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Bordeaux 1990

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB

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Re: Bordeaux 1990

BeitragMo 21. Nov 2016, 15:26

Jochen R. hat geschrieben: Und deshalb lösen die Preise, trotz
deiner interessanten Notiz, keinen Kaufreflex bei mir aus.

Chateau de Pez wurde 1995 vom Champagnerhaus Roederer gekauft, was deutliche Preissteigerungen zur Folge hatte. Konnte ja auch nicht angehen, dass eine Flasche de Pez deutlich weniger als die Basiscuvée von Roederer kostet, und das auch noch bei wesentlich geringeren Hektarerträgen als in der Champagne :mrgreen:

Gute Weine wurden hier aber auch schon vorher gemacht; der 90er und auch der 89er sind schöne Beispiele, und die gab es seinerzeit für um die 20 DM.

Gruß
Ulli
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 27. Mai 2017, 17:27

Die Tage eine Reihe grandioser 1990er vs. 1982 im Glas.
Die Weine zeigten (mit wenigen Ausnahmen) eine wunderbare Frucht,
frische, Struktur und Komplexität.

Mein persönliches Highlight Haut Brion 1990:
Dunkles Weinrot. Geniale Nase: Kräutrig/würzig, Tabak, Stall, komplex.
Druckvoll am Gaumen, Ladung dunkle Früchte, würzig, florale Noten,
Tabak, frisch, ewig lang. 99 P.

Viele Grüße,
Jochen

PS: Ebenfalls nahe der Perfektion an diesem Abend m. M. Mouton 1990
und Cheval Blanc 1982, beide 97-98 P.
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sorgenbrecher

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 27. Mai 2017, 17:35

Jochen R. hat geschrieben:Die Tage eine Reihe grandioser 1990er vs. 1982 im Glas.
Die Weine zeigten (mit wenigen Ausnahmen) eine wunderbare Frucht,
frische, Struktur und Komplexität.

Mein persönliches Highlight Haut Brion 1990:
Dunkles Weinrot. Geniale Nase: Kräutrig/würzig, Tabak, Stall, komplex.
Druckvoll am Gaumen, Ladung dunkle Früchte, würzig, florale Noten,
Tabak, frisch, ewig lang. 99 P.

Viele Grüße,
Jochen

PS: Ebenfalls nahe der Perfektion an diesem Abend m. M. Mouton 1990
und Cheval Blanc 1982, beide 97-98 P.


Großartige Weine aus fantastischen Jahren ! Danke für die Wasserstandsmeldung.
'90 HB ist natürlich immer eine sichere Bank, grandioser Wein. War auch ein '90er Chateau Margaux mit dabei ? Den fand ich bei den letzten Begegnungen dem '82er nochmal etwas überlegen.
Gruß, Marko.
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 27. Mai 2017, 17:52

Hallo Marko,
es waren alle Premieres außer Lafite am Start, Cheval Blanc, Angelus,
Gruaud, Comtesse, Baron, Montrose, Las Cases und Talbot.

Margaux 1990 fand ich auch dem 1982er überlegen:
Tief dunkles Weinrot (fast schwarz). Florale Noten (blumig) und Gewürze,
Tabak, dunkle Beeren, mittelkräftig, komplex.
Druckvoll, Ladung dunkle Früchte, frisch, florale Noten, schöne Adstringenz,
ewig lang. 96-97 P.

Viele Grüße,
Jochen
Zuletzt geändert von Jochen R. am Sa 27. Mai 2017, 20:19, insgesamt 1-mal geändert.
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sorgenbrecher

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 27. Mai 2017, 17:58

Tolle Probe !

War die '82er Comtesse auf voller Höhe ?
Gruß, Marko.
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Jochen R.

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 27. Mai 2017, 20:12

sorgenbrecher hat geschrieben:Tolle Probe !

War die '82er Comtesse auf voller Höhe ?

Große Comtesse mit einer traumhaften Nase, 95 P., insgesamt nicht ganz
auf dem Niveau meiner letzten Begegnung (hatte hierzu am 12.03.17 eine
VKN bei Bordeaux 1982) eingestellt.
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ledexter

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Re: Bordeaux 1990

BeitragMi 21. Jun 2017, 20:13

1990 Chateau Chasse-Spleen, Moulis-en-Medoc, France

In der Nase Plaume, dann schwarze Johannisbeeren und eine Spur Tabak vom getoasteteten Holz. Am Gaumen setzten sich die typischen Aromen von gealtertem Bordelais Cabernet fort. Dazu kommt Waldboden und angenehme Tertiäraromen, daneben eine dezente Mineralität, leicht grüne Töne und die Bitterkeit von nicht komplett abgeschliffenen Tanninen. Wir hatten davor eine Flasche Phelan Segur 2003 und eigentlich sollte der Chasse Spleen, aus dem großen Jahrgang 1990, noch einen draufsetzen. Aber leider kam er nicht mehr gegen die samtige Fruchtigkeit und Zartheit des Phelan Segur an. Dieser Chasse Spleen ist ein klassischer gerader Medoc, beiweilen etwas knochig und wahrscheinlich schon ein paar Jahre über seinem Zenit. Ich denke ich hätte einen positiveren Eindruck, wenn ich die zwei Weine nicht nebeneinander gehabt hätte.

88 P
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Olaf Nikolai

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Re: Bordeaux 1990

BeitragMi 21. Jun 2017, 22:25

That' s funny.....
Hab ich einen völlig konträren Eindruck zu beiden Weinen.....cs 90 als klassischen Bordeaux in schönster Reife wiederholt erlebt......ps 03 als marmeladig diffus beliebig.....entweder Flaschenpech......oder grundsätzlich andere Bordeauxsozialisation.... :roll:
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UlliB

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSa 31. Mär 2018, 16:46

Vor einigen Tagen gab es bei mir eine kleine 1990er Horizontale: Labégorce Zéde, d'Issan, Cos d'Estournel, Pichon Baron, Latour. Die Weine lagen alle seit der Arrivage in meinem Keller.

Der Füllstand der Flaschen war gut - very top shoulder beim d'Issan (der Korken war hier völlig durchweicht), into neck bei den vier anderen. Korkschmecker gab es keine. Die Weine wurden rund drei Stunden vor der Verkostung doppelt dekantiert. Nach der Verkostung verbliebene Reste, rund ein Drittel bis ein Viertel, habe ich 24 Stunden später nachverkostet. Ich habe direkt bei der Verkostung keine Notizen gemacht, die nachfolgenden Eindrücke stammen also aus der Erinnerung:

Labégorce Zédé 1990 (Margaux CB) - der Betrieb ist inzwischen erloschen und in Labégorce aufgegangen. Absolut klassischer Bordeaux vom linken Ufer, straff und klar, Bleistiftschabsel und Johannisbeere (hier eher rote als blaue), schlank, aber mit solidem Gerüst. Gut 27 Jahre nach der Ernte noch absolut stabil, wird sich nicht mehr verbessern, aber es gibt auch keine Eile. Sehr erfreulich.

d'Issan 1990 (Margaux 3e GCC) Dunkler als der Labégorce Zéde, aber anders als dieser am Rand auch schon ins Braune drehend. Fülliger, weicher, aber auch schon deutlich reifer, nach einer Weile im Glas erscheinen Liebstöckel-Noten, die bei Bordeaux ein Zeichen dafür sind, dass der Wein das Ende seines Lebens erreicht. Am nächsten Tag war der Wein aber noch nicht zusammengefallen. Soweit ok, aber keinen Deut besser als der Labégorce Zédé; gereifter und am Ende der Laufzeit - sofern das bei dieser Flasche nicht dem problematischen Korken geschuldet war.

Cos d'Estournel 1990 (St. Estephe 2e GCC) Deutlich dunkler und jugendlicher als die beiden ersten Weine, auch viel dichter in der Nase. Am Gaumen ein Konzentrationskracher, ungeheuer dicht, immer noch Massen von feinkörnigem Tannin, man kann den Wein förmlich kauen, wirkt halb so alt wie er ist. Die enorme Konzentration geht aber mit einer gewissen Eindimensionalität einher, ich vermisse hier die Eleganz und das Spiel, dass ich bei großen Bordeaux erwarte. Das ist eindeutig ein Cos der neuen Zeit, der mit den grandiosen 82ern, 86ern und 88ern aus dem gleichen Haus nicht mehr sehr viel gemein hat. Dennoch in seiner ungezügelten Wucht zweifellos beeindruckend.

Pichon Longueville Baron 1990 (Pauillac 2e GCC) Hier findet sich das, was dem Cos weitgehend abgeht: Eleganz und Spiel. Und das in ziemlicher Pefektion, der Wein bietet laufend neue Facetten und ist schon fast betörend elegant und erinnert hier verblüffend an gelungene Flaschen der Nachbarin von der anderen Straßenseite. Aber, und das ist ein großes ABER: die Struktur erinnert viel eher an einen großen Burgunder als an einen großen Bordeaux, für einen solchen ist mir der Wein einfach zu lose geknüpft, das Gerüst erscheint irgendwie ein wenig wackelig. Vermutlich wäre eine Cuvée aus einem Teil Cos und drei Teilen Baron die beste Lösung... schön zu trinken und stabil, viel zulegen wird der Wein aber nicht mehr.

Latour 1990 (Pauillac 1er GCC) Der 90er Latour wurde en primeur und bei der Arrivage extrem hoch bewertet und galt anfänglich als großer, klassischer Latour-Jahrgang. Nun, das war eine Fehleinschätzung, wie Parker bereits im Jahr 2000 bemerkte, wo er seine ursprüngliche Note (98 PP) auf 96 einzog und schrieb: Based on this example from the Chateau's cellar, it could be drunk now - ich konnte das damals schon mehrfach verifizieren, der Wein war um die Jahrtausendwende trinkreif, und das ist nicht gerade das, was man von einem Latour aus einem großen Jahr erwartet.

Nun, trinkreif ist der Wein naturgemäß immer noch, und Eile gibt es hier auch keine, aber das, was ins Glas kommt, ist für Latour schon recht ungewöhnlich: balsamische Noten, deutlich Zigarrenkiste, feuchte Erde - irgendwie viel mehr Haut Brion als Latour. Das Tannin ist weitgehend abgeschmolzen, und hier ist nichts mit der berühmten Eisenfaust im Samthandschuh - der Samthandschuh ist zwar da, aber darin steckt eine Kinderfaust. Absolut beeindruckend ist allerdings die aromatische Länge des Weins, der klingt wirklich minutenlang nach.


Tja, was soll ich sagen: ein cru bourgeois, das deutlich besser war als erwartet; ein d'Issan am Ende der Laufzeit; ein hyperkonzentrierter, aber leider monolithischer Cos; ein aromatisch wunderbar subtiler und vielschichtiger Pichon Baron mit merkwürdig wackeliger Struktur (der 89er erscheint mir im Distanzvergleich als der deutlich bessere Wein); und schließlich ein völlig atypischer Latour - da macht sich am Ende der Probe doch ein wenig Enttäuschung breit. Das ist nicht das erste Mal, dass mir das mit 90ern passiert - und mittlerweile denke ich, dass die 1990er nicht den großen Abschluß der zum Teil grandiosen 80er Jahre darstellen, sondern den Auftakt zu den 90er Jahren, die ich im Bordelais mittlerweile als ein äußerst problematisches Jahrzehnt ansehe, geprägt von mehr oder weniger orientierungsloser Stilsuche und Technik-Gefrickel im Keller.

Gruß
Ulli
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Trinkfreude

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Re: Bordeaux 1990

BeitragSo 1. Apr 2018, 16:36

Hallo Ulli,

vielen Dank für die Eindrücke! Ich kann zu dieser Bestandsaufnahme auch noch ein wenig beitragen, da ich gestern einen Wein offen hatte, der auch schön in diese Runde gepasst hätte - Leoville Las Cases 1990. Wie immer mittags geöffnet, im Laufe des Nachmittags immer wieder mal ein Probeschlückchen, und dann den Rest abends zum Essen (dekantiert erst 30 min vor dem Essen). Füllstand war Top Shoulder, erst vor einem halben Jahr vom Händler erworben.

Im ersten Moment dachte ich "Sch... da habe ich wohl im Second-Hand-Lotto voll danebengegriffen", denn nach Entfernen der Kapsel schoss mir direkt ein fieser (und vollkommen eindeutiger) Kork-Geruch in die Nase... als ich dann zudem merkte, dass der Korken völlig durchweicht war und schon fast vom Anschauen zerbröselte, schwand die Hoffnung weiter. Ich habe den Korken dann trotzdem erstmal vorsichtig oben abgewischt und ihn per Durand rausgelupft. Und siehe da - der Wein war völlig intakt, und die Unterseite des Korkens roch auch total einwandfrei. Puuuh....

Der Wein brauchte etwa eine Stunde in der offenen Flasche, um sich zu finden. Von da an stand er ohne das geringste Zucken bis kurz vor Mitternacht stramm im Glas. Für einen LLC ist der Jahrgang sicher sehr zugänglich, aber verglichen mit anderen 2èmes aus 90 ist er noch deutlich fester gewoben (Cos hatte ich ewig nicht mehr). Besonders gefallen hat mir die perfekte erfrischende Säure, auch das dritte Glas geht weg wie nix, wenn man nicht aufpasst. LIKE weil Trinkfreude :) . Das hat er den meistern 90ern, die ich bisher kenne, voraus. Aromatisch ist er nicht so weit gefächert wie v. a. der Baron (vor ca 2 Jahren) oder auf andere Art der Leo Poyferré, den ich auch vor einigen Wochen hatte. Er läuft vorwiegend auf einer roten Frucht mit eher dezentem, schön eingebundenem Holz. Ich finde ihn unglaublich stylish und "restrained" im positiven Sinn. PB und LP bieten für die Nase mehr, verändern sich im Lauf der Zeit auch stärker, wollen aber gegen Ende des Abends dann auch ausgetrunken sein, während der LLC noch fröhlich tanzt. In der Länge schenken sich die drei Weine nichts, die sind alle noch sehr lange präsent...

Der Leo Poyferré ist zum heute Trinken für meinen Gaumen genau richtig und ganz vorne dabei (97), beim LLC glaube ich, der würde mir in 3-5 Jahren noch besser gefallen, wenn er weiter aufgeht (95+). Zur Einordnung - meine Flasche Baron damals war auf Augenhöhe mit dem Leo P neulich, aber ich kann Dein Gefühl, dass es da nicht mehr recht weiter aufwärts gehen will, aus der Erinnerung gut nachvollziehen.

Schöne restliche Ostern allerseits!
Jürgen
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