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Beaujolais

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragFr 8. Jan 2021, 15:16

Für einen MàV sind 10 Jahre überhaupt kein Problem, auch wohl 20 nicht. In den schlauen Büchern steht, man solle einen Bojo nach zwei, drei Jahren austrinken. Das gilt wohl nur für die aus der Zeit, als da unten hauptsächlich dünnes Zeug gemacht wurde. Für einen ordentlichen, also handwerklich gut gemachten Bojo gilt das definitiv nicht. Ich habe noch diverse 2005er, sogar Fleuries darunter, die ja eher zarter besaitet sind, und die sind nach wie vor stramm. Auch einen 2005er Janin. (Wenn ich ihn vielleicht demnächst öffne, werde ich berichten.) Daniel Bouland übrigens sagt, seine Morgons könne man ab einen Alter von fünf Jahren anfangen (!) zu probieren. Das Altern macht die Weine allerdings nicht unbedingt besser, wohl aber anders. Die Fruchtnoten treten zurück zugunsten einer mitunter noblen Vielschichtigkeit. Beides hat seinen Reiz.
Das Schöne am Beaujolais ist auch, daß er sich mit den vielfältigsten Speisen bestens verträgt, neben den oben genannten auf jeden Fall auch mit Gulasch, Backhuhn, Grillkram, aber auch zu ’ner Wurststulle, zu Schinken oder diversen Käsen und – er geht auch gut solo auf der Terrasse. Nur: Er sollte nicht zu warm getrunken werden, im Winter etwa 5 – 7°C unter Raumtemperatur, im Sommer entsprechend mehr.
Ole
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LaVo

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Re: Beaujolais

BeitragFr 8. Jan 2021, 16:57

Ole hat geschrieben:Für einen MàV sind 10 Jahre überhaupt kein Problem, auch wohl 20 nicht.[...] Das Schöne am Beaujolais ist auch, daß er sich mit den vielfältigsten Speisen bestens verträgt, neben den oben genannten auf jeden Fall auch mit Gulasch, Backhuhn, Grillkram, aber auch zu ’ner Wurststulle, zu Schinken oder diversen Käsen und – er geht auch gut solo auf der Terrasse.

Hallo Ole,
ich werde den Wein weiter beobachten und dann mal schauen, wann er mir am besten gefallen hat. Dann habe ich ja erstmal keinen Trinkstress ;)
Ich war, auch rückblickend, sehr angetan von dem Wein. Werde demnächst mal mehrere Beaujolais kaufen (auch aus verschiedenen Appellationen). Da ich Wein fast immer zum Essen trinke, ist es ja optimal eine "quasi-Allround-Lösung" zu haben.
Ole hat geschrieben:Auch einen 2005er Janin. (Wenn ich ihn vielleicht demnächst öffne, werde ich berichten.)

Mache das, bin sehr gespannt, wie der Wein nach fast 15 Jahren sein wird!
Ole hat geschrieben:Nur: Er sollte nicht zu warm getrunken werden, im Winter etwa 5 – 7°C unter Raumtemperatur, im Sommer entsprechend mehr.Ole

Genau, das habe ich auch gemerkt, er war vielleicht bei 15 Grad im Glas. Das ging gut. Finde beim Weingenuss kaum was schlimmer als "warmen" Rotwein. Werde im Sommer in Restaurants, die es nicht so genau nehmen mit Wein, schon immer wie der letzte Banause angeschaut, wenn ich direkt nach der Ankunft darum bitte, dass sie den Rotwein etwas kühlen sollen :roll: .
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragFr 8. Jan 2021, 19:29

Ole hat geschrieben:Das Altern macht die Weine allerdings nicht unbedingt besser, wohl aber anders. Die Fruchtnoten treten zurück zugunsten einer mitunter noblen Vielschichtigkeit. Beides hat seinen Reiz.

Beim länger beobachteten Gaïa 2015 von Raphaël Chopin/Régnié schmeckte die Frucht mir anfangs zu ausfüllend, bekam aber dann herrliches Spiel und tanzte geradezu, intensiv, zusammen mit dunklen Noten, Würze und Säure. Erst am zweiten Tag schien sie ermüdet und andere Aromen noch nicht ausgeprägt genug, um dies auszugleichen. Hier hätte ich mir sehr gewünscht, den Wein fünf Jahre später zu probieren!

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragDi 19. Jan 2021, 17:15

Wie steht es denn nun mit dem Altern beim Beaujolais?, fragten sich Carsten und ich neulich. Wir knöpften uns also drei Flaschen von unterschiedlichen Winzern und aus unterschiedlichen Crus vor, nämlich

– Chignard: Fleurie ‚Cuvée Spéciale’ 2005
– Savoye: Morgon ‚Cuvée Spéciale Fût de Chêne’ 2005
– Janin: Moulin-à-Vent ‚Séduction’ 2005, (seit einiger Zeit tritt der unter der Bezeichnung Héritage auf)

Wir begannen mit dem Fleurie, weil wir dem am ehesten zugetraut hatten, den Zenit hinter sich zu haben – und wurden sofort eines Besseren belehrt. Der stand dunkelrubinrot im Glas, nichts von Brauntönen, und gab sich der Nase zunächst nur zurückhaltend zu erkennen, dem Gaumen bot er aber pralle reife Sauerkirschnoten, einen Hauch Blütenduft und Himbeere. (Nach zwei Stunden meinte man, neben der Kirsche noch Schlehe und Backpflaume wahrzunehmen.) Bestechend war das seidig-cremige Mundgefühl, das er vermittelte. Da war nichts Gebrechliches, nichts Bröseliges, sondern Frische. Es war ein Wein aus einem Guß, von mittlerem Körper, reintönig, harmonisch gleitend mit feiner, reifer Säure und beachtlicher Länge, charmant und elegant: große Trinkfreude. Wir fragten uns, wie lange der es wohl noch mache – und gaben ihm einige Jahre, was wir freilich nicht überprüfen können, da es hier – wie bei den beiden anderen – die letzte Flasche war. Im Moment jedenfalls ist er voll da, warum sollte man also länger warten!

Der Morgon trat praktisch farbgleich auf und war der Nase zunächst nur schwer zugänglich. (Alle Flaschen wurden erst kurz vor dem Einschenken geöffnet!) Am Gaumen dann weniger Samt und Seide, eigentlich nichts davon; da war vielmehr ein herberer, härterer Wein, adstringierend, mit schlankerem Körper, mit mineralischen Akzenten, reifer Kirsche, Backpflaume, mit zartem Holzton und deutlich stärkeren Sekundäraromen, was ihn geschmacksintensiv machte und immer neue Aromen preisgab. Er wirkte deutlich reifer als der Vorgänger, nuancenreicher zwar, aber weniger attraktiv. Im Verlaufe tritt dann die Säure recht deutlich hervor, kräuterige Noten machen sich bemerkbar, insgesamt aber wird der Wein fahler, auch stumpfer und dünner. Er ist durchaus noch intakt und gut zu trinken, hat aber seinen Höhepunkt überschritten.

Der Moulin-à-Vent steht dunkler im Glas und bietet der Nase dunkle Frucht: Kirsche, Brombeere, auch Waldboden, Kräuter. Der Gaumen findet ein weites Fruchtspektrum vor, eine schöne tragende Säure, einen Hauch von Holz und Leder. Der Wein ist kräftiger und opulenter als beide Vorgänger, besticht aber durch seine Frische. Er scheint zunächst undurchdringlich. Nach einigen Stunden machen sich rauchige Noten bemerkbar; er wirkt nun wärmer, weicher, runder, die Frische aber bleibt und die Frucht bleibt und entfaltet sich weiter: Das ist alles angenehm, das macht großen Spaß – und das wird wohl noch eine Zeit so bleiben.

Fazit: Ein gut gemachter Beaujolais aus einem guten Jahr kann durchaus ein Langläufer sein, wobei es natürlich auch auf den individuellen Winzer ankommt. Das Lehrbuch nämlich attestiert einem Morgon prinzipiell eine längere Lebensdauer als einem Fleurie. Hier allerdings strahlte der Fleurie – und der Morgon kam schon ein wenig gebrechlich daher. Also, die Nase ins Glas stecken – macht schlau!
Ole
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LaVo

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Re: Beaujolais

BeitragDi 19. Jan 2021, 19:31

Hallo Ole,
vielen Dank für deinen Bericht. Hätte ich so nicht erwartet, dass die Weine so lange halten und noch richtig Spaß machen, v.a. der Fleurie und MàV.
Ich warte mit meinen Flaschen von Janin, Vignes du Tremblay 2015 (der kleine Bruder von dem Séduction bzw. Héritage) noch etwas.
Das zeigt mir, dass es ganz gut ist, fast immer mehrere Flaschen von einem Wein zu kaufen (wenn ich weiß, dass ich den Wein aus der Region prinzipiell mag). Dabei finde ich die Beobachtung über längere Zeit sehr spannend und unterschätze meist die Lagerfähigkeit.
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Créot

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Re: Beaujolais

BeitragDi 19. Jan 2021, 20:55

Schöner Bericht, Ole. Danke. Wundert mich nicht - gerade bei 2005, wenn dieser Jahrgang im Beaujolais ähnlich war wie drumherum.

Ich finde die Frage nach der unterschiedlichen Reifedauer von Fleurie und Morgan bzw. MaV ganz interessant. Was führt dazu? (analog vielleicht der Unterschied zwischen einem Chambolle und einem Gevrey oder Nuits) und: stimmt es auch?
Etwas pointiert formuliert: liegt die längere "Haltbarkeit" in der Konservierungsfunktion der Tannine oder sind weniger strukturierte Weine einfach früher trinkreif - und dann schon ausgetrunken, wenn die Tanningeschosse trinkreif werden?
Grundsätzlich müsste ein nicht so strukturierter Wein ja nicht weniger lange brauchen, um Tertiäraromen zu entwickeln, als ein tanninhaltigerer.
Dass einige durch das Tannen strukturierte Weine irgendwann wabbelig werden, wenn die Tannine völlig abgeschliffen sind, spielt für mich bei Bojos keine große Rolle, weil sie (zumeist, hoffentlich!) ihre Struktur auch über die Säure erhalten...

Kenne keinen von den genannten Winzern. Muss ich vielleicht mal shoppen gehen...

Grüße
Stefan
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Kle

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Re: Beaujolais

BeitragDi 19. Jan 2021, 23:14

Ole hat geschrieben:Wie steht es denn nun mit dem Altern beim Beaujolais?, fragten sich Carsten und ich neulich. Wir knöpften uns also drei Flaschen von unterschiedlichen Winzern und aus unterschiedlichen Crus vor, nämlich

– Chignard: Fleurie ‚Cuvée Spéciale’ 2005
– Savoye: Morgon ‚Cuvée Spéciale Fût de Chêne’ 2005
– Janin: Moulin-à-Vent ‚Séduction’ 2005, (seit einiger Zeit tritt der unter der Bezeichnung Héritage auf)

Wir begannen mit dem Fleurie, weil wir dem am ehesten zugetraut hatten, den Zenit hinter sich zu haben – und wurden sofort eines Besseren belehrt. Der stand dunkelrubinrot im Glas, nichts von Brauntönen, und gab sich der Nase zunächst nur zurückhaltend zu erkennen, dem Gaumen bot er aber pralle reife Sauerkirschnoten, einen Hauch Blütenduft und Himbeere. (Nach zwei Stunden meinte man, neben der Kirsche noch Schlehe und Backpflaume wahrzunehmen.) Bestechend war das seidig-cremige Mundgefühl, das er vermittelte. Da war nichts Gebrechliches, nichts Bröseliges, sondern Frische. Es war ein Wein aus einem Guß, von mittlerem Körper, reintönig, harmonisch gleitend mit feiner, reifer Säure und beachtlicher Länge, charmant und elegant: große Trinkfreude. Wir fragten uns, wie lange der es wohl noch mache – und gaben ihm einige Jahre, was wir freilich nicht überprüfen können, da es hier – wie bei den beiden anderen – die letzte Flasche war. Im Moment jedenfalls ist er voll da, warum sollte man also länger warten!

Der Morgon trat praktisch farbgleich auf und war der Nase zunächst nur schwer zugänglich. (Alle Flaschen wurden erst kurz vor dem Einschenken geöffnet!) Am Gaumen dann weniger Samt und Seide, eigentlich nichts davon; da war vielmehr ein herberer, härterer Wein, adstringierend, mit schlankerem Körper, mit mineralischen Akzenten, reifer Kirsche, Backpflaume, mit zartem Holzton und deutlich stärkeren Sekundäraromen, was ihn geschmacksintensiv machte und immer neue Aromen preisgab. Er wirkte deutlich reifer als der Vorgänger, nuancenreicher zwar, aber weniger attraktiv. Im Verlaufe tritt dann die Säure recht deutlich hervor, kräuterige Noten machen sich bemerkbar, insgesamt aber wird der Wein fahler, auch stumpfer und dünner. Er ist durchaus noch intakt und gut zu trinken, hat aber seinen Höhepunkt überschritten.

Der Moulin-à-Vent steht dunkler im Glas und bietet der Nase dunkle Frucht: Kirsche, Brombeere, auch Waldboden, Kräuter. Der Gaumen findet ein weites Fruchtspektrum vor, eine schöne tragende Säure, einen Hauch von Holz und Leder. Der Wein ist kräftiger und opulenter als beide Vorgänger, besticht aber durch seine Frische. Er scheint zunächst undurchdringlich. Nach einigen Stunden machen sich rauchige Noten bemerkbar; er wirkt nun wärmer, weicher, runder, die Frische aber bleibt und die Frucht bleibt und entfaltet sich weiter: Das ist alles angenehm, das macht großen Spaß – und das wird wohl noch eine Zeit so bleiben.

Fazit: Ein gut gemachter Beaujolais aus einem guten Jahr kann durchaus ein Langläufer sein, wobei es natürlich auch auf den individuellen Winzer ankommt. Das Lehrbuch nämlich attestiert einem Morgon prinzipiell eine längere Lebensdauer als einem Fleurie. Hier allerdings strahlte der Fleurie – und der Morgon kam schon ein wenig gebrechlich daher. Also, die Nase ins Glas stecken – macht schlau!
Ole


Herzlichen Dank für die Schilderung, Ole, es läuft noch einmal ab wie ein Film.

Einige Ergänzungen:
Die ersten Schlucke Chignard: Fleurie ‚Cuvée Spéciale’ 2005 schmeckten ganz eingenommen von der zarten, fröhlich leuchtenden Frucht - Himbeere, Walderdbeere, dann Schattenmorellen. Schöne Säure im Abgang in der Kehle. Ein animierendes Stillleben dieser Wein, bis dann doch noch Reifenoten zu schmecken sind und er am Ende des ersten Durchgangs an der Zunge zu zerfasern scheint. Löst die Frucht sich allmählich auf und verliert der Wein an Dichte? Später, mit noch mehr Luft, ist das Gegenteil zu beobachten. Es gibt neben der Frucht waldige und kräuterige Noten und Anklänge von Verfall. Insgesamt ist der Fleurie aber aufgeblüht, mit fester Struktur eines vielschichtigen Körpers. Wahnsinn! (Der angebrochene Wein war am selben Abend nach U-Bahn Fahrt und auch noch am folgenden Abend frisch, kernig und sublim).

Völlig verschieden der farblich so ähnliche Savoye: Morgon ‚Cuvée Spéciale Fût de Chêne’ 2005. Zuerst fesselt mich eine gewisse Plastizität mit einer Note, die ich kenne, aber im Moment nicht einordnen kann. Als Ole über den Holzausbau berichtet, wird mir klar, was ich schmecke. Ich finde den Wein nicht so dünn, er hat eine gewisse fest-schleimige Anmutung im Mund, vielseitige, auch deutlich gereifte Noten und etwas Fahles, unter dem fein getrocknete Pflaumen hervorkommen. Toll! Wir kommen auch unabhängig voneinander auf den unverzichtbaren Begriff „mineralisch“.
Die Hoffnung, dass er sich noch besonders offenbart, wird leider enttäuscht. Dieser Wein wirkt bereits ausgezehrt.

Und noch eine geschmackliche Kehrtwende. Janin: Moulin-à-Vent ‚Séduction’ 2005 hat Saft und Kraft und ein Fruchtbett, das fest den Gesamteindruck unterlegt. Die Frucht weniger reintönig als beim Fleurie zu Beginn, sondern bereits durchdrungen von dunklen und würzigen, auch rauchigen Aromen. Kraftstrotzend und üppig lässt er an Châteauneuf-Du-Pape denken.
Resumee: Die Weine des Beaujolais machen zeitlos gute Laune. Selbst bei Altersschwäche wie im Fall Morgon spürt man Stil und Statur.

Gruß, Kle
Zuletzt geändert von Kle am Di 19. Jan 2021, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Tristram Shandy
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innauen

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Re: Beaujolais

BeitragDi 19. Jan 2021, 23:16

Ole hat geschrieben:
Der Moulin-à-Vent steht dunkler im Glas und bietet der Nase dunkle Frucht: Kirsche, Brombeere, auch Waldboden, Kräuter. Der Gaumen findet ein weites Fruchtspektrum vor, eine schöne tragende Säure, einen Hauch von Holz und Leder. Der Wein ist kräftiger und opulenter als beide Vorgänger, besticht aber durch seine Frische. Er scheint zunächst undurchdringlich. Nach einigen Stunden machen sich rauchige Noten bemerkbar; er wirkt nun wärmer, weicher, runder, die Frische aber bleibt und die Frucht bleibt und entfaltet sich weiter: Das ist alles angenehm, das macht großen Spaß – und das wird wohl noch eine Zeit so bleiben.



oje. Den hab ich dann wohl zu schnell getrunken. Fand ihn in seiner Jugend gut, aber nie sein Potential auspielend. Jetzt weiß ich wieso :?
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragMi 20. Jan 2021, 14:05

Créot hat geschrieben: Ich finde die Frage nach der unterschiedlichen Reifedauer von Fleurie und Morgan bzw. MaV ganz interessant. Was führt dazu? (analog vielleicht der Unterschied zwischen einem Chambolle und einem Gevrey oder Nuits) und: stimmt es auch?

Das ist eine spannende Frage! Denke, daß die Alterungsfähigkeit u. a. abhängt von den Witterungsverhältnissen, vom Weinberg, von der Arbeit im Keller. Von den Cabernets aus dem Napa Valley etwa heißt es ja, daß sie jung trinkbar (gemacht worden) sind, weil amerikanische Häuser in der Regel keine Keller haben und folglich keine Lagermöglichkeiten bestehen. Dann wiederum heißt es immer wieder, daß bestimmte Appellationen lagerfähigere Weine hervorbringen als andere. Dem Morgon wird ja nachgesagt, daß er großes diesbezügliches Potential habe. Warum war nun "unser" Morgon der am wenigsten stabilste? Eventuell liegt das in diesem Fall am Traubengut bzw. am Boden. Der probierte Fleurie wie der MàV gehören zu den Spitzenweinen der beiden Domainen, d.h. sie stammen sehr wahrscheinlich aus den besten Parzellen bzw. aus ausgesuchten Trauben. Das Etikett des getrunkenen Morgon gibt nun keinerlei Auskunft über die Lage, es spricht nur von "Morgon". Möglicherweise stammt der Wein also aus den flachen – weniger guten – Lagen, ist also ein Ortswein und hat seinen Ursprung nicht an der relativ steilen Top-Lage 'Côte du Py', die von Granit und Schiefer geprägt ist. Wäre es anders, hätte man wohl nicht auf die genaue Angabe der Lage verzichtet, gerade in Morgon, wo man mit besonderem Stolz auf die verschiedenen 'climats' verweist. Vielleicht, eventeuell . . .
Ole
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Ole

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Re: Beaujolais

BeitragDo 4. Feb 2021, 21:01

Gestern hieß es ‚Bojo 2005: Runde 2’. Am Start waren wiederum ein Fleurie, ein Morgon und ein Moulin-à-Vent, und zwar diese:
– Coudert: Fleurie ‚Clos de la Roilette Cuvée Tardive’
– Piron: Morgon ‚Côte du Py`
– Chermette: Moulin-à-Vent ‚Les Deux Roches’
Alle drei traten in kräftigen Rubinrot/Kirschrot auf, von Alterstönen war auf den ersten Blick nichts zu erkennen; der MàV war einen Tick dunkler als die beiden anderen, der Morgon stach durch seine Klarheit und seine frische, leuchtende Farbe deutlich hervor. (Was war der Grund? Gefiltert, geschönt?) Mit der Lupe waren beim MàV am Rand leichte Mahagonitöne zu entdecken. Ansonsten gab es keine optischen Hinweise auf das Alter der Weine.
Der Fleurie präsentierte der Nase feine reife Frucht, klar und nachhaltig, ähnlich der MàV, bei diesem auch kräuterige Akzente; beide Weine jedenfalls in typischer Beaujolaismanier. Und der Morgon? Überwältigend! Dunkle intensive Fruchttöne, Harziges, Steiniges, Blutiges, Lorbeer, dunkler, konzentrierter Duft exotischer Blüten, ätherische Noten, ein Hauch Kirsche; eine ungeheuere Vielschichtigkeit wurde greifbar; immer wieder zog es die Nase ins Glas, man mochte nicht aufhören zu schnuppern, entdeckte immer neue Nuancen. Wow! Da schien der Sieger des Abends festzustehen – bei der strahlenden Farbe, bei der überwältigenden Nase. Man wird sehen . . . Und: War das überhaupt Beaujolais, was man da roch?
Am Gaumen zeigte der Fleurie einen kompakten Körper, reife Kirsche, ganz frische Säure; er war harmonisch, elegant, lang und von großer Feinheit und durchaus mit Tiefe – fast ein kompletter Wein.
Der MàV punktete mit wunderbar reifen Waldfrüchten, gepaart mit einem rauchigen Hauch, etwas Minze, frischer Säure, er fühlte sich blutig und samtig an, dunkle Noten dominierten, gegen Ende machte sich eine gewisse Adstringenz bemerkbar. Er hatte nicht ganz die Feinheit des Fleurie.
Der Morgon war eindeutig nicht der Sieger des Abends! Der erste Schluck brachte nur Pelzigkeit an den Gaumen, raue Tannine. (Werden die sich je abschleifen?) Die Adstringenz dominierte auch weiterhin und spielte die ansatzweise vorhandenen dunklen Noten, das Kirschige, die Kräuterigkeit an die Wand, sie ließ keine Vielschichtigkeit, kein Aromenspiel, keine Länge aufkommen und stülpte allem Stumpfheit über. Nach dem tollen Aussehen und der fulminanten Nase eine große Enttäuschung! Zumindest war’s ein Wein, der zwar Augen- und Nasenweide war, aber kaum Trinkspaß bereitete.
Wie dem auch sei, daß die Weine ein beachtliches Alter auf dem Buckel hatten, merkte man keinem von ihnen an. Da machten sie ausnahmslos eine respektable Figur.
Wie unlängst schon war auch jetzt der Fleurie der attraktivste Wein der Runde, gefolgt vom MàV. Der Morgon spielte hier nicht in deren Liga.
Fortsetzung folgt.
Ole
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