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Bordeaux 2014

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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octopussy

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMi 8. Apr 2015, 16:02

innauen hat geschrieben:P.P.S. gerade gelesen
"The consumer would feel cheated to have a weaker vintage [such as 2013] priced higher,' said Olivier Bernard (pictured), head of the Union des Grands Crus (UGC)"

Ich als Kunde fühle mich von diesem - wie Chris75 zutreffend ausdrückt - Pseudologikgesabbel schon lange verarscht. Aber offenbar funktioniert die Preislogik noch, der Druck, die Weine so günstig anzubieten, wie wir hier in Deutschland es gerne hätten, scheint nicht vorhanden zu sein.
Beste Grüße, Stephan
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Ollie

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMi 8. Apr 2015, 17:21

'The consumer did feel cheated to have a weak vintage [such as 2013] priced so high', said Olivier (not pictured), consumer. :roll:

Cheers,
Ollie
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UlliB

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMi 8. Apr 2015, 21:11

Verfolgt man hier die letzten Beiträge, wird es völlig evident: interessieren tut an Bordeaux nur noch der Preis. Die Eigenschaften der Weine sind - excuse my French - schlicht und ergreifend sch***egal. Möglichst viel Punkte (von wem auch immer, Parker ist ja nun weg), dann der Preis des IPOs (vulgo: en primeur), daraus resultierend --> PLV und inhärentes Spekulationspotential. Punkt. Das war's dann auch.

Hier vollendet sich gerade ein Trend, der irgendwo Mitte des letzten Jahrzehnts begann (vielleicht mit der Subs 2003, bestimmt aber mit der Subs 2005): der Preis wurde wesentlich intersssanter als die Eigenschaften des Produktes. Stilistische oder qualitative Änderungen im Bordelais: uninteressant, sofern sie keine Auswirkungen auf den Preis haben. Mittlerweile dominiert die Preisfrage jede Diskussion über Bordeaux spätestens nach fünf Minuten.

Eigentlich müsste man den Bordelaisen raten, ihre Weine als Finanzprodukte vollständig zu virtualisieren. Das erspart den Aufwand, irgend etwas Reales zu produzieren und in Flaschen zu füllen, was am Ende ohnehin niemanden interessiert. Wenn man Staatsanleihen zu Negativzinsen verkaufen kann, kann man auch nicht materiell unterlegte Bordeaux-Primeurs verkaufen. Trinken will das Zeug offensichtlich sowieso keiner mehr, aber so lange sich das Verschieben virtueller Bestände in irgendwelchen virtuellen Lägern zumindest zum potentiellen Realisieren realer Gewinne eignet, ist es vielleicht noch interessant genug... :twisted:

Gruß
Ulli
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Bernd Schulz

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMi 8. Apr 2015, 22:29

UlliB hat geschrieben:Verfolgt man hier die letzten Beiträge, wird es völlig evident: interessieren tut an Bordeaux nur noch der Preis...


Tja, aber wenn diese Diagnose wirklich zutreffen sollte, würde ich dreist behaupten, dass es sich bei dieser eventuell :?: problematischen :twisted: Entwicklung um einen Fehler im hauseigenen System handelt.

Das Elend fängt meiner Meinung nach schon mit dem ganzen Subskriptionsunwesen an. Warum zum Teufel soll ich ein Lebens- bzw. Genussmittel bestellen und bezahlen, bevor es überhaupt genussreif ist? Subskribiert jemand von euch Tee oder Kaffe? Oder Rindfleisch oder Fisch?

Subskribiert jemand Riesling? :mrgreen: Ha, erwischt! :twisted:
Klar, in Deutschland versucht man inzwischen auch, dem ach so erfolgreichen Bordelaiser Modell fröhlich nachzueifern - aber bevor ich irgendein GG oder einen G-MAX oder welchen einheimischen Fetischwein auch immer subse, hacke ich mir die rechte Hand ab. Versprochen!

Einmal in meinem Leben habe ich mich ja auch an der fröhlichen Spekulation beteiligt, und der 2000er Sociando-Mallet hat mir dann einen nicht zu verachtenden Gewinn beschert. Im Nachhinein schäme ich mich deswegen schon ein wenig, und gleichzeitig ärgere ich mich :mrgreen: - denn wenn ich damals den gleichen Betrag an der Börse auf ein bis ultimo laufende DAX-Zertifikat gewettet und mit der Realisierung des Gewinns bis heute gewartet hätte, wäre ich rein materiell gesehen noch viel besser gefahren... :twisted:

Viele Grüße

Bernd
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octopussy

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 06:55

UlliB hat geschrieben:Verfolgt man hier die letzten Beiträge, wird es völlig evident: interessieren tut an Bordeaux nur noch der Preis. Die Eigenschaften der Weine sind - excuse my French - schlicht und ergreifend sch***egal. Möglichst viel Punkte (von wem auch immer, Parker ist ja nun weg), dann der Preis des IPOs (vulgo: en primeur), daraus resultierend --> PLV und inhärentes Spekulationspotential. Punkt. Das war's dann auch.

Ulli, worüber soll man denn in der Primeur-Zeit sonst diskutieren, als über den Preis oder Profibewertungen? Keiner von uns (auch du nicht) hat die Weine probiert, somit lässt sich möglicherweise spekulieren, dass dieser oder jener Wein besonders gelungen sein könnte.

Und wie Bernd schon sagt: die Bordelaiser sind an den Entwicklungen, die Bordeaux genommen hat, selbst schuld. The more you treat wine like a commodity, the more it becomes a commodity. Kundenbindung, die dazu führt, dass Kunden einen Wein auch kaufen, wenn der Jahrgang nicht der beste war oder die Parkerpunkte niedrig, gibt es doch fast nur noch bei den echten Bordeauxfreaks.

UlliB hat geschrieben:Eigentlich müsste man den Bordelaisen raten, ihre Weine als Finanzprodukte vollständig zu virtualisieren. Das erspart den Aufwand, irgend etwas Reales zu produzieren und in Flaschen zu füllen, was am Ende ohnehin niemanden interessiert. Wenn man Staatsanleihen zu Negativzinsen verkaufen kann, kann man auch nicht materiell unterlegte Bordeaux-Primeurs verkaufen. Trinken will das Zeug offensichtlich sowieso keiner mehr, aber so lange sich das Verschieben virtueller Bestände in irgendwelchen virtuellen Lägern zumindest zum potentiellen Realisieren realer Gewinne eignet, ist es vielleicht noch interessant genug... :twisted:

Hier tust du m.E. einer ganze Menge Subskriptionskäufern unrecht. Ich habe z.B. noch nicht eine gekaufte Flasche Bordeaux wieder verkauft. Und ich denke, vielen geht es genauso (bzw. früher wurde der Eigenkonsum eben durch eine zweite Kiste zum Weiterverkauft co-finanziert, was zwar Spekulation, aber Spekulation im moderaten Stil ist). Es geht mir als potenziellem Kunden nur darum, dass sich die Subskription lohnt, dass ich einen Vorteil davon habe, dass ich blind Weine kaufe und dem Händler, dem Négociant und dem Château das Geld zwei Jahre früher zahle, als ich es normalerweise müsste.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 07:26

octopussy hat geschrieben:Ulli, worüber soll man denn in der Primeur-Zeit sonst diskutieren, als über den Preis oder Profibewertungen?

Stephan,

das Phänomen betrifft ja keineswegs nur die Diskussion zu Primeurzeiten - eine Diskussion ist auch über ältere Weine kaum noch möglich, ohne dass dabei die Preisfrage unverzüglich hochkocht. Ich hatte im 2002er-Thread vor nicht allzu langer Zeit über eine Verkostung aller Premiers vom linken Ufer berichtet. Eine der ersten Fragen war (ich glaube, die kam sogar von Dir...): was haben die Weine en primeur gekostet? Und Berichte über irgendwelche Bordeaux-Erlebnisse werden fast grundsätzlich mit dem Kommentar verbunden, wie billig / günstig / teuer / frechteuer man den Wein erworben hat. Das ist zwar bei den gleich teuren oder mittlerweile noch teureren Burgundern gelegentlich auch der Fall, aber deutlich weniger. Bordeaux ist offensichtlich eher ein asset als ein Genussmittel.

Und wie Bernd schon sagt: die Bordelaiser sind an den Entwicklungen, die Bordeaux genommen hat, selbst schuld.
"Schuld" ist eine moralische Kategorie; mir reicht es durchaus, über Ursachen zu reden. Und die kann man durchaus an anderer Stelle sehen. Es waren ja nicht die Chateaubesitzer, die den Primeurkauf zum Spekulationsgeschäft gemacht haben, sondern die Käufer selber. Ich kann mich noch ganz gut an die Frühzeit der Weinforen erinnern, in denen nicht wenig über die Bombengeschäfte geprahlt wurde, die man gemacht hat. Und tatsächlich war jahrelang der Kauf bestimmter Weine en primeur ein ziemlich sicheres Geschäft.

Also: erst die Spekulation der Käufer, und erst Jahre später die Gier der Erzeuger, den Spekulationsgewinn durch exorbitante Preiserhöhungen bereits en primeur weitgehend abzuschöpfen (was ihnen übrigens gelungen ist - solange noch genügend verkauft wird [was ja keiner so wirklich weiß], ist das Konzept durchaus aufgegangen). Dass die Hausse noch eine Zeit lang die Hausse getrieben hat, war zu erwarten. Dass dann irgendwann die Luft raus ist, aber auch: das gilt für jede Spekulation.

Gruß
Ulli
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innauen

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 08:51

Hallo,

Herrlich. Endlich ist wieder die gute alte Subskriptionsdebatte entzündet. 8-) Ich hatte schon Bedenken :twisted:

@Bernd. Wenn die Rieslinge, die ich 2007/2009 in größeren Mengen gekauft habe, jetzt das Fünffache kosten würden, würden wir auch eine andere Debatte führen. Insofern hat UlliB natürlich Recht. Bordeaux in der Grand Cru Classe Preisklasse IST ein Asset. Deswegen kann man den Genuss nicht vom Preis trennen. Nur bei Bordeaux der 1855er Klassifikation + ihre Pendents vom rechten Ufer gab und gibt es einen Sekundärmarkt, an dem man die Weinwerte auch erlösen kann.

Ein Beispiel. Zu Hause habe ich noch eine Flasche Angelus 2003. Vor der Aufwertung zum Grand Cru A gekauft. Damals 100 Euro. War schon teuer, war es mir nach dem fabelhaften Eindruck einer Angelusprobe aber auch Wert. Jetzt kostet das Zeugs das Dreifache. Was tun? Korkenzieher zücken oder den Weinhändler meines Vertrauens anrufen :?:

Wieviele Nicht-Bordeauxweine habt ihr, wo sich diese Frage flächendeckend stellt?

Grüße,

Wolf
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Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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innauen

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 09:07

innauen hat geschrieben:"The consumer would feel cheated to have a weaker vintage [such as 2013] priced higher,' said Olivier Bernard (pictured), head of the Union des Grands Crus (UGC)"


Samsung, Apple, HTC, Huawei , Sony und Co schließen sich zu einer Interessenvertretung zusammen und wählen Tim Cook zum Präsidenten. Anlässlich der nächsten Apple-Messe verkündet er, dass das neue iPhone 7 zehn Prozent mehr als das iphone 6 kosten wird. Die anderen Hersteller schließen sich dieser Preisempfehlung an und verteuern ihre Handys ebenfalls um diesen Faktor. Es entsteht eine starre Preisstufung mit dem iphone und dem teuersten Android an der Spitze. Alle anderen Smartphones reihen sich preislich darunter ein und versuchen gar nicht mehr noch bessere Smartphones herzustellen. Der Preis steigt kontinuierlich. Argument Cook. "Die Verbraucher würden sich verschaukelt fühlen, wenn die nächste bessere Handygeneration billiger als das technisch veraltete Vorgängermodell auf den Markt käme".

Man muss kein Jurist sein, um zu erkennen, worum es sich beim Bordeaux-Markt handelt: ein Kartell. Der Chef der UGC gibt den Preis vor. "2012 zu jetzigen Wechselkursen". Das bedeutet Preisaufschläge zwischen 5-20 %. Alle werden folgen. Konkurrenz macht man sich untereinander nicht. Das Nachsehen hat der Handel und haben die Verbraucher. Kartelle sind ökonomisch unsinnig, weil sie Güter unverhältnismäßig verteuern, sagen die Volkswirtschaftler. Jahrelang haben wir darüber gesprochen, dass wir Bordeaux den Rücken kehren. 2010 - 2013 ist genau das passiert. Schaun mer mal, ob sich Bordeaux, den Ast, auf dem sie sitzen, weiter absägt.

Grüße,

wolf

P.S. Eine weitere Impression zum Jahrgang: http://blog.wineowners.com/2015/04/2014-bordeaux/
„Es war viel mehr.“

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Ollie

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 09:21

Ulli,

so ganz verstehe ich deinen Furor nicht. Die Diskussion, die anlaesslich jeder en-primeur-Kampagne gefuehrt wird, ist nicht, ob die Weine (zu) teuer, sondern ob sie ihren Preis soviel mehr als wert sind, dass sich die Subskription lohnt. Das ist eine voellig legitime Diskussion, die sich uebrigens ganz vorzueglich vom eigentlichen Produkt entkoppeln laesst. Nicht erst seit 2003, sondern immer schon, denn das liegt halt in der Natur des Termingeschaefts. Und wer sich auf ein solches einlaesst, handelt selbstverstaendlich mit assets und stellt folglich obige Ueberlegungen an - alles andere waere naiv.

Das hat aber noch keinen Liebhaber davon abgehalten, die Weine tatsaechlich zu trinken.

Cheers,
Ollie
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Ollie

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Re: Bordeaux 2014

BeitragDo 9. Apr 2015, 10:54

Matthias Hilse ist auf seinem blog vor zwei Tagen mit seinen Punkten herausgekommen: pefekte Umsetzung der "Kein-Wein-schlechter-als-sehr-gut"-Regel. Senejac gleichauf mit Sociando, sonst viel Rauschen zwischen 90 und 92, mit den mittlerweile bekannten Ausreissern nach oben (cf. Farr, Voss, Suckling, Lobenberg).

Nicht draengeln, es ist genug fuer alle da. Derweil eine Betrachtung von Jane Anson hier.

Cheers,
Ollie
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