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Club der toten Chateau

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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innauen

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Club der toten Chateau

BeitragDo 27. Jul 2017, 10:46

Hallo,

nicht selten passiert es, dass ein Chateau sich durch Erbteilung "vermehrt". Die alte Klassifikation von 1855 kannte zB weder ein Chateau Leoville Las Cases noch ein Chateau Leoville Barton oder gar Poyferré, wohl aber ein Chateau Leoville. Gelegentlich passiert es jedoch auch, dass ein Chateau verschwindet. Auf dem linken Ufer geschieht das innerhalb der Klassifikation kaum. Ein Eigentümer, der einen Platz im Adelsregister der 1855 Klassifikation besitzt, verzichtet nicht auf den Ruhm. Kleinere Chateaus innerhalb der Appellationen stehen da schon mehr in der Gefahr. Oder erinnert sich noch jemand an Chateau La Tour Haut Brion?

Auf dem rechten Ufer mit den ohnehin kleineren Besitztümern sind Eigentümer und damit Namenswechsel häufiger zu beobachten. Viele werden sich noch an Chateau Chateau l'Arrosee erinnern (zuletzt von mir 2012 gekauft und deutlich günstiger als den heutigen Chateau Quintus). Oder an Chateau Bergat (mit seinem hohen Cabernet Franc Anteil ein kleines Unikum).

Vor einigen Jahren war dann Schluss mit Chateau Magdelaine, das dem Appetit des höher klassifizierten Chateau Belair-Monange zum Opfer fiel. Letztes ist noch nicht satt und so wird gerade Namensvetter Clos La Madeleine verfrühstückt und auch Chateau Berliquet findet einen neuen Besitzer. Das ist schade, aber man soll das neue ja nicht aufhalten. Bedenklich - für mich - ist nur, dass die neuen Besitzer neuen Wein machen, der dann zumindest nicht mehr in meiner Preisklasse erhältlich ist.

http://www.thewinecellarinsider.com/201 ... sold-week/

Grüße,

Wolf

P.S. Wer sich an weitere gewesene Chateaus erinnert, kann diesen Thread gerne nutzen, um an sie zu erinnern.
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UlliB

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Re: Club der toten Chateau

BeitragDo 27. Jul 2017, 19:53

innauen hat geschrieben: Die alte Klassifikation von 1855 kannte zB weder ein Chateau Leoville Las Cases noch ein Chateau Leoville Barton oder gar Poyferré, wohl aber ein Chateau Leoville.

Das ist so nicht ganz richtig. Der alte Léoville-Besitz wurde schon lange vor der 1855er Klassifikation aufgeteilt. Zuerst wurde der spätere Barton-Anteil herausgelöst, dieser wurde im Jahr 1826 von Hugh Barton erworben. Der verbliebene Restbesitz wurde im Jahr 1840 erneut geteilt, hieraus gingen damals Léoville Poyferré und Léoville Las Cases hervor. Die handschriftliche Originalurkunde der 1855er-Klassifikation weist dann auch fein säuberlich und deutlich lesbar die drei Léoville-Besitzer auf: "Marquis de las Cases", "Baron de Poyféré" [in dieser Schreibweise], und "Barton".
Gelegentlich passiert es jedoch auch, dass ein Chateau verschwindet. Auf dem linken Ufer geschieht das innerhalb der Klassifikation kaum.

Auch auf dem linken Ufer ist das im Rahmen der Bordeaux-Krise mit einer ganzen Reihe von klassifizierten Chateaux geschehen, die zeitweilig völlig erloschen waren, aber irgendwann von neuen Besitzen wiedererrrichtet wurden, dann meistens mit anderen Rebflächen als ursprünglich. Ein einigermaßen bekanntes Beispiel ist Chateau Desmirail.

Was das linke Ufer betrifft, dürfte die größte Gruppe der "toten Chateaux" aus cru bourgeois und nicht klassifizierten Betrieben in den "Edel-AOCs" (Pauillac und St. Julien, in etwas geringerem Umfang auch in Margaux und St.Estephe) bestehen, deren Rebfläche von umliegenden cru classés erworben und in deren Flächen integriert wurden. Auf diese Art und Weise sind in den letzten 40 Jahren grob geschätzt zwei Dutzend Erzeuger verschwunden. Alles völlig legal, aber reden tut man vor Ort verständlicherweise nicht so gerne darüber.

Gruß
Ulli
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Olaf Nikolai

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Re: Club der toten Chateau

BeitragDo 27. Jul 2017, 21:32

Vielen Dank für den Thread und die sehr interessanten Informationen dazu. Das ist gewissermassen auch einer meiner grössten Kritikpunkte an der 1855 er Klassifikation und dem Schmu um Terroir und Typizität....zum Kotzen.
Es reicht tatsächlich den Namen des Chateau zu erwerben.....dann kauft man innerhalb der Apellation eine Parzelle, setzt Weinreben drauf.....und los gehts ........Da ist das im Burgund mit lagenabhängiger Klassifikation schon nachvollziehbarer.......aber auch dort keine Gewähr für Qualität......leider.
Die Wahrheit liegt halt sprichwörtlich im Glas.
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innauen

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Re: Club der toten Chateau

BeitragFr 28. Jul 2017, 06:39

UlliB hat geschrieben:
innauen hat geschrieben: Die alte Klassifikation von 1855 kannte zB weder ein Chateau Leoville Las Cases noch ein Chateau Leoville Barton oder gar Poyferré, wohl aber ein Chateau Leoville.

Das ist so nicht ganz richtig. Der alte Léoville-Besitz wurde schon lange vor der 1855er Klassifikation aufgeteilt. Zuerst wurde der spätere Barton-Anteil herausgelöst, dieser wurde im Jahr 1826 von Hugh Barton erworben. Der verbliebene Restbesitz wurde im Jahr 1840 erneut geteilt, hieraus gingen damals Léoville Poyferré und Léoville Las Cases hervor. Die handschriftliche Originalurkunde der 1855er-Klassifikation weist dann auch fein säuberlich und deutlich lesbar die drei Léoville-Besitzer auf: "Marquis de las Cases", "Baron de Poyféré" [in dieser Schreibweise], und "Barton".
Gelegentlich passiert es jedoch auch, dass ein Chateau verschwindet. Auf dem linken Ufer geschieht das innerhalb der Klassifikation kaum.


Gruß
Ulli


Danke. Da muss ich mich korrigieren. Ich habe gesurft und diese Liste gefunden, auf der die alten Namen noch verzeichnet sind. Interessant: Gruaud Larose bestand früher aus zwei Weingütern.

Schermata-2016-11-13-alle-12.09.32.png


Grüße,

wolf
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graves

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Re: Club der toten Chateau

BeitragFr 28. Jul 2017, 18:44

Das ist tatsächlich interessant. Wir haben in der Bordeaux-Runde Frankfurt schon diskutiert, eine Dinosaurier-Probe dieser ausgestorbenen Chateaux zu machen. Commitment und Termin gibt es aber bislang nicht.

Am linken Ufer fällt mir Labergorce Zede ein, vereinigt mit Labegorce unter dem Namen Labegorce. Am rechten Ufer wurde Cadet Piola durch Soutard geschluckt und die separate Vinifikation / Vermarktung eingestellt.
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Muellimov

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Re: Club der toten Chateau

BeitragMo 31. Jul 2017, 11:52

Ein sehr prominentes Beispiel ist, wenn auch ziemlich klein, das Aufgehen von Chateau Clusière in Pavie. Clusière erzeugte Spitzenweine, der 2000er erhielt sogar 100 PP und ist in Cellartracker mit 96,1 Punkten notiert.
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Olaf Nikolai

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Re: Club der toten Chateau

BeitragDi 1. Aug 2017, 00:03

Meines Wissens seit Ende der 90er nach Übernahme durch Perse ein Boutique Weingut......Kunstwein ala Parker.....siehe meine Kritik einige Posts zuvor.....erster Jahrgang in neuer Stilistik 1998....Historie dann nicht erwähnenswert.......etabliert um den schnellen € zu machen......und ebenso schnell beerdigt...... :mrgreen:

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