Mo 4. Sep 2017, 14:09
Hallo zusammen,
am Samstag trafen sich wieder ein paar Weinverrückte, u.a. auch einige Forumsmitglieder, in Frankfurt zu einer Vertikale Pichon Comtesse.
Am Start waren (chronologisch) folgende Jahrgänge: 1983, 1986, 1988, 1989, 1990, 1994, 1995, 1996, 2000.
Zu einem hervorragenden 4-Gänge Menü (Tintenfischisotto mit Ofentomaten, Geschmorten Kaninchenkeule mit Ofenkartoffeln, Im Heu gegarte Lammkeule mit Kräuterpolenta und mediterranem Gemüse sowie Creme Catalan) wurde blind in 3er Flights verkostet. Aufgedeckt wurde nach jedem Flight.
Ich habe nur sporadisch Notizen gemacht. Uli, Karsten, Jochen, Ihr dürft gerne ergänzen.
Meine Eindrücke:
Als Aperitif gab es einen Riesling vom Hofgut Falkenstein:
Niedermenniger Herrenberg Kabinett trocken 2016. Mit einer Weingutspezifischen knackigen Säure ausgestatteter Kabinett dem noch etwas mehr Reife gut zu Gesicht stehen würde. Zum Apero sehr gefällig, hinterlässt aber keinen all zu bleibenden Eindruck. Weder bei mir noch bei den Mitstreitern.
1. Flight: 1994, 1996, 1986: Motto: „Let’s get ready to rumble“1994: Laut Wineterminator gibt es sehr unterschiedliche Abfüllungen dieses Jahrgangs. Wir scheinen eine gute erwischt zu haben. Anfänglich schönste Nase des Flights, musste dann aber die Nasenführung an 1996 abgeben. Würzig, tief und komplex. Schöne Comtesse aus einem nicht ganz einfachen Jahrgang
1996: Die Nase zunächst verhalten drehte diese brutal auf. Auch der zunächst sehr verschlossen wirkende Gaumen entwickelte sich an der Luft hervorragend. Am Anfang sehr säurebetont dann herrlich harmonisch mit dunkler Frucht immer noch sehr prominenten Tanninen und einer unglaublichen Frische. Mein Flightsieger
1986: Leichter Muffton, der leider auch nicht vollständig verschwand. Deutliche Altersnoten, Laub, Pilze und wieder Muff. Ich meine die Flasche hatte einen leichten Hau. Aber dennoch trinkbar. Was für Altweinliebhaber. Hier hatte ich mir, vor allem im Vergleich zun 96er, mehr erhofft. Das Duell hat sie leider verloren
2. Flight: 1989, 1990 und 2000: Motto: der Flight of the Night!1989: Wahnsinns hedonistische Comtesse Nase. Ganz leicht Liebstöckel, Cassis, Rosinen. Leichte Extraktsüsse sehr zugänglich und auch sehr gefällig. Klasse!
1990: Anfänglich auch noch etwas verschlossen dreht er mit Luft richtig auf. Ähnliche Nase wie 1989. Am Gaumen aber für mich etwas kürzer, mit einem leichten bitterl, das aber mit der Zeit verschwindet. Wird länger und harmonischer. Die Comtesse wurde für diesen Jahrgang schon oft arg kritisiert, stand immer im Schatten des Vorjahrgangs. Diese Flasche braucht sich jedoch nicht im geringsten zu verstecken. Sehr schöner Wein, für mich fast auf Augenhöhe mit 89.
2000: Bäm, in your face! Massiv, wuchtig, ungestüm. Massive, aber klar skizzierte, Tannine, sich ständig wandelnd, fordernd. Das waren die Notizen auf meinem Zettel. Und mein WOTN! Was für ein Gänsehautwein! Noch ein langes Leben vor sich habend, stellte diese Comtesse alle anderen Weine des Abends klar in den Senkel. Wenn man diese wuchtige Stilistik mag!. Wer es gerne filigraner mag, der sollte im Nächsten Flight fündig werden. Aber ich wünschte ich hätte davon was im Keller
3. Flight: 1983, 1988, 1995. Motto: Der „strange“ Flight1983: Ungewöhnliche Nase. Meine Tischnachbarin meint Käsefuss. Ich habe eher Mocca, durchaus etwas Käse aber auch Lakritz und etwas Pferd. Am Gaumen leider auch weniger überzeugend. Schon sehr abbauend und etwas tertiär. Wenig komplex und etwas kurz.
1988: Wilde Nase, auch hier sehr ungewöhnlich. Viel Espresso, Kirsch und deutlich Kuhstall. Etwas komplexer am Gaumen als 83, dennoch nicht ganz überzeugend. Auf nicht ganz so hohem Niveau mein Flightsieger.
1995: Puuh, auch hier sehr verrückte Nase, nach Sherry, Rumtopf und roten Früchten. Laktisch und ebenfalls ungewöhnlich am Gaumen. Krasses Tanninmonster! Das ist schon heftig. Kommt da noch was? Lässt mich ein wenig ratlos zurück. Frucht ist tendenziell schon da, versteckt sich aber komplett hinterm Monstertannin. Säure ist auch da. Ich kann mir gut vorstellen dass wir hier nur einen schlechten Trinkzeitpunkt erwischt haben. Auch das ist Comtesse, eine kleine Zicke dann und wann
Zum Dessert gab es noch einen
2005er Doisy Daene (Danke an Jochen). Perfect Match zur Creme Catalan. Nussig, Rosinig, Aprikosen und Honig. Sogar etwas Limette und Banane. Könnte etwas mehr Säure vertragen um frischer zu wirken. Trotzdem wunderbar!
Fazit: Vom letzten Flight hatte ich mir etwas mehr verhofft. Ansonsten eine wunderschöne Vertikale auf sehr hohem Niveau. Vielen Dank an alle Mitverkoster, für die netten Gespräche, Diskussionen rund um den Wein und für einen außergewöhnlichen Weinabend.
Sieger für mich deutlich 2000, gefolgt von 1989 und 1996
Lieben Gruss
Marko
PS: Leider hab ich es nicht geschafft ein Bild hinzuzufügen...