Bordeaux 1990

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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harti
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von harti »

Hallo zusammen,

wir hatten zwei schöne Tage in Idstein mit teilweise grandiosen Weinen und nur wenigen Enttäuschungen. Mein Favorit war Lynch Bages, der mich vor allem mit seiner Eleganz beeindruckt hat. Château Margaux hat grundsätzlich das Zeug, sich in zukünftigen Proben an die Spitze des Feldes zu setzen, ist derzeit aber noch nicht voll ausentwickelt.

Der anhängenden Datei könnt Ihr das Ranking entnehmen. Weitere Details werde ich noch nachliefern.

Grüße

Hartmut
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nougat
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von nougat »

Gesten gabs La Lagune 1990 und Sociando Mallet 1990 zum Roastbeef. Oder besser gesagt, den Nachmittag und Abend bis in die Nacht über, denn die Weine benötigten einige Stunden Luft, um sich zu entfalten.
Beide Weine sehe ich momentan auf einem Niveau, was für den hoch gelobten Sociando etwas enttäuschend ist, denn ich würde beiden 17,5 nP geben. Dabei sind beide Weine von unterschiedlichem Charakter. Außerdem dürfte sich der Lagune kaum mehr verbessern, während der Sociando noch Potential hat.

Lagune, ein Clairet von altem Schrot und Korn.Weniger Reifetöne in der Farbe als vermutet, straffe lebendige Nase, viel feine Würze und knapp reife Frucht. Am Gaumen mittelgewichtig und ebenso straff durch eine feine Säure. Mittlerer leicht säurebetonter Abgang. Die feine betonte Würze hält er bis zum Schluss durch. Hätte sehr gut zum Roastbeef gepasst :| Tannin noch etwas spürbar, das Gerüst bildet aber die Säure.
Lebt von Lebendigkeit und Frische, die dem Sociando etwas abgeht.
Dieser nobler und getragener. Rel. dunkle jugendliche Farbe, kaum Aufhellung zum Rand hin. Eine dunkle verführerische Frucht steigt behäbig aus dem Glas auf. Auch Lakritz, Kakao, Süßholz. Am Gaumen mehr Fleisch als Lagune, satter druckvoller Auftakt und langer Abgang. Ausgewogener als Lagune am Gaumen. Die Tannine beschlagen noch das Zahnfleisch. Den Wein hatte ich zu meinen Anfangszeiten vor ca 10 Jahren schon deutlich offenherziger, fast groß, im Glas. Entweder präsentiert er sich momentan nicht so gut oder es war eine weniger gute Flasche.
Grüße
Martin

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dylan
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von dylan »

harti hat geschrieben:Hallo zusammen,

wir hatten zwei schöne Tage in Idstein mit teilweise grandiosen Weinen und nur wenigen Enttäuschungen. Mein Favorit war Lynch Bages, der mich vor allem mit seiner Eleganz beeindruckt hat. Château Margaux hat grundsätzlich das Zeug, sich in zukünftigen Proben an die Spitze des Feldes zu setzen, ist derzeit aber noch nicht voll ausentwickelt.

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Hartmut
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Mein kurzes Fazit zu dieser Probe:

Der erste Abend war ganz schön anstrengend und deshalb für meine Begriffe doch etwas enttäuschend. Immerhin haben acht von sechszehn Weinen von mir weniger als 90 Punkte erhalten. Rausan-Segla und Malescot gewohnt, der mir bis dato unbekannte Cantenac-Brown überraschend gut. Anders als in 1996, wo man nahezu bedenkenlos alles, was nördlich von Margaux wächst, kaufen kann, sollte man in 1990 genau hinschauen.

Der zweite Abend war dann um ein vielfaches erfreulicher. Fünf Weine tranken sich auf Top-Niveau:

Montrose ist ein exotisches und animalisches Tier mit Druck ohne Ende. Wer drauf steht gibt 99 oder 100 Punkte, wer nicht, bleibt bescheiden, und begnügt sich wie ich mit 96.
Latour ist schon erstaunlich weit entwickelt und sorgt für mächtig Spass im Glas, ohne dabei seine klassische Herkunft zu verleugnen. Für mich der Wein der Probe und deshalb 98 Punkte.
Stilistisch zwischen Montrose und Latour angesiedelt war der Lynch Bages. Hedonistisch, aber ohne das animalische des Montrose zu zeigen, mit irrer Länge ausgestattet. Das knallt so richtig am Gaumen ohne satt zu machen. Von mir wieder 98P.
Sehr gut wiederum Pichon Baron, nobel und klassisch, für meine Begriffe aber etwas zu viel Holz (96P).
Leoville Poyferre war zumindest in unserer Flasche voll entwickelt. Jahrgangstypisch mit viel Fett ausgestattet, enorm extrovertiert. Da muß man nichts suchen, der Wein springt einen geradezu an. Der beste Poyferre, den ich bis jetzt getrunken habe (97P).

In Lauerstellung zu diesen Weinen befinden sich derzeit Chateaux Margaux und Leoville Las Cases, die sich zwar bislang nur im Scheckentempo entwickelt haben, jedoch beste Anlagen für eine sehr gute Zukunft zeigen.

Die größte Enttäuschung des Abends war wohl für viele Leoville Barton, ein harter, komponentiger und ungeneröser Brocken (wohlwollende 90P). Ob das noch mal was wird :?:

Nicht besonders umwerfend fand ich auch die höher vorgewetteten Gruaud Larose, GPL, Calon Segur und Lagrange, allesamt mit 92 bzw. 93P (Gruaud) bewertet.

Ebenfalls kein großer Wein war (erwartungsgemäß) die Comtesse, der es an Tiefe, Komplexität und Länge fehlt. Dafür hat sie aber jede Menge Charme und eine Margaux-Nase, die einen nur träumen läßt.

Um die großen Weine des Medoc aus diesm Jahrgang muß man sich, was die Haltbarkeit angeht, entgegen anderslautenden Vermutungen sicherlich
noch keine Sorgen machen. Der ÜBER-DRÜBER Jahrgang ist 1990 in meinen Augen allerdings nicht.

Beste Grüße verbunden mit einem großen Dank an die Ausrichter der Probe

dylan
Kle
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von Kle »

der einst von Gabriel schlimm gescholtene und auch von Parker nicht gerade empfohlene Chateau Lascombes hat bei einer Vergleichsprobe verschiedener gereifter BDX-Gewächse die Teilnehmer einhellig erfreut. Noch schöner zeigt sich der übrig gebliebene Flaschenrest nach 24 Stunden Luft: Kräuter-Medizinal– und Teenoten in ein süßes, geradezu liköriges Aroma eingebettet. Ein wunderbarer Kontrast und Genuss. Merke: VKN´s lesen aber nicht danach richten, auch nicht nach dieser.

Gruß, Kle
—People may laugh as they will—but the case was this.
Tristram Shandy
bordeauxschwalbe
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von bordeauxschwalbe »

Gestern abend im Glas:

Grand Puy Lacoste

Nach dem öffnen springt einem sofort ein süchtigmachender parfümierter, süsser und leicht café-malziger Duft in die Nase. Man muss nicht allzulange warten -ça. 1 Stunde undekantiert- und auch am Gaumen stellt sich ein unglaublich seidiges und fast schon zu perfektes Erlebnis ein.

Dieser Wein hat keine Ecken und Kanten; totale Harmonie und Symetrie von Nase und Gaumen. Es schimmern zart pure, klare rotbeerige Johannisbeere, ebenso Leder und Kräuter durch, alles sanft und sich einem harmonischen Gesamtbild unterordnend.

Wenn man nun wirklich nach einem Manko suchen will, so ist es hier die sehr feminine etwas vordergründig parfumierte süsse Nase und der dazu schmeichelnde Abgang, welcher zb. zum Steak als Speisenbegleiter zu wenig "Stoff" bietet, der Wein war also nach dem Essen als Solist besser.

Fazit:
Ein sehr femininer, seidiger, schlanker und perfekt gereifter Bordeaux

95P jetzt trinken
lg aus wien,
philipp

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vanvelsen
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von vanvelsen »

Hier ein Link zu einer kleinen Bordeaux-Vertikalen von Ch. Poujeaux. Gruss, Adrian
http://www.vvwine.blogspot.ch/2013/01/7 ... ybrig.html
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octopussy
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von octopussy »

Hallo zusammen,

nachdem mir neulich ein Château Le Bon Pasteur 2001 wirklich gut gefallen hat, schmeckte heute auch ein 1990 Château Fontenil von Dany & Michel Rolland wirklich gut. Ordentlicher Füllstand, ausgezeichneter Korken. Direkt nach dem Öffnen war er erstmal sehr schokoladig, gerade im Mund wie 70%ige Bitterschokolade (aber eine feine). Mit etwas mehr Luft (nicht dekantiert, nur die Flasche offen) nahm er leider ganz leichte Reifenoten an. Aber diese Samtigkeit am Gaumen, die hat uns dreien am Tisch schon sehr gut gefallen. Auch zum Essen (eine Art "Boeuf Bordelaise") passte der Wein ausgezeichnet. Früher habe ich öfter mal Weine aus Fronsac und Canon-Fronsac getrunken, weil sie stets als günstige Alternative zu Weinen aus berühmteren Rechtes-Ufer-Appelationen wie St. Emilion und Pomerol galten. Ich hatte sie stets als etwas rustikal in Erinnerung. Das galt jedenfalls für diesen Château Fontenil nicht, der vielleicht kein Ausbund an Eleganz war, aber jedenfalls nicht als Stallbursche durchgehen würde.

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Beste Grüße, Stephan
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von Jochen R. »

Heute Reserve de la Comtesse 1990 im Glas. Die Meinungen zum´90iger
Erstwein gehen ja auseinander und sind mehrheitlich eher negativ. Deshalb
waren meine Erwarten nicht sonderlich groß und umso mehr erfreut mich das
Ergebnis ;)

Tief dunkles Weinrot mit Wasserrand. Anfangs mittelkräftige Nase: Feiner
Tabak & florale Noten, bißchen Paprika. Dahinter Zwetschgen, Brombeeren,
Cassis sowie Minze. Intensität nimmt mit Luft merklich zu, nach ca. 45 min Nase
intensiv. Später auch Gewürze, nasser Waldboden und frisch gebrühter Kaffee.
Mittlerer Körper, schokoladig, florale und Tabak-Noten sowie dunkle Früchte
setzen sich am Gaumen fort. Schöne Adstringenz und langer Abgang.
Sehr gut (90 P.).

Viele Grüße,
Jochen
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
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vanvelsen
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von vanvelsen »

Gestern Abend hatte ich Ch. Haut-Bailly 1990 im Glas und war begeistert. Meine Eindrücke sind hier nachzulesen:

http://vvwine.blogspot.ch/2013/02/ch-ha ... -beef.html

Gruss,

Adrian
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Re: Bordeaux 1990

Beitrag von bordeauxlover »

Hallo Adrian,
sehr schöne, ungemein trinkanimierende Verkostungsnotiz. Da werde ich glatt neidisch... Habe mir Mitte der 90er vom 90er Haut Bailly ein paar Flaschen zugelegt, die leider - allesamt mit großem Genuss getrunken - alle bis zur Jahrtausendwende dran glauben mussten. Viele Jahre später konnte ich dann nochmal halbwegs bezahlbar eine Einzelflasche aus seriöser Quelle auftreiben, die im Rahmen einer kleinen 90er-Probe im Oktober 2010 ebenfalls großen Genuss gewährt hat. Schade nur, dass der Wein heute nur sehr schwierig aufzutreiben sein dürfte und noch schwieriger zu akzeptablen Preisen. Mitte der 90er habe ich da so um die 40 DM pro Flasche bezahlt. Da treiben einem die heutigen Subskriptionspreise, besonders in großen Jahren, die Tränen in die Augen...

Auf Haut Bailly und den wunderbaren Bordeauxjahrgang 1990! :D
Armin
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