Aktuelle Zeit: Do 25. Apr 2024, 07:19


Bordeaux 1996

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
  • Autor
  • Nachricht
Offline
Benutzeravatar

weingollum33

  • Beiträge: 246
  • Bilder: 4
  • Registriert: Di 30. Okt 2012, 14:20
  • Wohnort: Rheinhessen
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Bordeaux 1996

BeitragSa 14. Feb 2015, 14:52

Flacher Gag von Dir, Stephan, aber gut!!! ... Für ein intellektuelles Weintrinkerpublikum !!!
Young Scholl

Old Scholl

Gruß Tobias
Offline

Ralf Gundlach

  • Beiträge: 2205
  • Registriert: Mo 31. Jan 2011, 00:13

Re: Bordeaux 1996

BeitragSa 14. Feb 2015, 21:00

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol:...es muss nicht immer intellektuell sein...
Offline

Trinkfreude

  • Beiträge: 349
  • Registriert: Mi 19. Jan 2011, 22:49
  • Wohnort: München

Re: Bordeaux 1996

BeitragSa 29. Aug 2015, 22:28

Hallo zusammen,

heute – endlich – ein Wein im Glas, der schon lange in meinem Keller liegt. Nächstes Jahr würde er 20 werden - das wäre auch ein guter Grund, ihn zu trinken, aber irgendwie ist heute gerade der richtige Tag dafür, also wird er seinen runden Geburtstag nicht mehr erleben…

Ducru Beaucaillou 1996

Der Korken ist ebenso makellos wie es der Füllstand war, keinerlei rote Spuren an den Seiten. Farbe: rubinrot mit leichter Tendenz zu ziegelrot, Randaufhellung vielleicht 2mm – altersgemäß eine ziemlich gesunde Farbe. Das beruhigt schon mal.

Noch viel besser wird die Stimmung allerdings, sobald die Nase sich dem Glas nähert: zuvorderst intensive Aromen von reifen Früchten (ich glaube vor allem Zwetschgen zu erkennen, auch Brombeeren) – hochreif, aber nicht kompottig – daneben eine deutliche Tabaknote. Bei intensiverem Schnuppern finden sich im Hintergrund auch gelbe Steinfrüchte, die eine angenehme Frische einbringen, und Röstnoten (zunächst recht dezent). Die Nase entwickelt sich über Stunden hinweg weiter – die blättrigen Noten treten etwas zurück und wandeln sich hin zu trockenem Laub und Unterholz (nicht die feucht-modrige Sorte, eher wie ein trockener Haufen Laub im Wald). Die herben Rösttöne werden dagegen intensiver, ebenso ist anstelle der zurücktretenden Frucht immer deutlicher Leder zu entdecken.

Im Mund vollbringt der Wein eine Gratwanderung zwischen Eleganz und Opulenz, wie ich sie noch nicht oft erlebt habe – im Verlauf der Stunden mal eher zur einen Seite neigend, mal zur anderen. Zu jedem Zeitpunkt ist der Wein aber kontinuierlich (= kein Loch in der Mitte o. ä.) mundfüllend, ohne im mindesten schwer zu werden. Im Vergleich etwa zu den 96er Leovilles ist der Ducru sanfter, weniger kernig, ein Gaumenschmeichler auf Samtpfoten. Er hat zwar nicht ganz die hedonistische Fülle eines warmen Jahres, die zB vielen 90ern eigen ist, aber für einen Jahrgang mit später Reife ist er beeindruckend „rund“. Nur etwa in der ersten Stunde nach dem Öffnen ist er noch leicht adstringierend, danach treten die Tannine völlig in den Hintergrund.

Gibt es was zu meckern? Nein, so gut wie nichts, der Wein ist schon verdammt gut. Nur ein Tick mehr Säure würde ihn noch besser machen, indem er ihm noch etwas mehr Lebendigkeit gibt. (Das war vielleicht der Preis, den man zahlen musste, um auch die letzten Reifechancen im Herbst noch ausschöpfen zu können – ein Vergleich der Lesetermine mit den Nachbarchateaux wäre da interessant.) Vielleicht ist auch der Abgang nicht ganz so lang wie zB bei LLC, aber er ist zweifellos sehr respektabel und genussvoll, und meine Erinnerung an den LLC mag mich da auch trügen. 95 Punkte ist mir der Ducru wert, ich sehe ihn knapp hinter den besten 90ern (Lynch, Leo P, Montrose). Und für meinen Geschmack ist er jetzt und in den nächsten paar Jahren auf dem Höhepunkt – sicher hält er in guten Flaschen noch länger, aber ich würde subjektiv den Verlust an Lebendigkeit höher gewichten als den Gewinn an weiterer Komplexität (feel free to disagree…)

Viele Grüße
Jürgen
Offline
Benutzeravatar

Jochen R.

  • Beiträge: 2603
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 20:53
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Bordeaux 1996

BeitragSa 29. Aug 2015, 22:58

Trinkfreude hat geschrieben:...
95 Punkte ist mir der Ducru wert, ich sehe ihn knapp hinter den besten 90ern (Lynch, Leo P, Montrose)...

Hallo Jürgen,
das ist mal eine Ansage!
Ich denke viel besser als Montrose ´90 geht es nicht, und auch Lynch Bages bzw. Leo Poyferre ´90
sind m. E. nahe der Perfektion. Danke für die Notiz.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
Offline

Trinkfreude

  • Beiträge: 349
  • Registriert: Mi 19. Jan 2011, 22:49
  • Wohnort: München

Re: Bordeaux 1996

BeitragDi 1. Sep 2015, 11:50

Jochen R. hat geschrieben:Ich denke viel besser als Montrose ´90 geht es nicht, und auch Lynch Bages bzw. Leo Poyferre ´90 sind m. E. nahe der Perfektion.

Ich will das nochmal präzisieren, um Missverständnisse auszuschließen. Die besagten 90er sind auch für mich potenziell perfekte Weine. Im Moment sehe ich die bei "nur" 96-98 Punkten - aus guten Flaschen können sie aber m. E. noch vielschichtiger werden und sind dann Kandidaten für Perfektion.

Der Ducru (= diese konkrete Flasche) hatte - obwohl jünger an Jahren - bereits mehr "tertiäre Komplexität". Daher kommt bei mir der Ducru heute den o. g. 90ern im heutigen Zustand punktemäßig recht nahe - wird aber m. E. nicht mehr besser. Bei den 90ern dagegen glaube ich, dass sie noch besser werden. Insofern ist perspektivisch der Abstand dann doch wieder größer.

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu verkorkst geschrieben...
Offline

Trinkfreude

  • Beiträge: 349
  • Registriert: Mi 19. Jan 2011, 22:49
  • Wohnort: München

Re: Bordeaux 1996

BeitragFr 4. Sep 2015, 09:06

Hallo zusammen,

bei einer Einladung zum Essen gestern abend gab es gleich nochmal einen 1996er, und zwar diesmal Leoville Barton - das hat einen schönen Quervergleich zum kürzlich getrunkenen Ducru ermöglicht. Auch der LB ist in seinem (wahrscheinlich langen) Trinkfenster angekommen. Aromatisch erreicht er (noch?) nicht ganz die Komplexität des Ducru. Insgesamt ist die Nase dunkler, sowohl was die Frucht angeht (die ist deutlich schwarzbeeriger geprägt) als auch die Holzaromen, die von Beginn an deutlicher sind als beim Ducru, an stärkeres Toasting denken lassen und schon in Richtung Kaffee gehen. Auffällig ist, dass die Frucht wärmer und reifer wirkt als ich das aus den meisten anderen LeoB-Jahrgängen kenne, fast als hätte sich heimlich Francois Mitjavile zu Sir Anthony in den Keller geschlichen...
Dieser Eindruck setzt sich im Mund fort - auch hier nicht der sonst über die Jahre recht stabile, eher schlanke und kernige "house style", sondern beeindruckende Vollmundigkeit und seeehr weiche Gerbstoffe, in diesem Punkt mit dem Ducru eng verwandt. Damit einher geht eine eher niedrigere und sehr milde Säure - davon könnte der Wein für meinen Geschmack durchaus ein klein wenig mehr vertragen.
Dennoch ein sehr beeindruckender LeoB, der zwar nicht ganz das Niveau des Ducru erreicht, aber mit den handelsüblichen Noten von RP, ST, NM et al, die alle irgendwo bei 90-92 Punkten liegen, aus meiner Sicht unterbewertet ist. Mir wäre er 94 wert, und wenn sein flauschiger Gerbstoffteppich ihn noch ein paar Jahre weiterfliegen lässt, kann er gut auch noch einen Extrapunkt für wachsende Komplexität sammeln.

Viele Grüße
Jürgen

PS: Hatte irgendjemand in jüngerer Vergangenheit mal den 96er LLC?
Offline
Benutzeravatar

Jochen R.

  • Beiträge: 2603
  • Registriert: Mo 6. Dez 2010, 20:53
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Bordeaux 1996

BeitragDo 10. Dez 2015, 21:12

Seit 4 Jahren einfach eine sichere Bank, Belgrave 1996:

Tief dunkles Weinrot, fast schwarz, eher mittelgroße Kirchenfenster.
Geniale, mind. mittelkräftige, Nase: Blumig/floral mit einem Hauch Vanille,
Heidelbeeren, Kirschen und schwarze Johannisbeeren, Tabak und Zedernholz,
dahinter Minze. Mit Luft gesellt sich Kaffee dazu.
Mittlerer Körper, nasses Laub mit leichtem bitterl, bißchen Paprika & Zedernholz,
dunkle Früchte, schöne Säure & Adstringenz, lang mit ganz leicht herbem,
dunkelfruchtigen Nachhall.
Perfekter Essensbegleiter (Rostbraten) und auch solo einfach klasse. 90-91 P.

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
Offline
Benutzeravatar

thvins

Administrator

  • Beiträge: 4947
  • Bilder: 1539
  • Registriert: Mo 28. Jun 2010, 15:29
  • Wohnort: Coswig /Anhalt, Sachsen-Anhalt
  • Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Bordeaux 1996

BeitragMo 28. Dez 2015, 12:05

Vom 1996er Leoville Barton hatte ich jetzt zum 2. Mal eine wirklich begeisternde Flasche (aber auch schon welche, die in schwierigem Stadium waren). Wunderbar tiefe Nase, die bereits auf Größe verweist. Und der kraftvolle aber zugleich elegante Gaumeneindruck spielt mit. Rund und sinnlich mit dunkler Frucht, Cassis und Kaffee, voll und komplex in der Aromatik. so macht mir Bordeaux Spaß. Wirkt noch jung, aber darf angetrunken werden. Ein Gentleman mit der Faust im Samthandschuh. Tanzen kann er auch. 96+/100 Th. Großer Wein. Gutes PGV. Zu mindest gemessen am damaligen Subs-Preis, der unter den teuren 1995ern Calon Segur und Canon la Gaffeliere lag, die beide qualitativ lange nicht an den LeoB rankamen.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
Offline

Trinkfreude

  • Beiträge: 349
  • Registriert: Mi 19. Jan 2011, 22:49
  • Wohnort: München

Re: Bordeaux 1996

BeitragSo 3. Jan 2016, 23:48

Hallo zusammen,

da die 1996er in letzter Zeit mehr und mehr Anlass zur Freude geben, lege ich gleich nochmal einen nach:

Pichon Baron 1996.

Wow, was für eine Nase!! Sofort voll da, und von Beginn an mit fesselnder Komplexität und Tiefe. Intensive, dunkle Rösttöne, die langsam in eine fast rauchige Note übergehen. Dazu Leder, aber nicht mit der Assoziation „Pferd/Sattel“, sondern eher ein feiner Ledersessel. Auch Holz, zuerst wie eine dunkle alte Truhe, dann mit der Zeit zunehmend Süßholz. Alles warm und beruhigend, ich muss unwillkürlich an ein gediegenes Herrenzimmer denken. Mit der Zeit werden Aromen hochreifer Früchte präsenter, getrocknete Pflaume glaube ich zu erkennen, dann auch rote Johannisbeeren (nicht das klassische Cassisaroma), die einen kleinen Frischeakzent setzen.

Im Mund herrlich voll und weich, Gerbstoff weitgehend abgeschmolzen bis auf einen kleinen Rest, der gerade noch einen gewissen Biss aufrechterhält. Auch hier kommt die Johannisbeerfrische im Gewand einer maßgeschneiderten Säure wieder und hält den Gaumeneindruck lebendig. Der Wein repräsentiert – vor allem im Abgang – das geschmackliche Paradoxon, das für mich eines der definierenden Merkmale eines großen Bordeaux ist, nämlich die „herbe Süße“, entstehend aus der Öligkeit der reifen Frucht einerseits und dem gaumenerfrischenden Charakter des noch verbliebenen Gerbstoffes andererseits. Im Moment steht beides in perfekter Balance, daher ist jetzt für mich ein sehr guter Zeitpunkt, diesen Wein zu trinken.

Das einzige, was diesen Wein noch besser machen würde, ist etwas mehr „juiciness“ im Mund – wobei ich gerne zugebe, dass das auch ein gewisser persönlicher Fetisch bei mir ist. Im Vergleich mit dem vor wenigen Monaten getrunkenen Ducru liegt der Baron auf Augenhöhe – der Ducru hat die etwas schönere Frucht, dafür hat der Baron die komplexere Nase. Da mich diese heute so begeistert hat, ist er mir 96 Punkte wert (und damit für mich gleichwertig mit dem 89er und knapp hinter dem 90er Baron)

Einen genussreichen Abend wünscht
Jürgen
Offline

miromo

  • Beiträge: 57
  • Registriert: Di 28. Okt 2014, 12:41
  • Wohnort: Berlin

Re: Bordeaux 1996

BeitragFr 1. Apr 2016, 14:13

Chateau du Tertre 1996, Margaux

Relativ transparentes Rot mit gelbem Rand, dezenter Duft nach Sandelholz und erdig ätherischen Noten vermischt mit etwas Schwarztee und sehr verhaltener Frucht (Hagebutte und Kraanbeere).
Am Gaumen recht dicht und fest strukturiert mit prägnantem Säure-Tannin-Gerüst, die dezente Rotbeerigkeit vermischt sich hier mit etwas Kako, wirkt leicht grünstielig, im Trinkfluss feinkörnig-rauhsamtig, mittlerer unterholziger Abgang in dem mir zum Schluss eine säuerlich-grünstielige Note etwas zu sehr dominiert.
86 Punkte
Bordeaux klassischer margaux-typischer Machart, feminin und leichtfüssig, nichts für Fruchttrinker, für mich eher noch als Esswein sinnvoll.
Obwohl dieser hier mit seiner schlanken Art eher meinen Vorstellungen eines Bordeaux-Weines entspricht, haut mich dieser Wein nicht vom Hocker. Vor etlichen Jahren für 15 Euro gekauft, mehr ist der Wein auch nicht wert. Laut Winesearcher liegt der mittlere Handelspreis jetzt bei 50 Euro (ex-Tax), das steht beileibe nicht mehr in irgendeiner Relation zum Trinkgenuss.

Vinophile Grüße

Stefan
VorherigeNächste

Zurück zu Bordeaux und Umgebung

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 33 Gäste

Impressum - Nutzungsbedingungen - Datenschutzrichtlinie - Das Team - Alle Cookies des Boards löschen