Bordeaux 2006

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Zweifel
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Zweifel »

Hallo alle

Ich hatte die letzten Tage Le Boscq 2006 und d'Aighuile 2006 im Glas. Beide Weine fand ich recht gut.

Le Boscq ist bereits sehr zugänglich. Noch jugendliches Rot. Wahrnehmbares Toasting (Räucherspeck). Im Mund rotfruchtig mit stützenden aber nicht mehr trocknendem oder sandigem Tannin. Genügend Säure. Sehr ausbalanciert in Körper, Frucht und Tannin. Viele grosse Schlieren im Glas. Eher kurzer bis mittlerer Abgang. Ein eher leichter Wein mit weder grosser Komplexität noch Konzentration. Sehr schön zu trinken, macht Freude. Dürfte derzeit besser sein als der 2005, der wohl noch etwas Zeit braucht.

D'Aighuile: Flasche geöffnet und getrunken. Er ist konzentrierter, eher dunkel in der Farbe. Die Aromen gehen eher Richtung blaue Frucht, Zwetschge, gute Frucht, fein. Füllig in den Aromen, mittlerer Abgang, grobflockiges Depot. Scheint komplexer, konzentrierter und schwerer als Le Boscq. Dekantieren und etwas Belüften wäre wohl nicht falsch. Trinkt sich nicht so leichtfüssig wie Le Boscq.

Gruss
Hans-Rudolf
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Herr S.
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Herr S. »

Moin,

gerade habe ich folgenden Wein im Glas:

Bild

Hmm, eine Flasche ist noch da, vielleicht in 2 Jahren nochmal?!?

Viele Grüße,
Björn
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Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Trinkfreude »

Hi Björn,

meiner unmaßgeblichen Meinung nach werden Dich in diesem Fall weitere 2 Jahre (oder 5 oder ...) auch nicht glücklicher machen. Keine Ahnung, was Rene Gabriel da zu seinen 19 Punkten inspiriert hat. Ich hatte den Wein in den letzten 3 Jahren diverse Male, und zwar auch mit gezielt unterschiedlicher Behandlung (zwischen pop&pour und am Vortag dekantieren habe ich so ziemlich alles ausprobiert), richtig geschmeckt hat er mir nie. Mein Fazit: Recht schöne Nase, aber das ist auch alles. Ich finde, Ulli hat es (ohne Bezug zu diesem konkreten Wein) sehr treffend beschrieben, siehe unten. Ich für meinen Teil glaube nicht daran, dass das nochmal ein großer Genuss wird. Würde ich jederzeit für einen 06er MHL oder Vieille Cure eintauschen (Freiwillige vor...!).

Ich vermute stark, dass aus 2006 die Weine am besten sind, die gezielt "mit leichter Hand", also sehr vorsichtiger Extraktion, vinifiziert wurden. Welche das sind, muss ich aber erst selbst noch rausfinden... :D

Viele Grüße
Jürgen

UlliB hat geschrieben:Seit der Arrivage der 2006er zieht sich durch meine Verkostungsnotizen, die ich noch finden konnte, ein bestimmtes Wort als roter Faden durch: uncharmant. Eher wenig Frucht, dafür umso mehr Tannin, dieses nicht gerade von der feinen Sorte, dazu gelegentlich auch noch ordentlich Säure. Ruppig, viel Struktur bei wenig Frucht, eher rustikale Erscheinung: eben alles Eigenschaften, die die 94er im gleichen Alter auch hatten - daher die Befürchtung, dass es sich beim 2006er um den Wiedergänger von 1994 handelt. Auch bei den 94ern stand und steht für mich das "Uncharmante" im Vordergrund und findet sich in vielen meiner Notizen. Nicht mein Fall. Mein Eindruck ist (wie von octopussy vermutet), dass bei beiden Jahrgängen forcierter extrahiert worden ist, als es den Weinen gutgetan hätte.
graves
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von graves »

Hatte den 2006er Phelan Segur im Herbst 2013 aus der Demi. Habe keine Notizen gemacht und kann ihn auch aus dem Gedächtnis nicht beschreiben. Doch erinnere ich mich, dass er mir gut gefiel. Und ich denke - scheinbar im Gegensatz zu Euch - dass da noch was kommt...

Trinkfreude hat geschrieben: Ich für meinen Teil glaube nicht daran, dass das nochmal ein großer Genuss wird. Würde ich jederzeit für einen 06er MHL oder Vieille Cure eintauschen (Freiwillige vor...!).

Um wie viele Flaschen handelt es sich denn? Ein bisschen MHL 2006 hätte ich im Keller,-)
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Trinkfreude »

Hab Dir eine PM geschrieben. Gut, dass die Geschmäcker und Meinungen verschieden sind.
Who knows, vielleicht hat Calon Segur 1988 als junger Wein auch mal so sperrig geschmeckt und jetzt ist es so cooler Stoff... aber damals hab ich noch keinen Wein getrunken. Vielleicht erinnert sich ja noch einer der Forums-Senioren :D
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Herr S.
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Herr S. »

Moin,

tja, manchmal verliert man und manchmal gewinnen die Anderen. Die andere Flasche lagert im Zweitkeller in Frankreich. Ggf. habe ich da mal ein Geschenk für Halbwissende oder ein Top—Kochwein.

Viele Grüße,
Björn
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Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Trinkfreude »

Kleine Nachlese zum Phelan 06: hatte den Wein gestern mal wieder. Morgens geöffnet, weil ich einen Schuss davon zum Kochen brauchte. Danach habe ich ihn mal vorsätzlich den Rest des Tages offen stehen lassen, ab nachmittags dann sogar im 22 Grad warmen Zimmer. Nach dieser Behandlung (naja, eher schon Misshandlung) war ein bisschen mehr aus ihm rauszuholen, da hat der eigentlich schöne Fruchtkern ein wenig hinter der Struktur herausgeschaut, die Wärme scheint ihm derzeit ganz gut zu tun. Der insgesamt uncharmante Charakter bleibt aber, und für mich bleibt er weiterhin deutlich unter der 90P-Marke. Ähnliches Erlebnis übrigens vor wenigen Wochen, als ich den Wein als Piraten in eine Poujeaux-Minivertikale gemogelt habe. Wenn der mal was wird, dann nur für sehr geduldige Menschen, und ich für meinen Teil hätte zu viele Fragezeichen, ob die Frucht dazu lange genug lebt.
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innauen
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von innauen »

Trinkfreude hat geschrieben: als ich den Wein als Piraten in eine Poujeaux-Minivertikale gemogelt habe.


Hallo,

Poujeaux-Minivertikale? Macht mich neugierig. Welche Weine waren denn am Start und wie war Dein Eindruck?

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Winedom
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Winedom »

Zu Phelan Segur 2006!

Fand den Wein in der Fruchtphase auch genial bzw. betörend.
Vielleicht war es das ja.
Was ich mich noch gut erinnere: Das war ein Wein zum immer wieder riechen. Wunderbar und ein Genuss.
Allein dafür war er sein Geld wert.

Anbei meine alte VKN von der Jahreswende 2008-2009:
Absolut toller Geruch. Allein dafür kann er schon punkten!
Rund, sanft, voll, dunklere reife Frucht Kirsche, etwas nussiges Holz. Betörend!
Das was mein einen sexy Wein nennt.
Unterhalb mit noch einer Menge Tannin die den Wein stark trägt.
Könnte auch in Langeweile umschlagen wenn man ihn öfters trinkt. Wirkt etwas wie ein tolles Modefoto für die Lady in Red!
Oder süchtig. Ich möchte schon wieder nachschenken.
Längerer Abgang! Die Tannine bremsen die Frucht etwas.
92
Macht wirklich Spass, dieser 2006er!


Habe mir extra eine Flasche aufgehoben da ich unbedingt wissen wollte wie dieser tolle Wein sich entwickelt.
Aber so wie sich das hier anhört warte ich noch etwas und hoffe das war kein reines Ergebnis von Microox oder sowas.
Gruss Rainer
Viele Grüße
Rainer
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2006

Beitrag von Trinkfreude »

innauen hat geschrieben:Poujeaux-Minivertikale? Macht mich neugierig. Welche Weine waren denn am Start und wie war Dein Eindruck?

Hi Wolf,

habe keine Notizen gemacht, weil ich mit der Bespaßung der Teilnehmer beschäftigt war, aber aus dem Kopf:

- 1996: wunderbar gereift, vielschichtige Nase, in der noch rote Früchte drin sind, aber auch schon feuchtes Herbstlaub, nach einer Weile auch Pilze. Mittelgewichtig im Mund, aber noch schöne Fülle, kein bisschen gezehrt. M. E. jetzt auf dem Höhepunkt, würde ich aus zuverlässigen Quellen noch kaufen und relativ bald trinken. Diese Flasche 92P.
- 2008: an diesem Abend in den ersten 2h überraschend zugänglich, hat sich danach ein wenig in sich zurückgezogen, blieb aber immer mit Genuss trinkbar. Jugendliche Nase mit mehr schwarzen als roten Beeren, im Mund schlank ohne dünn zu sein, leichtfüßig und tänzerisch durch die schöne Säure. Kam an diesem Abend rüber wie der nettere kleine Bruder des Phelan 06, ähnliche Gewichtsklasse, zwar aromatisch nicht ganz so sophisticated, aber dafür mit einer besser auf die Frucht abgestimmten Dosis Tannin (das zwar durchaus reichlich vorhanden ist, aber von beeindruckender Qualität, fast geschmeidig). Positive Überraschung, 90+P, kann in ein paar Jahren den 96er erreichen.
- 2009: Junge Junge, ist das ein Ding...ganz anders als alles davor. Unglaublich üppig, platzt aus jedem Korsett sofort ansatzlos raus. Massig schwarze Primärfrucht mit einer anständigen Ladung Holz (Karamelltöne). Da haben die neuen Eigentümer dem eh schon üppigen Jahrgang durch die deutlich modernere/internationalere Stilistik nochmal ordentlich eins draufgesetzt. Kommt daher wie ein junger Aalto PS... Tannin und Säure für eine gute Entwicklung sind schon da, aber die enorme Fruchtfülle dominiert derzeit alles. Im Moment ist mir das zuviel des Guten - in dieser Flasche blieb auch einiges übrig, da der Wein im jetzigen Zustand ziemlich satt macht - aber ich kann mir vorstellen, dass das in >10 (eher 15) Jahren richtig gut wird, aber auf ganz andere Art als der 96er. 88++?

Eigentlich waren auch noch 1997, 2000 und 2001 vorgesehen, die kamen aber zu spät an, so dass ich "auffüllen" musste, u. a. mit dem Phelan.

Viele Grüße
Jürgen
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