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Historische Rebsorten in Marktbreit

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe

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Historische Rebsorten in Marktbreit

BeitragDi 23. Apr 2024, 16:39

Hallo zusammen,

letzten Samstag konnte ich im Gasthaus Michels Stern (gehobene Landhausküche, die vielleicht beste Frankenwein-Auswahl) in Marktbreit die von Thomas Riedl in Zusammenarbeit mit Slow Food durchgeführte Weinprobe historischer Rebsorten besuchen. Thomas Riedl, der den Wein lediglich als Hobby betreibt, hat sich in dieses Thema akribisch "hineingefuchst", so dass man ihn durchaus als Fachmann auf diesem Gebiet bezeichnen kann. Ausserdem hat er sich die Mühe gemacht, praktisch sämtliche alten gemischte Sätze mit wurzelechten Rebstöcken im deutschsprachigen Raum zu erfassen und zu beschreiben. Eine Überarbeitung dieser wohl nie fertigen Datei ;) soll in Kürze erfolgen.
Doch zurück zum Thema: selten hat man die Gelegenheit, diese historischen Rebsorten nicht nur einzeln, sondern im Vergleich zu verkosten.
Im folgenden habe ich die ausführliche Liste von Thomas Riedl mit allen 17 Weinen in 6 Flights hierher kopiert:

„Die besten deutsche Weißweine aus seltenen historischen Rebsorten“
Eine Degustation in Zusammenarbeit mit dem Slowfood-Convivium Mainfranken und dem Restaurant „Michels Stern“ in Marktbreit
Moderation: Thomas Riedl, Bonn

Die Weinfolge und die Weingüter

Flight 1: Schaumweine


Wein 1: 2019 Gelber Orléans, Sekt extra brut
A: 12,5% Vol., RZ: 5 g/l, S: 6,7 g/l, 15.60 €

Traditionelle Flaschengärung mit 24 Monate Flaschenreifung. „Angenehme Balance zwischen eleganten Fruchtaromen und feinem Einfluss durch das lange Hefelager auf der Flasche, cremig, reifer Pfirsich, feinperliges Mousseux.“
Lage: Hahnheimer Moosberg
Größe: 1,5 Hektar
Boden: Kalkmergel
Pflanzjahr/e: 2011
Weingut Abthof
Inhaber: Winzerfamilie Koch
Anschrift: Bahnhofstr. 27, D-55278 Hahnheim
Telefon: +49 (0)6737 / 380
E-Mail: info@weingut-abthof.de
Internet: http://www.weingut-abthof.de
Das Weingut geht historisch zurück auf eine Grangie des Zisterzienser-Klosters Eberbach. Die Hauptgebäude dieser Grangie in Hanheim existieren noch heute. Aus diesem Grund nannte der Großvater des heutigen Gutseigners, Herbert Koch, das Weingut „Abthof“ und integrierte einen Zisterziensermönch ins Gutswappen.
Der Zisterzienser-Orden war im Hochmittelalter eines der größten Weinhandelsunternehmen der Welt mit über 200 Niederlassungen und baute den Gelben Orléans in seinen Weinbergen an. Auf diese Weise kam die Sorte von der Abtei im Rheingau vermutlich auch auf den klösterlichen Gutshof nach Hahnheim.
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert bezog Kaiser Napoleon I. auf seinem Feldzug Quartier im damals noch klösterlichen Gutshof von Hahnheim. Sehr wahrscheinlich wurde er als Liebhaber guten Weines damals auch mit Gelbem Orléans bewirtet. Vor diesem historischen Hintergrund widmet sich das Weingut heute wieder dem Gelben Orléans. Die Reben wurden aus Geisenheim bezogen.

Wein 2: 2018 Grünfränkisch, Sekt Brut
A: 12% Vol., RZ: 9,5 g/l, S: 5,9 g/l, 39.00 €

Es war nur eine Frage der Zeit, dass der immer noch neugierige und experimentierfreudige Heiner Sauer seinen Grünfränkisch zum Schaumwein ausreizt. Und dann konsequent: Ganztraubenpressung ohne Standzeit, Spontangärung zwischen 15 und 20 °C, 10 Monate schwefelfreier Ausbau im Tonneau, anschließend Flaschengärung und 36 Monate Hefelager wie in der Champagne. 20mg/l Schwefel wurden bei der Versanddosage zugesetzt. „Goldgelbe Farbe mit filigran aufsteigenden Perlenschnüren. In der Nase würzige Noten nach Brioche, reifen gelben Äpfeln und einem Hauch getrockneter Aprikose. Auf der Zunge feinperlig mit einer animierende Säure und Noten von Quitte.“
Dr. Matthias Neske (aka „Chez Matze“): „Ein ziemlich kräftiges Zitronengelb steht im Glas und lässt vermuten, dass auch dieser Sekt nicht zu den kargen Exemplaren gehört. In der Nase gibt es zunächst eine deutlich buttrige Malo-Note, die nach einiger Zeit Platz lässt für birnige und fein haselnussige Töne. Am Gaumen begegnen sich zwei Elemente, die typisch zu sein scheinen für Grünfränkisch: zum einen ein deutlicher Anklang nach frischen und getrockneten Kräutern, zum anderen eine Gelbfrucht, die fast ins Tropische hineinlugt. So kommen dann neben grüneren Elementen wie Estragon und Kerbel auch deutlich Ingwer, Quitte und ein bisschen Bratapfelsüße zum Zug. So tropisch wie beim Stillwein wird es also nicht, da hier vermutlich früher gelesen wurde. Das ist ganz eindeutig ein aromatisch kraftvoller Stil in Brut-Erscheinung – und eine Bereicherung“
Lage: Drei Parzellen im Böchinger Rosenkranz
Größen: 1800 m², 1500 m² und die neue Parzelle 2100 m²
Pflanzjahr/e: ca. 1977, 2012, 2016
Besonderheiten: Jahrelang wurde dieser Wein als „aromatischer Weißburgunder“ vermarktet. Wahrscheinlich fand bei der Lieferung der bestellten Weißburgunderreben schlicht eine Verwechselung statt, die jahrelang niemand bemerkte. Heiner Sauer wusste, dass das Pflanzgut aus dem Elsass stammte, kannte aber die genaue Quelle nicht. Schließlich überkamen ihn Zweifel und er bat Andreas Jung um Hilfe. Der Rebenforscher war 2008 überrascht, nicht einem Weinstock, sondern einem ganzen Weinberg mit einer Rebsorte gegenüber zu stehen, die schon als ausgestorben gegolten hatte. Aufgrund seiner ampelographischen Bestimmung identifizierte Jung die Sorte als Grünfränkisch.
Erst seit dem Jahrgang 2013 wird die Rebsorte auf dem Etikett genannt, versehen mit dem obligaten aber in diesem Fall absurden Zusatz „aus Versuchsanbau“. Die Grünfränkisch-Weine von Sauer sind sensorisch ausgezeichnete Beispiele dafür, wieviel unbekanntes und unterschätztes Potential in den seltenen historischen Rebsorten steckt.

Weingut Heiner Sauer
Anschrift: Ausblickstraße 1, D-76829 Nussdorf
Telefon: +49 (0)6341 / 61175
E-Mail: info@weingut-sauer.com
Internet: http://www.weingut-sauer.com
Mitgliedschaft: Bioland (seit 1987)
Heiner Sauer gehört zu den Bio-Pionieren in der Pfalz und bewirtschaftet mit seinem Team dort inzwischen 32 Hektar Reben. Begonnen hat er 1987 mit 2,5 Hektar. Zu-nehmend übergibt er die Leitung an seinen Sohn Valentin.

Wein 3: 2021 Gelber Kleinberger, Sekt brut
A: 11,5% Vol., RZ: 12 g/l, S: 7,5 g/l, 16.90 €

Klassische Flaschengärung, die Dauer des Hefelagers ist mir leider noch unbekannt. „Feine Bläschen steigen vom Glasboden auf, und bereits in der Nase spürt man: Dies wird keine schwere Arbeit. Weniger auf der hefig-briochigen und mehr auf der floral-fruchtigen Seite animiert der Sekt zum sofortigen Probieren. Aromen nach Mandel, nach Walnuss, nach Meyer-Zitrone und Orangenschale stellen sich ein. Alles wirkt frisch und pikant, gleichzeitig aber nie spitz oder gar grün.“
Rebschule Ulrich Martin
Anschrift: D-67599 Gundheim
Telefon: +49 (0) 6244 / 803
E-Mail: post@rebschule-martin.de

Flight 2: „Birnen und Äpfel“


Wein 4: 2021 Weißer Lagler, Qw trocken, aus Versuchsanbau
A: 12% Vol., RZ: 1,3 g/l, S: 6,2 g/l, 16.60 €

Da die Rebsorte so ertragsstark ist, konnte schon im ersten Jahr nach der Pflanzung der Erstwein gelesen werden, wenngleich nur eine kleine Menge. Der Ausbau erfolgte im Edelstahl, um „das Aroma so rein wie möglich schmecken und beurteilen“ zu können. FALSTAFF 2023: 91/100
Lage: Ilbesheimer Rittersberg, SW-Hang
Größe: 4.000 m2 = 40 Ar
Boden: Lehm-Löss mit Mergel und Sandstein
Pflanzjahr: 2020
Besonderheiten: Ulrich Sturm hat das Weingut von seinem Vater Uwe übernommen und leitet es nun zusammen mit Sabrina Sandt. Sie führt Regie im Keller und betreut die Kunden, er pflegt die Weinberge. Seit Frühjahr 2017 verzichten beide auf den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden. Seit 2020 werden die Trauben für die Lagenweine wieder ausschließlich von Hand gelesen.
Weingut Sturm
Inhaber: Ulrich Sturm
Anschrift: Hauptstraße 6, D-76831 Ilbesheim
Telefon: +49 (0)6349 / 9966817
E-Mail: info@weingut-sturm-ilbesheim.de
Internet: http://www.weingutsturm.de

Wein 5: 2020 Malinger, Pfaffenröttchen #1, Qw trocken
A: 12,41% Vol., RZ: 0,8 g/l, S: 4,8 g/l, 12.90 € (ausverkauft)

Selektive Handlese kerngesunder Trauben am 13.9.2020 (der Autor war beteiligt) mit sensationellen 95° Oechsle! Es folgten acht Stunden Maischestandzeit, spontane Vergärung und der Ausbau in einem neuen 300-Liter-Eichenfass der Tonnellerie Rousseau über 6 Monate mit wöchentlicher Bâtonnage. Dann wurde der Wein in den Stahltank umgezogen. Heraus kam der beste Malinger der Republik – ach was: Der Welt! Unbedingt dekantieren.
Lage: Niederdollendorfer Heisterberg
Größe: Insgesamt 6.000m2, die ca. 700 Reben Malinger stehen auf rund einem Viertel der Fläche.
Pflanzjahr/e: 2002
Besonderheiten: Der heutige Niederdollendorfer Heisterberg wurde schon im 14. Jahrhundert zunächst als Weinberg der Abtei Vilich, später des Zisterzienserklosters Heisterbach erwähnt, deren Mönche mit dem Anbau begannen. Von der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1328 bis ins Jahr 1985 ist die Nutzung der Anlage nahezu ununterbrochen belegt. Als historisches Zeugnis der Weinbautradition des Mittelrheins und des Siebengebirges hat dieser Hang eine besondere landschaftsprägende und wirtschaftshistorische Bedeutung. Im Volksmund heißt er „Paafferötsche“ – Pfaffenröttchen“.
Weil der der Weinberg jahrelang zwar noch notdürftig gepflegt, jedoch nicht genutzt worden war, waren die Rebstöcke am Ende des 20. Jahrhunderts zum überwiegenden Teil überaltert oder abgestorben. Wäre der Weinberg damals aufgegeben worden, wäre das Gelände innerhalb weniger Jahre verrutscht. Deshalb war es zunächst dringend notwendig, die Trockenmauern instand zu setzen. Mit der Neubestockung und Sanierung der Trockenmauer im Jahr 2002, die unter anderem die Deutsche Stiftung Denkmalschutz förderte, konnte die lang unterhaltene Weinbautradition fortgesetzt werden. Diese Aufgabe übernahm damals der Bonner Ernährungswissenschaftler Dr. Otmar Schmitz-Schlang. Er stammte ursprünglich von der Mosel, wo er schon als Kind mit dem Weinbau in Berührung kam. Schmitz-Schlang hegte hochengagiert die insgesamt 2.600 Reben der blockweise gepflanzten Sorten Riesling, Früh- und Spätburgunder, Weißer Elbling und Früher Gelber Malinger.
Außer mit historischen Rebsorten experimentierte er auch mit historischen Erziehungsformen, wie der Pfahlerziehung am Buchenpfahl (Ramholzerziehung) oder dem "Rheinischen Wechselschnitt". Insofern konnte man seine Arbeit durchaus als "experimentelle Archäologie im Weinberg" bezeichnen. Bemerkenswert waren dabei besonders die Konsequenz und Akribie seines Vorgehens. Buchenpfähle beispielsweise verwittern sehr schnell und müssen alle zwei bis drei Jahre ersetzt werden. Der Rheinische Wechselschnitt erfordert wesentlich mehr Laubarbeit als die moderne Drahtrahmenerziehung. Zudem betrieb Schmitz-Schlang den Weinbau in kontrolliert-ökologischer Wirtschaftsweise. Die Moste wurden zumeist mit Reinzuchthefen und überwiegend in Edelstahltanks vergoren, 2005 war der erste Jahrgang. Schmitz-Schlangs Weine wurden als ehrlich und ungeschminkt bezeichnet. Der Elbling überraschte mit Saftigkeit und ungewöhnlicher Aromatik, der Riesling kam mit etwas spitzer Säure daher und der Malinger war eine echte Entdeckung.
Im Jahr 2014 übergab Dr. Schmitz-Schlang den Heisterberg dann aus beruflichen Gründen an Kay Markus Thiel. Kay Markus Thiel erklärte mir 2019 fröhlich lachend, dass er „drei Jahre gebraucht“ habe, um die Rebsorte Früher Gelber Malinger „zu verstehen“. Das Problem sei, dass die Sorte die Trauben am besten versorge, die am weitesten vom Stamm weg wüchsen. Apikaldominanz heißt das fachlich. Ließe man an den Ruten alle Trauben dran, bekämen die äußeren Trauben jeder Fruchtrute mit Glück ein Mostgewicht von 65° Oechsle, die inneren jedoch blieben hart und grün. Darum schneide er jede Rute inzwischen auf drei Augen und entferne die am nächsten zum Stamm sitzende Traube frühzeitig. Dadurch hätten die äußeren beiden Trauben mehr Energie zur Verfügung, reiften aus und gewännen durchaus 90° Oechsle. Seit 2022 ist der Malinger der am schnellsten ausverkaufte Wein des Betriebes und darum hat Kay Markus Thiel unterhalb des Jufa-Hotels in Königswinter noch Reben nachgepflanzt.
Kay-Weine
Inhaber: Kay Markus Thiel
Anschrift: Bergstraße 45, Königswinter-Oberdollendorf
Telefon: +49 (0)170 / 417 3 317
E-Mail: hallo@kay-weine.de
Internet: http://www.kay-weine.de
Mitgliedschaft: Bioland (seit 2020 zertifiziert)
Im ersten Leben Theaterschauspieler und Regisseur, ist Herr Thiel hauptberuflich in der IT-Beratung tätig und betreibt sein Weingut (noch) nebenberuflich. Aber das mit bemerkenswerter Konsequenz und Expertise! „Tadellose Kollektion“ urteilte der VI-NUM-Weinguide schon 2019 und Jens Burmeister, Autor des Mittelrhein-Weinführers, freute sich über diesen „ambitionierten Seiteneinsteiger“.

Wein 6: 2018 Großheppacher Steingrüble, Roter Riesling, QbA trocken, Schlegel, Glasverschluss
A: 13% Vol., RZ: 6,3 g/l, S: 6,3 g/l, 13.90 € (ausverkauft)

Handlese mit 97° Oechsle, abgebeert, 24 Std. Kaltmazeration, Pressung, Mostvorklärung, langsame gekühlte Spontangärung zu 100% im Holzfass, 3.-6. Belegung
VINUM Riesling-Champion 2020: “Duft nach rotem, saftigen Apfel; komplex, betont herb und angenehm würzig, viel Tiefgang, langes Finale. 18/20”
Größe: 6.800 m2
Boden: Bunter Mergel
Pflanzjahr/e: 2005, 2011, 2014 und 2018
Besonderheiten: Ellwangers haben ihren Roten Riesling selbst selektioniert. Um das Jahr 2000 fand Bernhard Ellwanger in einer alten Riesling-Anlage bei Geradstetten einen Rebstock, bei dem eine der zwei Fruchtruten rote Trauben trug. Da Mutationen beim Riesling sehr selten sind, markierten Ellwangers diesen Stock und schnitten im Winter Edelreißer, um den genetischen Satz zu sichern. So wurden aus dieser einen Mutation ca. 30 neue Rebstöcke gezogen. Als diese in den Ertrag kamen, wurden aus ihnen erneut Edelreißer geschnitten. Zunächst standen zwei Reihen des Roten Rieslings in Geradstetten. 2005 konnten Ellwangers dann im Steingrüble zwölf Ar mit 600 Reben bestocken. Dieser Bestand wurde im Laufe der Jahre ausschließlich aus den eigenen Edelreißern ergänzt und erweitert.
Die meisten in Deutschland bekannten Bestände des Roten Rieslings gehen auf die von Helmut Becker erstmals 1976 registrierte genetische Mutation aus dem Rheingau zurück. 2018 hat sich dann durch die Forschung von Dr. Franco Röckel heraus-gestellt, dass Ellwangers eine eigene Mutationsform des Roten Rieslings, also einen eigenen Klon haben.
Weingut Bernhard Ellwanger
Inhaber: Yvonne und Sven Ellwanger
Anschrift: Rebenstraße 9, D-71384 Weinstadt-Großheppach
Telefon: +49 (0)7151 / 62131
E-mail: info@weingut-ellwanger.com
Internet: http://weingut-ellwanger.com
Mitgliedschaft: Junges Schwaben
Familie Ellwanger betreibt seit über 500 Jahre Weinbau in Großheppach. Das Weingut bewirtschaftet 32 Hektar Reben, ist seit mehreren Jahren klimaneutral und trägt ein soziales, ökonomisches und ökologisches Nachhaltigkeitszertifikat nach Fair Choice.

Wein 7: 2020 Escherndorfer Fürstenberg, Blauer Silvaner „S“, VDP.Erste Lage, Qw trocken
A: 13,5% Vol., RZ: g/l, S: g/l, 15.00 €

Boden: Muschelkalk, Pflanzjahr/e: 2001
Ausbau im Edelstahl, 2021 Best of Gold Franken in der Kategorie Silvaner.
Weingut Horst Sauer
Anschrift: Bocksbeutelstr. 14, D-97332 Escherndorf
Telefon: +49 (0)9381 / 4364
E-mail: mail@weingut-horst-sauer.de
Internet: http://www.weingut-horst-sauer.de
Mitgliedschaft: VDP

Flight 3: Gelber Orleans


Wein 8: 2017 Gelber Orleans, Qw trocken
A: 12,9% Vol., RZ: 2,2 g/l, S: 8,6 g/l, 17.00 €

Handlese, Ausbau im Edelstahltank und zu einem kleinen Teil in der Barrique. Noch mehr von hoher Säure geprägt als Riesling. Das Aroma erinnert stark an grüne, knackige Äpfel. Eine zarte Würze spielt auf der Zunge. Falstaff: 93/100
Lage: Großkarlbacher Burgweg
Größe: insgesamt 4.825 m2, verteilt auf zwei Parzellen von 1.545 m2 (1993) und 3.280 m2 (2011)
Pflanzjahr/e: 1989 und 2011
Besonderheiten: 1989 pflanzte Werner Knipser 20 Stöcke Gelben Orleans als Versuchsanlage. Da die Rebsorte als sehr spät reifend beschrieben wurde, galt es herauszufinden, ob sie in der Pfalz überhaupt ausreifen würde. Das tat der Gelbe Orleans aber sehr zuverlässig. Zugleich wiesen die gesunden, schmackhaften Trauben immer hohe Mostsäurewerte auf. Knipsers vermehrten ihre Reben dann auf 700 Stock und erzeugten daraus überwiegend trockene Weine, von QbA bis Spätlese. Ein Spitzen-jahrgang war 1997, der „das in der Literatur beschriebene Merkmal der hervorragenden Haltbarkeit“ zeigte. 2003 wurden auch eine edelsüße Auslese mit 30 g/l Restzucker und ein Eiswein erzeugt. 2010 wiederum wurde der Orleans mit 14g/l Säure abgefüllt. Ein paar Flaschen des Jahrgangs liegen im Weingut noch im Keller, „um zu sehen wie es weitergeht“, wie mir der Vertriebsleiter, Dirk Rosinski, im November 2020 schrieb. Nach und nach probierten die Brüder Knipser beim Gelben Orleans außerdem den Ausbau im Edelstahl, in der Barrique und im Halbstück sensorisch überzeugend aus. Auf Bâtonnage wurde bisher aber verzichtet, weil dies nach Ansicht des Teams „die feine mineralische Art des Orleans stören“ würde.
Jedes Jahr ganz anders und immer sehr gut, handelt es sich m. E. um die bislang besten Gelben Orleans Deutschlands. Damit liefert das bekannte Weingut den Beleg, dass Winzer, die sich auf eine historische Rebsorte einlassen, nicht auf Schnellschüsse und Marketinggags hoffen sollten, sondern bereit sein müssen, Erfahrung zu sammeln und im An- und Ausbau einiges auszuprobieren. Denn schriftlich niedergelegte Praxisberichte gibt es eben (noch) nicht.
Der Familie Knipser ging es anfangs darum, „ein Stück Weinhistorie im Glas erfahrbar zu machen“. Längst gibt Ihnen der Erfolg Recht: Lange standen pro Jahr nur 1.000 Flaschen zur Verfügung. Obwohl der Wein nicht gelistet, sondern nur an Kunden ver-kauft wurde, die konkret nach dem Gelben Orleans fragten, verkaufte sich der Wein „wie geschnitten Brot“. So schrieb Dirk Rosinski es mir mal. Weil immer mehr Weinfans über Orleans & Co lasen und die Nachfrage stieg, wurde die Sorte 2011 in einem weiteren Weinberg nachgepflanzt.
Weingut Knipser
Anschrift: Hauptstraße 47-49, D-67229 Laumersheim
Telefon: +49 (0)6328 / 926960
E-mail: mail@weingut-knipser.de
Internet: http://www.weingut-knipser.de
Mitgliedschaft: VDP (seit 1993)

Wein 9: 2018 Gelber Orleans, VDP Gutswein, Qw, Schlegelflasche mit SV
A: 13% Vol., RZ: 6,9 g/l, S: 5,9 g/l, 19.00 €

Handlese, Maischestandzeit, spontane Vergärung, langes Feinhefelager, biologisch erzeugt.
Falstaff: “Frisch geriebener Apfel, rauchige Muschelkalknoten im Hintergrund. Am Gaumen mit einem kurzen Weichteil, dann frisch und feinnervig, noch ein Hauch Gärungskohlensäure, dann mit zunehmender Dauer immer stoffiger, schließlich salzig abklingend. Das Ganze schlank im Alkohol, aber mit der Intensität und Länge eines gehaltvollen Weins.” 91/100
Lage: Sommerhäuser Sonnenberg
Größe: mir leider noch unbekannt
Pflanzjahr/e: 2012
Weingut Schloss Sommerhausen Martin Steinmann e. K.
Anschrift: Hauptstraße 25, D-97286 Sommerhausen Telefon: +49 (0)9333 / 260 E-mail: info@sommerhausen.com Internet: http://www.sommerhausen.com

Wein 10: 2021 Gelber Orléans, Qw trocken, Naturkork
A: 13,5% Vol., RZ: 4 g/l, S: 6 g/l, 11.00 €

Ausbau im Edelstahl mit über einem Jahr Feinhefelager.
Lage: Hahnheimer Moosberg
Größe: 1,5 Hektar
Boden: Kalkmergel
Pflanzjahr/e: 2011
Besonderheiten: Das Weingut geht historisch zurück auf eine Grangie des Zisterzienser-Klosters Eberbach. Die Hauptgebäude dieser Grangie in Hanheim existieren noch heute. Aus diesem Grund nannte der Großvater des heutigen Gutseigners, Herbert Koch, das Weingut „Abthof“ und integrierte einen Zisterziensermönch ins Gutswappen.
Der Zisterzienser-Orden war im Hochmittelalter eines der größten Weinhandelsunternehmen der Welt mit über 200 Niederlassungen und baute den Gelben Orleans in seinen Weinbergen an. Auf diese Weise kam die Sorte von der Abtei im Rheingau auch auf den klösterlichen Gutshof nach Hahnheim.
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert bezog Kaiser Napoleon I. auf seinem Feldzug Quartier im damals noch klösterlichen Gutshof von Hahnheim. Sehr wahrscheinlich wurde er als Liebhaber guten Weines damals auch mit Gelbem Orleans bewirtet. Vor diesem historischen Hintergrund widmet sich das Weingut heute wieder dem Gelben Orleans. Die Reben wurden aus Geisenheim bezogen.

Weingut Abthof
Inhaber: Winzerfamilie Koch
Anschrift: Bahnhofstr. 27, D-55278 Hahnheim
Telefon: +49 (0)6737 / 380
E-Mail: info@weingut-abthof.de
Internet: http://www.weingut-abthof.de


Flight 4: Grünfränkisch


Wein 11: 2018 Zeiten-Sprung – Grünfränkisch, Landwein trocken – aus Versuchsanbau
A: 12,5% Vol., RZ: 1,9 g/l, S: 5,4 g/l, 15.00 €

Der Erstwein aus der Anlage wurde früh von Hand in zwei Durchgängen gelesen, weil die Trauben der beiden Parzellen bei einem Ertrag von 60 hl/ha ungleichzeitig reif wurden. Einige, von Oidium befallene Trauben wurden aussortiert. 12 Stunden Maischestandzeit, Spontanvergärung zunächst im Edelstahl, mit Auslaufen der Gärung wurde der Wein in eine Amphore umgezogen und dort bis zum Sommer 2019 auf der Feinhefe ausgebaut.
„Reife Frucht von Mostbirnen, Apfelschale und Quittenkompott mit einem Hauch feiner Pfeffernoten, getrockneter Wiesenblumen und Lindenblüten. Erfrischend mit deutlicher Würze“
Dr. Matthias Neske bei seinem Vergleich von drei Grünfränkisch des Jahrgangs 2018 am 15.11.2019: „floraler, Buschblüten, aber auch mit dem weißen Pfirsich, der sich bei allen dreien zeigt. Im Mund machen sich die Werte insofern bemerkbar, als der Wein tatsächlich am trockensten und am leichtesten wirkt. Allerdings keinesfalls mager, sondern auf eine verblüffende Weise schwebend. Walnuss, grüner Apfel, Birne, weißer Pfirsich und null freakig, sondern sehr dezent und elegant.“
Lage: Südosthang in Mettenheim
Größe: 3.460 m2
Boden: Lehmiger-toniger Löß
Pflanzjahr/e: 2016
Besonderheiten: Spalier-Erziehung, biodynamischer Anbau, Standraum 2,25 x 1,10 m.
Weingut Sander
Inhaber: Stefan Sander
Anschrift: In den Weingärten 11, D-67582 Mettenheim
Telefon: +49 (0)6242 / 1583
E-Mail: info@sanderweine.de
Internet: http://www.sanderweine.de
Mitgliedschaft: Naturland, La Renaissance des Appellations, Maxime Herkunft Rheinhessen
Dieses Weingut ist Deutschlands ältestes Bio-Weingut.


Wein 12: 2021 Grünfränkisch, Qw trocken – aus Versuchsanbau
A: 12,5 vol., RZ: 4,2 g/l, S: 5,9 g/l, 13.20 € Ausbau im gebrauchten Tonneau, „Es gibt eine pointierte Frucht als Kopfnote, grüne Pflaume, Ananas, dazu etwas Marzipan und leicht Vanille vom Ausbau im Holz. Im Mund setzt sich die nuancierte Vielschichtigkeit fort. Saftige, gelbfruchtige Noten nach Quitte und Birne gehören ebenso dazu wie muskatige Traube, ein erdigerer Ton nach Senfmehl und eine feine grün-bissige Kante. Der Körper ist beachtlich für das schwierige Jahr, aber wunderbar eingebunden.“ Falstaff Weinguide 2023: 92+/100
Rebschule Ulrich Martin
Anschrift: D-67599 Gundheim
Telefon: +49 (0) 6244 / 803
E-Mail: post@rebschule-martin.de
Internet: https://historische-rebsorten.de/


Wein 13: 2019 Wiesoppenheimer Am Heiligen Häuschen, Grünfränkisch, Qw trocken
A: 13% Vol., RZ: 2,8 g/l, S: 5,8 g/l, 14.50 €

Jonas Kiefer ist es beim Grünfränkisch wichtig, die Aromatik, Schmelz und Dichte herauszuarbeiten. Der im November 2020 abgefüllte Jahrgang 2019 wurde erstmals trocken ausgebaut. Das Lesegut hatte 100° Oechsle und war sehr gesund. Jonas Kiefer hat die Maische deshalb 48 Stunden stehen lassen. Die Gärung fand bei maximal 20° C in der Barrique statt, wobei die Feinhefe mehrfach aufgerührt wurde. Der Ausbau lief über 12 Monate zu 70% in gebrauchten Barriques und zu 30% im Edelstahl. Erst zur Füllung wurde der Wein aus den Fässern abgezogen und einmal filtriert. Der Winzer traut seinem Wein eine Lagerfähigkeit von 10 Jahren zu.
„üppig, mineralisch, vollmundig“
Boden: Sandig-kiesiger Löss
Größe: 1.300 m2
Pflanzjahr: 2016
Besonderheiten: Der Weinberg befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Weingutes. Man kann ihn von der Probierstube aus sehen. Der Boden besteht aus Lösslehm, was die Sorte verträgt.
Weingut Jonas Kiefer
Anschrift: Rebgartenstraße 41, D-67551 Worms – Wiesoppenheim
Tel.: +49 (0)6241 / 35861
E-Mail: kontakt@kiefer-wein.de
Internet: http://www.kiefer-wein.com


Wein 14: 2019 Böchinger Rosenkranz, Grünfränkisch, Qw trocken – aus Versuchsausbau
A: 14% Vol., RZ: g/l, S: g/l, 15.00 €

Handlese, 6 Stunden Maischestandzeit, Spontanvergärung, Ausbau im Tonneau mit Hefelager bis Februar 2020. VINUM Weinguide 2021: 90/100, Falstaff: 90/100
Dr. Matthias Neske (aka „Chez Matze“) am 15.11.2019: „Ein blasses Zitronengelb zeigt sich im Glas, in der Nase relativ zurückhaltend mit steinigen und kräuterigen Noten, dazu grüner Apfel, bittere Limette und etwas Ananas. Frisch geöffnet erscheint die Säure nur mittelstark, die Aromen recht dezent nach Ananas, Fenchel und weißer Pflaume. Weil ich manchmal allerdings das Experiment liebe, schaue ich mal, wie sich der Wein über die nächsten Tage verändert. Zunächst kommt etwas mehr Süßholz mit ins Spiel, leicht vanillige Töne und irgendetwas wie eingedoste Früchte, Ananas, wei-ßer Pfirsich. Die Materie bleibt die ganze Zeit über sehr dicht und sehr reif. Auch am letzten Tag meines Experiment, dem einundzwanzigsten (!) fällt hier nichts auseinander. Immer bleibt die Frucht auf der hellen Seite, immer auch spürt man die Kraft des Jahrgangs.“
Weingut Heiner Sauer
Anschrift: Ausblickstraße 1, D-76829 Nussdorf
Telefon: +49 (0)6341 / 61175
E-Mail: info@weingut-sauer.com
Internet: http://www.weingut-sauer.com
Mitgliedschaft: Bioland (seit 1987)



Flight 5: Grüner Adelfränkisch


Wein 15: 2018 Adelfränkisch „vom Creutz“
A: 12,87% Vol., RZ: 1,2 g/l, S: 6,13 g/l, zuckerfreier Extrakt 21,3 g/l, 22.00 €

Handlese bei 94,3° Oe mit 30 hl/ha Ertrag, 4 Tage Maischestandzeit, spontan vergoren in einer Barrique aus Spessarteiche, und 12 Monate Reifung in diesem Fass. Ein mutig erzeugtes, önologisches Monument mit Raritätenstatus.
Lage: Kirchschönbacher Mariengarten, Gewann „Vom Creutz“
Größe:
Boden: Schwerer Keuper
Pflanzjahr/e: 2015
Bio.Wein.Gut Ewald Ruppert
Inhaber: Fred Ruppert Anschrift: Rüderner Str. 32, D-97357 Prichsenstadt-Kirchschönbach Telefon: +49 (0)9383 / 7485
E-Mail: info@wein-ruppert.de
Internet: http://www.wein-ruppert.de
Mitgliedschaft: Bioland, Bund Fränkischer Ökowinzer (FÖW)


Wein 16: 2022 Grüner Adelfränkisch, Qw trocken – aus Versuchsanbau
Rebschule Ulrich Martin, Gundheim, Rheinhessen
A: 12,5% Vol., RZ: 4,1 g/l, S: 7,8 g/l, 14.90 €

Um die „unbändige Mineralik zu bändigen“, reifte dieser Grüne Adelfränkisch in einem neuen Tonneau.
Rebschule Ulrich Martin
Anschrift: D-67599 Gundheim
Telefon: +49 (0) 6244 / 803
E-Mail: post@rebschule-martin.de
Internet: https://historische-rebsorten.de/


Wein 17: 2022 Adelfränkisch, Qw trocken – aus Versuchsanbau
A: 13,5 % Vol., RZ: 1,6 g/l, S: 6,4 g/l, 15.00 €

Selektive Handlese mit 20-30 hl/ha Ertrag, ca. zwei Stunden Maischestandzeit, Vergärung im Edelstahl mit neutraler aber gärstarker Reinzuchthefe aufgrund zu befürchtenden Nährstoffmangels nach dem heißen, trockenen Sommer, Feinhefelager bis April 2023. Harald Kiltz erläuterte, Adelfränkisch brauche unbedingt Flaschenreifung, um seine Aromatik zu entwickeln. Erst Anfang 2024 zeige der Wein allmählich, was in ihm stecke. “Gelbfruchtig mit Anklängen von Orange, Feige und Akazie, lang im Abgang”, VINUM Weinguide 2024: 87/100

Lage: Gutenberger Römerberg
Größe: 3.000 m2 = 30 ar
Boden: Buntsandsteinverwitterung mit Humusauflage
Pflanzjahr/e: 2020
Weingut Genheimer-Kiltz
Inhaber: Gerlinde, Georg und Harald Kiltz
Anschrift: Zum Sportfeld 6, D-55595 Gutenberg
Telefon: +49 (0)6706 / 86 33
E-Mail: info@genheimer-kiltz.de
Internet: http://www.genheimer-kiltz.com
Das Gut erzeugt auf 12,5 Hektar Reben knapp 100.000 Flaschen im Jahr. Kellermeister Harald Kiltz wurde nach Studium in Geisenheim und Praxisjahr in Südaustralien zum Sauvignon blanc-Pionier an der Nahe und verzeichnete mit dieser kapriziösen Rebsorte schon große Wettbewerbserfolge. Inzwischen sind 41% der Rebfläche damit bestockt! Warum sollte ihm das mit „neuen“ historischen Rebsorten nicht auch gelingen?

Eine sehr aufschlussreiche und interessante Probe mit diesen noch seltenen Rebsorten. Vielen Dank, Thomas !

Im ersten Quartal des nächsten Jahres soll es dann an gleicher Stätte die roten historischen Rebsorten geben.
Das habe ich mir auf jeden Fall jetzt schon vorgemerkt.

LG
Bodo

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