Loire trockene Weissweine

Appellationen des nördlichen Zentralmassivs, Sancerre und Umgebung, Touraine, Anjou, Umgebung von Nantes, die kleinen Gebiete zwischen der Loire und Bordeaux incl. Cognac
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innauen
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von innauen »

Hier einer meiner ersten Loire-Erfahrungen. Reifen doch ganz schön, diese Weine:

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Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
moc
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von moc »

Hallo Wolf!

Ohne den Wein zu kennen würde ich sagen nein. Du hast ihn wahrscheinlich gerade richtig getrunken. Sancerre's halten in der Regel ganz gut. Jüngere eignen sich gut als Apero, da sie doch sehr erfrischend und spritzig sind (Säure) und nach ein paar Jahren auf der Flasche schieben sich dann die Terroirnoten in den Vordergrund. Und das Du den Wein über drei Tage beobachten konntest, spricht ja auch eindeutig für ihn.

Grüße Jens
grüße jens
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octopussy
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von octopussy »

Hallo Wolf,

in der Tat reifen Sancerre und Pouilly-Fumé sehr gut, v.a. wenn sie nicht ausschließlich im Edelstahl für den schnellen Verbrauch vinifiziert werden. Die Domaine Vacheron gehört aus meiner Sicht zu den verlässlichen Produzenten der östlichen Loire und bewirtschaftet ihre mehr als 40 ha biodynamisch. Ich hatte vor einiger Zeit von der Domaine mal eine Cuvée "Les Romains" aus 2005, die sich sehr schön trank und noch kaum Reifetöne entwickelt hatte.

Den Silex-Feuerstein im Boden empfinde ich im Wein übrigens meistens so, wie auch Feuerstein riecht - also leicht brenzlig, etwas ähnlich wie Schießpulver mit mineralischem Touch. Dass der Wein schon kupferfarben war, wundert mich etwas. 4 Jahre auf der Flasche sind für gut gemachte Sancerres (wie die von der Domaine Vacheron) eigentlich kein Problem.
Beste Grüße, Stephan
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Gerald
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von Gerald »

Hallo,

einen "gereiften Holunderton" würde ich eigentlich nicht mit Feuerstein assoziieren. Die Feuerstein-Noten in Weinen ("klassisch" Loire, kommt aber auch ab und zu in österr. Weinen vor) kann man sehr gut mit dem Geruch beschreiben, der beim Betätigen des Zündrades eines Feuerzeugs entsteht. Wenn man echte Feuersteine (findet man ab und zu) reibt oder aneinander schlägt, entsteht fast genau derselbe Geruch.

Grüße,
Gerald
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octopussy
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Re: Montlouis-sur-Loire - Chidaine und Weisskopf

Beitrag von octopussy »

Salut,

die letzten Tage hatte ich zum Vergleich zwei Montlouis-sur-Loire Sec aus 2007 im Glas, und zwar den 2007 Cuvée Les Négrettes Sec von Le Rocher des Violettes (Xavier Weisskopf) und den 2007 Clos du Breuil Sec von Francois Chidaine.

Xavier Weisskopf ist recht jung (Jahrgang 1979) und hat bei der Domaine Saint Cosme in Gigondas gelernt. Sein eigenes Weingut hat er erst 2005 gegründet. Hier gibt es ein kurzes Video-Interview mit ihm. Insgesamt bewirtschaftet er 13 ha in den AOC Montlouis-sur-Loire (Chenin Blanc) und Touraine (Sauvignon Blanc und etwas Rotwein aus Côt von sehr alten Reben, Cabernet Franc sowie einen Rosé). Die Weinberge werden ohne Einsatz von chemischen Düngern, Herbi- oder Pestiziden bewirtschaftet. 2009 wurde die AB-Zertifizierung beantragt. Die Cuvée Les Négrettes stammt aus einer Parzelle mit den ältesten Chenin Blanc Anlagen des Gutes (70-80 Jahre alt) und bringt regelmäßig nur sehr geringe Erträge (ca. 30 hl/ha). Wie er vergärt, weiß ich nicht. Dem etwas stinkingen Geruch nach zu urteilen, tippe ich auf Spontanvergärung, könnte aber danebenliegen.

Francois Chidaine macht seit 1989 Weine in Montlouis-sur-Loire und hat mittlerweile seinen Rebbestand erheblich erweitert mit dem Kauf der Domaine von Philippe Poniatowski in Vouvray. Dementsprechend enthält seine Angebotspalette eine ganze Reihe verschiedener Cheninc Blancs aus Montlouis und Vouvray in trocken, halbtrocken, moelleux und prickelnd. Francois Chidaine hat 1999 mit der Umstellung auf biodynamischen Anbau begonnen und ist seit 2003 zertifiziert. Der Chenin Blanc aus der 3 ha großen Parzelle Clos du Breuil wird regelmäßig nur trocken ausgebaut. Die Reben sind hier zwischen 30 und 90 Jahre alt, der Ertrag ist etwas höher als bei Xavier Weisskopf (2008: 37,5 hl/ha). Der Boden ist von Lehm geprägt und ist von Silex-Anteilen durchzogen.

2007 war für Chenin-Blanc an der Loire kein schlechtes, aber auch kein überragendes Jahr. Xavier Weisskopf beschreibt den Jahrgang auf seiner Website ziemlich offen als mittelmäßig, da verregnet. Bezogen auf seinen eigenen Wein macht er ihn damit allerdings schlechter als er ist.

Eigentlich hatte ich erhebliche Unterschiede zwischen den Weinen erwartet - tatsächlich sind sich beide Weine aber in ihrer Stilistik sogar recht ähnlich. Beide Weine *stinken* ein bisschen, waren anfangs noch etwas stark vom Holz geprägt und haben eine sehr klare Art mit ausgeprägter Säure und einer leichten Fruchtsüße. Einen Favoriten auszumachen ist schwer, der Clos du Breuil von Chidaine hat vielleicht aber noch etwas mehr Potenzial und zeigt ein Quäntchen mehr Spannung. Gut gefallen haben mir jedenfalls beide Weine.

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Beste Grüße, Stephan
Lyonnat
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von Lyonnat »

Hallo!

War gestern bei der Loire Verkostung von La Cave/Wien.

Ich hab mir sehr wenig Notizen gemacht, zuvielt getratscht :roll:
aber die Weißweine haben mich an sich nicht sehr begeistert: also bspw den Muscadet - Dom de l'Ecu (Null Trinkanimation, fast etwas ausgezehrt) oder der Pouilly Fume der Domaine de Riaux (in der Nase nicht sehr pointiert, aufdringliche gelbaromatische SB-Aroma-Typus den ich nicht sehr mag). Der Chinon Blanc Croix Boissee der Domaine Baudry war schon gut (mineralischer Kern, leicht röstig), für den Preis erwarte ich aber mehr.

Toll war aber der Savennieres Grand Beaupreau von Chateau Pierre-Bise!
Zurückhaltende Nase, wenig Frucht. Dann aber sehr streng, sehr fest, engmaschig, tolle Struktur. Leichter Bitterton. Ich verwende das nicht sehr oft, aber diese Wein bringt sehr schöne salzige Noten am Gaumen. Mittellang auf jeden Fall.
Ein Wein bei dem sich eine längere Lagerung sicher bezahlt macht. Ein größeres Verkostungsglas hätte dem Wein sicher auch gut getan.
Werde nochmal eine Probeflasche kaufen, aber bin fast sicher dass da ein oder zwei Kisten in meinen Keller wandern.

lg
wolfgang
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thvins
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von thvins »

Hallo Wolfgang,

Pierre Bise ist eigentlich fast immer eine sichere Bank, egal ob weiß in trocken oder edelsüß, oder auch in rot - teste dich da mal durch und leg dir ruhig was weg - die können eine anständige Reife gut gebrauchen und sind dankbar dafür. Jung zum Antesten ruhig über mehrere Tage verteilt probieren.

Ist auch ein supernettes Team - man findet sie auch in Lille und Strasbourg auf den Salons im November bzw. Februar, für mich immer ein gern gemachter Besuch an derem Stand. Grad die Savennières können gut altern, wer auf komplexe reife Weiße steht und nicht immer nur auf üppige Primärfrucht, der lasse wenigstens 10 Jahre vergehen oder auch deutlich mehr in z.B. 2005
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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octopussy
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von octopussy »

Zu den Weinen, die ich einmal in meinem Leben getrunken haben wollte, gehörte stets der Pouilly Fumé Silex von Didier Dagueneau, der 2008 tragisch bei einem Flugzeugunfall gestorben ist. 2007 war sein letzter Jahrgang. Jetzt haben seine Kinder die Führung übernommen.

Sauvignon Blanc gehört grundsätzlich nicht zu meinen Lieblingsrebsorten, auch wenn ich dann und wann gerne einen trinke, v.a. von der weniger aufdringlichen Sorte. Der 2007 Silex hat meine Erwartungen übertroffen, es war mit Riesenabstand der allerbeste Sauvignon Blanc, den ich bislang getrunken habe. Die Referenz ist für mich persönlich jetzt erst einmal gesetzt.

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Beste Grüße, Stephan
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octopussy
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von octopussy »

Salut,

über die Rotweine von Bernard Baudry wurde im Loire-Rotwein-Thread schon ein wenig diskutiert. Ich selber habe sie noch nicht probiert, habe das aber vor. Er begann Mitte/Ende der 1970er Jahre mit 2 ha und baute seine Domaine über die Jahre auf heute 25 ha aus. Auf der Domaine wird auf die Beschränkung des Ertrags geachtet, es wird per Hand gelesen, die einzelnen Parzellen werden separat vinifiziert, die Weine werden spontan vergoren, nicht geschönt und - jedenfalls die Rotweine - ungefiltert abgefüllt. Während der Schwerpunkt der Domaine auf den Chinon Rouges liegt, gibt es auch zwei Weißweine in kleinen Mengen: einen Chinon Blanc générique von jungen Reben (mittlerweile ca. 10 Jahre) und einen Chinon Blanc aus der Parzelle La Croix Boisée von 30 Jahre alten Reben auf Kalk- und Lehmböden.

Die Notizen für den 2005 Chinon Blanc La Croix Boisée bei Cellartracker waren eher mäßig bis miserabel. Trotzdem wollte ich den Wein einmal probieren und habe deshalb bei einer Aktion zugeschlagen. Was soll ich sagen? Es hat sich voll und ganz gelohnt. Während der Wein zunächst etwas sehr ungestüm daherkam (das habe ich öfter bei Chenin Blanc von der Loire), entwickelt er sich mit Luft und mehr Temperatur sehr schön und gewinnt an Balance und Finesse. Die Rebsorte kommt gut heraus. Ich bin gespannt, wie er sich über die nächsten Tage entwickeln wird. Denn einen Nachteil (oder auch Vorteil) hat er dann doch: der ganz großer Trinkfluss kommt - vielleicht auch wegen des hohen Alkoholgehalts - nicht auf. Ein Sofawein zum Nebenhertrinken ist das nicht.

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Beste Grüße, Stephan
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octopussy
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Re: Loire trockene Weissweine

Beitrag von octopussy »

Tag 2 mit dem Bernard Baudry 2005 Chinon Blanc La Croix Boisée, an dem er deutlich aufdreht - er ist nun wunderbar fruchtbetont mit deutlicheren Birnen- und Apfelnoten, heute mehr Minze als Thymian und einem so schön harmonischen Mundgefühl, bei dem Säure, Mineralität (ja) und Frucht in nahezu perfekter Balance stehen. Die alkoholischen und bitteren Noten sind weg. Zusätzlich macht der Wein einen unverwüstlichen Eindruck, 10 Jahre wird er sicher noch mitmachen. Warum abseits von Nicolas Joly die trockenen Chenin Blancs aus Savennières, Montlouis-sur-Loire, Vouvray und - auch wenn die eher selten sind - Chinon und Saumur nicht viel mehr Aufmerksamkeit bekommen, wundert mich wirklich. Aromatische Vielschichtigkeit, Potenzial für stilistische Vielfalt (wahlweise können die Frucht oder die Säure betont werden), ein großes Lagerpotenzial - da ist alles möglich.
Beste Grüße, Stephan
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