Hallo,
der
Report on the 2020 vintage in Bordeaux [Link] des
Institute of Vine and Wine Sciences of Bordeaux University, Oenological Research Unit ist jetzt veröffentlicht.
Der Report orientiert sich jedes Jahr an fünf, hauptsächlich empirisch belegten, Bedingungen, die für einen gelungenen Jahrgang erfüllt sein sollten (habe ich grob aus dem Artikel übersetzt, genauer findet es man da):
1) und 2) schnelle und gleichmäßige Blüte und Fruchtbildung
3) Einsetzender Trockenstress, damit das vegetative Wachstum der Rebe bis zur Veraison gestoppt hat.
4) Vollreife Trauben durch eine optimale Photosynthese bis zur Ernte ohne das Wiedereinsetzen des vegetativen Wachstums der Reben.
5) Warmes und trockenes Wetter bei der Lese, um Verdünnung oder Fäulnis zu vermeiden.
Die ersten beiden Bedingungen werden in der Zusammenfassung als erreicht beschrieben. Im Text weiter unten wird jedoch vermerkt:
Even if vine growth was slow just after fruit set, the berries continued to swell and bunch closure was observed in early July (Figure 3), thus confirming the earliness of the vintage. Nevertheless, in certain cases, this slowdown was sufficient to trigger millerandage (abnormal fruit set), which prevented complete bunch closure.
Die dritte Bedingung wurde nur teilweise erreicht, lokal sehr unterschiedlich und abhängig von der Wasserhaltefähigkeit der einzelnen Weingärten und dem uneinheitlich verteilten Regen.
The fulfilment of the third prerequisite thus varied considerably, depending onthe terroirs, grape varieties, and location of the plots. Für den Merlot und Cabernet auf frühreifendem Terroir waren die Bedingungen 4 und 5 erfüllt. Cabernet aus spätreifenden Weingärten hat jedoch nicht die optimale und gleichmäßige phenolische und aromatische Reife bis zu einsetzenden Regenfällen in der zweiten Septemberhälfte erreicht.
Zusätzlich ist das Jahr von extremen schnellwechselnden Wetterereignissen wie Hagel, Hitzewellen und Kälteeinbrüchen geprägt. Zusammen führt das zu sehr inhomogenen Resultaten abhängig von der Lage, dem Boden und der Rebsorte. Für mich will sich da auch kein klar bevorzugtes Terroir herauskristallisieren, irgendein Kreuz hatte da wohl fast jeder zu tragen.
Für die erste Jahreshälfte wird die Ähnlichkeit zu 2011 erwähnt, aber auch deutliche analytische und sensorische Unterschiede:
Although the phenological development of the 2020 vintage was similar, particularly in the first stage, to that of 2011, the analytical and sensory characteristics of the grapes are clearly different.Analytisch macht sich das z.B. durch den sehr hohen Gehalt an Äpfelsäure, Anthocyaninen und Tanninen bemerkbar.
Das Fazit finde ich schon recht interessant:
In conclusion, like every year, it is very tempting to play the comparison game, by looking for similarities between 2020 and a particular vintage. However, given current climate trends, marked by increasingly extreme events, such comparisons are becoming even more dubious. Each vintage boasts a unique identity, and, above all, extreme weather tends to exacerbate local variations. The success of a vintage should be considered at the level of individual vineyards, while remaining wary of general assumptions and instead focusing on the personality of each wine. Ah ha, ok. Also keine generalisierten Annahmen im Bezug auf den Jahrgang treffen, weil man sonst denken könnte, der Jahrgang ist nicht großartig?
Klingt für mich nach einem Jahrgang, den man
en primeur getrost auslassen kann.
Grüße, Josef