Aktuelle Zeit: So 28. Apr 2024, 00:29


Weinprobe Australien und Neuseeland in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
  • Autor
  • Nachricht
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1219
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Weinprobe Australien und Neuseeland in Würzburg

BeitragMo 19. Mär 2012, 21:13

Hallo zusammen,

letzten Freitag standen Weine vom "anderen Ende der Welt" auf dem Verkostungsplan (3x weiß und 11x rot).

Zunächst die 3 Weißweine:

2010er Riesling Clare Valley "The Wolf" (Two Hands Wines, Marananga)

Australien hat die 2. größte Rieslinganbaufläche weltweit und die Weine aus dem Clare- und Eden-Valley gehören hier zu den remommiertesten. Helles Grüngelb, sehr geradlinige, straffe Apfelfrucht, ordentliche, frische Säure, ganz trocken, als Riesling durchaus sortentypisch, Alkohol gut verpackt (13 Vol%), der Wein wirkt leichter als er eigentlich ist, kurzer bis mittellanger Abgang. Dieser Riesling würde durchaus als ordentlicher Gutswein eines deutschen Produzenten durchgehen; dafür ist er aber mit knapp 18 EURO im Handel doch etwas zu teuer. 82 P.

2010er Chardonnay Hawkes Bay "Kidnappers Vineyard" (Craggy Range)

durchaus "kühle", aber sortentypische Nase nach Apfel, etwas Aprikose, stahliger Eindruck, Holz ganz im Hintergrund. Dieser kühle Eindruck setzt sich auf der Zunge fort: mittelkräftige, aber reife Säure, trotz 13,5 Umdrehungen eher der mittelgewichtige Typ,sehr geradlinige Frucht, sehr sauber und klar, mittlere Länge. Ein sehr ordentlicher Chardonnay, der in einer Probe mit Chablis a.c.-Weinen nicht unangenehm auffallen würde.
Preislich allerdings kein Schnäppchen (knapp 16 EURO). 84 P.

2011er Sauvignon blanc Marlborough "Foundation Block 1" (St. Clair, Blenheim)

ein typischer, gut gemachter S. bl. im plakativen Neuseeland-Stil:
die volle Fruchtladung ( reife Stachelbeere, schwarze Johannisbeeren, Passionsfrucht) in der Nase fast schon etwas "pipi de chat", reife Säure, ebenso üppige Frucht am Gaumen, mittlere Länge und angenehmer Alkohol (13 Vol%). Ein Wein ohne Alterungspotential, denn wenn die sicherlich beeindruckende Frucht weg ist, bleibt von diesem Wein nicht mehr allzu viel übrig. Mir fehlt bei diesem Wein etwas die "klirrende" Säure als Gegenpol zu der etwas "nuttigen" Frucht; der im letzten Jahr probierte 2010er S. bl. von Marisco ("the Kings Favour"), der ebenfalls aus Marlborough stammte, war da doch um einiges besser.
Knapp 19 EURO im Handel, 84 P.


und nun zu den insgesamt 11 Roten:

2008er Pinot Noir Victoria "Swan Bay" (Scotchmans Hill, Drysdale)

sehr röstige (Holz)-Würze, die leider die durchaus interessante und typische Frucht überlagert, Kirsche, etwas Pflaume und Himbeere, auf der Znge einen Hauch Restzucker, wieder stört die russig-röstige Aromatik, durchaus gute Frucht vorhanden, leicht likörig, die 14,5 Vol% lassen sich nicht ganz verbergen, sind aber trotzdem ganz ordentlich verpackt, etwas schwülstig, es fehlt als Gegenpart etwas Tannin, dennoch gute Länge.
Mit sensiblerem Holzeinsatz wäre der Wein deutlich interessanter. Knapp 19 EURO. 83 P.

2008er Pinot Noir Central Otago "Razorback" (Coopers Creek)
hier die neuseeländische Variante des P. N.: deutlich kühlere Stilistik, Kirsche, Himbeere, die deutlich wahrnehmbare Walderdbeernote erinnert mich sofort an einen deutschen Spätburgunder, Holz hier bestens integriert und fast nicht wahrnehmbar, wirkt trockener als der Vorgänger aufgrund präsenterer, aber angenehmer Säure, feinkörniges, samtiges Tannin, gute Harmonie und eine gewisse Eleganz und Finesse, bestens integrierter Alkohol (13,5 Vol%), mittellanger Abgang. Ein durchaus typischer, (im besten Sinne) deutsch wirkender Pinot mit gutem Trinkfluss und ordentlichem Spassfaktor.
Einzige Kritik: Vergleichbare Qualität erhalte ich bei einem deutschen Spätburgunder wahrscheinlich zum halben Preis, knapp 19 EURO. 85 P.

Die restlichen 9 Rotweine folgen in Kürze !

Grüsse
Bodo
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1219
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Australien und Neuseeland in Würzburg

BeitragDi 20. Mär 2012, 13:57

und weiter geht's mit:

2009er Sangiovese Mc Laren Vale (Coriole Vineyards. Mc Laren Vale)

mitteltiefes, leicht durchscheinendes Rubinrot, sehr floral in der Nase (Veilchen ,Rosen) sowie Pflaumen und Kirsche, sehr jugendlicher Eindruck. Direkt auf der Zunge, klare Dunkelfrucht, leicht anhängendes , etwas grobkörniges Tannin, kein (Neu)holz spürbar, voll auf Frucht gebaut, es fehlt die typische Sangiovese-Säure, gut eingebundener Alkohol (14 Vol%), etwas kurzer Abgang. Ein angenehmer, etwas einfach strukturierter Wein, der den toskanischen Winzern keine Schweißperlen auf die Stirn treibt. Knapp 20 EURO, 82 P.

2006er Cabernet Sauvignon Coonawarra (Katnook Estate, Coonawarra)

sehr angenehme, eher klassische Cabernet-Nase mit den üblichen Attributen ( Cassis, Kirsche, Pflaume), keinerlei grüne Paprika, dafür die typische Coonawarra Minze/Mentholnote, sehr sauber und trinkanimierend, ganz dezente Holznote, bestens eingebundener Alkohol (13,5 VOL%), sehr guter Trinkfluss, mittlerer bis langer Abgang. Sehr guter australischer Cabernet, der die Aussie-Fülle mit einer europäischen Eleganz verbinden vermag. Knapp 22 EURO, 89 P.

2008er Cabernet Sauvignon Margaret River (Cape Mentelle)

zum Vergleich gleich das westaustralische Pendant zum vorhergehenden C. S.:
etwas fruchtigerer Stil mit einem Hauch mehr Holz, ebenfalls eher kühlere Stilistik, deutliche Extraktsüsse mit Cassis und Pflaume, ebenfalls gut eingepasster Alkohol (13,5 Vol%), ordentliche Länge. Der Vorgänger gefiel mir einen Tick besser, vielleicht auch aufgrund der besseren Reife. Nicht gerade billig. Knapp 35 EURO. 88 P.

2007er Mourvedre Mc Laren Vale "The Twentyeight Road" (d'Arenberg)

überraschend gereifte Farbe, durchscheinendes Kirschrot mit dezenten Ziegelrotreflexen.
Der optische Eindruck realisiert sich leider in der Nase: deutliche Oxidationnoten , Karamellnoten, verhangene Blaubeerfrucht. Auch im Mund Oxi- und dezente Rancionoten, leicht anhängendes Tannin, Alkohol deutlich merkbar (14,5 Vol%), mittlerer etwas karger Abgang. Der Wein wirkt deutlich gezehrt und gealtert. Ich vermute eine schlechte Flasche, denn ich habe diesen Wein aus anderen Jahrgängen doch deutlich besser in Erinnerung.
Knapp 32 EURO, in dieser Form nur 79 P.

Die letzten 5 Roten folgen noch !

Grüsse
Bodo
Offline

weinaffe

  • Beiträge: 1219
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 14:19
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Weinprobe Australien und Neuseeland in Würzburg

BeitragDi 20. Mär 2012, 19:07

......und weiter geht es:

2006er Petite Sirah Barossa Valley "The howling dog" (Massena, Angaston)

extrem tiefe, fast schwarzrote Farbe, kräftige Nase nach geräuchertem Speck, Holzkohle, vermischt mit Preisel- und Heidelbeeren, sehr individuell, aber interessant.
Am Gaumen ebenso wild und urwüchsig, absolut trocken, aber mit einiger Extraktsüsse, kräftige Tanninpeitsche, aber nicht trocknend, merkliche, gut strukturierende Säure, kaum merkliche 14,5 Vol %, auf der Zunge ein wilder Mix aus geräuchertem Fleisch, Holzkohle, leicht medizinale Noten (aber nicht unangenehm), sehr fruchtdicht, gute Länge.
Ein echtes Unikat und eigentlich von allem ein bischen zu viel, aber nicht ohne Charme.
Eine hypothetische Mischung aus konzentriertem Primitivo mit etwas Regent und viel Charbono (wiederum ein kalifornisches Unikat, mit dem man jedes weiße Hemd endgültig ruinieren kann :lol: ) . Da heult der Hund im Glas :lol: .Knapp 32 EURO, 88 P.

2007er "The Steading" (Grenache-Mourvedre-Shiraz)Barossa Valley (Torbreck)

dank 60 % Grenache relativ durchscheinende Farbe, in der Nase gekochte Waldbeeren, stark likörig, Lakritze, würzig, am Gaumen deutlich extraktsüss, überreife Beeren, likörig, fast schnapsig (gefühlte 16 Vol%, real lt. Etikett 14,5 Vol %), äusserst kraftvoll, aber wenig Trinkfluss, ein echter Powerwein, gegen den selbst viele Chateauneuf- und Prioratweine ziemlich alkoholleicht wirken. Mehr als ein Gläschen von diesem Wein geht nicht. Gut 43 EURO, objektiv 87 P., für den Trinkfluss höchstens 70 P.

2006er "Euphonium" (Shiraz-C.S.-C. F.-Merlot) Barossa Valley (Henschke)

sehr jugendliche Nase, stilvoll, reife Dunkelfrucht mit deutlich Caberneteinfluss, gelungener, nur unterstützender Holzeinsatz,trotz 14,5 Vol% kein alkoholischer Eindruck, folgerichtig am Gaumen reife Frucht, die durch die stimmige Säure gut gestützt wird, kraftvoll und trotzdem eine gewisse Eleganz, sehr klar und strukturiert, gute Länge.
Gelungene Cuvee mit Klasse. 41 EURO, 90 P.

2004er Shiraz Reserve Mc Laren Vale (Fox Creek)

kraftvoller, ganz typischer Aussie-Shiraz mit kräftiger Preiselbeer/Cassis-Frucht, ergänzt durch etwas rohes Fleisch und Tabaknoten, Holz nur ganz unterstützend im Hintergrund, wirkt noch sehr jugendlich. Viel Extrakt, kräftiges, aber wunderbar feinkörniges Tannin, Säure und Tannin halten dieses Extraktmonster so gut im Griff, dass dennoch so etwas wie Trinkfluss aufkommt, sehr dicht mit reifer Frucht, sehr lang.
Ein in jedem Falle beeindruckender und hochklassiger Wein, egal, ob man diese Power-Stilistik (15 Volt lt. Etikett) nun mag oder nicht. Trotzdem: nichts für Leute, die "trinkige" Weine suchen. Für eine Weinprobe aber ein absoluter Killer-Wein. Gut 41 EURO, 93 P.

2005er Shiraz Reserve "M" Mc Laren Vale (Kilikanoon Wines)

Und noch so ein Blockbuster aus Down under:
enorm kraftvoll in der Nase, sehr fruchtdicht, im Gegensatz zum Vorgänger mehr balsamische Noten (ein Hauch von Burgund),deutlich floral, auch hier rohes Fleisch und Tabak, wirkt einen Tick gereifter als der Vorgänger. Füllt den Mund voll aus, hohe Extraktsüsse, etwas weicheres Tannin und weniger Säure, daher nicht ganz so strukturiert wie der Fox Creek, wiederum balsamische Dunkelfrucht, würzig-floral, durchaus komplex, kräftiger, leicht feuriger Körper (15 Vol %), langer fruchtig-würziger Abgang.
Auch das ist zweifellos ein Klasse-Wein und Liebhaber kraftvoller Weine werden sicherlich begeistert sein. Auf dem selben Qualitätslevel wie der Vorgänger; der Fox Creek hat mir aufgrund seiner strukturierten Art einen Tacken besser gefallen.. und ich glaube auch, dass er besser altert. Knapp 45 EURO, 92 P.

Fazit:
Da mein Fokus unbedingt auch auf die Trinkigkeit der Weine gerichtet ist, wird sich mein eher spärlicher Weinvorrat aus Neuseeland und Australien nach dieser Probe auch nicht weiter vergrössern. Trotzdem fand ich es sehr interessant, mal eine ganze Reihe von unterschiedlichen Weinen aus diesen beiden Ländern verkosten zu können. Das Qualitätslevel war jedenfalls erwartet hoch (wir hatten ja keine Billigheimer dabei :lol: )und frei von Korkfehlern, da 10 von 14 Weinen vorbildlicherweise verschraubt waren.

Nächsten Freitag werden wir uns mit den 3 weltweit renommiertesten Weißweinrebsorten und Ihren verschiedenen Stilistiken beschäftigen. Wenn es zeitlich klappt, werde ich wieder berichten.

Grüsse
Bodo

Zurück zu Weinproben und Verkostungsberichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: SemrushBot und 21 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen

cron