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Bordeaux 2016

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 08:47

amateur des vins hat geschrieben:...
Was heißt denn "keine guten Erfahrungen"?
...

Was soll das denn heißen? Na dass sich die Weine für meinen
Geschmack nicht positiv dadurch entwickelt haben.

Bei den 2015er BDXs hat man m. M. schon im August gemerkt,
dass sie sich mit viel Luft verschließen.
Die besten Erfahrungen habe ich zwischen April und Juli gemacht,
übereifriges Belüften hätte damals vermutlich genau das bewirkt.

Das Fenster ist bei jedem Jahrgang sicherlich anders, aber ein paar
Jahre trinke ich doch schon BDX, um das für mich so sagen zu können.
Aber bitte jeder so wie er es für sich für richtig hält und kennt!
amateur des vins hat geschrieben:...
Eigentlich kenne ich es so, daß man tendenziell jungen Weinen mehr und älteren weniger Luft gibt. Ausnahmen bestätigen die Regel, Bordeaux sind per se keine Ausnahme.. Das erscheint mir aus chemischer Sicht auch logisch.


Wünsche auch allen frohe Weihnachten mit schönen Weinen im Glas!

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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dankin

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 09:18

Ich kann das, mit meinen sehr beschränkten Erfahrungen bestätigen. Gut in Erinnerung ist mir eine Flasche Domaine de Chevalier Rouge 2015, den ich vergangenen Frühling dekantiert habe. Der Wein mache nach ca 2Stunden immer mehr zu. Habe mich damals gewundert...weil ich auch dachte, Luft müsste dem Wein doch gut tun.
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UlliB

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 09:34

Noch kurz zum Thema "Belüftung von jungem Bordeaux" - ich habe damit einige Jahre experimentiert und halte es mittlerweile grundsätzlich so: ich belüfte nicht, es gibt die Weine immer pop & pour.

Die Ergebnisse der Versuche, die ich bis zum Jahrgang 2005 durchgeführt waren, lassen sich in drei Gruppen einteilen.

Variante 1: Belüften schadet nicht, nützt aber auch nichts, d.h. die Weine verändern sich über Stunden (und manchmal Tage) verfolgt nicht relevant. Da kann man sich das Verschmutzen der Karaffe auch sparen 8-)

Variante 2 (aus meiner Sicht die häufigste): die leichter flüchtigen Komponenten der Primärfrucht verschwinden, schwerer flüchtige Komponenten (auch das Holz) erscheinen deutlicher. Das mag man als Harmonisierung empfinden, ich sehe das aber als Verlust. Junger Bordeaux lebt nun einmal von der Primärfrucht, und die will ich im vollen Spektrum erleben. Wenn ich keine Primärfrucht möchte, gehe ich in den Keller und hole mir eine gereifte Flasche.

Variante 3: die schlimmste Form, man treibt den Wein durch die Belüftung in die Verschlussphase, und dann ist er verloren. Kommt glücklicherweise eher selten vor, aber kommt eben doch vor: katastrophale Erlebnisse hatte ich mit einigen 2005ern, insbesondere erinnere ich mich an Pichon Baron und LLC, die ich bei der Arrivage durch Belüftung gekillt habe.

Bei einigen kürzlich probierten 2015ern hatte ich genau den gleichen Eindruck wie Jochen: viel Luft bekommt denen gar nicht gut.

Insgesamt betrachte ich das systematische Belüften von jungem Bordeaux als Kunstfehler. Einzelfallentscheidungen bleiben ja bei pop & pour immer noch möglich: wenn der Wein sich nicht gut präsentiert, kann man ihn ja immer noch belüften und sehen, ob das was nützt.

Gruß
Ulli
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stollinger

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 09:49

stollinger hat geschrieben:Puh...

Wollt ihr das Thema jetzt wirklich so strapazieren?


Ok, nehme alles zurück, war doch recht lehrsam
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BerlinKitchen

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 09:57

Kann das ebenfalls bestätigen. Wir hatten vor ein paar Monaten einen 2014 Ch. BATAILLEY und unser Bordeaux-Experte Innauen hat dringend davor abgeraten den 14er zu dekantieren.. Er präsentierte sich ganz famos frisch aus der Flasche.
"Ein Leben ohne Riesling ist zwar möglich, aber sinnlos!"
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Holzfass

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 10:31

Allen hier vielen Dank für die Erfahrungsberichte. Sehr interessant, die zu lesen. Mir ist Verschluss nach Belüftung bisher noch nicht aufgefallen, wobei ich auch eher selten Bordeaux trinke, um den es ja hier geht. Aber sollte ich mal in die Verlegenheit kommen, mutmaßlich zu jungen Bordeaux öffnen zu „müssen“, dann werde ich in Sachen Luft Vorsicht walten lassen.
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 10:39

Danke Ulli, so eine plausibel begründete Erklärung hatte ich mir erhofft.

So wie Du es beschreibst, müßte es dann doch aber für alle Weine gelten, quer über Alter und Herkunft?! Die leichter flüchtigen Bestandteile werden ja mit der Zeit nicht mehr. Hältst Du jemals eine Belüftung für angezeigt? In welcher Situation? Und hast Du bei Deinen Versuchen bis 2005 wirklich niemals eine Verbesserung durch Belüften junger Bordeaux festgestellt?
Besten Gruß, Karsten
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UlliB

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 11:31

amateur des vins hat geschrieben:So wie Du es beschreibst, müßte es dann doch aber für alle Weine gelten, quer über Alter und Herkunft?!

Karsten,

das wird jetzt in diesem Thread ziemlich OT, aber sei's drum.

Ich wäre sehr vorsichtig, die Ergebnisse von Bordeaux auf andere Herkünfte zu übertragen. Es gibt hier schon ein paar Spezifika, die bei Bordeaux auftreten, sonstwo aber eher nicht. Das Auftreten einer wirklichen Verschlussphase ist so ein Phänomen: in dieser Phase sind die Weine tatsächlich aromatisch tot; bekommt man so einen Wein ins Glas, riecht er schlicht nach gar nichts außer nach ein wenig Alkohol. In anderen Gebieten zeigen lagerfähige Weine zwar Phasen, in denen sie sich gar nicht gut präsentieren, aber aromatisch völlig "zu" sind sie in diesen Phasen nicht, sondern nur rumpelig. Das Phänomen scheint nicht einmal an der Rebsorte zu hängen: Cabernets aus Mittelitalien und Kalifornien zeigen nach meiner allerdings begrenzten Erfahrung keine echten Verschlussphasen wie Bordeaux. Einzige mir bekannte Ausnahme sind interessanterweise einige hochwertige Syrahs von der Nordrhone, die sind auf dem falschen Fuß erwischt auch schon mal völlig stumm.

Hältst Du jemals eine Belüftung für angezeigt?

Doch. Ganz klar bei reduktiven Fehltönen, die allerdings bei Bordeaux wegen der Ausbauart eher selten sind. Auch Mufftöne bei älteren Weinen (übrigens gerade auch bei Weißweinen) reagieren häufig positiv, allerdings nicht echte Korkschmecker. Im Übrigen ist ein gewisses Maß an Belüftung bei älteren Bordeaux ja unvermeidlich: man muss sie dekantieren, wenn man nicht das Depot ins Glas bekommen will. Wie lange man dann belüftet, ist eine andere Frage. Tatsächlich scheinen aber Bordeaux aus guten Jahren bis zum Alter von etwa 35 Jahren einiges abzukönnen.

Weine, die noch nicht ihre volle Trinkreife erreicht haben, aber die eigentliche Verschlussphase schon hinter sich haben, können mitunter auf längere Belüftung positiv reagieren.

Und hast Du bei Deinen Versuchen bis 2005 wirklich niemals eine Verbesserung durch Belüften junger Bordeaux festgestellt?

Doch, aber das waren Ausnahmen - nämlich dann, wenn der Wein bei bei direktem Einschenken aus der Flasche ein Problem hat. Das kann tatsächlich mal ein Reduktionston sein (zuletzt erlebt bei einem 2010er Clos de Jaugueyron, der regelrecht böckserte), oder wenn die Frucht arg esterig-scharf ist. Auch flüchtige Säure kann auf Belüftung positiv reagieren (sollte aber eigentlich in gutem Bordeaux nicht vorkommen; Ausnahme: Sauternes).

Gruß
Ulli
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMo 24. Dez 2018, 12:11

Wow, danke für die ausführliche Darstellung!

Es beruhigt mich auf eine Art, daß Du die "Belüftungswarnung" doch ziemlich spezifisch auf Bordeaux beziehst.

Daß es ziemlich offtopic geworden ist, stimmt wohl - aber definitv wertvoll, meine ich. Vielleicht könnten wir einige Beiträge geeignet kopieren oder verschieben lassen, entweder in den Thread "Dekantieren oder nicht?", oder in einen eigenen Thread unter "Allgemeines Weinwissen"?
Besten Gruß, Karsten
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manubi

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Re: Bordeaux 2016

BeitragFr 28. Dez 2018, 20:20

Mein erster 2016er:

Bild

Jetzt ist er seit gut 2 Stunden offen. So langsam geht er über die 17 ° und wird dabei nicht besser. Es entwickelt sich jetzt ein leichter Bitterton im Nachgeschmack. Insgesamt aber eine erfreuliche Begegnung.

Beste Grüße

Manfred
Ich koche immer mit Wein. Manchmal kommt sogar etwas davon in den Topf . . .
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