Rosso di Montalcino

Hallo Ralf,

San Giorgio habe ich ausprobiert, weil der Brunello bei Merum einmal fünf Sterne bekommen hat, ein äußerst seltenes Vorkommnis. Mittlerweile finde ich das eher merkwürdig. Die Internetseite des Betriebs gibt eindeutig eine moderne Richtung vor, und der Rosso war auch dementsprechend. Es war nicht das Holz alleine; ich vermißte doch eine adäquate Substanz. Ich habe dem Wein durchaus ein paar Tage gegeben, aber dann letztlich zwei Drittel zum Kochen verwendet. Und ich habe auch noch einen (06er) Brunello des Betriebs. Da Du etwas weniger Probleme mit Barrique-Weinen hast als ich, könntest Dir der San Giorgio vielleicht doch besser gefallen. Wobei da natürlich der Jahrgang auch eine Rolle spielt. Bei Canalicchio bekam ich Brunello aus 04-06 zu probieren; rate mal, welcher Jahrgang zwar durchaus ein guter Wein war, aber gegen die beiden anderen mehrere Klassen tiefer spielte.

Beste Grüße

Oh je, Jochen, ein Quiz?

Da ich keine Ahnung habe, Canalicchio habe ich noch nicht im Glas gehabt, schliesse ich aus deiner Fragestellung mal folgendes:
06 ist ein guter Jahrgang, wird aber gegen 05 und 04 abgefallen sein.
Vermutlich hat sich der 05 am stärksten auf der eleganten - 'feurig-burgundisch' - aromatischen Seite presentiert, der 04 dagegen mehr Struktur, weniger Eleganz

Alles nur geraten.

Bei 06, diesem hochgelobten Jahrgang, hatte ich einige (kleine) Weine mit schöner Primärfrucht und guter Struktur - bei manch höherklassigen Sachen empfand ich jedoch eine gewisse Stumpfheit, evtl. unstimmige Struktur, und damit wenig Vergnügen.

... und hier die Auflösung, wie unter Reiseberichten zu lesen:
05 guter Jahrgang, 04 Riserva deutlich besser und dann sollte der 06er Brunello der beste der Reihe gewesen sein

Hallo Ralf,

man kann kaum erwarten, daß jemand das ganze Zeug liest, das ich in den letzten Tagen geschrieben habe:-)
Um es genau zu sagen, ist 05 der Jahrgang, der nach meiner Ansicht am meisten von seiner Frucht lebt. Ewig würde ich diese Weine nicht lagern, aber ich kann mich da sicher auch irren. Von der Struktur und Gerbstoffqualität würde ich eindeutig 04 und 06 bevorzugen, wobei ich mich derzeit nicht festlegen würde, welcher der bessere ist. Von Seiten des Weinguts (Canalicchio) wurde das ganz ähnlich gesehen, und wenn ich mich richtig erinnere, gab es auf den 05er einen kleinen Abschlag. Aber ich bin mal gespannt, wie der 05er San Giorgio Brunello ist; wenn Du ihn irgendwann mal öffnest, würde ich gerne das Ergebnis erfahren.

Beste Grüße

Ich wollte Dich im übrigen keineswegs zu Ratespielen provozieren, pardon! Aber Canalicchio könnte Dir auch gefallen, nur sieht das hierzulande mit Bezugsquellen eher düster aus.

Hallo Jochen,

warum provozieren, war lustig

... und ja, Canalicchio wäre sicher interessant. Aber Bezug, wie du schon feststellst ...

Gerade trinke ich den Rosso, sehr angenehm. Wie ich gerade gesehen habe, gibt es die Weine dieses Erzeugers bei Weinrefugium, allerdings mit 50% Aufschlag gegenüber den Preisen vor Ort. Ich habe generell den Eindruck daß bei den italienischen Edelapellationen (Langhe, Montalcino) die Margen der deutschen Händler recht hoch sind (oder die Händlerrabatte der Erzeuger gering).

[thvins]

Hallo Jochen,

das Problem der Preisaufschläge kann auch gut euín Mix aus Beidem sein... - und ist sicher nicht rein Italien- oder Edelappellationsabhängig.

Wenn man beim Winzer steht, dessen Preise sieht und dann wegen der Exportpreise nachfragt, dann rechnet er die Mehrwertsteuer runter und das wars dann - einen guten Rabatt bekommt stattdessen maximal derjenige, der zur Familie gehört oder mit dem man jahrzehntelang befreundet ist, weil in in der Region ein Weingeschäft betreibt.

Rechnet man dann die eigenen Kosten drauf + wiederum die deutsche Mehrwertsteuer, liegt man mitunter schon höher als der Winzer ab seinem Keller jedem eine Einzelflasche verkauft.

Dann gibt es drei Möglichkeiten:

- dennoch kaufen und vernünftig kalkulieren und hoffen, dass es Kunden gibt, die den Preis akzeptieren
- dennoch kaufen und nicht mal ein Brot dran verdienen (kann man nur, wenn das Brot anderweitig verdient wird und man sich das leisten kann...)
- nicht kaufen, auch wenn man es gern getan hätte.

Winzer, die fast alles ab Hof verkaufen können, weil jeden Tag ´zigmal jemand klingelt und Winzer, die selten exportieren, gehören meist zu dieser Gruppe. Viele freuen sich sogar über die vielen Kundenkontakte, weil sie da das direkte Feedback auf ihr Produkt spüren, grade die südländischen sind da mentalitätsbedingt so, denn der daraus erwachsene Stolz bedeutet ihnen ein Glücksgefühl, was man halt mit Geld nicht kaufen kann...

Torsten, danke für den Einblick in die andere Seite. Vielleicht sind die Erzeuger in Langhe und Montalcino so gut ausgebucht, daß sie hohe Preise von den Händlern verlangen, vielleicht nehmen auch die Händler eher mehr für diese Weine. Da nach meiner Erfahrung das beobachtete Preisgefälle für die unterschiedlichsten Erzeuger dieser Regionen gilt (Ausnahmen bestätigen die Regel), vermute ich mal Nummer Zwei.
Gerade habe ich einen sehr schönen, ein wenig gereiften, traditionellen Rosso, der auf jeden Fall sein Geld wert ist, und vielleicht ein Beispiel für die Ausnahmen darstellt. Angesichts der Alkoholwerte auch für die Rosso aus 2009 erfreut mich auch der noch moderate Wert dieses Weines.

@Jochen
Die Preisaufschläge liegen immer am EK. Es gibt keine Absprache unter den Weinhändlern, Weine aus "berühmten" Appellationen höher zu kalkulieren.

Dass der Ek für den Händler relativ hoch ist kann auch an einem "Generalimporteur" liegen, sprich es muss noch ein Großhändler bezahlt werden, dies ist tatsächlich bei berühmten Appellationen häufiger als bei unbekannten.