Sa 31. Aug 2019, 11:51
Moin moin,
es war mal wieder so weit, im jährlichen Urlaub an gewohnter Stelle ergab sich gleich zweimal die Möglichkeit mit unseren Freunden vom l‘Escapade de Danton in Lyon jeweils 4 Flaschen Wein bei gutem Essen zu genießen.
Ich ging am 1. Abend in Vorlage. Zum Einstieg gab es die 2007er Hermannshöhle von Dönnhoff. Was für ein Einstieg! Schon in der Nase komplex und sofort voll da mit gelber Steinfrucht, etwas Kräutertee, nassem Stein, Düne ganz dezent Petrol und Bienenwachs. Am Gaumen ein Bild von einem Wein mit ungeheurer Balance. Alle Komponenten sind perfekt verwoben zu einem Gesamtkunstwerk, da ist gelbe Steinfrucht, ein Kräutergarten in der Mittagssonne, nasser Beton, eine perfekte Säure, ein fein-würziges Bitterle und dezente Mineralik. Dementsprechend ist die Flasche auch innerhalb von 10 min verdunstet. Mindestens 96 Punkte wobei ich mich frage, was noch kommen muss, um endlich mal die 100 zu zücken?!?
Dann kam das einzige Mitbringsel unserer Gäste an diesem Abend: Silex 2007 von Daguneau. Das war schon deutlich wilder als die Hermannshöhle: Estragon, Yuzu, zart rauchig unterlegt, ein toller Duft. Am Gaumen wieder eine glockenklare Zitrusfrucht, nasse Schultafel, etwas kälter Rauch, grüne Sauce, zupackend würzig, dezent salzig, fein cremig. So ganz anders als die in sich ruhende Hermannshöhle aber auf ähnlich hohem Niveau: 96 Punkte.
Weiter ging es mit den Roten. Zuerst gab es den 2009er Gottesberg Pinot Noir, das Gemeinschaftsprojekt von Rings und Wageck-Pfaffmann. Wunderbar gereifte Pinot-Nase mit reifer Kirsche, dezenten Gewürzen, nassem Laub und frisch aufgebrühtem Darjeeling. Am Gaumen fällt zuerst die deutliche Extraktsüße auf, dann schlagen eine reife Kirschfrucht und dezent würzige Aromen (Unterholz, etwas Teer) zu, unterstützt von Gewürzanklängen. Ein üppiger Pinot, perfekt für den kalten Winterabend, leicht gekühlt aber auch im Sommer sehr gut trinkbar. 92 Punkte gibt es dafür.
Zum Abschluß gab es den 2008er Ripa Sinistra von Yves Cuilleron. Das war tolles Syrah-Kino aus jungen Reben vom Vienne-Ufer. In der Nase Pfeffer, dichte Beerenfrucht, etwas Zwetschge, dezent Autowerkstatt und kalter Grillrost. Am Gaumen zupackend, dicht und muskulös aber dabei immer frische zeigend. Viele Beeren vereinen sich mit pfeffriger Würze und Fleischsaft zu einem wunderbaren Potpourri. 93 Punkte sind wohlverdient.
Der zweite Abend begann dann mit dem 2013er Condrieu von Gangloff. Die Nase war außerirdisch gut, nasse Schultafel, kräuterig, Yuzu, warmes Brioche. Am Gaumen dann wieder zitrisch zu Beginn, etwas heller Karamell, Apfel, Heu, Fenchel. Das cremige Mundgefühl tendiert nie zur Breite da der Wein noch ausreichend Frische besitzt. Und damit ist es ein ganz großer Condrieu, auf einer Stufe mit den Weinen von Vernay. 96 Punkte.
Im Anschluss tranken wir den Côte Rôtie Sereine Noir von Gangloff aus 2012. Dieser Wein rar und teuer aber eben auch absolute Weltklasse. Die Nase zeigt dunkle Beeren, Pfeffer, etwas Weihnachtsgewürze, Brotkruste und etwas Darjeeling. Am Gaumen dann einfach wunderbar, wieder viele Beeren, etwas warmer Asphalt und kandierte Orange, würzige Noten, etwas altes Motoröl. Tolle Tannine, feine Säure alles perfekt integriert, man möchte in großen Schlucken trinken. Druck, Eleganz, Feinheit, alles vereint in diesem Wein. 97 Punkte. Weiter ging es mit einer Risikoflasche: 2003 Pommard 1er Cru Les Bertins von Chantal Lescure. Der Wein duftet nach Unterholz, Guignolet, etwas Zimt. Am Gaumen feine Kirsche, nasses Laub, etwas dunkler Kakao. Die Säure ist zum Glück noch dezent vorhanden, die Tannine sind hingegen nur noch erahnbar. Für den heißen Jahrgang ist der Wein noch erstaunlich frisch, man merkt aber auch die etwas zu warme, dumpfe Aromatik wahr. Trotzdem, immer noch ein 90 Punkte-Wein.
Den Abschluß des Abends bildete ein Bordeaux. Unser Gastgeber trinkt nicht viel Bordeaux, liebt aber Haut-Brion. Und da mir der Wein deutlich zu teuer ist, ich die Weine aus Pessac-Leognan aber sehr schätze, kauft man halt in der 2. Reihe. In diesem Fall war es der 2011er Domaine de Chevalier. Das ist auf jeden Fall ein guter Subs-Fang gewesen. Etwas Kirsche, Cassis, feines Holz, Creme brulée und etwas Kaffee im Duft. Am Gaumen rund und elegant, die Tannine sind schon weitestgehend integriert, die Säure vorhanden, dazu wieder feine rote Kirschfrucht, rote und schwarze Johannisbeere, etwas kalter Rauch, Tabak. Ein schöner Bordeaux aus dem eher kleinen Jahr 2011, da freue ich mich auf die weiteren Flaschen im Keller! 92 Punkte
Viele Grüße,
Björn
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Herr S. am Sa 31. Aug 2019, 17:59, insgesamt 1-mal geändert.