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Chianti (in allen Variationen)

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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 25. Jan 2016, 11:08

Gerald hat geschrieben:... eine Frage an die Experten: mir kommt vor, jeder probierte Chianti schmeckt ganz anders als die vorher probierten, ich finde einfach keine Linie, geschweige denn so etwas wie Wiedererkennbarkeit. Weder bei den einfachen CC (wie hier) noch bei den Riserve. Zufall, mangelnde sensorische Fähigkeiten meinerseits oder ist da tatsächlich etwas daran?


Hallo Gerhard,

Klaus hat diesbezüglich schon dezidiert geantworten, insofern meinerseits kaum was hinzu zu fügen.
Die grössten geschmacklichen Divergenzen gibt es m.E. wirklich bei Chianti Classico und Chianti Classico Riserva > hier gibts wirklich Bandbreiten in der Cuveé von 100 % - 80% Sangiovese, mit bis zu 20% anderen roten Sorten, autochtone wie Canaiolo, Malvasia Nera, Pugnitello, Colorino, Foglia Tonda, u.v.a.m. über internationale
Sorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon und Franc, Syrah usw., und für meine Begriffe für die Region echte Exoten wie Gamay, Schiava (Vernatsch), Teroldego, Lambrusco, Malbech, Tempranillo, Rebo, Refosca dal Peduncolo Rosso, usw., usf. :shock: !
Zudem darf auch jedweder Ausbau von 100% Barrique bis 100% Betonei, Rotofermenter und was weis ich erfolgen ...

Das genaue Disziplinar in der aktuellsten Fassung hier: http://www.chianticlassico.com/en/vino/disciplinare/ (ggf. unter 'Wine' > 'Regulations' anklicken)
... rel. weit unten im Disziplinar findet sich die komplette Liste der zugelassenen Komplementärtrauben :geek: .

Im einfachen Chianti, ohne "Classico", findet sich, wohl auch bedingt durch wirtschaftliche Zwänge, will sagen, wer kauft einfachen Chianti, der mehr als 8-9 € kostet, (im Supermarkt ab 2.99€, oder ?), ein wesentlich einheitlicheres Geschmacksbild als beim Classico.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 25. Jan 2016, 11:21

... gestern im Glas ...

Chianti Classico DOCG 2011, Podere Elisa (FI), 95% Sangiovese, 5% rote Komplementärsorten

dunkles Rubinrot; dunkle erdige Frucht, Lakritz und Goudron; am Gaumen dicht und kompakt, wiederum dunkle erdige Frucht korrespondierend zur Nase, dominante Goudron und Lakritznoten die auch mit ordentlich Belüftung (noch) nicht weichen, reifes feines dichtes pfeffriges Tannin, kräftige gut eingebaute Säure, noch wenig Trinkfluss, gutes Potential; mittellanger-langer Abgang auf Tannin und Säure - 16,5?/20 op > reine Potentialbewertung

Kompakter noch recht abweisender Chianti Classico, kaum zu bewerten, braucht noch ordentlich Zeit.

EDIT z. VKN: Auch an Tag 2 bleibt der Wein nahezu vollständig von Tannin maskiert, es lässt sich inzwischen eine intensive erdige dunkle Kirschfrucht erahnen, ebenso wirkt das tannin nun nicht mehr so pfeffrig, sondern geht in eine deutlich samtig-seidigere Richtung, dennoch werden wohl erst mal noch 2-3 Jahre ins Land gehen müssen, damit alles in ein vernünftiges Verhältnis kommt. Potential und ein hervorragendes PGV ist auf jeden Fall da - bei einem Kurs von 10 € wird das ein kräftig-urwüchsiger, aber dennoch geschmeidiger Chianti Classico für Geduldige.

Für mich geklärt scheint nun die eigentliche Herkunft der Podere Elisa Weine. In der Flasche steckte ein Kork des Betriebs Lanciola (Guarnieri) - Impruneta. Da es keine aktuellen Weine dieses Betriebs mehr auf dem Markt gibt, scheint der Gruppo Guarnieri (Agritourismo, Restaurants, Hotel) zur Podere Elisa umfirmiert zu haben, dabei wurde das Weinsortiment wohl auch etwas gestrafft und modifiziert.

Für mich der aktuell beste Wein des Sortiments ist der Chianti Cillo Fiorentini Riserva, der meinen Geschmacksvorlieben am meisten entgegen kommt. An der Qualität der übrigen Sortimentspalette gibt es im wesentlichen nichts zu kriteln.
Zuletzt geändert von olifant am Di 26. Jan 2016, 09:50, insgesamt 1-mal geändert.
Grüsse

Ralf

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UlliB

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 25. Jan 2016, 13:30

olifant hat geschrieben:Im einfachen Chianti, ohne "Classico", findet sich, wohl auch bedingt durch wirtschaftliche Zwänge, will sagen, wer kauft einfachen Chianti, der mehr als 8-9 € kostet, (im Supermarkt ab 2.99€, oder ?), ein wesentlich einheitlicheres Geschmacksbild als beim Classico.

Interessant. Dass in preisgünstigeren Chianti aus Kostengründen kein Neuholz zum Einsatz kommt, würde ich erwarten (obwohl: was ist denn mit billigen Eichenchips - wären die erlaubt?). Aber hinsichtlich des verwendeten Rebsatzes hätte ich bei den einfacheren Vertretern eher erwartet, dass hier verstärkt internationale Rebsorten Eingang finden, insbesondere Merlot, um den eher schlanken und säureruppigen Sangiovese etwas "aufzufüllen" und zu glätten. Kostenmäßig sollte es doch wohl egal sein, ob man nur mit Sangiovese und traditionellen Komplementärsorten arbeitet oder mit Merlot & Co. ergänzt.

Gruß
Ulli
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 25. Jan 2016, 14:03

Hallo Ulli,

ich denke, in den einfachen Chianti kommt einfach 'alles Rote' rein. Da ein grosser Prozentanteil des einfachen Chianti von eher finanzschwachen Betrieben kommt, also auch von Weinbauern als Fassware an Abfüller verkauft wird, sind hier wohl auch viele alte Rebbestände ohne Merlot und Konsorten vertreten - diese Produzenten waren anno 2000 sicher auch nicht begeistert, als der Zusatz weisser Trauben (Trebbiano, Malvasia bianco) per Disziplinaränderung verboten wurde. Alles was Investitionskosten bedeutet ist bei den eher finanzschwachen Produzenten kaum gelitten ...

Im Gegensatz dazu dürfte bei den Big-Playern (Antinori, Ricasoli, Frescobaldi usw.) durchaus einiges an Merlot, als auch mal Barrique-Partien vertreten sein - wohin sonst mit den Neuanpflanzungen der 90er usw.? Ist ja nicht verboten ;) - und die Basischianti dieser Produzenten sind i.d.R. doch gefälliger, wenn auch immer noch als Chianti erkennbar.

Bei Chianti Classico sieht das doch ganz anders aus.
Grüsse

Ralf

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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragFr 29. Jan 2016, 10:51

... gestern im Glas ...

Chianti Classico 2009, Castello della Paneretta - Barberino Val d'Elsa, Cuveé 85% Sangiovese, 10% Canaiolo, 5% Colorino; Ausbau im Edelstahl, Reifung 12 Monate in grossen Fässern aus franz. Eiche.

dunkles glänzendes (Scharzkirschen)-Rot; Kirsch- und Sauerkirsch-Noten, Holundergeleé, Zwetschke, feine erdige Noten, altes grosses Holz; am Gaumen sattes Mittelgewicht, würzig-erdige gereifte Fruchtnoten korrespondierend zur Nase, feine erdig-würzige Noten, etwas weisser Pfeffer, altes grosses Holzfass, gewisse Mineralität, sehr schön verwoben, seidig gereiftes griffiges sehr gutes Tannin, hervorragend balanzierte Säure, aromatisches Volumen und Tiefe, animierend; langer verwobener Abgang auf reife Frucht und feines Tannin, animierend - 17-17,5/20 op

Modern gemachter, aber traditionell schmeckender, m.E. perfekt gereifter Chianti Classico, jetzt optimales Trinkfenster. Subjektiv läge ich da wohl bei 18/20 ;) für den Gewinner meines gestrigen "So soll Chianti Classico schmecken" - Preises ;)
Grüsse

Ralf

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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragDi 2. Feb 2016, 10:25

... vor kurzem im Glas ...

Ugo Bing Chianti DOCG 2011, Fattoria di Fiano - Certaldo (FI), Sangiovese, mit Komplementärsorten Colorino, Canaiolo und Syrah

dunkles Mittelrot mit rubinroten Reflexen; würzige Frucht mit Sauerkirsche und Waldbeeren, Gummi, noch etwas reduktiv; am Gaumen angenehmes Mittelgewicht, leicht würzige noch etwas junge Frucht korrespondierend zur Nase, ebenso weisser Pfeffer und etwas (stimmiger) Gummi, reifes erdig-pfeffriges Tannin, stimmige gut eingebaute Säure, angenehmer Trinkfluss, entwickelt gewisse Tiefe, nicht ganz typisch; mittellanger - langer Abgang auf saftige rot-schwarze Frucht und pfeffrigen Tannin/Säure-Komplex, mit Entwicklung - 16+/20 op

Gut gemachter moderner Chianti, nicht ganz typischer Manier - die (wohl geringen) Syrahanteile schlagen sich im Geschmacksbild m.E. dennoch deutlich nieder.
In diesem Jahrgang gibt es von diesem Produzenten sowohl Chianti, als auch Chianti Colli Fiorentini - einfacher Chianti ist nur als Ausnahme im Programm. Die überschaubare Produktpalette beschränkt sich normalerweise auf Chianti Colli Fiorentini Annata und Riserva, sowie dem Supertuscan Fianesco und einem sehr traditionellen Vinsanto (12 Jahre Fassausbau), der aber nur in seltenen Ausnahmejahren produziert wird.
Grüsse

Ralf

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Holzfass

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMi 10. Feb 2016, 23:13

Ruffino, Tenuta Santedame, Chianti Classico, 2009

Schöner, dichter Chianti Classico. Dunkles Rot, viel Kirsche in der Nase, dezente Reifenoten, leicht balsamisch, Parfum, etwas Erde (Chianti, kein Brunello). Am Gaumen ebenfalls Kirsche und angereifter Sangiovese, etwas Würze, angenehm spürbare Tannine. Erinnert eher an eine Riserva als an einen "einfachen" Classico.

Wahrscheinlich genau der richtige Zeitpunkt für diesen Wein. Alle Komponenten sind perfekt gewichtet. Nichts überwiegt. Körper, Säure, Tannine, Würze, Frucht, Reife, alles da. Alles für sich spürbar und im Lot. So wie ein Jahrgangstreffen, wo man bei schummerigem Licht nach und nach die altbekannten Weggefährten trifft und jeweils ein Pläuschchen hält :lol: .
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Holzfass

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMo 15. Feb 2016, 22:17

Castelli del Grevepesa, Clemente VII, Chianti Classico 2010

Dunkles Rot, in etwa so wie beim Ruffino letzte Woche. Erst Kirsche und etwas Marzipan, später dann noch Dörrobst in der Nase. Vielleicht etwas Tannennadel. Am Gaumen erst recht kräftige Säure, aber dezente Tannine, etwas Erde, wieder Dörrobst. Zum Essen (Ceci Perle Nere geschmort in Tomatensugo mit etwas Räucherspeck) schön zu trinken. Anständiger Chianti. Das Dörrobst muss ich nicht unbedingt im Chianti haben, ist aber nicht zu dominant.
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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragDi 16. Feb 2016, 09:50

Holzfass hat geschrieben:Ruffino, Tenuta Santedame, Chianti Classico, 2009

Schöner, dichter Chianti Classico. Dunkles Rot, viel Kirsche in der Nase, dezente Reifenoten, leicht balsamisch, Parfum, etwas Erde (Chianti, kein Brunello). Am Gaumen ebenfalls Kirsche und angereifter Sangiovese, etwas Würze, angenehm spürbare Tannine. Erinnert eher an eine Riserva als an einen "einfachen" Classico.

Wahrscheinlich genau der richtige Zeitpunkt für diesen Wein. Alle Komponenten sind perfekt gewichtet. Nichts überwiegt. Körper, Säure, Tannine, Würze, Frucht, Reife, alles da. Alles für sich spürbar und im Lot. So wie ein Jahrgangstreffen, wo man bei schummerigem Licht nach und nach die altbekannten Weggefährten trifft und jeweils ein Pläuschchen hält :lol: .


Den Ruffino Tenuta Santedame Chianti Classico hatte ich auch aus verschiedenen Jahrgängen immer wieder mal im Glas. Ich kann mich an keinen Ausfall oder geschmackliche Extreme erinnern. So wie du schreibst: "Alles für sich spürbar und im Lot." M. E. ein sicherer Wert mit ordentlichem PLV. Als Riserva im eigentlichen Sinne empfand ich den Wein jedoch bisher nie.
Grüsse

Ralf

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olifant

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Re: Chianti (in allen Variationen)

BeitragMi 17. Feb 2016, 20:08

... gerade im Glas ...

Ugo Bing Chianti Colli Fiorentini Riserva DOCG 2009, Fattoria di Fiano - Certaldo (FI), Sangiovese, mit Merlot und Syrah

dunkles glänzendes Rubinrot mit leichtem Wasserrand; in der ersten Nase feine Kirschfrucht, Veichen und gewisse Holznoten, in der zweiten Nase leicht laktisch mit Kischjoghurt; am Gaumen noch mittelgewichtig,gewisse Kirschfrucht und Pfeffer, dazu Fassnoten, mineralische Anklänge und gewisse erdige Noten, reifes erdig-pfeffriges Tannin (wie beim einfachen Chianti auch), knalltrocken, stimmige sehr schön eingebaute Säure, angenehmer Trinkfluss, entwickelt gewisse Tiefe, irgendwie fassig-steinig; mittellanger - langer Abgang auf pfeffrig fruchtige Noten, mit reinigendem Tannin, trotz des trockenen Stils auch animierend - 16,5/20 op

Anders als beim einfachen Chianti scheint die Syrah geschmacklich, vllt. ausser der pfeffrigen Note, nicht so durch zu schlagen.
Der vor kurzem getrunkene Chianti Colli Fiorentini 2005 aus gleichem Hause zeigte sich trotz des schon erreichten Alters in gewisser Weise ähnlich und auch alterslos, naja, das Tannin war vielleicht etwas milder, die Charakteristik dennoch recht ähnlich, vielleicht einen Tick mehr auf Frucht und weniger auf Ausbau basierend.
Insgesamt finde ich die Ugo Bing - Fattoria di Fiano Chianti / - Colli Fiorentini / -Riserva recht ähnlich in der Anlage und trotz der verschiedenen Jahrgänge mit deutlichen Gemeinsamkeiten. Am besten gefiel mir unterm Strich der Chianti Colli Fiorentini 2005, trotz, oder wegen seines Alters? Für meinen Geschmack eine etwas zu ausbaubetonte Stilistik der Fattoria di Fiano, dafür ein gewisser gegebener Wiedererkennungswert, oder Neudeutsch Corporate Identity.
Da diese Weine preislich unter denen benachbarten Chianti Classico liegen durchaus in Ordnung, knalltrocken und pfeffrig mögen muss jedoch sein.
Grüsse

Ralf

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