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Loire trockene Weissweine

Appellationen des nördlichen Zentralmassivs, Sancerre und Umgebung, Touraine, Anjou, Umgebung von Nantes, die kleinen Gebiete zwischen der Loire und Bordeaux incl. Cognac
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m_arcon

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragMi 7. Mai 2014, 09:02

Ich bin auch kein Fan von "Anlassweinen" aber dieser hier hat gestern sehr gut mit weißem Spargel harmoniert. Chenin Blanc ist für mich eh eine der unterbewerteten, unentdeckten Rebsorten.

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Cheers
Marc
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Kle

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragFr 9. Mai 2014, 13:02

"Octopussy" Stephan schrieb in einem anderen thread sinngemäß über Jura-Weine, er genieße sie nicht nur zum Essen, da er den Oxidationsgeschmack auch bei purem Genuss nach einer gewissen Zeit nicht mehr so wahrnehme. Aber warum überhaupt oxidative Weine trinken, fragte ich mich jetzt ungehalten beim Probieren vom Anjou blanc 2012 (98% Chenin blanc 2% Chardonnay) vin nature der Domaine Agnès & René Mosse. Die oxidative Note beherrscht erst einmal alles und in mir braut sich Ärger zusammen: Diese ganze Vin Naturel-Bewegung, die ach so ökologisch-korrekten Winzerpuristen – verkaufen sie mir eher Ideen als Aromen? Ist das alles eine im Grunde dekadente Modeerscheinung, da wir übersättigt von den verfeinerten in jeglicher Hinsicht hochgezüchteten Crus sind und sich, da zur Zeit andere Trends fehlen, „back to the roots“ aufdrängt wie Internetpetitionen, vegane Kost und Co2 freies Leben?
So war ich kurz davor, meine erst kurze Begeisterung für Vin Naturel stark in Zweifel zu ziehen, als Anjou blanc doch aufblühte. Ganz langsam, so dass mir der Reiz und Sinn des Oxidativen erneut vorgeführt wurde.
Es wird immer dann für mich interessant, wenn es sich allmählich zurückzieht, bzw. andere Aromen durchscheinen lässt. Dann ergibt sich ein aufregender und pikanter Kontrast, ähnlich wie bei süß-sauer oder süß-scharf. Es kann auch sein, dass die oxidative Note als eindeutig negativ empfunden wird, aber durch ihre Funktion, sich ein Stück für andere Aromen zur Seite zu ziehen, ihren Reiz bekommt. Diese anderen Aromen wirken durch den Kontrast umso frischer und feiner. Zusätzlich gibt das Oxidative ihnen Würze.
Mit der Zeit wurden die oxidativen Noten immer weniger und verschwanden ganz. Es schien, als habe der Wein sie aufgegeben. Aber vielleicht war auch der von Stephan beschriebene Gewöhnungseffekt verantwortlich. Anjou blanc hat eine herrlich elixierhafte Konsistenz. Er fließt zugleich leicht und substanziell. Alles da: Struktur, Intensität, Frische, Frucht und Säure, nur wunderbar sublim. Da kommen mir im Vergleich manche Sauvignons von der Loire grobschlächtig vor. Nicht ein einziges Mal ein aus dem Rahmen fallender Hieb von Säure oder Bitternis. Der Wein wird dann cremiger und dichter und gerät immer öfter auf eine Ebene weg von Frucht und Säure hin zu einer Sphäre mit Nüssen und Austernpilzen. Ich muss wirklich sagen Sphäre, denn für Momente scheint der Wein ein anderes Gesicht zu zeigen oder in einen anderen Raum zu treten.
Und so denke ich mir meine Welt wieder in Ordnung: Nicht die vin naturel-Bewegung ist für die Qualitäten des Weins verantwortlich, sondern Ehepaar Mosse, das eine naturnahe Bewirtschaftung lediglich als passend zu ihren eh existierenden önologischen Zielen ansieht. Und so schaue ich mich in der vin-naturel-Bewegung nur deshalb um, um dort ähnlich interessante Winzer zu entdecken…

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Kle

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragSo 11. Mai 2014, 16:06

Nachtrag zum Anjou Blanc 2012 von Mosse: Nach 24 Stunden war die oxidative Note wieder stark ausgeprägt. Insgesamt wirkte der Wein vergröbert, was aber auch an seiner zu kühlen Temperatur wegen Lagerung im Kühlschrank gelegen haben könnte (nach zwei Schlucken keine Lust mehr).
Nach 48 Stunden, dieses Mal über 30 Minuten bei Zimmertemperatur angewärmt, hat der Wein eine rötlich-bronzene Färbung. Schmutziges Rosé. Die oxidative Note ist prägnant, aber feiner als am Tag zuvor. Sie lässt nun auch wieder den delikat nussigen, jetzt gereifter schmeckenden Aromen Raum. Ansonsten mager und wenig Frucht.
Zum Teil schmeckt der Wein wie ein feiner, alkoholarmer Brandy und entwickelt daraus ab und an eine schöne Würze.

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Tristram Shandy
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UlliB

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragMo 11. Aug 2014, 19:49

Zwar nicht allzu häufig, aber doch einigermaßen regelmäßig kommt mir ein Chenin Blanc von der Loire ins Glas. Das ist fast jedesmal ein interessantes Weinerlebnis - wirklich anfreunden kann ich mich mit dieser Rebsorte aber auch nicht; dazu sind mir die hieraus hergestellten Weine in aller Regel einfach zu anstrengend. Trinkfluss und echte Begeisterung stellen sich da bei mir normalerweise nicht ein.

Gestern abend gab es dieses ausgesprochen junge Exemplar:

Jasnières "Prémices" 2013 (Domaine de Bellivière) Verblüffende Farbe: helles Goldgelb mit ganz schwach rötlichen Reflexen, so etwas kenne ich eigentlich nur bei weiß vinifizierten Weinen aus roten Sorten; viele Champagner sehen so aus. In der Nase ebenso verblüffend: zunächst Quitte (für mich das Leitaroma der Sorte), dann deutliche Hefetöne, und schließlich etwas, was ich so bei Weißwein noch nie erlebt habe: eine zarte, aber dennoch deutliche Kaffeenote. Trotz lediglich 11,5%Vol. Alkohol offensichtlich aus aromatisch völlig reifen Trauben erzeugt, im Gaumen unerwartet dicht, sehr viel gelbe Frucht, darunter auch wieder Quitte; straffe Säure, knalltrocken und herb, langer Abgang.

Interessant? Ja, auf jeden Fall. Trinkvergnügen? Nun ja, eher ein Wein, der einen fordert und mit dem man sich beschäftigen muss, und jedenfalls nichts, was man mal so nebenbei genüsslich wegsüppeln kann. Und damit liegt der Wein zu 100% auf meiner oben erwähnten Chenin Blanc-Linie...

Gruß
Ulli
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octopussy

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragMo 18. Aug 2014, 08:28

UlliB hat geschrieben:Zwar nicht allzu häufig, aber doch einigermaßen regelmäßig kommt mir ein Chenin Blanc von der Loire ins Glas. Das ist fast jedesmal ein interessantes Weinerlebnis - wirklich anfreunden kann ich mich mit dieser Rebsorte aber auch nicht; dazu sind mir die hieraus hergestellten Weine in aller Regel einfach zu anstrengend. Trinkfluss und echte Begeisterung stellen sich da bei mir normalerweise nicht ein.

Gestern abend gab es dieses ausgesprochen junge Exemplar:

Jasnières "Prémices" 2013 (Domaine de Bellivière) Verblüffende Farbe: helles Goldgelb mit ganz schwach rötlichen Reflexen, so etwas kenne ich eigentlich nur bei weiß vinifizierten Weinen aus roten Sorten; viele Champagner sehen so aus. In der Nase ebenso verblüffend: zunächst Quitte (für mich das Leitaroma der Sorte), dann deutliche Hefetöne, und schließlich etwas, was ich so bei Weißwein noch nie erlebt habe: eine zarte, aber dennoch deutliche Kaffeenote. Trotz lediglich 11,5%Vol. Alkohol offensichtlich aus aromatisch völlig reifen Trauben erzeugt, im Gaumen unerwartet dicht, sehr viel gelbe Frucht, darunter auch wieder Quitte; straffe Säure, knalltrocken und herb, langer Abgang.

Interessant? Ja, auf jeden Fall. Trinkvergnügen? Nun ja, eher ein Wein, der einen fordert und mit dem man sich beschäftigen muss, und jedenfalls nichts, was man mal so nebenbei genüsslich wegsüppeln kann. Und damit liegt der Wein zu 100% auf meiner oben erwähnten Chenin Blanc-Linie...

Hallo Ulli,

danke für die Notiz. Quitte ist (neben Birne) für mich auch meist das Leitaroma von Loire Chenin-Blancs, wobei ziemlich häufig auch stark wachsige Noten auftreten. Amerikaner sprechen häufig auch von nasser Wolle. Die habe ich bislang aber selten entdecken können. Dass die Weine immer ein wenig anstrengend sind, anstrengender als z.B. deutsche Weißburgunder aus dem Stahltank, sehe ich auch so. Wobei ich die Weine aus dem Anjou (für trocken: Anjou, Anjou-Villages, Savennières) immer etwas wilder finde als die aus der Touraine (v.a. Vouvray, Montlouis). Etwas softer sind häufig die halbtrockenen Demi-Sec Weine. Die halbtrockenen von Huet oder Francois Chidaine z.B. sind meist recht harmonisch.

Bei uns gab es letzte Woche ebenfalls trockenen Loire Chenin Blanc, und zwar den 2009 Montlouis-sur-Loire "Touche Mitaine" von Xavier Weisskopf (Rocher des Violettes). Für 8 Euro fand ich den Wein recht gut, allerdings auch erst, nachdem er knapp eine Woche im Kühlschrank offen war. Vorher war er sehr anstrengend mit einer alkohol- und säure-induzierten Bissigkeit.

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Beste Grüße, Stephan
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Ostbelgier

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragSa 3. Jan 2015, 19:58

Hallo zusammen,

zu klassischen Muscheln gab es den herrlichen Saumur blanc "Lingenue" 2012 der Domaine des Varinelles. Meines Wissens nach reiner Chenin Blanc, sehr kräftig im Antrunk, knackige Säure gepaart mit Volumen, leicht bittere Orangen, dezent Feuerstein, ein unnachgiebig wirkender Wein. Leider meine vorletzte Flasche, wüsste ich, wo ich so etwas zum vernünftigen Preis bekomme, würde ich nachordern.

Viele Grüße

Markus
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thvins

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragSo 4. Jan 2015, 09:38

Hallo Markus,

die triffst du auf der Messe in Lille im November. Ist ja von dir nicht mehr ganz so weit. In Strasbourg sind sie auch, ist aber für dich wesentlich weiter als Lille. Hab von denen auch schon diverses gekauft... - nette Leute und gutes Gesamtprogramm.
Beste Grüße

Torsten

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Ostbelgier

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragSo 4. Jan 2015, 18:49

Hallo Torsten,

danke für den HInweis, ich hatte mich aber auch missverständlich ausgedrückt. Ich habe diese sehr netten Leute 2013 in Lille kennengelernt und den Wein auch von dort mitgebracht.
Meine Frage bezog sich auf ähnliche Weine von anderen empfehlenswerten Erzeugern, die entweder in D erhältlich sind, oder aber auch über die Salons. Ich kenne mich an der Loire so gut wie gar nicht aus, vielleicht weisst Du noch ein, zwei Namen ??

Viele Grüße

Markus
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octopussy

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragMo 5. Jan 2015, 08:00

Ostbelgier hat geschrieben:zu klassischen Muscheln gab es den herrlichen Saumur blanc "Lingenue" 2012 der Domaine des Varinelles. Meines Wissens nach reiner Chenin Blanc, sehr kräftig im Antrunk, knackige Säure gepaart mit Volumen, leicht bittere Orangen, dezent Feuerstein, ein unnachgiebig wirkender Wein. Leider meine vorletzte Flasche, wüsste ich, wo ich so etwas zum vernünftigen Preis bekomme, würde ich nachordern.

Hallo Markus,

der Wein müsste ein 100% Chenin Blanc sein. Etwas anderes ist in Weiß m.W. in der AOC Saumur nicht zugelassen. In welcher Preisklasse liegt denn der "Lingenue"? Falls unter 10 Euro, dürfte es in Deutschland schwer werden, jedenfalls in einer akzeptablen Qualität. Mit Import aus Frankreich, Händlermarge, usw. ist man ganz schnell über 10 Euro.
Beste Grüße, Stephan
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thvins

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Re: Loire trockene Weissweine

BeitragMo 5. Jan 2015, 13:26

Hallo Markus,

einer der trockenen Chenin Blancs, an denen Du dich versuchen solltest, wenn du ihn noch nicht kennst, ist der Savennières Clos de Coulaine von Papin -Chevalier (auch den Rest durchprobieren!!!) Der 2004er hatte mich letztes Jahr zum Jahresende gebügelt.

Ansonsten ist es halt schade, dass die alten, lange bei TAW archvierten Sachen nicht mehr nachlesbar sind - da hatte ich ja etliche Tipps zu auf dem Salon in Lille vertretenen Winzern von der Loire gepostet. Naja, ist bescheuert, aber nicht mehr zu ändern.
Beste Grüße

Torsten

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