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Bordeaux, diverses

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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susa

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Bordeaux, diverses

BeitragSa 14. Jul 2012, 19:49

Ich glaube, wir brauchen noch einen Bordeaux-Thread, wenn wir über verschiedene Weine ggf. auch verschiedener Jahrgänge in einem Posting schreiben wollen. Also here we go

lieben Gruß
susa
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susa

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Gazin 1993 und 1994

BeitragSa 14. Jul 2012, 19:50

Herr susa und ich machen nämlich heute eine interne Blindprobe:

Gazin 1994 und 1993

Noch haben wir nicht aufgedeckt, aber die Sache erscheint einfach. Einer, wir halten ihn derzeit für den 94er, ist dichter in der Farbe, recht komplex in der Nase mit Duft von Beeren, Erde, Schokolade, Lakritz, am Gaumen noch kräftiges Tannin, entwickelt sich an der Luft, angenehme Süße, mittlerer Abgang.

Der andere, der dann folgerichtig der 93er sein müsste ist von einem helleren Granatrot, leichter Wasserrand, Aromen schon etwas zurückgenommen, Säure etwas dominant, Abgang nicht sehr lang.

Ich werde die Auflösung noch posten.

lieben Gruß
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innauen

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragSa 14. Jul 2012, 21:49

Klingt fast zu eindeutig um wahr zu sein. Allerdings unterscheiden sich die Jahrgänge ja wirklich markant hinsichtlich Frucht, Dichte und Tannin.

Bin trotzdem gespannt auf die Auflösung!

Grüsse,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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susa

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragSa 14. Jul 2012, 21:56

Das war auch das einzige, was uns irritiert hat, aber es ist dabei geblieben. Der 93er baut jetzt etwas ab, der 94er hält das Niveau.

Für nächstes Wochenende hat Herr susa eine schwerere Aufgabe in Aussicht gestellt.

Collage Gazin verdeckt.jpg
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sociando

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragSo 15. Jul 2012, 03:46

ich hätte jetzt eher threads nach appelation aufgemacht als eine grosse (zu heterogene) "diverses" restkategorie für alles mögliche zu eröffnen. dann könnte man es vielleicht unter "diverse margaux" oder wie hier unter "diverse pomerol" diskutieren, als unter "diverse bdx in general". just my 2 (still euro) cents, martin
Zuletzt geändert von sociando am So 15. Jul 2012, 19:43, insgesamt 1-mal geändert.
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susa

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragSo 15. Jul 2012, 17:47

Nächste Woche wollen wir aber blind Pontet Canet, Léoville-Poyferré und noch einen Pauillac, wahrscheinlich Lynch Bages oder Batailley aus einem Jahrgang verkosten, wo würde ich die dann unterbringen?

lg
s
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sociando

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragSo 15. Jul 2012, 19:42

war nur ein vorschlag. wegen deiner frage: na wenn aus dem gleichen jahrgang dann im entsprechenden jahrgangsthread. wenn aber auch noch unterschiedliche jahre (und appelationen) dann würde ich persönlich entweder das als eigenen probenthread aufmachen ("susa bdx probe" oder so ;) ) und dann würde ich erklären, wie es zu dieser probe kam und was der sinn der gegenüberstellung der weine ist. oder ich würde die weine einzeln in die jeweiligen bestehenden jahrgangsthreads einpflegen. aber ist auch net so wichtig. best, martin
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WoFu

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Bordeaux im Mittsommer, laaaang und nicht nur weinerlich

BeitragSo 5. Aug 2012, 22:05

Es war einmal Mittsommer 2012 in Holstein …

…da gab’s hier nicht nur Wein, sondern auch Wetter:

Es ist Sonntag, der 24. Juni 2012. Sommer!!!!! Sommer in Holstein!!!!!! Ok., der Kenner weiß wie die Erfahrene, Sommer in Holstein ist nicht immer Sommer im allgemeinen Sinn. Juni, da war doch was? Ja, Kieler Woche! Kieler Woche und Kieler Woche Wetter, alles klar?

Kieler Woche ist das größte Segelereignis der Welt, so sagt man. Segeln mit ordentlich Wind und Wellen, da wird man naß. Wie sagte der NDR Wetterprofi heute früh im Offenen Kanal Kiel? Was, Ihr kennt den OK nicht? Ok, den OK bekommen wir hier im Kabel serviert und von der Kieler Woche gibt es morgens das Wetterbriefing für die aktiven Segler auch ins heimische Wohnzimmer geliefert. Heute für den letzten Tag der Regatten, positiv war der Meno gestimmt, ist doch egal ob man vom Segeln oder vom Regen naß wird. Ob die Segler das auch alle so sehen? Die Mienen waren nicht so freudig. Aber das Wetter sollte sich verbessern, den ganzen Tag lang, nach und nach mehr Wind, nach und nach mehr Regen…

Ich segele ja nun nicht wirklich. Neulich war ich mal mit dabei, im Mai auf der Flensburger Förde im Folkeboot… noch mehr Wind und ich war hinterher fix und fettich… voll alle Mann! Meine Fitneß war auch schon mal besser, ein Erlebnis war es auf jeden Fall und es hat nicht geregnet, an Land wurden wir nicht nasser, immerhin, das Ölzeug hatte die Förde ohnehin nicht daran gehindert auch die Unterwäsche zu durchfeuchten, oder war das der Schweiß gewesen, der Schweiß der Anstrengung oder der Schweiß der Angst? Egal, davon wollte ich jetzt gar nicht berichten. Ich war jedenfalls froh, nicht noch eine Regendusche zusätzlich zu bekommen.

Im Radio tönt es „Ich liebe diese Tage…“, irgendwo auf der Welt freut sich der gute alte Mr. Miller, die Joker-Tantiemen rollen weiter, auch waren das noch Zeiten, da wurde die Musik noch mit der Hand gemacht… Eigentlich wäre ich jetzt in Kiel, gleich geht’s los mit handgemachter Bluesmusik, vielleicht wieder mit G. Böttger, der damals 75 Hamburg noch gemütlich gemacht hat. Es gibt ja kein schlechtes Wetter, nur ungeeignete Kleidung, aber so knapp über 10 Grad, immer wieder Feuchtigkeit von oben, dazu Wind… und ich bin älter geworden, also nix mit Blues zum Abrocken, es gibt blaue Zeilen, Traurigkeit im Forum, it’s raining nicht nur in meinem Herzen, dann etwas Erfreuliches, zu Hause ist’s gemütlich, die Staus sind auf den Autobahnen ohne mich… Dann vielleicht doch lieber anschauen, wer sich als EM-Gegner der Fußballer aus Deutschland qualifiziert.

Ok., was hat das ganze mit Wein zu tun? Wein’ ist doch die Kurzform von Weinen oder? Scherz bei Seite, der Wein kommt noch und nicht zu kurz… Davor noch ein kleiner Ausflug nach Dänemark. Wer kennt ihn nicht, den St. Hans? Der hatte gestern seinen Abend. Mittsommernachtsfeiern allüberall in Dänemark, große Feuer vor allem am Wasser, dazu Vergangenheitsbewältigung mit dem Verbrennen von Hexenfiguren. Na ja, Hexen…, vielleicht sollten wir davon heute mehr haben, so sagte einer in der gestrigen Runde, die haben ja auch einiges Gute gebracht. Dank des lockeren Lüftchens gestern, haben wir nicht nur auf die Hexenfiguren verzichtet, auch das Feuer wurde nicht abgefackelt, der Korb hierzu blieb im Keller, das mußte nicht sein.

Wir haben also gestern weder die Kieler Woche besucht, noch St. Hans gefeiert. Wir waren acht Leutchen, vier Jungs und vier Mädels, alles gestandene Weinfreunde. Natürlich war für uns die Probe großer französischer Weißweine hier im Ort, in unserem Weinkreis wichtiger als die vorgenannten Termine. Aber wir waren trotzdem nicht dabei. Schon vor einigen Monaten hatten wir uns verabredet, einige Bordeauxflaschen zu öffnen und zu leeren. Alle zwar Intensivweintrinker, alle aber auch keine großen Bordeauxfreaks, irgendwie sind das nicht unsere Weine. Drei aus unserer kleinen Runde hatten 2003 das Vergnügen unter der Führung von Max aus Coburg eine gute Woche vor Ort zu probieren, Chateaus zu besuchen und die französische Lebensart zu genießen. Wir denken immer wieder gern daran zurück. Aber die gereiften Weine konnte man verständlicherweise vor Ort nicht probieren. Die Jungen konnten wir nicht wirklich beurteilen und viele Preise schreckten uns und schrecken uns auch heute noch oder noch mehr ab.

Aus der einfachen Weinprobe wurde dann ein Abend mit Speis und Trank. Also trafen wir uns schon um 18 h. Den ganzen Tag über haben wir gegrübelt, werden wir draußen sitzen können, wird es trocken bleiben, wie kühl werden wir es haben… Superwetter war es, zwar kein warmer Sommertag, aber trocken, sogar mit etwas Sonne … wem das nicht reicht, wer dies nicht zu schätzen weis… der kann heute den ganzen Tag Regen genießen, bei Tageshöchsttemperaturen um die 13 Grad. Da sitze ich gern warm vor meinem Rechner.

Der Start verzögerte sich gestern etwas. Die teure Webergrillkohle wollte im Anzündekamin nicht rot werden. Da gibt man mal relativ Geld aus und dann wird’s nichts. Also zum Vertrösten etwas Wein, ja jetzt geht’s langsam los.

Grillen mit Freunden im Sommer, also nicht gleich mit den ganz großen Weinen anfangen. Auch in Frankreich gibt’s Weißweine, wir hatten allerdings nicht die Großen wie die anderen Weinfreunde, nur etwas Einfaches für die Terrasse. Die Weine wurden verdeckt ausgeschenkt, Bewertungen aber nicht genau vorgenommen, alle beteiligten sich an den Gesprächen über die Glasinhalte, nicht immer waren wir einer Meinung. Da ich mir keine Notizen gemacht habe, nur einige Worte aus der Erinnerung. Die Flaschen fürs Abschreiben stehen hier herum und der eine oder andere Nachschluck ist für mich noch drin. Dabei fällt mir ein, daß ich bislang ganz trocken bin, glücklicherweise auch von außen.

Der erste Weiße kam an, nett gradlinig, Sauvignon blanc könnte dabei sein, solide trinkbar. Die Einigkeit war groß. Auch beim zweiten Wein, deutliches Gold im Glas, viel kräftiger als beim Erstling. Kraft und Stärke leuchtet ins Auge, das ist sicher viel mehr Genuß als vorher. Nase, na ja, frisch ist anders, Mund dito, der hat seinen Zenit locker überschritten, da helfen auch 13,5 % Alk. nichts. Schön, im Garten kann man sein Glas locker ins Grüne entleeren. Plastikstopfen sind eh nix für Wein.

Also schnell einen Ersatz aufgemacht. Sauvignon blanc pur. Kräftige, frische Aromen, angenehmer Sommertropfen, nicht zu schwer, Trinkspaß. Auch hier wieder große Einigkeit. Der durchweg beliebteste der drei Weißen. Bordeauxtypisch, Zuordnung möglich? Nein, nichts dergleichen, eine schöne Erfrischung, aber woher? Für Neuseeland vielleicht etwas zurückhaltend, Österreich oder Deutschland könnte sein… muß man das bei einem Wein dieser Klasse wissen? Nö, uns war’s egal. Lockerer Stoff, mehr nicht. Und alt werden sollten solche Weine von wo auch immer nicht werden…

Langsam kam die Kohle in Wallung, aber nur langsam. Die Häppchen von Pfannkuchen oder Fastcrepes mit Frischkäse und teilweise Lachs stillten den ersten Hunger und dienten als angenehme Appetitanreger. Vor den Rotweinen dann noch einen Rosee… Hier konnten die Rebsorten nicht so einfach erkannt werden. Es drängte sich nichts auf wie beim Vorgänger. Angenehm und locker aber nicht so einprägsam wie der Dritte.

Rundumfrage: Der Ersatzweißwein lag deutlich vorne auf der Beliebtheitsskala. Aufgedeckt war inzwischen auch alles. Der erste stammte von Mövenpick, ein 2009er CH. MIRAMBEAU aus dem Gebiet Zwischen-den-Meeren, 12,5% Alkohol aus Sauvignon blanc und Semillion. Der Altwein war von 2006 BLANC de BOIS NOIR, 13,5 % (von Hawesko?), schade der Alkoholgehalt und die silberfarbene Kapsel hatten mehr Haltbarkeit versprochen, der Kunststoffkorken schon Böses erahnen lassen, müssen wir alle nicht wieder haben. Nach dem Wein aus dem Schwarzwald (oder wie würde der Französischkenner Bois Noir übersetzen) gingen wir zum schwarzen Pferd über. CHEVAL NOIR aus dem Hause Mähler-Besse, Sauvignon Blanc mit Semillon als weißer Grand Vin mit 12,5 % aus 2011 und dazu der halbrote Bordeaux Rose mit lediglich 12 % aus Cabernet Franc und Merlot. Ganz trockene und noch kräftigere südfranzösische Roses gefallen mir persönlich doch noch besser. Die beiden Chevals sind solide Markenweine, die mich bei so mancher Veranstaltung glücklich gemacht hätten, trotz der Bezeichnung keine großen Weine aber gut trinkbar.

Gemischtes Fleisch vom Grill, dazu verschiedene Salate, teils selbstgebackenes Brot, Saucen, Sonne und Wind, Sommergenuß. Dazu Wein und endlich Rotwein. Immer zwei nebeneinander A und B verdeckt. Der A wirkt jung, holzig, eher unreif, nicht wirklich harmonisch, alles aber auf solidem Niveau, vielleicht mit guter Zukunft, eher holzbetont erdig als fruchtig. Einige stört die Nase, leicht Azeton, flüchtige Säure etwas unharmonisch. Der B kommt angenehm rund, keinesfalls alt, eher gerade richtig, kein großer Wein aber ohne negative Kritik, das Holz besser eingebunden als bei A. Insgesamt ein guter Einstieg in die Rotweine.

Zwei Vertreter der Appellation Bordeaux: A ein Silbermedaillienwein mit 12,5 % CHATEAU MOULIN DE LA SALLE 2007. Ob der wirklich noch besser wird oder nicht? Wir wissen es nicht. Dieser wie der B waren seit dem frühen Nachmittag geöffnet. Auf deutlich mehr Gegenliebe stieß die LEGENDE d’Or 2004 aus dem Hause Rothschild Lafite, 12,5 % schön trinkbarer Rotwein ohne Ecken und Kanten. Die Hoffnung auf Besseres im Glas blieb.

Eindeutig erkennbar war das deutlich höhere Alter des nächsten Paares. Teils wurde wieder eine säurebetonte Nase kritisiert, dieser Eindruck ließ aber relativ schnell nach. Ein großes aha-Erlebnis stellte sich noch nicht ein. Beide erst kurz vorher geöffneten Weine verbesserten sich im Glas mit Luft. A war runder, feiner, harmonischer, solide aber nicht groß. B fehlte ein wenig, nicht fehlerhaft, nicht altersschwach, nicht zu jung, nicht zu säurebetont aber auch nichts zum positiv erinnern.

Ich habe von A mehr erwartet, hatten wir doch vor einigen Wochen eine andere Flasche mit sehr viel Genuß geleert. Ein 1998 CUVEE CARL vom CHATEAU SEGUIN mit 12,5 %. Ein Schloß mit dänischen Eigentümern (Chris Wine), den ich vor Jahren in Dänemark für rund 25 € gekauft hatte, nicht wenig für einen Bordeaux Superieur, dort aber ein Cru Exeptionnel und die Flasche sehr schwer. Der kleine Rest heute zeigt ein wenig Verbesserung. Auch B ist ein Superieur, ein 1997er CHATEAU GRAND VERDUS wiederum 12,5 %.

Es war 20.30 h, es wurde kühler, nein spürbar frisch, die Mägen gefüllt und es gab wieder eine einstimmige Entscheidung: Abräumen und den Abend mit Wein, Wasser und Brot im Wohnzimmer fortsetzen. Die Weine sollten besser werden, so hofften wir zumindest.

Bekannt war, daß beide Weine aus dem gleichen Jahrgang stammten. Der erste fiel allerdings sofort durch, das unmögliche war geschehen: Ein Bordeaux mit Korkfehler. Hatten wir doch auf unserer Reise 2003 immer wieder vor Ort gehört: Korkfehler gibt es bei uns nicht. Na ja, geglaubt hatten wir das ohnehin nicht wirklich und auch Proben mit fehlerhaften Weinen gehabt. Hinter dem Kork schien aber durchaus ein guter Wein gesteckt zu haben… Der B entschädigte deutlich. Wein, guter Wein, rund, reif ohne alt zu sein, durchaus mit weiterem Potential, Alkohol und Holz gut eingearbeitet, sehr rund, nicht wirklich groß aber deutlich über allem vorherigen Weinen. So bringt auch uns Bordeaux Spaß, so etwas hatten wir uns für den Abend erhofft. Vielleicht etwas säurebetont, aber nicht wirklich störend, Frucht, Vanille, ein ganz klein wenig Schoko…schön, vielleicht eher zu Speisen als solo, wobei nicht alle dies so sahen.

Es waren zwei Cru Bourgeois aus 1995, CHATEAU SAINT-AUBIN aus dem Medoc mit 12,5 % und Korkfehler war dem gleichstarken CHATEAU DUTRUCH GRAND POUJEAUX aus Moulis en Medoc deutlich unterlegen.

Wir hofften auf Fortsetzung und wurden nicht enttäuscht. Wildschwein, Reh oder anderes Wild wäre gern als Begleitung gesehen worden. A superrund mit viel Würze, Schoko, Harmonie pur, der Zeitpunkt scheint genau richtig zu sein, der beste Wein für alle am Tisch. B wirkte viel jünger, frischer, Säure und erfrischende Noten in der Nase (Eukalyptus ?) deuten viel Zukunft an, zu früh geöffnet? Kritik auf hohem Niveau, Harmonie sicher (noch) nicht auf dem A-Niveau, Spaß machte der Tropfen auf jeden Fall. Irritationen in der Runde, beide aus dem gleichen Jahrgang, aus den 90ern, es waren jüngere Jahrgänge erwartet.

Zwei 1996er waren gegeneinander angetreten, aus Pomerol der CHATEAU BEAUREGARD mit 13 % und der frischer wirkende, gleich alkoholische CHATEAU JEAN FAURE Saint-Emilion Grand Cru. Merlot kommt bei uns sehr gut an, deutlich bis dato die beste Paarung. Die Probegeschwindigkeit wurde spürbar langsamer, der Genußfaktor merklich höher, das Philosophieren über mögliche Speisenbegleitung brachte die Erinnerung zurück, Nachtisch sollte es ja auch noch geben. Eine Aprikosentarte und kleine Schokotarteletts kamen auf den Tisch und sehr schnell mit Genuß in unsere Mägen. Leckerschmecker auch ohne spezielle Weinbegleitung.

Die letzte Paarung war dann wieder jünger und schon lange geöffnet. Beide Gläser füllen sich fast schwarz, sehr dunkel und dicht. Lange Diskussionen darüber, welcher Wein mehr Bitternoten aufweist, welcher Wein der bessere ist, welcher der vermutlich teurere. Der gleiche Jahrgang war bekannt, aber nicht welcher. Wir standen durchweg vor großen Rätseln. Beide Weine sehr kräftig, leichte Diskussionen über die Feinheiten, Details. Vorher bestand durchweg Einigkeit darüber, welcher Wein der Paarung bevorzugt wurde, beim letzten Paar dann nicht mehr. Vielleicht beide zu jung, A vielleicht etwas weniger zu jung als B, B noch mehr Zukunft und dezenter. A eher ein Kraftprotz, B eher körperreich mit Finessen…

Zwei 2000er standen sich gegenüber CHATEAU MEAUME aus Bordeaux Superieur mit 14 % und aus dem Hause P. de Rothschild mit lediglich 12,5 % der CHATEAU d’ARMAILHAC. Irgendwie überraschend der geringe Genußabstand. Vom ersten Wein waren weder Herkunft noch Preis in Erinnerung geblieben, der Grand Cru Classe dürfte deutlich teurer gewesen sein. Das Nachprobieren der kleinen Reste zeigte den Abstand heftig verstärkt, solide rustikal gegen fein und vielschichtig, wir hätten doch mehr Luft geben sollen.

Unser Fazit des Abends: Spaß kann auch ein einfacherer Bordeaux machen, wie jeder andere Tropfen auch (z. B. im Sommer auf der Terrasse), Spaß und Genuß gibt es aber erst für deutlich mehr Geld und dazu Reife. Einigkeit fand die Runde wieder in der Ansicht, daß wir persönlich nicht soooo viel Lust darauf haben, Weine für (relativ) viel Geld zu kaufen und dann zehn, fünfzehn, zwanzig oder mehr Jahre warten zu müssen. Reife Weine genießen wir gern, zu jung ist das nichts für uns. Überraschend war der Vergleich der 2000er, eine Bestätigung des Vorurteils, in guten Jahren sich ruhig mal Güter oder Laden der zweiten oder dritten Reihe einzuschenken.

Was bin ich glücklich, gestern abend gleich den Garten aufgeräumt zu haben, jetzt mit dem Text durch zu sein, mir gleich noch die Verlängerung des Fußballspiels anschauen und dazu noch einen Schluck Bordeaux trinken zu können, auch wenn es sich durchweg nur um kleine Reste in den Flaschen handelt.

Schönen Dank an die, die alles gelesen haben, mir hat’s mal wieder in den Fingern gejuckt und nur Weintrinken ist auch irgendwie langweilig. Und fertig geschrieben habe ich diesen Bericht erst Anfang August. So ist das Leben manchmal.

Grüße

Wolfgang
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la-vita

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Verkostung in Bordeaux: Noch mal Wein gehabt ....

BeitragFr 14. Dez 2012, 12:22

Hallo liebe Forengemeinde:

Hier noch ein LInk aus der FAZ, über einen Bericht von einer Primeurverkostung in Bordeaux von Oliver Maria Schmitt (ehem. Chefredakteur des Titanic Satire Magazins) :

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft ... 33000.html

Göttlich! Viel Spaß dabei!

Detlef
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port_ellen

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Re: Bordeaux, diverses

BeitragFr 14. Dez 2012, 14:58

einer der besten artikel, die ich je gelesen habe.
attacke, entwicklung und abgang ohne ende.
gruss, matthias
...and you may ask yourself - well...how did I get here ?
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