dem Alter immerhin noch 83 NK Punkte (90 WK Punkte)

15.
1945 Clos de Vougeot
Leider ist es mir während der Probe nicht gelungen, der Flasche habhaft zu werden, um den Erzeuger festzustellen, am Ende der Probe habe ich es dann aus den Augen verloren

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase kommt mir eine sehr feine Pinot-Frucht entgegen, verströmt Eleganz, im Wein leichter bis mittlerer Körper, auch hier finde ich eine durchaus feine Pinot-Frucht, aber insgesamt zu hoch in der Säure, passable Länge, 88 NK Punkte (91 WK Punkte)

16.
1947 Chambertin
Vandermeulen-Abfüllung

Rubinrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase kommen mir sehr feine Noten von Schokolade und Kakao entgegen, unterscheidet sich enorm von allen Vorgängern, im Wein mittlerer Körper, sehr saftige Frucht mit ausgesprochen mineralischen Komponenten, feine Fruchtsüße, gut integrierte Säure, im Vergleich zum Vorgänger nahezu opulent, Gaumen füllend, insgesamt sehr harmonisch, schöne Länge, eine deutlich bessere Flasche als die, die wir vor einige Monaten hatten, 95 NK Punkte (96+ WK Punkte)

17.
1949 Gevrey Chambertin
Leider ist es mir während der Probe nicht gelungen, der Flasche habhaft zu werden, um den Erzeuger festzustellen, am Ende der Probe habe ich es dann aus den Augen verloren

Rostbraune Farbe, in der Nase ein fürchterlich oxidativer Ton, klassischer Luftton, im Wein leichter bis mittlerer Körper, oxidativ, Maggi pur, hinüber, eigentlich nicht zu bewerten, wenn überhaupt, dann bestenfalls 75 NK Punkte (90 WK Punkte, hatte ich einen anderen Wein im Glas?)

18.
1949 Gevrey Chambertin
Lalignant Chameroy

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase feine, saubere Pinot-Frucht aber von Waldboden, und Pilzen geprägt, im Wein leichter Körper, sehr säurebetonte, einfach gestrickte Frucht, passable Länge, 83 NK Punkte (89 WK Punkte)

19.
1949 Vosne Romanée
Laporte & Fils

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase recht fruchtbetont, neben den altersbedingten Pilznoten schimmert immer noch rote Johannisbeere durch, im Wein leichter Körper, feine, saubere Frucht, Sauerkirsche, schöne Säure, passable Länge, 86 NK Punkte (95 WK Punkte)

20.
1950 Musigny
Comte de Vogüé

Helles rostrot in der Farbe, der durchaus lange Kork war durchgerutscht und nahezu schwarz und schmierig, in der Nase eindeutig oxidativ, nur noch Liebstöckel, im Wein erstaunlich leichter Körper, völlig von einem oxidativen Luftton geprägt, eine einzige Enttäuschung, diese Flasche dürfte unter fragwürdigen Umständen gelagert worden sein, 75 NK Punkte, aber eigentlich nicht mehr zu bewerten da für mich ein Lagerproblem, hat vermutlich nichts mit der ursprünglichen Qualität des Weines zu tun (89 WK Punkte)

21.
1950 Vosne Romanée
Peyrère

In der Farbe helles kirschrot mit leicht braunem Rand, in der Nase saubere, frisch wirkende Kirschfrucht, im Wein mittlerer Körper, erstaunlich frisch rüberkommende, vielleicht etwas marmeladig wirkende Kirschfrucht, recht straffe Textur, allerdings auch recht kräftig in der Säure, schöne Länge, 90 NK Punkte (91 WK Punkte)

22.
1953 Clos de Vougeot - Confrerie des Chevaliers du Tastevin
Pasquier Desvignes

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase oxidativ, Luftton, im Wein mittlerer Körper, etwas plakativ süßliche Frucht, sehr vordergründig, vom Mundgefühl nicht so alt wirkend wie es die Nase andeutet, recht langer Abgang, 85 NK Punkte (88 WK Punkte)

23.
1955 Clos de Tart
Vandermeulen-Abfüllung

Tiefes rubinrot in der Farbe, in der Nase finde ich eine fest strukturierte, klare, saubere Pinot-Frucht, im Wein von mittlerem Körper, saftige, frisch wirkende Kirsch-Frucht, ein Hauch Süßholz, fest strukturiert, seidige Tannin-Struktur, gut integrierte Säure, wirkt wie ein Wein aus den 80-90er Jahren, schöne Länge, toller Wein, 94 NK Punkte (89 WK Punkte)

24.
1955 Gevrey Chambertin
Vandermeulen-Abfüllung

Tiefes rubinrot in der Farbe, in der Nase saubere, etwas verhaltene Brombeer-Frucht, im Wein mittlerer Körper, jugendlich-feste, straffe Frucht, auch die Gerbstoffstruktur erscheint jugendlich, kräftige aber durchaus integrierte Säure, ist das ein Pinot?, gute Länge, anfangs habe ich im 93 NK Punkte gegeben, er entwickelte sich aber im Glas weiter und letztlich gab ich auch diesem Schätzchen 94 NK Punkte (88 WK Punkte)

25.
1959 Richebourg
kein Produzent identifizierbar

ziegelrote Farbe mit braunem Rand, reifes, fragil erscheinendes Bukett, nein, es ist ausreichend fest, im Wein mittlerer Körper, gereifte, leicht pilzige Frucht mit Neigung zur Oxidation, spitze Säure, recht langer Abgang, trotz der Oxi-Neigung hat der Wein etwas, 89 NK Punkte (90 WK Punkte)

26.
1978 Chambertin
Jaboulet-Vercherre (diese Parzelle wurde später von Armand Rousseau gekauft)

Rubinrote Farbe, in der Nase feste, seriöse Kirschfrucht voller Noblesse, im Wein mittlerer Körper, saftig-saubere Kirsch-Frucht, fest, straff, perfekte Tannin-Struktur, schöne Säure, harmonisches Gesamtbild, gute Länge, ich bin begeistert, für mich der Höhepunkt des Abends, 96 NK Punkte (93 WK Punkte)

Als Absacker im Garten gab es noch eine Magnum 2010 Clos de Lambrays. Details habe ich mir nicht mehr notiert. Aber: ausspucken wollte ich ihn nicht. Ich war in der Region von 92 NK Punkten Aber das ist bestimmt nicht mehr seriös. :)

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Fazit: Ein lehrreicher Abend mit tollem Essen und einigen Höhepunkten aber auch den unvermeidlichen Enttäuschungen. Da hätte ich schon ganz gerne etwas über die Herkunft gewusst.

Wenn ich meine Punktnotierungen mit denen meine Frau vergleiche, dann scheint meine Frau das Burgund noch mehr zu mögen als ich. :lol:

Ich freue mich schon auf die kommenden Alt-Burgunder-Proben.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
Zuletzt geändert von kreutzer am Fr 9. Aug 2013, 15:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Markus Vahlefeld

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragFr 9. Aug 2013, 14:23

Hallo Norbert,

vielleicht helfen Dir beim Benennen der Weine ja die Flaschenfotos vom Weinterminator:

http://www.wineterminator.com/weinkriti ... aeume.html
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kreutzer

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragFr 9. Aug 2013, 15:17

Markus Vahlefeld hat geschrieben:Hallo Norbert,

vielleicht helfen Dir beim Benennen der Weine ja die Flaschenfotos vom Weinterminator:

http://www.wineterminator.com/weinkriti ... aeume.html


Hallo Markus,

danke für die Info. Hatte ich noch nicht gesehen. Achim Becker saß direkt an der Quelle. Hatte in der Nähe der Küche Zugang zu den Flaschen. Zu mir kamen die nur selten durch. Es war zu eng, um sich jedes mal durchzuzwängen.

Ansonsten stelle ich die üblichen Bewertungsunterschiede fest. 100 Punkte für den 47er Chambertin. Na ja. Da spielt aus meiner subjektiven Sicht doch die bekannte Begeisterung für diesen zweifelsfrei tollen Wein auch eine Rolle. So wie ich eben den 78er besser gesehen habe. Ich habe den 47er Chambertin nur zweimal getrunken und die in Wachtberg geöffnete Flasche war eindeutig besser.

Wie auch immer. Es ist immer wieder schön, die unterschiedliche Wahrnehmung nachzulesen.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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