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Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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kreutzer

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VKN vom 27.9.2014: Rioja Raritäten in Gütersloh

BeitragMi 1. Okt 2014, 09:23

Hallo Weinforum,

es gibt immer wieder Weinproben, die mich nahezu zwingen, etwas für die Nachwelt zu erhalten.

Wann hat man schon Gelegenheit Riojas aus sehr guten bis exzellenten Jahren aus dem Zeitfenster 1925 bis 1970 zu verkosten.

Nun, Weinfreund Norbert Lappas hat sich angeboten, für einen ausgesuchten Kreis von Weinliebhabern, diese Weinraritäten zu opfern.

Weinfreund Reinhard Fulde hat seine Räumlichkeiten für einen Personenkreis von 11 Personen zu Verfügung gestellt und uns zusätzlich noch hervorragend bekocht. Nicht zum ersten Mal.

Interessante Anmerkung: aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen haben einige Weinfreunde angesichts des Themas „Rioja“ abgewinkt. Ein Fehler wie ich meine.

Ich gebe zu, ich war selber skeptisch. Meine Vorurteile angesichts der Vergangenheitserlebnisse mit Riojas traditioneller Bauart, die ich meist oxidativ, überaltert und völlig holzüberladen in Erinnerung hatte, wurden gut gepflegt. Anfang der 70er hatte ich mir aufgrund der Hornickel-Empfehlungen traditionelle Riojas zusammengekauft. Nach meinem damaligen Verständnis eine einzige Enttäuschung.
Damals galt „Bordeaux über alles“. Na ja, die Zeiten ändern sich. Jetzt genieße ich auch Burgund und Priorat. Was für ein Gegensatz.

Im Laufe der Jahre habe ich dann auch modern gemachte Riojas kennen gelernt, z.B. Remirez de Ganuza Reserva und Gran Reserva oder von der Bodegas Lan, den Lan Roble bzw. Seleccion Limitada.
Das kam mir dann schon mehr entgegen.

Vor einigen Monaten hat mir Weinfreund Rainer Kaltenecker, der übrigens auch an der hier besprochenen Probe teilgenommen hat, einen unglaublich guten 1925er Rioja Castillo Ygay Gran Reserva vorgesetzt. Ein Traum von Wein und letztlich Auslöser für diese Probe. Wenn dieser Wein nicht gewesen wäre, hätte es vermutlich noch eine Bordeaux oder Burgunder-Probe gegeben.

Aber wir wollen uns ja auch im Alter die Negier erhalten.

Nachfolgend für Interessierte meine Verkostungsnotiz über eine Rioja-Raritäten-Weinprobe am 27.9.2014 in Gütersloh. Ich habe mich bemüht, den Ist-Zustand zu bewerten und nicht die Ehrfurcht vor dem Alter. Ob das immer gelungen ist bleibt die Frage. Die Wein wurden offen serviert und nur kurz vor dem Ausschenken karraffiert.

1.
ohne Jahrgangsangabe (soll aus den 30ern stammen)

Rioja Gran Reserva Blanco
Paternina

Goldgelbe Farbe, in der Nase klare, saubere Frucht die mich etwas an Mirabelle erinnert, das soll ein Wein aus den 30er Jahren sein?, im Wein leichter bis mittlerer Körper, auch hier präsentiert sich eine erstaunlich frische Frucht, Mirabelle und Kräuternoten, leichte Röstnoten, trockenes, sauberes Geschmacksbild, präsente Säure, da der Wein nur einen ganz leichten Reifeansatz zeigt frage ich mich, was den Wein über die Jahre getragen haben soll, Tiefe oder Extrakt ist es jedenfalls nicht, es bleibt allein die Säure, passable Länge, der Wein hinterlässt mich sprachlos, 84 NK Punkte

2.
1946 Rioja Gran Reserva Especial Blanco
Castillo Ygay

Im Glas finde ich eine recht braune, an einen Oloroso-Sherry erinnernde Farbe, in der Nase reif, oxidativ, auch hier an Sherry erinnernd, bleibt über 6 Stunden stabil, im Wein von mittlerem Körper, eindeutiger Sherry-Eindruck im trockenen Bereich, extraktreich, belegt den Gaumen, viel Säure, schöne Länge, diesem Wei kaufe ich das Alter ab, 92 NK Punkte, es soll sich um eine bei Rioja-Spezialisten sehr gesuchte Rarität handeln

3.
1985 Rioja Reserva Blanco
Marques de Murrieta

Dieser Wein war ein Mitbringsel eines Weinfreundes aus der Schweiz und hatte also einen sehr langen Transport hinter sich, rötlich-braune Farbe, in der Nase deutlich gereift, an getrocknete Rosinen erinnernd bzw. an einen Fino-Sherry, im Wein leichter bis mittlerer Körper, feine Reife, prägnante Säure, auffallend leicht in der Struktur, vermutlich hat er Holz gesehen, gute Länge, was mich angesichts der Struktur des Weines etwas überrascht, 86 NK Punkte

4.
1959 Rioja Gran Reserva “Glorioso”
Bodegas Palacio

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase feinreif mit deutlich animalischer Ausprägung, im Wein von mittlerem Körper, recht saubere, etwas säurebetonte Frucht, Waldpilze, Kräuter, Holz steht hier nicht im Vordergrund, der Wein hat nahezu burgundische Ansätze, wenig Tiefgang, ordentliche Länge, 89 NK Punkte

5.
1928 Rioja Gran Reserva
Paternina

Tiefrote Farbe mit nur leicht braunem Rand, in der Nase ausdrucksstarke, blitzsaubere Frucht von dunkelroten Beeren, Zimt, Gewürznelken, erstaunlich, im Wein von mittlerem Körper, feinreife, saubere Frucht mit lebendigem Säurekern, hat immer noch Saft, wirkt unglaublich frisch, schöne Länge, toller Wein, 93 NK Punkte

6.
1928 Rioja Vieja Reserva
Bodegas Bilbainas

Tiefe, rubinrote Farbe, in der Nase reife, etwas animalisch rüberkommende Frucht, im Wein von mittlerem Körper, recht saftige, an rohes Fleisch erinnernde Frucht, es kommen auch Kaffee-Noten durch, schöne Säure-Struktur, wirkt dadurch ungemein frisch, mir persönlich ist der Wein etwas zu animalisch, sonst hätte ich ihn noch höher gewertet, aber der Wein besticht durch seine fast jugendliche Saftigkeit, gute Länge, 93 NK Punkte

7.
1952 Rioja Reserva
Marques de Riscal

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase reife, feinwürzige Frucht, verhalten süßlich wirkend, im Wein von mittlerem Körper, saftige, kräuterige Frucht mit prägnanter Säure, der Wein hat Biss, dezente Reifenoten, ordentliche Länge, 89 NK Punkte

8.
1925 Rioja Reserva
Marques de Riscal
60% Cabernet Sauvignon, 40% Tempranillo

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase reife, leicht oxidative Frucht, mit ausreichend Luft wird das aber zunehmend besser, im Wein von mittlerem Körper, erstaunlich schmelzige, nahezu süßliche Frucht, Marzipan, Schokolade, Rumtopf, Säurespitzen hauchen dem Wein aber Leben ein, sehr ausdrucksstark, sehr langer Abgang, groß, 95 NK Punkte, ich kann mich noch erinnern, dass Marques de Riscal Weine aus jüngeren Jahrgängenvor ca. 40 Jahren für relativ kleines Geld bei Kaufhof oder Karstadt angeboten wurden, soweit ich mich erinnere war aber die Qualität der Weine aus den 60er-70er Jahren nicht mit den zuvor beschriebenen Qualitäten zu vergleichen, erneut erstaunlich

9.
1962 Rioja Reserva Especial « Vina Real »
CVNE

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase unangenehm penetrant wirkende, animalische Frucht, Stall, im Wein von mittlerem Körper, straff-jugendliche Frucht mit Biss, hat Saft, rotbeerig, die kräftige Säure ist mir zu heftig, gute Länge, 85 NK Punkte

10.
1954 Rioja Reserva Especial « Vina Real »
CVNE

Ziegelrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase reife, dezent animalische Frucht, kaum Ausdruck, im Wein von mittlerem Körper, oxidativ, leichter Essig-Stich, nicht zu bewerten

11.
1970 Rioja Gran Reserva “Vina Tondonia”
Lopez de Heredia

In der Farbe helles ziegelrot mit braunem Rand, unangenehm stallige, ins Gesicht springende Nase, löst bei mir eher einen Brechreiz aus, im Wein leichter Körper, säuredominante, dünne Frucht, etwas eindimensional, knapper Abgang, bei mir nur 83 NK Punkte, andere Teilnehmer, vermutlich alle auf dem Bauernhof aufgewachsen, werten den Wein deutlich höher

12.
1961 Rioja Gran Reserva “Vina Tondonia”
Lopez de Heredia

In der Farbe helles ziegelrot mit braunem Rand, in der Nase feinreife, beerige Frucht mit nur verhaltener Animalik, im Wein von leichtem bis mittleren Körper, schlanke, säurebetonte Frucht, rote Johannisbeere, sauber, kaum Alterstöne, in der Gesamtwirkung aber eher rustikal, einfach gestrickt, knapper Abgang, 86 NK Punkte

13.
1947 Rioja Gran Reserva “Vina Tondonia”
Lopez de Heredia

In der Farbe helles ziegelrot mit braunem Rand, in der Nase feinreife, dunkelbeerige Frucht, im Wein von leichtem bis mittlerem Körper, schlanke, sehr säurebetonte, aber vielleicht etwas grüne Frucht, wirkt gewissermaßen karg und spröde, dafür aber ausgesprochen sauber und, nicht zu vergessen, er verfügt über einen guten Trinkfluss, passable Länge, 87 NK Punkte

14.
1964 Rioja Gran Reserva “Vina Tondonia”
Lopez de Heredia

In der Farbe helles ziegelrot mit braunem Rand, in der Nase feinreife, dunkelbeerige, ausgesprochen reintönig-präzise Frucht, im Wein von mittlerem Körper, feste, gut strukturierte Frucht von dunkelroten Beeren, auffallend die kräftige, aber gut eingebundene Säure-Struktur, ordentliche Länge, 89 NK Punkte

15.
1959 Rioja Gran Reserva
Castillo Ygay

Rubinrote Farbe mit braunem Rand, in der Nase gewinnende, saubere Frucht von dunkelroten Beeren, auch Schokonoten, im Wein von mittlerem Körper, saubere, aber etwas säurelastige Frucht, wirkt dadurch etwas grün aber fest, hat Biss, angenehme Länge, sehr gut, 89 NK Punkte

16.
1942 Rioja Gran Reserva
Castillo Ygay

Rubinrote Farbe mit leicht braunem Rand, in der Nase finde ich eine ausdrucksstarke, noch jugendlich wirkende Beerenfrucht die diesen Hauch von Noblesse verströmt, die den großen Weinen häufig zu eigen ist, im Wein von mittlerem Körper, überzeugend klare, saftige Frucht von dunkelrote Beeren, Schokolade, harmonisch eingebundene Säure, feste Struktur, zeigt Tiefe, schöne Länge, Klasse, toller Wein, 96 NK Punkte

17.
1934 Rioja Gran Reserva
Castillo Ygay

Tiefrote Farbe, aber hier beginnt eine Korkdiskussion, macht eine faire Bewertung unmöglich, es liegt ein Schatten über der Frucht, sicher kein eindeutiger TCA, vermutlich ein verdeckter Kork, der Wein hat die Anlagen zu einem großen Wein, wirkt intensiv und lang, letztlich aber mit dieser Flasche nicht zu bewerten, schade

18.
1925 Rioja Gran Reserva
Castillo Ygay

Rubinrote Farbe mit leicht braunem Rand, dezent animalische Töne, im Wein von mittlerem Körper, feste, straffe Frucht, präsente Tannine, kräftige Säure, die Säure wird aber durch die Struktur des Weines aufgefangen, auch diese Flasche ein toller Wein mit langem Abgang, vielleicht nicht ganz so gut wie die vor einigen Monaten bei Rainer verkostete Flasche, aber ebenfalls groß, 95 NK Punkte

-------------------------------------------------

Fazit:

Es sollte erwähnt werden, dass von “allen” Beteiligten der 1942er Castillo Ygay Gran Reserva an die erste Stelle gesetzt wurde. Platz 2 und 3 waren mit dem 1925er Castillo Ygay Gran Reserva und dem 1925er Marques de Riscal ebenfalls unstrittig. Bei einem Teilnehmer mogelte sich nach meiner Erinnerung der insgesamt auch hoch bewertete 1928er von der Bodegas Bilbainas dazwischen. Darunter gab es schon mal erhebliche Abweichungen zwischen den Teilnehmern. Hier leistete ich allerdings mit meiner Abneigung gegenüber stallig-animalischen Weinen einen erheblichen Beitrag.

Es war ein großartiges Erlebnis. Unglaublich wie viel Säure diese alten Riojas hatten. Das hat sie sicherlich in die heutige Zeit getragen.

Dank an Norbert Lappas für diese lehrreiche Probe und Dank an Reinhard für die wie immer perfekte Rundumbetreuung. Ochsenbäckchen und Tarte waren ein Gedicht. Der sardische Schinken von den schwarzen, freilaufenden Schweinen sowieso.

Dank auch an die anderen Teilnehmer für eine lebhafte und angenehm gesellige Runde. Auch wenn wir uns in dieser Zusammensetzung noch nie getroffen haben, irgendwo hat man sich schon mal gesehen. Unter anderem in der fernen Schweiz.

Ich möchte noch erwähnen, dass Reinhard einige Weißweine und einen Champagner vor der eigentlich Probe serviert hat, die ich allerdings nicht im Detail notiert habe. Auch Absacker hat es noch gegeben. Da hätte ich wohl nicht mehr notieren können. :lol:

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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Dick

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragDo 2. Okt 2014, 00:28

Norbert,

Vielen Dank für diesen sehr schönen Beitrag :!: :!: :!:
Mit freundlichen Grüßen aus Holland,
Dick
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kreutzer

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Reise ins Piemont

BeitragDi 11. Nov 2014, 11:20

Hallo Weinforum,

an anderer Stelle hatte ich selbst bereits kurz über unsere diesjährige Reise ins Piemont berichtet.
Hier nun ein Link zu einem detaillierteren Beitrag meines Weinfreundes Rainer Kaltenecker
über diese Reise:

http://toaster.wordpress.com/eine-reise ... gang-2010/

Viel Vergnügen.
Gruß aus Oberhausen
Norbert
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darius

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragFr 14. Nov 2014, 13:10

Lieber Norbert,

besten dank für die Einstellung so vieler spannender Notizen.

Natürlich haben es mir besonders die Betichte über die 1971-2003 Italien-Probe und jener über die Piemonreise angetan.

Bei unseren Aufenthalten im Piemont haben wir auch stets in Alba gewohnt.

Vor kurzem hatte ich auch die Gelegenheit, einige 2010er Barolo zu verkosten. Ich kann u.a. bei Clerico
und Paolo Scavino die sehr positiven Eindrücke aus dem Reisebericht bestätigen.

Was die gereiften Piemont-Weine angeht, so ist bislang ein 1985er Villero Riserva von Vietti mein vielleicht grösstes Erlebnis. Daher ist trotz der hohen Kurse auch der Nachfolger aus 2001 im Keller gelandet und wird dort natürlich noch lange Zeit verbleiben.

Viele Grüsse,

Darius
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kreutzer

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VKN vom 22.11.2014: Österreich

BeitragFr 5. Dez 2014, 10:21

Hallo Weinforum,

am 22.11.2014 haben Wera und ich uns mal wieder in Bonn eingefunden und neben hervorragenden österreichischen Weiß- und Rotweinen ein traumhaftes Menü genossen. Das war schon in der Qualität einer Sterneküche vergleichbar. Rainer und Thorsten: Danke dafür!

Da ich mich mal wieder nicht aufraffen konnte meine eigenen Notizen niederzuschreiben hier der Link zu der vom Gastgeber verfassten Notiz:

http://toaster.wordpress.com/osterreich ... he-und-co/

Viel Spaß.
Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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Weihnachts-Tasting 2014

BeitragFr 9. Jan 2015, 11:46

Hallo Weinforum,

hier der Link zu unserem alljährlichen Weihnachts-Tasting. Diesmal verfasst von meinem Weinfreund Guido Müller. Viel Spaß.

http://toaster.wordpress.com/weihnachts-tasting-2014/

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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VKN vom 31.1.2015: Vega Sicilia

BeitragFr 6. Feb 2015, 10:12

Hallo Weinforum,

am 31.1.2015 wurde erneut zu einer grandiosen Probe nach Bonn eingeladen.

9 Weinfreaks durften sich auf gereifte Weine aus der Vega Sicilia Gruppe freuen.

Die Probe wurde aus den Kellern von Rainer Kaltenecker, Bernd Handschuh und Norbert Kreutzer bestückt. Die Reserva Especials mussten ersteigert werden. Das ist noch nicht so lange her. Hier waren wir auf Glück angewiesen.

Nachfolgend für Interessierte meine Verkostungsnotiz. Ich hoffe aber, dass mein Weinfreund Rainer diese Aufzeichnungen durch seine eigene Wahrnehmung, die bisweilen erheblich von meiner Beschreibung abweicht, auf seinem Blog ergänzen wird. Das kann aber noch dauern.

Vorweg: es gab zur Erfrischung, als Essensbegleiter und zum Abschluss eine Reihe hochinteressanter Weißweine, über die ich meist keine Aufzeichnungen gemacht habe, die aber der Vollständigkeit halber, erwähnt werden soll.

Zur Begrüßung gab es einen

2001 Riesling „S“ trocken vom Weingut Keller in Flörsheim-Dalsheim, der zwar reif wirkte aber immer noch sehr schön zu trinken ist. Da der Wein ja eher einfacher gestrickt ist, kam mir die Säure allerdings sehr vordergründig vor. Mein Magen verlangte nach vorbeugenden Maßnahmen. Das war früher mal anders.

Zur Eröffnung der Probe gab es einen „Nuller“ Wein.

0.
2009 Westhofener Brunnenhäuschen Abtserde Riesling trocken
Erzeugerabfüllung Weingut Keller, Flörsheim-Dalsheim
In der Nase find ich ein sehr feines, nobles, eher zurückhaltendes Riesling-typisches Bukett mit Steinobst-Aromatik, im Wein mittlerer Körper, kommt jahrgangsuntypisch recht schlank rüber und zeigt doch eine feste Struktur, feine Säure, langer Abgang, ein toller Wein, 94 NK Punkte

1.
2001 Vega Sicilia Alion
Bewertung RP: 95
Dunkelrote Farbe, in der Nase feiner, holzwürziger Beerenduft, Brombeere, wirkt noch jung, im Wein mittlerer Körper, klarfruchtig aber mit deutlicher Holzwürze, sehr direkt und geradlinig, auffallend die sehr prägnante Säure, es mangelt etwas an Komplexität, für meinen Geschmack einfach zu früh geöffnet, das frühzeitige Dekantieren reichte hier nicht, schöne Länge, 89 NK Punkte

2.
2001 Vega Sicilia Pintia (Toro)
Bewertung RP: 95
Dunkelrote Farbe, in der Nase hatte ich anfangs einen flüchtigen Stalleindruck, darüber hinaus dominiert aber eine ausdrucksstarke Beerenfrucht, auch hier begleitet von einer deutlichen Holzwürze, Stall verliert sich, im Wein mittlerer Körper, saftig-lebendige Frucht, die Säure ist harmonisch eingebunden, auch im Mund ist die Holzwürze sehr präsent, das muss man mögen, wirkt ansonsten noch sehr jung, langer Abgang, 90 NK Punkte

3.
1994 Vega Sicilia Unico
Bewertung RP 96/Gabriel: 20
Dunkelrote Farbe, in der Nase ausgesprochen klare, saubere, noble Beerenfrucht, einfach beerig, im Wein von mittlerem Körper, auch hier diese noble, klare, trinkanimierende Beerenfrucht, Himbeere, gute Struktur, sehr schön eingebundene Säure, Holz ist hier ausgesprochen unauffällig, feine Länge, toller Wein, 95 NK Punkte

4.
1996 Vega Sicilia Alion
Bewertung RP: 90
In der Nase sehr saubere, jugendliche Beerenfrucht, im Mund von mittlerem Körper, jugendlich straffe Frucht eingebunden in deutliche Holzwürze, Säure erscheint mir sehr aggressiv, nicht wirklich gut eingebunden, auch die Tannine erscheinen mir etwas ruppig, dennoch ein Wein mit Struktur und weiterem Entwicklungspotential, gute Länge mit präsenter Säure, 91+ NK Punkte

5.
2000 Vega Sicilia Valbuena
Bewertung RP: 92
In der Nase saubere, klare Beerenfrucht in nobler Ausrichtung, deutet auf Klasse hin, im Mund mittlerer Körper, saubere, präzise Beerenfrucht, tolles Holzmanagement, bei diesem Wein stört mich das Holz überhaupt nicht, feine Süße, gut eingebundene Säure, schöne Länge, toller Wein, 93 NK Punkte

6.
1960-1962-1972 Vega Sicilia Unico Reserva Especial
abgefüllt 1980
in der Nase Rauchtöne, Tee, Kräuter, im Wein eher leichter bis mittlerer Körper, wirkt für einen Reserva Especial sehr schlank mit einer mir zu spitzen Säure, die nicht harmonisch im Wein eingebunden ist, für das Alter grün wirkende, austrocknende Tannine, schwierig, aus der Runde kommt Aschenbecher, kalter Rauch, das könnte es sein, aus meiner Sicht fällt der Wein bereits auseinander, knapper Abgang, 83 NK Punkte, die Runde punktet aber höher

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Danach gab es ein wunderbares Lammfilet im Kräutermantel. Dieses Essen wurde begleitet von
einem 2001er Barolo (ich meine es war der Sorano, habe es aber leider nicht notiert) aus der Doppelmagnum vom Weingut Ascheri. Hier kann ich nur wiedergeben, dass mir der Wein in seiner typischen Nebbiolo-Kargheit sehr gut gefallen hat und wunderbar zum Lamm harmonierte. Gefühlte NK Punkte: 90

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Weiter ging es mit der Vega Sicilia-Probe:

7.
1998 Vega Sicilia Alion
Bewertung RP: 90
In der Nase stört mich eine chemische Note, erscheint mir nicht sauber, im Wein mittlerer Körper, schlanke, säurebetonte Frucht, rote Johannisbeere, kräftige Säure, es mangelt etwas an Struktur und vor allem Charme, passable Länge, 88 NK Punkte

8.
2004 Vega Sicilia Valbuena
Bewertung RP: 94
In der Nase jugendliche, saubere Beerenfrucht, verströmt eine wunderbare, aristokratisch anmutende Atmosphäre, im Wein von mittlerem Körper, die beerige, ausgesprochen saubere Frucht wird von einer kräftigen Säure begleitet, die aber von der Struktur des Weines aufgefangen wird, gute Länge, sehr schöner Wein, 93+ NK Punkte

9.
1966 Vega Sicilia Unico
Bewertung Celler Tracker: 95
in der Nase oxidativ, Mocca, im Wein mittlerer Körper, auch hier ist de Frucht ins oxidative übergegangen, schwierig, Säure eher unauffällig, ein Teil der Runde ist von diesem Wein begeistert, für mich ist das ein Flaschenfehler, allenfalls 80 NK Punkte


10.
1960-1962-1968 Vega Sicilia Unico Reserva Especial
Abgefüllt 1981
wunderschöne Nase von dunkelroten Beeren, aber altersgerecht auch Unterholz, fein, im Wein von mittlerem Körper, feinreife, etwas säuregeprägte Frucht, reife Tannine, gute Struktur, feine Länge, 92 NK Punkte

11.
1960-1962-1968 Vega Sicilia Unico Reserva Especial
Abgefüllt 1978
wunderschöne, feinwürzige Nase geprägt von ganz feiner Reife, im Wein von mittlerem Körper, sehr schöne, reife Frucht, prägnante und doch in der Struktur des Weines gut integriert.mürbe Tannine, feine Länge, 92 NK Punkte

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Danach gab es zur Stärkung als Hauptgang einen leckeren Skrei auf Spitzkohl.
Als Essensbegleiter gab es
1990 Gewürztraminer Cuvée des Seigneures de Ribeaupierre vom Weingut Trimbach

und

2002 Chardonnay „S“ trocken vom Weingut Wagner-Stempel
Ich mach es kurz: beide Weine waren absolut nicht mein Fall und somit macht eine Bewertung durch mich auch keinen Sinn. Da müsst Ihr auf Rainer warten.

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Weiter ging es mit der Vega Sicilia-Probe:

12.
1999 Vega Sicilia Alion
Bewertung RP: 92
In der Nase sehr feine, blitzsauber rüberkommende Frucht von dunkelroten Beeren, im Mund von mittlerem Körper, recht schlanke Frucht mit gut integrierter Säure, unauffälliges Holz, mir mangelt es etwas an Struktur, ein eher feiner Wein, knapper Abgang, 88 NK Punkte

13.
2005 Vega Sicilia Valbuena
Bewertung RP: 93
In der Nase feste, dunkelwürzige Frucht, dunkle Waldbeeren, im Wein mittlerer Körper, feste, etwas tanningeprägte Frucht, Lakritztöne, kräftige, Säure, viel zu früh aufgezogen, langer Abgang, 88+ NK Punkte

14.
1970-1972-1974 Vega Sicilia Unico Reserva Especial
Abgefüllt 1994
Bewertung Cellar Tracker: 96
In der Nase feine, dunkelwürzige Beerenfrucht, Unterholztöne kommen durch, im Wein von mittlerem Körper, saftig-feste Frucht, gute Struktur, körnige, aber reife Tannine, der Wein kleidet den Gaumen aus, eine kräftige, aber gut eingebundene Säure vermittelt einen fast noch jugendlichen Eindruck, langer Abgang, Kategorie: toller Wein, 94 NK Punkte, wie sagt Rainer immer: jede Suche wert

15.
1983 Vega Sicilia Unico
Bewertung Jancis Robinson: 19
Reife, etwas pflaumig rüberkommende Nase, im Wein mittlerer Körper, saftig-feste Frucht, sehr kräuterwürzig, Schokolade, Minze, kräftige Tannine, herzhafte Säure, gute Länge, anders als der Vorgänger, aber ebenfalls toll, 94+ NK Punkte

16.
Als Pirat
1994 Clos Mogador (Priorat)
René Barbier
In der Nase zunächst etwas chemisch, Naphtalin, verfliegt aber mit Luft, im Wein von mittlerem Körper, saftiger Ansatz, jugendlich erscheinende Tannine, wirkt noch jugendlich und etwas eindimensional, hat aber die Power eines großen Weins, langer Abgang, 93+ (?) NK Punkte

17.
1962-1964-1968 Vega Sicilia Unico Reserva Especial
Abgefüllt 1979
In der Nase kommt mir ein dunkler Graphit-Ton entgegen, Kaffee, Espresso, im Wein von mittlerem Körper, feste, jugendlich wirkende Frucht, klarfruchtig, dunkelrote Beeren, Cassis, null Reifetöne, wirkt nobel, fein und gleichzeitig tief, reife Tannine, gut integrierte Säure, insgesamt ausgesprochen stimmig, langer Abgang, Kategorie: groß, 96 NK Punkte, vielleicht war ich da noch zu zurückhaltend

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Zum Nachtisch (Käseplatte) gab es noch einen

1986er Scharzhofberger Riesling Kabinett der leider korkte

und einen

1995er Saarburger Rausch Riesling Auslese von Forstmeister Geltz Zilliken
Leider keine Bewertung meinerseits.

Irgendwo dazwischen oder dahinter (ich weiß es nicht mehr) gab es noch
1975 Rauenthaler Baiken Auslese von Schloss Eltz
1999 Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Spätlese vom Karthäuserhof
2004 Westhofener Morstein Riesliing GG vom Weingut Wittmann
2004 Winninger Uhlen „R“ Roth Lay von Heymann-Löwenstein

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Fazit: Danke Rainer! Ein tolles Erlebnis. Die Unicos und erst recht die Reserva Especials sind teuer, aber die besten Flaschen sind ihr Geld wert und können in der Riege der besten Weine bestehen.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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Re: Vega Sicilia

BeitragDo 12. Feb 2015, 10:52

Hallo Weinforum,

gerade erhalten. Ein Gruppenfoto der Weine aus der Vega Sicilia Probe.

2799

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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kreutzer

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragDo 12. Feb 2015, 10:58

Hallo Weinforum,

hier ein Link zu einer Verkostungsnotiz meines Weinfreundes Rainer Kaltenecker über eine bei uns in Oberhausen durchgeführte Probe mit einigen interessanten Altweinen (Piemont, Priorat, Burgund etc) und zwei Weißweinen aus dem Rheingau, von Weingütern die ich bisher nicht wirklich kannte (Jung) bzw. von denen ich noch nie etwas im Glas hatte (Flick). Nein, nicht der bekannte Flick, sondern der andere, neue Flick. Das Zeug trinkt meine Frau mittlerweile wie Wasser. :)

https://toaster.wordpress.com/2015/02/1 ... berhausen/

Viel Spaß beim Studium.

Gruß aus Oberhausen
Norbert
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Finkenweine

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Re: Kreutzer's Verkostungsnotizen im Laufe der Zeit

BeitragSa 14. Feb 2015, 12:13

Hallo Norbert,

vielen Dank für diesen wunderbaren Probenbericht. Ich bin auch ein großer Fan der Weine von Vega Sicilia. Wir hatten schon oft den 1970er genossen und vor langer Zeit war auch der 1985er noch erschwinglich. Von den jungen Jahrgängen habe ich leider noch nichts probiert, wünsche mir aber, dass der Stil der alte geblieben ist. Nicht jeder kann mit diesen Weinen so viel anfangen, weil sie eben doch eigen sind, aber so etwas wie die Reserva Especial ist ein vom Aussterben bedrohtes Stück Tradition.

Konntest Du stilistisch einen Unterschied zwischen alt und neu erkennen oder war das lediglich eine Frage der Flaschenreife?

Viele Grüße aus dem Nordosten,

"LongLouis"
Dr. Lutz Krämer
Falkensee-Finkenkrug
http://www.finkenweine.de
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