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Bordeaux 2018

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 18:04

Lars Dragl hat geschrieben:Das mit der Mär musst du mir aber nochmal erklären. In der Grafik auf Seite 6 wird der Schraubverschluss (welcher auch immer) doch als der klar dichteste Flaschenverschluss gezeigt?
Schau mal das Insert oben rechts: Als Faustregel sind Schrauber mit Zinnfolie dichter, solche mit Kunststoffdichtung durchlässiger als Kork. Letztere sind in der zeitaufgelösten Grafik garnicht dargestellt.

...und dabei ist die kontrollierte Permeabilität via Mikroporosität noch garnicht berücksichtigt.
Besten Gruß, Karsten
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Lars Dragl

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 18:24

Hallo Karsten!

Hab es jetzt auch gesehen (vorher überlesen) und hab mir sowas schon fast gedacht, wenn man will, dann gehen die Schrauber auch weniger dicht. Die Frage ist dann für den Winzer, was er nehmen sollte und wonach sich die Entscheidung richtet. Auch nicht einfach, auch mit Formel!?

Am besten wären natürlich lauter perfekte Naturkorken, die dann laut dem Artikel zusätzlich zur Komplexität des Weins beitragen könnten. Es hapert bekanntermaßen aber an der Reproduzierbarkeit des Effekts, bzw. des perfekten Korkmaterials.

Danke nochmal und sorry für das OT-Geschreibe. Bin eben der Meinung, dass Hitzejahre wie 2018 in Bordeaux und Schraubverschlüsse eine gute Kombination sein könnten.

Grüße

Lars
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stollinger

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 18:35

Ist auch wissenschaftlich mittlerweile etwas breiter untersucht, die geringste Permeabilität haben agglomerierte Korken wie z.B. DIAM, dann kommen erst die Schrauber.

Gas transfer through wine closures: A critical review.

Whatever the method used, it appears that the technical stoppers are the lowest permeable ones to gas transfer, followed by screwcaps, natural corks and synthetic stoppers.[...] The term“technical stoppers”has been attributed to closures made with the smallest particle size (less than 2 mm dia-meter), also called microagglomerated cork, in opposition to macro-agglomerated cork (with particle size ranging from 2 to 8 mm) (Fig. 1). Nowadays polyurethanes used to agglomerate cork particles are composed of pre-polymers (resulting from the polymerization of polyol and low molecular weight isocyanates). Isocyanates used are usually aromatic, such as toluene diisocyanate (TDI) or methylene bisphenylisocyanate (MDI). But some aliphatic isocyanates can also be used such as hexamethylene diisocyanate (HDI) or isophorone diisocyanate (IPDI). Since agglomerated cork is a composite material, the properties of the resulting stopper depend on the particle size and the chosen adhesive. Furthermore, since the 90's, microagglomerated corkshave also benefited from the development of new technologies such as CO2 supercritical treatment (T > 31 °C and pressure > 73 bar) (Aroso,Duarte, Pires, Mano, & Reis, 2015; Lumia, Perre, & Aracil, 2000). It has been set up at industrial scale for small size cork particles in order to extract the molecules responsible for off-flavor in wine, such as trichloroanisole, often pointed out for cork taint (Amon, Vandepeer, &Simpson, 1989;Taylor, Young, Butzke, & Ebeler, 2000).

Wie Karsten schon geschrieben hat, bei Schraubern muss man zwischen zwei hauptsächlich verwendeten Varianten unterscheiden. Saran und Saranex:

Screw caps are principally made of aluminum with an inner joint to ensure the barrierproperty. Two joints are mainly used: (i) Saran joint composed of successive layers of expanded polyethylene (PEE), polyethylene (PE),tin, and polyvinylidene chloride (PVDC); (ii) Saranex joint composed of PEE inserted between two PE/PVDC/PE multilayers (Silva, 2011)(Fig. 1). Saranex stellt hier die gasdichtere Variante dar.

Ich mag Schrauber und finde kein wirkliches Argument dagegen, von DIAM bin ich aber mittlerweile auch ein Fan. Kein TCA und sie sind verlässlich dicht.

Bei Korken (synthetisch oder natürlich) kommt aber noch ein zweites Problem dazu, die Schnittstelle zwischen dem Flaschenhals und dem Korken:

Wine aging: a bottleneck story (frei zugänglich).

Grüße, Josef
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 20:21

Lars Dragl hat geschrieben:Ich mag Schrauber und finde kein wirkliches Argument dagegen
  • Ästhetik. Nicht für alle, aber doch für viele ein Thema.
  • Umwelt. Wenn ich den von mir oben verlinkten Artikel richtig verstehe, ist die Umweltbilanz von Schraubern schlechter als die von Naturkorken, und das obwohl Kork schwer verrottbar ist.
  • Geschmack. Offenbar gibt Naturkork Substanzen an den Wein ab, die das Geschmacksprofil ändern. Das kann Weinfehler hervorrufen (TCA, Böckser etc.), aber anscheinend auch als positiv wahrgenommene Veränderungen hervorbringen.
Diese Punkte stellen keine Wertung dar; der Umweltaspekt wäre mir schon wichtig, aber da bräuchte ich erst belastbare(re) Daten. Rein verschlußtechnisch habe auch nichts gegen Schrauber. Besonders gefällt mir daran, daß weniger Schwefel eingesetzt werden muß.

Und seitdem ich gelernt habe, daß man die Kapsel beim Erstaufschrauben unten besser nicht festhält, um die Gewindesteigung zu nutzen, fällt mir auch die Bedienung wesentlich leichter. :lol:
Besten Gruß, Karsten
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EThC

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 21:07

amateur des vins hat geschrieben:ist die Umweltbilanz von Schraubern schlechter als die von Naturkorken, und das obwohl Kork schwer verrottbar ist.

...daß Kork schwer verrottet, ist diesbezüglich erst mal irrelevant, da das Material selbst CO2-neutral entstanden ist. Hier zählt (nur) der energetische Aufwand zur Herstellung eines Korkens aus dem Rohmaterial. Beim Schrauber ist vor allem das Aluminium CO2-treibend, da es -auch wenn recycelt- relativ hoher Strommengen bedarf, um den Werkstoff überhaupt herzustellen.
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMo 28. Dez 2020, 21:37

EThC hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:ist die Umweltbilanz von Schraubern schlechter als die von Naturkorken, und das obwohl Kork schwer verrottbar ist.
...daß Kork schwer verrottet, ist diesbezüglich erst mal irrelevant, da das Material selbst CO2-neutral entstanden ist. Hier zählt (nur) der energetische Aufwand zur Herstellung eines Korkens aus dem Rohmaterial. Beim Schrauber ist vor allem das Aluminium CO2-treibend, da es -auch wenn recycelt- relativ hoher Strommengen bedarf, um den Werkstoff überhaupt herzustellen.
Vielleicht hätte ich diese kleine, nicht ganz ernstgemeinte Nebenbemerkung besser im Keller ganz zuunterst, in einem verschlossenen Aktenschrank, in einem unbenutzten Klo, an dessen Tür stand: "Vorsicht, bissiger Leopard!" notieren sollen. :P Aber davon abgesehen, ist es für mich durchaus relevant, wenn Abfälle entstehen und rumliegen. An CO₂ habe ich garnicht gedacht.¹ Glücklicherweise läßt sich Kork recht gut recyceln, und wird dies auch gemacht.

Übrigens ist der energetische Aufwand bei der Herstellung nicht der einzige Faktor: Metalle müssen ausgebuddelt werden, Kork muß gewaschen werden usw. usf..
__________
¹ Vielmehr habe ich meine Probleme mit der Reduzierung umweltrelevanter Faktoren auf CO₂.
Besten Gruß, Karsten
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDi 29. Dez 2020, 09:03

stollinger hat geschrieben:Mein erster Bordeaux aus 2018. Er reiht sich nahtlos in die Jahrgangstypizität (Gärungsnebenprodukte und fehlende phenolische Reife) von Weinen aus anderen europäischen Regionen ein.

Chateau Lanessan - Cru Bourgeoise - Haut Médoc - 2018:
...

Hallo Josef,
zurück zu "deinem" Wein - das hört sich ja nicht so toll an :mrgreen: und
schätze das war nicht die letzte Notiz dieser Art. Die tlw. hohen
Bewertungen im Vorfeld werden aber schon dafür sorgen, dass
sich die Weine gut verkaufen und die Punkte wie Öl runterlaufen.

Dennoch: es geht auch anders, wie z. B. die Notiz von Hans-Rudolf
zu Haut Bergey oder meine weiter oben zeigen. Nur finde ich, dass
da aktuell die Komponenten nicht so recht zusammenpassen - ich
werde vor März/April nichts mehr aus 2018 probieren. Schade um´s
Geld.

Viele Grüße,
Jochen
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stollinger

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDi 29. Dez 2020, 14:57

Hallo Jochen,

Jochen R. hat geschrieben:Dennoch: es geht auch anders, wie z. B. die Notiz von Hans-Rudolf
zu Haut Bergey oder meine weiter oben zeigen.

Ich vermute, dass es ein sehr heterogener Jahrgang ist. Den Jahrgangsbericht der Uni-Bordeaux kann man sich hier ansehen: [Link]. Ein regenreiches Frühjahr gefolgt vom Juli mit den wärmsten Tages- und Nachtemperaturen seit 50 Jahren. Das verfügbare Wasser und die Wärme haben zu einem sehr ausgeprägten vegetativen Wachstum (neben Mehltau) und einem starkem Fruchtwachstum geführt. Im August 2018, nach der Veraison, dem Einsetzen der Samenreife und der Färbung der Beeren, war nicht flächendeckend ausreichend Trockenstress vorhanden, um das vegetative Wachstum zu bremsen und damit auch die Zuckeranreicherung. Dieser so wichtige moderate Trockenstress, um das vegetative Wachstum zu bremsen und die phenolische Reife mit der physiologischen Reife in Einklang zu bringen (in 2016 im August gab es z.B. ausgedehnten Trockenstress), war nur in sehr gut drainagiertem Terroir vorhanden. An anderer Stelle hat man einfach Trauben mit einem sehr hohen Zuckeranteil, aber noch grünen, unreifen Tanninen.

Der Hitzestress für die Reben hingegen war sehr hoch (die durchschnittliche Temperatur im August lag 8°C über dem langjährigen Durchschnitt), teilweise kam es ja zu einem stressbedingtem Reifestillstand und dieser hat die Disbalance zwischen phenolischer und physiologischer Reife noch verstärkt. Je nach Terroir und individuellem Rebstock mal mehr, mal weniger ausgeprägt.

Ich habe bei Lanessan noch nie von Handlese gelesen, ich vermute, da wird nicht groß selektiert, ist ja schließlich auch kein besonders teurer Wein. Wenn dann das Terroir auch nicht sehr bevorteilt ist, kommt es halt zu einem ausgeprägt inhomogenen, unschönen Resultat.

Das wird ja in Teilen auch durchaus in den Texten der Kritiker angedeutet (Hervorhebung von mir):

LPB:The 2018 Lanessan is deep garnet-purple colored with black cherries. cassis. mulberries and baked plums on the nose with herbs. earth and tea hints. Medium to full-bodied. it is a little chewy and herbal with the oak poking through on the finish. 89–91+

Yves Beck: Purpurviolett. Komplexes Bouquet, von guter Intensität. Angenehme Noten von Frische kombiniert mit schwarzen Johannisbeeren. Am Gaumen ist der Wein angenehm im Auftakt und spiegelt die olfaktorischen Eigenschaften wider. Die Tannine sind noch eckig, aber das vorliegende Material bestätigt, dass es Potenzial gibt. 88-89/100 Punkte

Gerstl: Wirkt schon sehr grün im Duft. 15/20

Was mich aber, neben den für mein Gefühl viel zu hohen Punkten, doch etwas irritiert, ist, dass ich in den Bewertungen, nicht nur zum Lanessan, sondern zu allen 2018ern, mich nicht an die Erwähnung von alkoholischen Gerüchen und Geschmack erinnern kann. Ich verkoste gerade den Boutisse 2018, da ist das auch ganz deutlich zu riechen und zu schmecken, insgesamt ist der Wein aber besser als der Lanessan.

Diese alkoholischen Noten entstehen ja bei der Gärung, die haben also nichts mit dem Ausbau gemein, bzw. werden höchstens weniger. Die müssen also in den En-Primeur Proben auch vorhanden gewesen sein, wenn die nicht manipuliert wurden. Ich finde es also schon ziemlich dreist, dass sämliche Verkoster das so unter den Teppich kehren, ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihnen nicht aufgefallen ist.

Ich meckere ja gerne rum, habe wahrscheinlich schon die nervige Angewohnheit alles besser wissen zu wollen und anderen die vermeintlichen Fehler unter die Nase zu reiben. Ich habe manchmal schon etwas schlechtes Gewissen, dass ich vielleicht mit meiner Nörgelei jemanden den Spass an seinem Wein nehme, weil ich halt auf den Schwächen rumreite. Am besten, man empfindet meine Perspektive einfach als das andere Extrem zu den Lobhudeleien von Händlern und auch vielen Verkostern, wenn man denn sich überhaupt was von dem annimmt, was ich so schreibe.

Ich bin sicher, dass es auch in 2018 sehr gelungene Bordeaux geben wird, gerade bei den Chateau die stark selektieren können und ein begünstigtes, gut drainagiertes Terroir haben. Es wird aber auch ganz viel Schei* geben, um den man einen großen Bogen machen sollte.

Grüße, Josef
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2018

BeitragDi 29. Dez 2020, 15:13

Hallo Josef,
ich hoffe das war jetzt kein Missverständnis, denn das
stollinger hat geschrieben:... Es wird aber auch ganz viel Schei* geben, um den man einen großen Bogen machen sollte.

Grüße, Josef

glaube ich auch! :-)

Viele Grüße,
Jochen
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Rotundweiss

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Re: Bordeaux 2018

BeitragMi 30. Dez 2020, 07:13

Jochen R. hat geschrieben:
stollinger hat geschrieben:... Es wird aber auch ganz viel Schei* geben, um den man einen großen Bogen machen sollte.

glaube ich auch! :-)


Für diejenigen, die das glauben, gibt es dann ja glücklicherweise 2017 ;)
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