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Bordeaux 2016

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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manubi

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 00:24

Chaptalisation - was ist der Sinn des ganzen? Früher hatten die auch die Weine der Erzeuger aus der ersten Reihe in der Regel 12,5 % vol. Alkohol. Heute findet man kaum einen Wein unter 13 %, häufig 14 ode 14,5 %, in der Konsequenz also unnatürlich fette Weine. Ist die Zulässigkeit Chaptalistion nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der natürliche Alkoholgehalt unter einer bestimmten Marke (z.B. 12,0 % vol.) liegt? Eigentlich macht es doch keinen Sinn, den Alkohol von, z.b., 12,5 auf 14,5 % aufzupäppeln. Der blanke Zucker gibt doch dem Wein, außer Erhöhung des Alkoholgehaltes, nichts Positives an Geschmack mit. Und Mostkonzentration verstärkt 1:1 auch die Fehler und Schwächen, die der Most schon aus dem Weinberg mitbringt.

Ich für meinen Teil bevorzuge eindeutig die alkoholärmeren Weine, wenn sie denn schmecken. Ein Bordeaux mit 12,5 % vol., wie z.B. der Cht. Lascombes 2003, kann ein wirklich traumhaft guter Wein sein, genau wie ein Riesling-Kabinett trocken mit 11 % vol., wenn er aus gutem Hause kommt und gekonnt gemacht ist, kaum Wünsche offen lässt.

Gruß

Manfred
Ich koche immer mit Wein. Manchmal kommt sogar etwas davon in den Topf . . .
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UlliB

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 08:16

manubi hat geschrieben:Ich für meinen Teil bevorzuge eindeutig die alkoholärmeren Weine, [...]

Manfred,

das ist Dein Geschmack, und nicht notwendigerweise derjenige der meisten Konsumenten...

Was Rotweine betrifft, gibt es aber für Dich positive Nachrichten: der generelle Trend geht hier im Moment zu etwas alkoholschwächeren Weinen. Der Bordeaux-Jahrgang 2016 (um mal kurz zum Thema zurückzukehren) wurde von der Kritik nicht zuletzt deswegen gefeiert, weil er deutlich alkoholärmer als der 2015er war.

Bei trockenen Weißweine sieht es für Dich aber deutlich schlechter aus. Die Kategorie "Kabinett trocken" wird durch die segensreiche (??) Tätigkeit des VDP gerade eliminiert. Beim VDP herrscht für trockene Weine Prädikatsverbot, da ist alles Qualitätswein und darf somit chaptalisiert werden. Und wenn man sich die Alkoholgehalte der meisten VDP-Guts- und Ortsweine ansieht, kann man davon ausgehen, dass die in vielen Jahren auch chaptalisiert werden... und dieses Vorgehen betrifft nicht nur die VDP-Winzer. Das Bezeichnungs- und Klassifizierungssystem des VDP wird von immer mehr Nicht-VDP-Betrieben übernommen, und wenn sich die momentane Tendenz fortsetzt, ist in einigen Jahren der "Kabinett trocken" weitestgehend Geschichte.

Ist die Zulässigkeit Chaptalistion nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der natürliche Alkoholgehalt unter einer bestimmten Marke (z.B. 12,0 % vol.) liegt?

Nicht, dass ich wüsste. Es gibt allerdings eine Obergrenze, die liegt im Bordelais bei 1,5% Anreicherung und kann offensichtlich auch mal niedriger liegen, wie man dem verlinkten Artikel entnehmen kann.

Der blanke Zucker gibt doch dem Wein, außer Erhöhung des Alkoholgehaltes, nichts Positives an Geschmack mit.

Die Vorstellung, dass die Erhöhung des Alkoholgehaltes am Geschmack des Weines nichts Grundlegendes verändert, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Wenn man ein wenig minimales Laborequipment hat (Meßzylinder und Meßpipette), kann man das ganze mal ausprobieren, indem man einem alkoholschwachen Wein reinen Alkohol in 0,5%-Schritten zusetzt. Was da passiert, ist schon faszinierend - da ändert sich schrittweise das gesamte aromatische Gefüge des Weins. Ob man das Ergebnis dann als positiv empfindet oder als negativ, ist eine ganz andere Frage. Die Bekömmlichkeit wird jedenfalls bestimmt nicht besser 8-)

Gruß
Ulli
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manubi

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 08:24

Danke, Ulli,

für Deine aufschlussreichen Informationen. Da sind einige Sachverhalte aufgeklärt, die ich so nicht kannte.

Zu VDP: Das heißt doch aber nicht, dass die VDP-Mitgliedsbetriebe überhaupt keine Prädikatsweine mehr verkaufen dürfen? Betrifft das vielleicht nur die GG'S und Erste Lagen?

Gruß

Manfred
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UlliB

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 08:52

manubi hat geschrieben:Zu VDP: Das heißt doch aber nicht, dass die VDP-Mitgliedsbetriebe überhaupt keine Prädikatsweine mehr verkaufen dürfen?

Doch, bei den trockenen Weinen heißt es genau das. Prädikate sind beim VDP nur noch für halbtrockene, restsüße und edelsüße Weine zugelassen. In manchen Regionalverbänden (z.B. im Rheingau) gibt es auf Antrag noch ein paar Einzelausnahmen, aber generell heißt "trocken" beim VDP immer ohne Prädikat, einerlei ob Gutswein, Ortswein, oder Lagenwein.

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TOM

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 13:24

UlliB hat geschrieben:Doch... Prädikate sind beim VDP nur noch für halbtrockene, restsüße und edelsüße Weine zugelassen.. aber generell heißt "trocken" beim VDP immer ohne Prädikat, einerlei ob Gutswein, Ortswein, oder Lagenwein.

Na dann ist es ja im Nachhinein betrachtet ein Glück, dass Markus Molitor nicht in den VDP aufgenommen wurde. Dann bleibt er uns mit seinen Kabinetten, Spätlesen, Auslesen, Sternen und farbigen Kaseln weiter erhalten :-)
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TOM

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 13:27

UlliB hat geschrieben:... man einem alkoholschwachen Wein reinen Alkohol in 0,5%-Schritten zusetzt. Was da passiert, ist schon faszinierend - da ändert sich schrittweise das gesamte aromatische Gefüge des Weins. Ob man das Ergebnis dann als positiv empfindet oder als negativ, ist eine ganz andere Frage. Die Bekömmlichkeit wird jedenfalls bestimmt nicht besser

Hallo Ulli,
zunächst mal vielen Dank für die Ausführungen. Habe viel gelernt. Aber die Erhöhung bringt doch eher kräftige, jung zu trinkende Powerweine, oder? Für einen Bordeaux, den man doch meist erst nach 8 oder 10 Jahren tinkt bringt das doch nichts, oder doch?
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UlliB

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 14:15

TOMLA hat geschrieben:Aber die Erhöhung bringt doch eher kräftige, jung zu trinkende Powerweine, oder? Für einen Bordeaux, den man doch meist erst nach 8 oder 10 Jahren tinkt bringt das doch nichts, oder doch?

Ich kann die Frage nicht beantworten, dazu fehlt mir einfach die Vergleichsmöglichkeit.

Aber ob "man" Bordeaux auch heute noch erst nach 8 bis 10 Jahren trinkt, scheint mir zumindest sehr fraglich zu sein. Ich vermute mal, dass heute auch hochwertiger Bordeaux wie eigentlich alle Weine zum weit überwiegenden Teil im Jungweinstadium getrunken wird - egal wie sinnvoll das ist. Die Tatsache, dass seit den 90ern die gesamte Vinifikation auf frühe Zugänglichkeit ausgelegt worden ist, legt das zumindest nahe, und einige Unterhaltungen mit Sommeliers bestätigen meinen Verdacht. Auch hier im Forum sind die VKN zu Bordeaux zahlenmäßig weit überwiegend diejenigen von recht jungen Weinen.

Gruß
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TOM

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 14:35

UlliB hat geschrieben:.. auch hochwertiger Bordeaux wie eigentlich alle Weine zum weit überwiegenden Teil im Jungweinstadium getrunken wird...

Nun ja, da hast Du wohl recht. Muss auch zugeben, dass es da so manchen Kandidaten gibt, der bereits in der frühen Jugend erstaunlich gut schmeckt. So gut, dass auch ich mich nicht zurückhalte und die Flaschen (zu) lange lagere. Aber ein 8-15 Jahre alter, klassisch ausgebauter Bordeaux ist doch nochmals ein ganz anderes Erlebnis...Gilt in meinen Augen auch für die oben erwähnten trockenen Spät- oder Auslesen des VDP. Nach 5-10 Jahre haben die doch eine ganz andere "Aura". Aber mit Sicherheit hat Beides seinen Platz und ich hoffe, dass es auch noch in Zunkunft Winzer git, die ungeschönte Weine produzieren, die nach 10 Jahren so richtig gut schmecken.
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Desmirail

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 18:36

TOMLA hat geschrieben:... Markus Molitor nicht in den VDP aufgenommen wurde.


... nicht aufgenommen werden wollte. ;)
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TOM

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Re: Bordeaux 2016

BeitragMi 4. Apr 2018, 19:09

Desmirail hat geschrieben:
TOMLA hat geschrieben:... Markus Molitor nicht in den VDP aufgenommen wurde.


... nicht aufgenommen werden wollte. ;)


Wirklich? Ich kenne das anders...
http://www.weinkenner.de/2016/vdp-mosel ... den-40323/
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