Do 30. Jul 2020, 21:47
Letztens bemerkte ich einigermaßen entsetzt, daß ich Sancerre total vernachlässigt habe, sowohl was das Trinken angeht, als auch das Nachkaufen. Umgehend wurde beidem abgeholfen, in umgekehrter Reihenfolge:
Gérard Boulay, Clos de Beaujeu 2018 / 2016 / 2009Eine sehr überschaubare Anzahl
2016er befand sich noch im Keller. Vielleicht habe ich ja unterbewußt rationiert? Jedenfalls machte eine davon vor 10 Tagen den Anfang:
Etwas zu kühl geöffnet, geht die Nase initial als Riesling durch! Zitrone, Ananas, Zitronengras, "Kalkstein". Am Gaumen kühl, tolle Säure. Hinzu kommt etwas Exotik in Form von Maracuja sowie etwas (hell)rote Johannisbeere.
Ich glaub's selber kaum: Eine Stunde lang geht der problemlos als Riesling-Pirat durch! Mit Luft und v.a. nicht mehr leicht zu kalt relativiert sich das etwas, und der Sauvignon blanc ist etwas besser zu erkennen - zumindest da ich weiß, was es ist. Aber blind...?
Jedenfalls hat mir der so gut gefallen, daß ich mich sogleich an den Rechner setzte, um Bezugsquellen zu recherchieren. Schwierig genug, und auf jüngere Jahrgänge wollte ich mich auch beschränken, war mir das TCA-Problem älterer Weine (z.B. 2001) doch noch sehr bewußt. Als eine Flasche 2017er weniger verfügbar war als bestellt, wurde mir ein 2009er als Ersatz vorgeschlagen, und ich stimmte zu. Gute Entscheidung!
Vorgestern kam zunächst
2018 dran:
Im Glas fahlgelb mit deutlichem Grünschimmer. In der Nase dezent fruchtig: unreife Birne, Wassermelone, und mit Verspätung auch ein klein' wenig Stachelbeere. Am Gaumen wesentlich expressiver: ähnliche Aromen, plus weiße Johannisbeere und ein Hauch Maracuja. Deutlich herber / leicht bitterer Abgang - grenzwertig.
Deutlich zu jung, aber vielversprechend. Ob da ein bißchen Hitzestreß im Spiel war? Die Säure sagt nein, beim Bitterle bin ich nicht sicher.
Ungeplant habe ich dann gestern noch den
2009er aufgezogen:
Goldgelb. Nasser Granit und Heu, etwas gelbe Frucht (Aprikose, Melone) und einiges an Kraft. Am Gaumen dito, dazu etwas Cassis und Maracuja. Geniale frische Säure, die den leicht angesetzten "Speck" gut in Schach hält. Leicht herber, kräuter- und lakritzwürziger, langer und intensiver Abgang.
Toll gereift und keine Spur von Müdigkeit!
Sehr, sehr gut.
...und zeigt im Vergleich, daß die Weine toll altern und davon enorm profitieren.