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Bordeaux 2014

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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pessac-léognan

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 17. Feb 2019, 14:30

Château Meyney Grand vin de Saint-Estèphe 2014

P&P bei 16°. Sehr dunkle, fast schwarze Farbe. In der Nase rauchige und teerige Noten, Zedernholz, kubanische Zigarrenkiste. Frühkindliche Erinnerungen an Montecristo, Düfte aus dem Tabaklager, die hängen geblieben sind; nach 15 Minuten im Glas beginnen sich (noch oder bereits wieder?) erste Fruchtnoten zu bilden, ganz leise Anklänge an Cassis, die sich perfekt mit den Tabaknoten mischen und nach 20 Minuten eine Duftorgie ohnegleichen ergeben, der Rauch zu Beginn tritt in den Hintergrund, wird durch ganz, ganz wenig Weihrauch ersetzt, eine Spur Kircheninneres, aber ohne Menschen - vom Duft her ein fast katholisch zu nennender Wein. Ein großes, sozusagen atheistisches Kompliment!

Im Mund sind noch die rauhen Tannine zu spüren, die noch nicht wirklich eingebunden sind. Etwas Mehliges auf der Zunge (sind das die 26% Cabernet Franc in der Assemblage, die noch nicht richtig integriert sind?). Und der Rauch von der ersten Nasenwahrnehmung. Etwas Graphit. Knochentrocken, keine Spur von Süße, auch nichts Bitteres, klar cabernet-dominiert, Merlot überhaupt nicht spürbar; Früchte, wenn überhaupt, ganz im schwarzbeerigen Bereich, aber weder Cassis noch Brombeeren. Gibt es Schwarzbeeren? Das alles hat sich noch nicht richtig abgerundet, vermag noch nicht einmal als ganz großes Versprechen wahrgenommen zu werden, höchstens als Ahnung eines solchen. Aber irgendwie hat man den Eindruck, dass das noch gut herauskommt...
Nach einer Stunde im Glas tritt das mehlig Rauhe auf der Zunge ein ganz kleines bisschen zurück...

Im Augenblick ist das ein Wein fast ausschließlich für die Nase, eine Klaviatur der Düfte, sukzessive sich fügend. Eine Duftorgie, aber (noch) nicht wirklich ein Trinkspaß. Entsprechend schwierig für eine Benotung.

Nase 98, Gaumen 84: 91?

6 Stunden später, bei 18°: Die Düfte haben sich gemäßigt. Zum Duftbild zu Beginn gesellt sich, etwas traditioneller, Brombeere.
Am Gaumen hat sich der Wein deutlich gerundet, wirkt weniger rauh, ganz trocken nach wie vor, aber die Tannine wirken weniger à part, etwas polierter. Der Wein trinkt sich um einiges besser. Stunden der Belüftung oder Jahre im Keller werden dem Wein guttun.
Was bleibt, ist die tiefdunkle, fast schwarze Farbe.
Nachtrag: Die 14% Alkohol sind unmerklich, so gut integriert, ohne die geringste Restsüße - bravo!

Auge (Farbe): 96 / Nase: 95 / Gaumen: 89 / gesamt: 91+
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port_ellen

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 17. Feb 2019, 20:55

moin pessac,

danke für die aufschlussreiche notiz zum meyney!
kürzlich hat auch der 2014er capbern voll überzeugt, in schöner runde ohne notizen genossen.
aus der erinnerung ähnlich komplex wie meyney, aber ein klasse "leichter", nicht so dicht, dafür runder und bereits mit etwas süße (auch 14%).

hab von beiden auch die 16er varianten und bin gespannt auf erste 14/16 vergleiche.

gruss, m
...and you may ask yourself - well...how did I get here ?
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brownelephant204

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMo 18. Feb 2019, 19:14

danke für die Meyney Notiz. Fand ihn zur Verkostung in 2016 auch genial..(siehe weiter oben), weshalb ich ihm sogar 93P. gegeben hab.

Vielleicht mache ich bald mal die 14 vs. 16 Verkostung
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stollinger

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 24. Feb 2019, 15:38

Tachsen,

gestern haben wir in unser Weinrunde Bordeaux aus 2014 verkostet. Es wurden jeweils zwei Weine gleichzeitig verkostet, in der Reihenfolge wie unten beschrieben. Alle blind, ohne vorher zu belüften. Im Laufe des Abends wurden die Weine dann (offen) weiter verkostet.

Auch hier ein erfreuliches Niveau, leicht inhomogener als die 2016er Verkostung vor Kurzem. Verschlossen wirkte außer dem letzten Wein (Dom. de Chevalier) keiner. Alles waren mit Genuss zu trinken, auch wenn sie sich mit der Zeit noch merklich gewandelt haben.

Mein Eindruck ist:
- Alle Weine punkten mit einer sehr schönen Nase, im Mund kann das Niveau dann nicht immer gehalten werden.
- Leichter, schlanker und weniger dicht als die 16er. Ich empfinde den Alkohol als angenehmer.
- Die Tannine in der Regel mit einer schönen Reife, wenn auch nicht ganz so schön wie 2016. Außerdem etwas schwankender, nicht bei allen Weinen optimal.
- Die Säure frisch und reif, aber auch etwas schwankend.
- Weinig extrahiert. Ohne merkliche Extraktsüße. Auch nicht schwer wirkend.
- Die Weine wirken auf mich recht zurückhaltend vinifiziert, also unbelassen. Das gefällt mir.

Die Weine:

1. Château Moulin Saint-Georges - Saint-Émilion Grand Cru

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Ich fand den Wein nicht so einfach zu greifen, wenn auch recht gelungen. In der Runde auf Platz 2 gewählt. Wirkt recht elegant und edel. Interessant fand ich, dass er einen extralangen Korken hat. Das Weingut gehört der Familie Vauthier, wie auch Chateau Ausone und Chateau La Clotte. Der Wein wird, wie der vom Chateau Ausone, von Pauline Vauthier vinifiziert.

2. Château Latour-Martillac - Pessac-Léognan


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Hier habe ich die Gerbstoffe als etwas unreif empfunden. Die waren nicht wirklich pelzig, aber schon etwas stoppend auf der Zunge. Was mir wiederum gefallen hat, ist der etwas rustikalere Charakter. Wenn der Wein mit mehr Reife in eine etwas knochig-karge Richtung geht, ist das durchaus etwas, was ich schätze. Für den Preis aber kein Muss.

3. Château du Domaine de L'Eglise - Pomerol


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Anfangs etwas verhalten, hat dann aber mit Luft enorm gewonnen. In der Gruppe ins Mittelfeld gewählt, aber im Laufe des Abends haben eigentlich alle den Wein besser gesehen. Fein, weich, elegant. Den Wein gibt es immer wieder noch für unter 30€, da werde ich mir ein paar Flaschen weglegen.

4. Château Fonroque - Saint-Émilion Grand Cru

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Von der Gruppe im Schnitt auf den letzten Platz gewählt worden. Die Säure hat schon eine gewisse Unreife und steht ziemlich im Vordergrund. Im Gegensatz zu den anderen Weinen auch deutlich rotfruchtiger.

5. Siebeneich Kellerei Terlan - Südtirol 2014

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Der Pirat. 100% Merlot. Reife für 12 Monate teils im großen Holzfass (70%), teils im Barrique (30%), 1/3 Neuholzanteil.

Ich muss zugeben, ich habe ihn nicht erkannt (ich habe auf Latour-Martillac getippt, weil die Gerbstoffe anders als alle anderen Weine waren). Verräterisch wäre wahrscheinlich, dass es der einzige Wein mit einem Süßeeindruck vom Extrakt war und auch etwas voller im Mund gewirkt hat. Machte Anfangs einen sehr schönen Eindruck. Die Bordeaux habe alle mit der Zeit und Luft gewonnen, hier war es andersrum. Anfangs noch schön strukturiert, verlief er sich später etwas im Mund.

6. Château La Vieille Cure - Fronsac

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Von allen eindeutig auf Platz 1 gewählt! Der ist gegenwärtig in einer richtig schönen Phase. Etwas schwerer als die anderen Weine und etwas weiter in der Reife. Sehr zu empfehlen jetzt. Als Önologe agiert Jean-Philippe Fort aus der Mannschaft von Michel Rolland. Ja, subtil ist der Wein nicht, aber macht schon eine Menge Spass im Moment.

7. Labégorce - Margaux

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Ich würde nicht sagen, dass der Wein gemacht ist, aber ich hatte das Gefühl, dass die wesentlichen strukturgebenden Komponenten und Düfte überwiegend vom Fass kommen. Die Komponenten der Traube und des Jahrgangs fand ich unterrepräsentiert. Geschminkt ist der Wein nicht, aber auch nicht wirklich authentisch.

8. Domaine de Chevalier - Pessac-Léognan

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Zur Zeit nicht wirklich gut zu beschreiben. Ich habe den Wein doch als recht verschlossen empfunden. Er war dichter und tiefer als die anderen Weine, das war feststellbar. Erinnert schon mit diesen Eigenschaften an die zuletzt verkosteten 16er. In diesem Kontext muss ich dann schon sagen, dass das Geld bei einem 16er Bordeaux in der 30€ Klasse besser investiert ist als beim 14er Chevalier.

Insgesamt ist für mich das, was ich aus 14 kenne, weniger dicht und leichter als 16. Dazu die Gerbstoffe nicht ganz so toll wie in 16. Aber für mich ist das keine Frage von besser oder schlechter, sondern mehr eine Frage der Gelgenheit, bei der der Wein getrunken wird. Ich möchte gerne von beiden Jahren durchaus einiges im Keller haben.

Grüße, Josef
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amateur des vins

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 24. Feb 2019, 16:04

stollinger hat geschrieben:- Weinig extrahiert.
Das möchte wohl sein! :ugeek:
SCNR :lol:

Danke für Deine Eindrücke!
Besten Gruß, Karsten
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Je-Mi

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 24. Feb 2019, 17:02

Hallo Stollinger, danke für die Eindrücke.
Dein Favorit Chateau du Domaine de L'Eglise 2014
Jetzt bei c und d für 27 €.

Grüße Jens
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stollinger

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 24. Feb 2019, 17:09

gerade 3 Stück gekauft :D
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Sauternes

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Re: Bordeaux 2014

BeitragSo 24. Feb 2019, 21:11

Da mir der Le Boscq 2014 durch nichtgefallen wegen Verschluss noch in Errinnerung ist, muss ich fragen ob es derzeit ein gute Idee sich an dem Jahrgang zu vergreifen?
Ich für meinen Teil habe die 14er erstmal für einige Zeit aus dem Trinkregal entfernt, 3-5 Jahre Ruhe sollten da vergehen, bis der Korkenzieher wieder ran darf.
Da das bessere des guten Feind ist, sehen ich nach dem probieren des 16er Jahrgang keine Argumente für den Kauf vom 14er, außer dem Preis natürlich.

Grüße Heiko
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMo 25. Feb 2019, 08:05

Sauternes hat geschrieben:...
Da das bessere des guten Feind ist, sehen ich nach dem probieren des 16er Jahrgang keine Argumente für den Kauf vom 14er, außer dem Preis natürlich.

Grüße Heiko

Hallo Heiko,
Leoville Poyferre (wird gerade im 16er-Thread diskutiert), Rauzan Segla
oder Pichon Comtesse - nur mal 3 Beispiele für ganz phantastische 2014er -
kosteten etwa halb so viel wie die entsprechenden ´16er jetzt. Außerdem
möchte ich die Weine noch trinken, bevor ich das Zeitliche segne. Sollte
man bei seinen Planungen evtl. auch berücksichtigen ;-) Deshalb werde ich
aus ´16 von diesen Weinen nichts kaufen.
Mit kleineren, früher zugänglichen, 2016ern, würde ich mir allerdings den
Keller voll machen (wenn ich noch Platz hätte).

Viele Grüße,
Jochen
Belgrave ist nichts für Unschuldige
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stollinger

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Re: Bordeaux 2014

BeitragMo 25. Feb 2019, 08:19

Hallo Heiko,

Da mir der Le Boscq 2014 durch nichtgefallen wegen Verschluss noch in Errinnerung ist, muss ich fragen ob es derzeit ein gute Idee sich an dem Jahrgang zu vergreifen?


Ich bin mir nicht sicher, ob es eine rhetorische Frage ist, ich antworte trotzdem mal: Ich habe vorher auf Cellartracker Kommentare gelesen, und bei eingen 14er klang das schon durchaus nach Verschluss (z.B. Gaffeliere, Prieure Lichine, Clauzet). Ich würde deshalb nicht wahllos 14er öffnen. Die probierten ließen sich alle mit Genuss trinken. Aber wenn du jetzt 3-5 Jahre wartest, machst du garantiert nichts falsch (wenn du denn genug schöne Alternativen hast :) ).

Ich kann den 14ern, neben dem Preis, auch von der etwas leichteren Jahrgangscharakteristik etwas abgewinnen. Wie geschrieben, für mich keine Frage von gut oder besser.

Grüße, Josef
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