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Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 08:55
von Ewald von Dennenburg
Bislang habe ich auch keine guten Erfahrungen mit den 07ern gemacht. Bis auf Moulin Haut Laroque, den ich letzten Winter in einer angenehmen, rotfruchtigen Phase erwischt habe, waren sie irgendwie genussfrei.
Chateau Villars und Charmail hatte ich eher zur Überbrückung gekauft, muss aber feststellen, dass ich an die Flaschen mit nur viel Widerstand rangehe. Ein Rollan de by 2007 ist ebenfalls ziemlich klein und belanglos - welch krasser Unterschied zum 2005er. Nein, das Jahr 2007 ist innerhalb der Cb ziemlicher Mist und ich ärgere mich so langsam über die Schreibe von Rolf Bichsel und Barbara Schröder in der Vinum, die dazu tendieren, solch kleinen Jahrgängen ein Schnäppchenstatus anzudichten. Ein solches Schnäppchenjahr soll 2013 auch sein- nochmal fall ich darauf nicht herein.
Vielleicht rettet noch eine Einzelflasche Haut Bailly 2007 mein vernichtendes Jahrgangsurteil.

Beste Grüße
Uwe

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 09:05
von Trinkfreude
UlliB hat geschrieben:Wer davon hat: viel besser wird der nicht mehr
Diesen Satz hätte ich unter jeden einzelnen 2007er schreiben können, den ich bisher getrunken habe... :D
Ich habe damals trotz des mäßigen Rufes, den der Jahrgang hatte, einige wenige Weine gekauft, bei denen ich hoffte, dass sie besonders gelungen seien. Eglise Clinet war dabei, Pontet Canet und noch ein par andere. Ich habe dann interessehalber recht bald nach der Arrivage jeweils eine Flasche davon angetestet und mich dann entschieden, den Rest auch flott wegzutrinken - diese Entscheidung habe ich nie bereut. In der Fruchtphase konnte man alle sehr schön trinken, aber ich vermute (ohne es zu wissen), viel besser geworden ist danach keiner davon. Für mich war es aufschlussreich zu sehen, was man mit guter Weinbergs- und Kellerarbeit auch aus so einem Jahrgang rausholen kann.

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 10:22
von UlliB
Trinkfreude hat geschrieben: Für mich war es aufschlussreich zu sehen, was man mit guter Weinbergs- und Kellerarbeit auch aus so einem Jahrgang rausholen kann.

Die wirklich guten Erzeuger leisten sich heute keine schlimmen Ausrutscher mehr, wie das vor 20 Jahren noch gelegentlich der Fall war, und der Cos war nun wirklich nicht schlecht - aber eben doch weit entfernt von dem, was hier in guten Jahren produziert wird, und darüber hinaus für das Gebotene viel zu teuer. Trotz aller technischen Fortschritte und Verbesserungen in der Vitikultur bleiben die qualitativen Jahrgangsunterschiede im Bordelais ganz erheblich - sie sind drastischer, als ich das aus irgend einem anderen Gebiet kenne. Die immer wieder gehörte Behauptung, dass da mittlerweile jedes Jahr immer gleich schmecke, ist völlig absurd und lässt sich mit einer kleinen Vertikalen schnell widerlegen.

"Kleines Jahr - große Weine; großes Jahr - kleine Weine" - so eine immer wieder gerne zitierte Regel. Nach über drei Jahrzehnten mal mehr, mal weniger intensiver Beschäftigung mit Bordeaux und mittlerweile 30 Primeurkampagnen, bei denen ich mir hier und da gehörig die Finger verbrannt habe, lautet die Regel für mich mittlerweile: "Großes Jahr - große Weine; kleines Jahr - gar keine Weine". Davon weiche ich nur ab, wo ich ein paar lange Vertikalen verlängern möchte, aber das ist halt ein Sammlertick und nicht der Absicht geschuldet, die Weine dann mit großem Genuss trinken zu wollen. Wirklich brauchen tut niemand 2007er oder 2013er im Keller, wenn es aus anderen Jahren deutlich bessere Weine für weniger Geld gibt.

So etwas hören natürlich die Händler nicht gerne, denen im Allokationssystem auch die kleinen Jahre reingedrückt werden und die sie an den Mann bringen müssen, wenn sie sich nicht aus dem Spiel ganz verabschieden wollen.

Gruß
Ulli

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 13:07
von octopussy
UlliB hat geschrieben:
Trinkfreude hat geschrieben:Trotz aller technischen Fortschritte und Verbesserungen in der Vitikultur bleiben die qualitativen Jahrgangsunterschiede im Bordelais ganz erheblich - sie sind drastischer, als ich das aus irgend einem anderen Gebiet kenne.

Ich frage mich immer, woran das liegt. Eigentlich sind ja die Voraussetzungen im Bordelais - jedenfalls bei den großen Gütern - gut, um auch bei schwierigem Wetter einen tollen Wein zu erzeugen. Eine große Auswahl verschiedener Parzellen, die Möglichkeit, streng für den Erstwein auszulesen, Verschiebungen in der Cuvée, je nachdem, welche Traubensorte besonders gut ausreifte und nicht zuletzt das technische Equipment wie z.B. Rütteltische / optische Sortiermaschinen, etc.

Im Burgund (rot) fällt mir aus den letzten 15 Jahren nur ein Jahrgang ein, der so richtig durch die Bank in die Hose gegangen ist: 2004. Ansonsten gibt es aus kleinen Jahren zwar immer eine Menge Nieten, die gibt es aber zuhauf auch in vermeintlich großen Jahren wie 1999, 2002 oder 2005. Viele Weine aus zunächst als klein bewerteten Jahrgängen wie 2000, 2001, 2007 oder 2011 entwickeln sich für meinen Geschmack ziemlich gut und sind hervorragende Restaurantweine oder Überbrückweine, bis die strukturierteren und konzentrierteren Jahrgänge trinkreif sind.

Ich hätte prima facie nicht damit gerechnet, dass im Bordelais noch echte Ausfälle möglich sind, aber es scheint sie zu geben.

P.S.@Ewald von Dennenburg: 2007 Rollan de By fand ich auch ziemlich schwach. Den fand ich richtig grün.

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 13:51
von UlliB
octopussy hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:
Trinkfreude hat geschrieben:Trotz aller technischen Fortschritte und Verbesserungen in der Vitikultur bleiben die qualitativen Jahrgangsunterschiede im Bordelais ganz erheblich - sie sind drastischer, als ich das aus irgend einem anderen Gebiet kenne.

Ich frage mich immer, woran das liegt.
[...]
Ich hätte prima facie nicht damit gerechnet, dass im Bordelais noch echte Ausfälle möglich sind, aber es scheint sie zu geben.

Stephan,

wirkliche Ausfälle gibt es bei den guten Erzeugern mittlerweile nicht mehr; die waren in den 70ern in den schwachen Jahren noch die Regel und traten in den 80ern und 90ern durchaus noch häufig auf, seitdem aber nicht mehr (im Segment darunter sieht es aber mitunter immer noch schlimm aus). Dennoch bleibt der qualitative Unterschied zwischen einem 2007er und einem 2009er vom gleichen Erzeuger in den weitaus meisten Fällen einfach nur verblüffend groß. Um mal die Diskussion aus einem Parallelthread aufzugreifen: ein Batailley 2009 schlägt einen Cos d'Estournel 2007 um Längen, und das zu einem Drittel des Primeurpreises. Ein 2009er Cos stellt dann wiederum einen 2009er Batailley komplett in den Senkel, aber das dann zum bald 10fachen Preis...

Ich erkläre mir die auffälig hohe Schwankungsbreite der Qualität von Jahr zu Jahr mit der schon einigermaßen extremen Exposition: die Weingärten des Médoc liegen lediglich durch ein paar flache Kiefernwälder abgeschirmt wenige Kilometer entfernt von der Biscaya, und wer schon mal da war, weiß: das ist nicht die Badewanne Ostsee oder das Planschbecken Nordsee-Wattenmeer, das man als deutscher Tourist im Sommmer so kennt, sondern offene Hochsee. Und wenn da mal das Wetter schlecht ist, dann ist es richtig schlecht, und nichts bremst das Duchschlagen dieses Wetters auf die Weinlagen.

Gruß
Ulli

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 15:11
von innauen
Hallo,

unterschreibe alles und ergänze noch zwei Gedanken.

- 2013 ist mindestens genauso schlecht wie 2007, doch haben die Chateaus ihren Stil gewechselt. Während man 2007 noch versuchte die Defizite des Jahrgangs durch Konzentration und viel Holz auszugleichen, hat man 2013 bewußt leichte Weine hergestellt.

- Der Einsatz der optischen Sortiertische ist beginnend mit dem Jahrgang 2011 auf den besser situierten Chateaus häufiger anzutreffen.

Grüße,

wolf

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: So 29. Mai 2016, 15:56
von UlliB
innauen hat geschrieben:- 2013 ist mindestens genauso schlecht wie 2007, doch haben die Chateaus ihren Stil gewechselt. Während man 2007 noch versuchte die Defizite des Jahrgangs durch Konzentration und viel Holz auszugleichen, hat man 2013 bewußt leichte Weine hergestellt.

Meine Erfahrungen mit 2013 sind noch sehr begrenzt - im entsprechenden Thread hatte ich küzlich u.a. über Pichon Comtesse 2013 berichtet, und wenn dieser Wein für das gesamte obere Segment typisch ist, stimmt das tatsächlich so. Ich begrüße diesen Stilwandel durchaus, aber gleichzeitig untersteicht er nur noch mehr, welchen eklatanten Mangel an Konzentration auch Top-Bordeaux in Jahren wie 2013 gegenüber den besseren Jahren haben. Die Amplitude zwischen guten und schlechten Jahren wird so nur noch offensichtlicher.
Der Einsatz der optischen Sortiertische ist beginnend mit dem Jahrgang 2011 auf den besser situierten Chateaus häufiger anzutreffen.

Der Sortiertisch verhindert aber nur, dass fehlerhaftes Traubenmaterial (grob unreif oder faul) in die Vinifikation gelangt, den Rest macht es auch nicht reifer oder konzentrierter. Die Weine werden dadurch sicherlich reintöniger (die 13er Comtesse war tatsächlich ein Muster an Reintönigkeit und Finesse), aber an bessere Jahre wird das Traubenmaterial auch nicht angeglichen.

Und wir reden hier im Forum ja regelmäßig nur über die besten 5% der Produktion im Bordelais. Darunter sieht es schon richtig schlimm aus.

Gruß
Ulli

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: Mo 30. Mai 2016, 10:05
von Trinkfreude
UlliB hat geschrieben:Nach über drei Jahrzehnten mal mehr, mal weniger intensiver Beschäftigung mit Bordeaux und mittlerweile 30 Primeurkampagnen, bei denen ich mir hier und da gehörig die Finger verbrannt habe, lautet die Regel für mich mittlerweile:Großes Jahr - große Weine; kleines Jahr - gar keine Weine".
Bei mir heißt sie inzwischen:
- Großes Jahr - große und kleine Weine quer durch
- Mittleres Jahr - große und kleine Weine selektiv je nach Stärken/Schwächen des Jahrgangs
- Kleines Jahr - gar keine Weine (außer vielleicht punktuelle positive Überraschungen nach der Arrivage)


Am meisten Spaß machen mir inzwischen die mittleren Jahre wie zuletzt 12 und 14, wo sich die Mühe des Trüffelsuchens lohnt, wenn man es schafft, den Jahrgang halbwegs richtig zu "lesen" und dann mit etwas Glück viel Wein fürs Geld kriegt. Die am besten gelungenen Weine solcher Jahre stehen oft den großen Jahren nicht viel nach, kosten aber deutlich weniger.

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: Mo 30. Mai 2016, 10:19
von Trinkfreude
innauen hat geschrieben:Während man 2007 noch versuchte die Defizite des Jahrgangs durch Konzentration und viel Holz auszugleichen, hat man 2013 bewußt leichte Weine hergestellt.
Das ist ja grundsätzlich eine lobenswerte Herangehensweise - in solchen Jahren ist ein leichter Wein das beste und adäquateste, was man aus dem machen kann, was die Natur einem in die Hand gibt. Allerdings habe ich persönlich an den Grand Vin eines namhaften Bdx-Chateau dennoch den Anspruch, dass es ein wirklicher vin de garde ist, mit der erforderlichen inneren Dichte usw. Leichten Rotwein - auch auf hohem qualitativen Niveau - bekomme ich auch woanders, für einen Bruchteil des Preises. Ich würde mir wünschen, die führenden Chateaux hätten mal die Konsequenz, in schwachen Jahren einfach nur den Zweitwein herzustellen. Wie gesagt - viele 07er haben mir durchaus geschmeckt, aber das Preisschild waren sie nicht annähernd wert und ich würde sie nicht nochmal kaufen. Wenn der gleiche Wein unter dem Zweitwein-Etikett für die Hälfte angeboten würde, wäre das anders.

Re: Bordeaux 2007

BeitragVerfasst: Mi 1. Jun 2016, 17:43
von vanvelsen
Gestern Abend, ganz ohne Notizen dafür mit viel Freude, den Langoa Barton 2007 im Glas. Ein nach wie vor sehr schön zu trinkender Wein, am Anfang seines Trinkfensters.
Dunkel, noch jugendlich aber kurz nach dem Öffnen voll da. Muss nicht, aber kann noch 10 Jahre liegen. Grossartiger 07er - ideal für die Gastronomie.

Gruss,

Adrian