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Beaujolais

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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Ralf Gundlach

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Re: Beaujolais

BeitragFr 11. Okt 2019, 19:25

Von der gleichen Winzergenossenschaft hat mir Markus einen Wein überlassen:
2018 Julienas Tradition du Boirs de la Salle Julienas Chaintre Vignerons Associés

Ich habe den Wein auf Anraten von Markus mehrere Stunden vorher dekantiert.
Zusammengefasst: ein sehr, sehr schöner, mir viel spontan vornehmer Wein ein. Sehr feine Frucht ( Kirsche, Brombeere). Im Abgang schmirgeln dezent die Tannine. Dieser Julienas ist in sich absolut stimmig und vermittelt sehr viel Trinkfreude, trotz der Jugend. Der muss nicht komplex oder lang sein. So macht Beaujolais richtig Freude.
89 Punkte ( Trinkfreude mind. 92 Punkte ;) )

Gruß

Ralf
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stollinger

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Re: Beaujolais

BeitragSa 4. Jan 2020, 17:19

Neulich im Glas, Domaine des Terres Dorees - Moulin à Vent 2015:

Bild

Der Wein ist ganz gut, ich habe meine Probleme mit der ausgeprägten, fruchtigen Aromatik und saftigen Anmutung. Als angenehm zu erwähnen wäre noch, dass er trotz der Saftigkeit nicht sättigend war. Um wirklich zu interessieren, fehlt der Frucht m.M. nach auch Klarheit. Ich habe länger überlegt, ob ich überhaupt etwas zu dem Wein schreiben soll. Ausschlaggebend war dann ein Kommentar von Michl von der vorhergehenden Seite:

Michl hat geschrieben:Im Verhältnis zum Pinot Noir aus Burgund sind die Weine sogar tendenziell durchgängig als Schnäppchen zu bezeichnen und werden ja oft auch mit diesen verglichen, was aber meines Erachtens wirklich hinkt, denn sowohl die Rebsorte als auch z.T. der Ausbau liefern doch ein völlig anderes Aromenprofil.


Jeder hat ja seinen eigenen Stereotyp von bestimmten Weinen und Weinregionen, aber ich finde auch, das hat mit meiner Vorstellung von Burgund und Pinot Noir wirklich nichts gemeinsam. Nicht, dass ich das erwartet hatte, trotzdem: Wenn Händler das in ihren Lobpreisungen schreiben, empfinde ich das schlicht als irreführend.

Grüße, Josef
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amateur des vins

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Re: Beaujolais

BeitragMo 20. Jan 2020, 20:55

Bei der letzten PdP-Rabattaktion fand ich relativ wenig Attraktives, aber zwei Beaujolais haben es dann doch in eine Bestellung geschafft. Der erste ist

Dom. Jules Desjourneys, Chénas Le Jugement Dernier 2014

Auf Phantasienamen von Weinen gebe ich nicht so viel, aber diesen hier finde ich witzig. :lol:

Sehr dichte, dunkle Robe, deutlich bläulich.
Nase erkennbar Gamay, aber so profund, tief und intensiv wie eben von nur ganz wenigen Erzeugern: Rosenblüte, evtl. etwas Veilchen(?); rote Johannisbeere und Cranberry.
Am Gaumen deutliche, extrem feine Tannine und schöne Säure. Ähnliche Aromatik wie in der Nase; hinzu kommt eine leicht herbe strukturell Stütze, die mich an Rappen denken läßt, ohne jemals holzig, grün oder bitter zu wirken. Ganz leichtes CO₂. Angenehme (nur) 12,5%.

Toller Wein! Etwas gröber gestrickt als die Top-Lagen-Moulin-à-Vents oder Fleuries, mit denen er auch in puncto Komplexität und Tiefe nicht ganz mithalten kann. Aber die kosten mittlerweile auch gerne mal das doppelte, von daher ist er in einer guten Position.

Desjourney fand ich vor ein paar Jahren mal als Trouvaille im gehobenen Segment. Aus unklaren Gründen hatte ich sie wieder aus den Augen verloren (war es der Preis der Topweine?). Das muß ich ändern. ;)
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Beaujolais

BeitragMo 20. Jan 2020, 21:08

Der zweite reduzierte Beaujolais aus dieser Bestellung war

Dom. Thillardon, Chénas Chassignol 2016

Mitteldicht, Purpurrot, leicht trüb.
In der Nase Waldbeeren mit deutlich "erdiger" Note; man könnte auch auf "nassen Hund" kommen. Da es sich etwas wegschwenken läßt, dann aber wiederkehrt, wird es wohl volatile Säure sein(?). Mit der Zeit geht diese Note leicht zurück und die Frucht wird deutlicher; eine schöne Preisselbeernote zeigt sich.
Wie nach der Nase erwartet, hat der Wein deutlich CO₂, aber extrem fein (manchmal ist man ja fast an Perlage erinnert). Sehr feine und wenige Tannine.

Das ist nicht der fruchtgetriebene Standardbeaujolais, auch wenn odentlich Frucht auch dabei ist. Aber auch eine deutlich erdige, fast fleischige oder ledrige Note, die vielleicht unerwartet kommt oder manchen stören würde (Erwartungen!), die ich aber als Bereicherung ansehe, die zu mehr Eigenständigkeit führt und zu Tiefe und Komplexität beiträgt.

Auf feine Art sehr lang mit allen Bestandteilen: Frucht, Erde/Leder und eine Frische, die ich irgendwie mit dem CO₂ in Verbindung bringe, ohne daß ich sagen könnte, wie das hier gehen sollte. Eigenständig, interessant und durchaus schön!
Besten Gruß, Karsten
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amateur des vins

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Re: Beaujolais

BeitragMo 20. Jan 2020, 21:12

Im Vergleich könnte man den Desjourneys vielleicht als "klassische Schönheit" titulieren, während der Thillardon etwas spezieller daherkommt. Für 1/6 bis 1/7 mehr tendiere ich zum Desjourneys, aber beide sind "hinlegenswert".
Besten Gruß, Karsten
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Re: Beaujolais

BeitragSa 21. Mär 2020, 18:47

Anne-Sophie Dubois kommt ursprünglich aus der Champagne, erlernte das Weinwesen aber im Burgund. Allerdings ist es dort aufgrund der Preise für selbst zweit- und drittklassige Lagen für Neueinsteiger kaum möglich, den Aufbau eines eigenen Weinguts zu stemmen, wenn kein erheblicher finanzieller Background da ist. So wurde sie dann im Beaujolais fündig, wo sie heute in und um Fleurie 8 ha Weingärten biologisch bewirtschaftet, wobei viele ihrer Rebstöcke ein deutliches Alter aufweisen, manche zählen über 60 Jahre. Diese Werdegang führte dazu, daß die Winzerin heute Gamays produziert, denen eine deutliche stilistische Verwandtschaft zur Cote d’Or nachgesagt wird, mal sehen:

Bild
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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stollinger

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Re: Beaujolais

BeitragDo 11. Jun 2020, 13:43

Hallo,

der Wein hat im Weinführer der La Revue du Vin de France mal 19/20 Punkten bekommen. Die Punkte sind im Kontext der Appellation, und deshalb sollten sie m.M. nicht mit Weinen anderer Regionen in Bezug gesetzt werden.

Domaine Louis Claude Desvignes - Morgon Côte du Py 2014:

Bild

Nach dem Öffnen war der Wein erst mal ganz schwierig. Hat kaum etwas gezeigt, das was er preisgegeben hat, hat mal überhaupt kein Spass gemacht. Wir haben ihn dann erstmal beiseite getan, der Abend schritt fort, später noch mal verkostet, er war immer noch nicht in Balance und unstimmig-unangenehm. Aber es blitzte im Mund teilweise eine wahnsinnig schöne, betörende, zerbrechliche florale Note auf. Am nächsten Abend haben wir den Wein weiter getrunken, er war nun in einer recht schönen Balance. Eine wirklich tolle Frucht, die florale Note war aber nicht mehr in dieser Schönheit zu finden. Der Wein hat dann auch irgendwie schon langsam abgebaut, teilweise etwas oxidierte Noten bekommen.

Zurück bleibt der Eindruck von einem Wein mit außerordentlichen Anlagen, aber auch mit einer außerordentlichen Fragilität. Ich habe noch zwei Flaschen, mal sehen, wie ich ihn beim nächsten Mal erwische.

Grüße, Josef
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Michl

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Re: Beaujolais

BeitragDo 11. Jun 2020, 19:42

Danke für die Info, Josef. Dann bleiben meine 14er noch länger zu...
Viele Grüße

Michl
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Michl

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Re: Beaujolais

BeitragFr 24. Jul 2020, 20:16

Josef hat vor kurzem den 14er Cote du Py von Desvignes als "fragil" beschrieben. Da ich mehrere unterschiedliche Weine des Weinguts aus diesem Jahrgang im Keller liegen habe, hat mir das keine Ruhe gelassen. Vielleicht sind die Weine ja schon mehr als trinkreif. Heute habe ich dann dieses Exemplar geöffnet und muss als Fazit festhalten, dass Josefs Beschreibung als "fragil" wirklich sehr treffend die Struktur des Weines beschreibt, der Wein aber mitnichten schon drüber raus ist. Ich würde ihn eher noch etwas liegen lassen, weiß aber nicht ob die Frucht auf Dauer wirklich etwas mehr die Oberhand gewinnen kann, denn der Wein ist extrem tanninlastig. Der "fragile" Charakter gefällt mir aber wirklich sehr gut. Nur eben das Tannin haut heftig rein. Dass Josef die Säure des Weins als frisch beschrieben hat, kann ich so nicht teilen, aber Josef ist ja bekanntermaßen eher säuresensibel. Für mich könnte der Wein gerne etwas säurestärker sein. Richtig wichtig erscheint mir aber die Trinktemperatur zu sein. Er kam mit ca. 19-20 Grad ins Glas (der Sommertemperatur meines Kellers), was ihm nicht gut bekommen ist. Mit etwas Kühlung wird er in sich viel stimmiger. Josef hat aber sehr treffend bemerkt, dass der Wein "außerordentliche Anlagen" zeigt, die er nicht wirklich einlösen kann, aber sie gefallen mir dennoch hinreichend für 88 P.

Bild
Viele Grüße

Michl
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stollinger

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Re: Beaujolais

BeitragSa 25. Jul 2020, 10:00

Hi Michl,

danke für den Einblick. Wenn ich unsere Eindrücke vergleiche, fällt mir vor Allem auf, dass meine Flasche wohl Brett gehabt hat. Frucht habe ich in der Nase eigentlich keine gehabt. Das Metallische hat sich da wohl drübergelegt. Bei dir keine Anzeichen von Brett?

Manchmal frage ich mich, ob ich in Bezug auf Brettanomyces eine sehr sensible Wahrnehmung habe, subjektiv habe ich zuletzt viele Flaschen gehabt. Gerade Loire, auch Korsika aus 2017 und 2018 und Beaujolais sind bei mir recht durchseucht. Meine Frau empfindet das in der Regel wenig unangenehm, für mich sind die Weine schnell ungenießbar.

Michl hat geschrieben: Vielleicht sind die Weine ja schon mehr als trinkreif.

Wie du dann weiter schreibst, als drüber habe ich den Wein auch nicht gesehen, eher in einer Übergangsphase.

Michl hat geschrieben:...denn der Wein ist extrem tanninlastig.

Relativ zu dem feinen, leichten Körper sind schon einige Tannine vorhanden, aber als tanninlastig habe ich den Wein nicht empfunden; ich muss aber auch sagen, dass ich Tannine, wenn sie denn reif sind, recht gerne habe und wenig unangenehm empfinde.

Michl hat geschrieben:Dass Josef die Säure des Weins als frisch beschrieben hat, kann ich so nicht teilen, aber Josef ist ja bekanntermaßen eher säuresensibel.

Da hast du recht, für Mosel-Trinker ist die Säure natürlich ein Witz. Mir ist selber schon aufgefallen, dass ich häufig die Säure als frisch beschreibe und das für mich irgendwie ein Sammelbegriff für alles, was mehr als moderat ist, und weniger als lebhaft (in meiner Wahrnehmung sind wahrscheinlich 80% der Rieslinge aus D schon lebhaft). Aber ich werde an der Beschreibung vom Säureeindruck arbeiten, den finde ich häufig auch irgendwie unzureichend.

Wenn ich mich richtig erinnern kann, habe ich die Säure als fein und zurückhaltend empfunden, aber mit einigen frischen Momenten. Die Säure war, wie du auch schreibst, ein recht untergeordnetes Element des Weins. Gar nicht dominant. Sie trat immer mal subtil in Erscheinung, hat dadurch auch m.M. nach zu dem Fragilen des Weins beigetragen. Bestimmte Aromen, eine schöne Balanciertheit, blitzte immer mal wieder auf und war beim nächsten Schluck irgendwie wieder weg. Dann war der Wein merkwürdig ausdrucksschwach und unbalanciert. Und auch die Tannine traten dann mehr in Erscheinung. Vielleicht kommt dein tanninlastiger Eindruck daher.

Wir können uns ja bei der nächsten Flasche abstimmen und gleichzeitig verkosten, ich würde aber min. ein Jahr, eher zwei warten.

Grüße, Josef
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