Mo 26. Dez 2011, 17:10
Hallo alle zusammen,
eigentlich schreibe ich in unserem Forum meist über etwas seltsame bzw. „weite Weine“. Heute drängt sich einer meiner Weihnachtsweine schlichtweg auf. Er ist von derartiger ungewöhnlicher, positiv ungewöhnlicher Art, dass ich mich genötigt fühle darüber berichten zu müssen.:
2001 Domaine de Chassorney Nuits St. Georges 1er Cru Clos des ArgillièresDie Farbe ist unheimlich hell. Extrem ungewöhnlich für einen Nuits-St.-Georges meiner Erfahrung nach. Er erscheint mir zwar noch rot, doch die bräunlichen Noten überwiegen eindeutig. Der Schock, nach der etwas eigenwilligen Farbe, kommt mit dem Geruch. Unheimlich intensive und jugendlich anmutende Fabeldüfte. Enorm floral, viel Erdbeere, etwas nasser Waldboden, unendlich betörend Stilistik. Erschreckend, positiv erschreckend, leicht und filigran, aber in der Komplexität sehr dicht und ausdrucksstark. Wenn ich es mit Punkten hätte, würde ich der Nase 98 Punkte geben. So etwas habe ich noch nie in der Form gerochen. Der Geschmack ist ebenfalls unheimlich leicht und filigran. Dennoch von Hysterie spendender Komplexität. Ich schnappe Aromen von Kirschen, Erdbeeren, Erde, etwas nassen Pilzen, mineralischen Noten, leichten ätherischen Ölen und wiederum ein wenig vom nassen Waldboden. Das extrem erstaunlich ist auch hier die wahnsinnige Leichtigkeit und fruchtbetonte Jugendlichkeit des Geschmacks. Die Farbe weißt auf einem sehr gealterten und sehr leichten, wenn nicht dünnen, Wein hin. Der Geschmack in keinem Fall! Erstaunliche Kombination! Die Länge des Abgangs ist extrem. Die hält bestimmt Tage an
. Die Säure ist im Grunde perfekt proportioniert. Nach zwei Stunden sind die Kirscharomen und erdigen Noten etwas stärker. Die Jugendlichkeit und Frucht bleibt. Wie man hört bin ich von dem Wein begeistert. Wahrscheinlich schon etwas sehr hysterisch! Eigentlich sehr erstaunlich, weil ich meist „festere“ und kräftige Pinots der fruchtigen Leichtigkeit vorziehe. Trotz meines sehr positiven Eindrucks bin ich mir ganz sicher, dass nicht Wenige diesen Wein als zu leicht empfinden könnten. Vor allem in Anbetracht, dass es ganz sicher kein günstiger Wein ist. Der Stil, wie ich ihn von Chassorney kennen gelernt habe, setzt sich bei diesem Wein fort. Alle bis dato verkosteten Weine zeichnen sich durch eine erstaunliche Leichtigkeit und Fruchtbetonung aus. Der heutige Wein schießt mit seiner überaus komplexen Art den Vogel nur noch ab. Ein Wein der einen, sogar mich, mit Sicherheit zum Tanzen bringt
. Blind verkostet hätte ich voller Überzeugung und Blindheit: Volnay ein groooßer Volnay von mir gegeben. Naja das währe dann mal wieder voll daneben gewesen
. Fantastischer Wein! (+++)
Außer dem Chassorney habe ich an den letzten Feiertagen folgende Weine gehabt. Bis auf einen Defekt, waren alle zumindest sehr anständig:
1999 Louis Jadot Nuits St. Georges 1er Cru Les Boudots Domaine Gagey
Etwas herber Charakter. Leicht florale Noten zu Beginn, die sich aber schnell auf und davon machen. Viel „gealterte“ Kirschfrucht. Auch etwas von Waldbeeren. Etwas zu süß für meinen Geschmack. Viel Erde und Unterholz. Konzentration ist in Ordnung. Erscheint sehr schön gealtert zu sein. Relativ klassisch, wenn ich das so sagen darf. (+)
2007 Domaine Pascal Pauget Mâcon Macon-Chardonnay
Nicht all zu sehr konzentriert, wenig Holz, Tonnen von Akazienhonig, etwas Zitrone und vielleicht auch Mango. Zum Ende heraus etwas leicht Bitteres. (+)
2004 Weingut Hirsch Riesling Zöbinger HeiligensteinRelativ dunkles Gelb. Viel Rauch und Petrol in den ersten Stunden. Viel Frucht von Marillen und Pfirsich. Relativ breiter Riesling. Nach ca. 3 Stunden in einem tiefen Tal. Am zweiten Tag wieder besser. Mehr cremig, weniger rauchig, mehr Exotik. (++)
2004 Ferrari Trento Perlé Nero Extra BrutLeider defekt. Muffige Noten in Nase und Mund. Schade! Vom Grundgefühl meine ich einen sehr guten und komplexen Pinot Nero Schaumwein zu schmecken. (?)
Adami Prosecco di Valdobbiadene Superiore di Cartizze Brut Bosco di GicaWar der Notnagel für den Ferrari Spumante. Dieser hat viel von grünen Bananen. Auch Bananenschalen. Auch petrolige Aromen vorhanden. Etwas Grapefruit. Gute Kraft. Mousse ganz in Ordnung. Nach meinem Empfinden an der obersten Grenze der Dosageausreizung für Brut. Ich glaube in diesem Leben werde ich kein Prosecco Fan mehr. Anscheinend gehört dieser in die Oberliga solcher venezianischer Schaumgewächse. (o), etwas mehr durch die objektive Brille (+)
2008 Edition Fritz Keller Spätburgunder BadenKlassische rubinrote Farbe. Viele Aromas von Kirschen und etwas Erdbeeren. Leichter Hauch von Marmelade. Vielleicht etwas säurig, etwas herb, mittelschwer, nicht sonderlich komplex, aber ganz anständig, könnte vielleicht ein wenig erhitzt sein (?). Für einen günstigen Massenwein ein gutes Produkt. Hab ihn primär als Kochwein verwendet. (o)-(+)
Legende der Bewertungssymbole:
(++++) = die Engelchen tanzen im Himmel und ich gleich mit
(+++) = großartiger, fantastischer Wein
(++) = sehr guter Wein
(+) = guter Wein
(o) = so La La, nichts Schlimmes und nichts Besonderes
(-) = klare Schwächen vorhanden
(--) = miserabel
(---) = gutes Horrorpotential
(----) = Pisse