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Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Mo 23. Jan 2017, 22:51
von weingollum33
Bruno Clavelier, Bourgogne “Les Champs d’Argent” 2010

Wenn ich mich durch die Verkostungsnotizen aus Burgund klicke, dann fällt auf, dass relativ wenig Einträge über Weine der regionalen Appellation eingestellt werden. Dass Weine dieser Qualitätsstufe im deutschen Handel häufig im Vergleich zu anderen „einfachen“ Weinen teuer sind, bedarf m.E. nicht der Diskussion. Dennoch begegne ich immer wieder auch Tropfen, die einfach nur aus Burgund stammen können und die ein wenig von der Magie versprühen, die Burgundern (aber auch anderen großen Weinen) zu eigen ist, wenn sie singen.

Ein Paradebeispiel ist der „Les Champs d‘Argent“ aus 2010 von Bruno Clavelier - ein kleiner Burgunder, der Trinkspaß und Anspruch gleichermaßen befriedigt.

Zum Wein - dieser wurde im Herbst 2012 mehrfach hier im Forum verkostet und erörtert. Er fiel auf, weil er durch sein Säuregerüst recht unzugänglich war und die Frucht nur bedingt im Vordergrund stand – eben ein Burgunder aus einem klassischen Jahrgang, der bei Erscheinen auf dem Markt nicht trinkreif ist und ein paar Jahre Flaschenreife einfordert.

Vier Jahre später zeigt sich der Wein in anderer Verfassung. Der Geruchssinn nimmt einen Mix aus Kirschen und roten Johannisbeeren wahr, am Gaumen ein schlanker Körper, kein Holzeinfluss und ähnliche Aromen wie in der Nase tanzen über die Zunge – intensiv, transparent, sehr frisch und von der Säure des Jahrgangs wunderbar in Schwebe gehalten: Super!! Das ganze wird durch einen ansprechenden Abgang gekrönt. „Power without weight“ würden englischsprachige Weinkritiker sagen - eine passendere Beschreibung fällt mir nicht ein. Der Wein trinkt sich über 48 h Stunden ohne nennenswerte Veränderungen. Die Reben stehen unterhalb von Vosne-Romanee direkt an der Grenze zu den nördlichen Weinbergen von Nuits St. Georges.

Mag sein, dass der Wein eher etwas für Säurefetischisten ist … jedenfalls begeistert mich dieser kleine Rote ungemein und ich freue mich, zwei verbliebene Flaschen in den nächsten Jahren öffnen zu dürfen. Übrigens könnte man diesen Wein auch für einen Burgunder aus 2008 halten, ebenfalls ein Jahrgang für „Säureliebhaber“. Es gibt jedenfalls nur wenige andere rote Bourgogne, die mir aktuell vergleichbar viel Spaß machen.

Auch wenn ich jetzt eine wenig von der Überschrift abkomme … ebenfalls sehr viel Trinkgenuss bereitet der Bourgogne von Lafarge aus 2009 – ganz anders, eben in der barocken (mir fällt keine bessere Beschreibung ein!), altmodischen Lafarge-Stilistik! Das besonders erwähnenswerte an diesem Wein ist die aktuelle Zugänglichkeit, was bei anderen Abfüllungen und Jahrgängen des Doyen von Volnay manchmal etwas schwieriger sein kann. Ebenfalls Begeisterung ruft bei mir der rote 2010er Bourgogne Perrieres von Simon Bize aus. Leicht, transparent, ausgewogen und für einen Bourgogne ungewöhnlich komplex.

Jeden der drei aufgeführten, kleinen Burgunder würde ich ohne Einschränkungen wiederkaufen ... brauche ich aber nicht, da ich noch jeweils was davon im Keller habe!!

Gruß Tobias

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Fr 27. Jan 2017, 22:01
von Judo
Domaine Guyon, Chorey Les Beaune "Les Bons Ores" 2010

Einer meiner ersten echten Burgunder, mal im Ausverkauf auf Empfehlung hier im Forum gekauft. Doppelt dekantiert, nachdem mir der erste Probeschluck etwas sperrig vorkam. 13,5%, ein schönes Grantrot im Glas, ziemlich dicht mit leichter Transparenz. In der Nase zuerst etwas rohes Fleisch, mit zunehmender Wärme und Luft dann eine schöne rote Frucht (die ich aber nicht identifizieren kann) - wirkt zumindest ganz und gar nicht dropsig. Hat noch mehr dreckige Noten (Garage, etwas Rauch) zu bieten. Am Gaumen deutliche Säure, die von einem guten Extrakt im Zaum gehalten wird. Wahrlich kein dünnes Wässerchen. Die rote Frucht setzt sich fort, die Tannine sind noch deutlich spürbar, wirken aber nicht kratzig. Abgang ist gut und ausreichend lang. Entwickelt für mich einen schönen Trinkfluss, ist in Summe eher auf der kraftvollen statt eleganten Seite. Macht schon Spaß, die restlichen Flaschen lasse ich aber noch etwas im Keller. 3-5 Jahre sollten kein Problem sein, wenn nicht sogar länger.

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Fr 27. Jan 2017, 22:33
von weingollum33
Hallo Jürgen/Judo,
den Wein konnte ich im Frühjahr 2013 in Straßburg zusammen mit anderen Weinen der Domäne auf einer Weinmesse probieren. Damals war der Wein durch neues Holzes schwer zu probieren, die Frucht war völlig überdeckt ... die Zeit heilt viele Wunden. Ich hatte den einfachen Savigny-les-Beaune "Les Planchots" aus gleichem Jahr letztes Jahr zweimal im Glas gehabt, der ließ sich ebenfalls unkompliziert und gut trinken!
Gruß Tobias

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Do 11. Mai 2017, 21:56
von Timo09
Domaine Forey Pere et Fils
Bourgogne Rouge 2010


Tolles dunkles, glänzendes kirschrot im Glas. Leuchtend rubinrote Reflexe.
Die Nase ist rauchig, würzig, tief und kühl. Davor steht aber noch eine kräftige, wenngleich minimal zu konzentrierte, Frucht. Vor allem schwarze Kirsche, aber auch Erdbeere und Himbeere. Schön verwoben mit der Frucht zeigt sich eine komplexe, ätherische Würze von Wacholder, Nelken, usw..
Am Gaumen eher kräftige, jedoch hochwertige Gerbstoff- und Säurestruktur. Aber es ist kaum Gewicht auf der Zunge spürbar. Aromatisch auch hier dunkel und erdig. Ein wenig, wunderbar weiche, Fruchtsüße macht das Ganze charmant.
Mittellang im Abgang.

Alles in allem ein wirklich toller Bourgogne Rouge. Eindeutig eher auf der „männlichen“ Burgunderseite und momentan nur mit viel Luft angenehm zu trinken. Seine Schwächen sind der etwas zu konzentrierte Fruchteinschlag in der Nase, und die manchmal noch etwas hervorstechende Säure.
Der Wein macht insgesamt den Eindruck als würde ihm weitere Flaschenreife gut stehen. Wobei man sich das bei einem Bourgogne ja fast nicht zu sagen traut.
88p+

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Mo 22. Jan 2018, 21:59
von AmonA
Nach der ersten wunderbaren Begegnung mit einem 2015er Bourgogne von Henri Boillot, habe ich mich an einige 1er Crus verschiedener Erzeuger von 2010 erinnert, die im Keller schlummern.
Die Weine hatte ich nach einer Burgunderverkostung geordert. Ich habe hier im Forum nochmal nachgelesen und auch den "wine-searcher" bzgl. Kritiken bemüht. Beide Lektüren ließen nur einen Schluss zu: was haste denn da für einen Schrott eingekauft!
Alle Weine min. 3h belüftet.
Pommard 1er Cru Les Croix Noires, Lucien Boillot
Granatrot, Veilchen, Gewürze, am Gaumen dominiert Tannin, etwas bitter, langer Abgang nach Schwarzkirschen. 24 h später keine Besserung, der Abgang hat sich sogar verflüchtigt. Der Wein wirkte noch jung, aber ob sich die Tannine und die Bitterkeit noch legen? Ich bezweifle das ... und hoffe nur! :lol:

Gevrey-Chambertin les Jeunes Rois, Rene Bouvier
Etwas helleres granatrot wie oben, in der Nase nach Schwarzkirschen, am Gaumen Schwarzkirsche und Schlehe, mit zunehmender Belüftung sehr langer Abgang nach Schwarzkirschen. Insgesamt wirkte der Wein auch noch jung.
Alles in allem war der Wein doch nicht so übel wie befürchtet. Schaun' wa mal wie er sich noch entwickelt.

Als "Ersatz" hatte ich noch Santenay Clos Tavannes 1er Cru, Noel Gagnard im Keller gefunden.
Transparentes rot, fast blumig in der Nase, leicht, kaum Säure - ziemlich nichtssagend. War wohl die letzte Flasche. An die anderen Santenays hatte ich nur gute Erinnerungen :?

Und die Moral von der Geschicht: kaufe keine Weine nach Weinproben nicht! Ich kaufe Burgunder mittlerweile "blind" vom Händler meines Vertrauens - und bisher gab es keine Enttäuschungen! :lol:

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Do 30. Aug 2018, 16:29
von EThC
...schöner Essensbegleiter vor ein paar Tagen:

Bild

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: So 7. Okt 2018, 19:15
von amateur des vins
Heute habe ich meine letzten beiden Flaschen von Aleth Girardin geschlachtet:

Aleth Girardin, Beaune 1er Cru Clos des Mouches 2009 & 2010

Text im 2009er Thread.

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Mi 27. Feb 2019, 16:12
von EThC
Dies ist zwar nur ein recht einfacher Burgunder, aber ein bißchen mehr hatte ich mir dann schon erhofft:

Bild

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Sa 4. Apr 2020, 21:09
von Olaf Nikolai
Frankfurter Weinklub
"Nur etwas über 20 hl/ha Ertrag. Schöne Brombeere, etwas Wachholder und Holunder darunter, schwarze Kirsche, reife, rote Walderdbeeren, konzentriert, feines Holz, große Harmonie ausstrahlend, tolle Rasse, die feine Säure mit dem butterweichen, satten Tannin ist schon in der Nase zu spüren. Auch im Mund diese rassige Säure mit intensivem feinen Tannin. Wegen der großen Rasse und Säure 15 Monate im Barrique ausgebaut. Sehr gute Harmonie, überaus passendes und integriertes Holz, Tabakkiste, Zedernholz, Rauch, Milchschokolade und dunkle Schokalade zusammen, mehr feine rote Früchte, Cassis, rote Johannisbeere, ein Hauch Walderdbeere, dann kommt final intensive Brombeere mit einem Touch Kirsche. Vollmundiger, aber nicht fetter Wein, opulent, ohne zu übertreiben. Der Wein macht ungemein Spaß, die Trinkfreude ist lang, der Wein hallt rassig nach und vibriert samtig und pikant. Das ist großes Kino eines formal eher kleinen Weins, kann in jeder Village bis 1er Cru Blindprobe mithalten, einer der besten Einstiegswerte in Burgund überhaupt, mir fällt für das Geld nichts Vergleichbares ein.

Preis/Genuss: 93+"

Genau. Und das habe ich heute im Glas.
Chorey Les Beaune, Les Bons Ores, 2010, Domaine Guyon, 13.5%
PnP zunächst kellerkalt in GGG.
Der vorgenannten Degunotitz ist Nichts hinzuzufügen. Großer Wein. Mindestens 1. Cru niveau. Immer noch sehr primärfruchtig ( s.o.),die Säure ist der Hammer. Absolute Nachkaufempfehlung. Habe noch....aber sicher zu wenig.
P.S.: Die 86 P im Ct sind ein Witz.

Re: Burgund 2010

BeitragVerfasst: Mo 27. Apr 2020, 08:03
von Dilbert
Gestern Abend zur Wildschweinlende:

Domaine Tollot-Beaut, Chorey-les-Beaune - Pièce du Chapitre - 2010

Tollot Beaut ist ja eher bekannt für im besten Sinne gastronomische Weine, also Weine mit einer zuverlässigen Qualität, die nicht allzuviele Höhen und Tiefen durchleben. Trotzdem fand ich den Wein gestern Abend ausgesprochen gut. Nachdem mir der letzte Vertreter eher etwas zu dick wirkte, war der gesterige Chorey sehr angenehm zu trinken. Alles sehr schön eingebunden, etwas erdig, dreckig (so wie ich es ganz gerne mag), leichte Reifenoten. Natürlich fehlt hier etwas die Komplexität und die Länge im Abgang aber ansonsten ein sehr stimmiger Wein zu einem guten Preis.

Gruß,
Jochen