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Reiseberichte Italien

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Mr. Nebbiolo

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragFr 28. Okt 2011, 09:04

Hallo Jochen,


deinen letzten Bericht hatte ich irgendwie übersehen.

Schöne Fotos der Region, da bekomme ich gleich fernweh (eigentlich würde ich zum Piemont ja schon schreiben heimweh :D ).

Brezza und Sordo kenne ich ja schon und von Adriano habe ich zwei sehr schöne, geradlinige Barbaresco getrunken. Ich werde mal versuchen, beim nächsten Piemonturlaub da vorbeizufahren. Die Weine sind echt gut und der ab Hof Preis, wie von dir genannt, dann schon sehr interessant.

Schöner Bericht.
Grüße

Klaus
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragDo 3. Nov 2011, 01:45

Klaus, danke für die Blumen. Dann will ich mal weitermachen, aber leider nicht mit Piemont, denn jetzt geht es ganz weit weg.

Den größten Teil des Oktobers habe ich Kalabrien verbracht. Bei den Griechen noch als "Enotria" bekannt und geschätzt, ist das heute nicht mehr wirklich ein Weinland. Landschaftsprägend ist der Weinbau allenfalls im Cirò nahe der Ostküste. Nur dort gibt es so etwas wie Hinweisschilder zu Weingütern oder zumindest Schilder an der Einfahrt oder der Tür, daß es sich um einen Weinerzeuger handelt. Wenn man in anderen Gebieten Kalabriens Erzeuger besuchen möchte, sollte man sich vorher z.B. mit Google Maps vorbereiten oder gut genug Italienisch sprechen, um sich durchfragen zu können. Insgesamt dominiert in der Region der Olivenanbau, mit richtigen Bäumen, nicht diesen Kümmerexemplaren, die in Mittelitalien herumstehen. In Küstennähe und Flußtälern gibt es diverse Zitrusfrüchte; Weinanbau ist nur kleinflächig; etwas mehr in einigen kleinen DOC-Gebieten wie Saracena (CS) oder Bianco (RC).
Weinläden gibt es reichlich in Tropea (mit anderen "Prodotti tipici" aus ganz Kalabrien und darüberhinaus), sonst sieht es in der Region, auch in Cirò, eher düster aus.
So habe ich allein in Cirò und Umgebung Erzeuger besucht. Das Gebiet wird von einigen Großerzeugern beherrscht; aufgrund einer gewissen Nachfrage füllen aber mittlerweile mehr kleinere Erzeuger selbst ab, anstatt die Trauben oder Wein an die Kellereien zu verkaufen.

Librandi hat ein gut zu findendes Geschäft in Cirò Marina direkt an der S.S.106. Für die schon im deutschen Handel sehr preiswerten Weine werden dort noch etwas niedrigere Preise verlangt. Englisch ist für das angetroffene Verkaufspersonal kein Problem. Nach Voranmeldung kann man auch die Kellerei besichtigen (habe ich nicht gemacht). Zu den Weinen muß man aber nicht mehr viel schreiben; alles dürfte auch bei uns problemlos erhältlich sein.

Nicht weit von diesem riesigen Erzeuger von jährlich 2,5 Millionen Flaschen befindet sich an derselben Straße der 8 ha-Kleinbetrieb De Franco/A Vita. Von der Anschrift her war ich schon richtig, aber es gab keinen Hinweis auf einen Weinerzeuger, lediglich auf einen gleichnamigen Gastronomieausrüster. Auf Nachfrage dort wurde ich in den Keller geführt, wo ich auch Herrn de Franco, Architekt und Önologe, zwischen den Stahltanks antraf. Er möchte den nach seinen Maßstäben besten Cirò aus Bio-Lesegut produzieren; hierzu gehört nach seiner Meinung kein Neuholz. Neben den Stahltanks wurden für irgendeine zukünftige Riserva aus verschiedenen Quellen ein paar gebrauchte Barriques angeschafft. Außer rotem Cirò wird auch ein Rosé produziert; die Weinlagen bestehen aus 100% Gaglioppo. Der derzeit angebotene 2009 Cirò Rosso ist erst der zweite selbst abgefüllte Jahrgang von de Franco und ein Beweis, daß im Cirò nicht nur Librandi hervorragenden Wein erzeugt. Hier wird offenbar nur Italienisch gesprochen.

Knapp südlich der DOC-Gebiete von Cirò und Melissa befinden sich zerstreute Weinlagen, die zur IGT Val di Neto gehören. Dort produziert ein weiterer Biobetrieb, Ceraudo/Dattilo zwischen Strongoli und Marina di S. einige der besten Weine der Region. Zu dem mittelgroßen Betrieb gehören neben Weinlagen ein kleiner, aber hervorragender und preiswerter Agriturismo und ein Restaurant mit hochwertiger Küche. Herr Ceraudo ist offenbar etwas zurückhaltend, wenn der Gegenüber geringe Italienischkenntnisse besitzt, aber es sind immer Angestellte mit gutem Englisch anwesend; der Restaurantleiter ist Deutschitaliener der zweiten Generation. Seine Spitzenweine produziert Ceraudo mit hohen Anteilen Cabernet bzw. Chardonnay in Barriques, aber in der zweiten Reihe befinden sich sehr schöne Weine aus einheimischen Sorten, wie Grayasusi aus Gaglioppo oder Petelia aus Greco Bianco und Mantonico, einer der besten mir bisher über den Weg gelaufenen italienischen Weißen.

In den nächsten Tagen kommen noch ein paar Bilder und ein paar Betriebe aus nördlich gelegenen Gebieten.
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragMo 14. Nov 2011, 23:48

Das hat jetzt doch ein bißchen gedauert, bis ich die Zeit gefunden habe, die ganzen Bilder zu verkleinern und hier hereinzustellen. Wie gehabt in Mobiltelefon-Qualität:-)

Bild0116k.jpg
Die Kleinstadt Saracena, Zentrum einer kleinen Weinregion am Osthang des Pollino.

Bild0117k.jpg
Blick von Cirò (Altstadt) auf das Ionische Meer; zu sehen sind in erster Linie Olivenkulturen.

Bild0118k.jpg
Blick vom Hinterland auf Cirò (also die "Rückseite"); im Vordergrund Reben im Unterstand eines Olivenhains.

Bild0119k.jpg
Rebflächen am Hang, unmittelbar links an das vorige Bild anschließend.

Bild0120k.jpg
Und noch ein paar Rebflächen im selben Gebiet.
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragDi 15. Nov 2011, 00:05

Es fehlen noch ein paar Bilder aus dem äußersten Süden.

Bild0121k.jpg
Ein Blick vom Gipfel des Montalto, der höchsten Erhebung des Aspromonte (knapp 2000 m), nach Westen. Im Dunst des Hintergrunds raucht der Ätna.

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Im Regenschatten des Aspromonte befindet sich nahe der ionischen Küste das Anbaugebiet um Bianco. Die Gegend ist recht trocken, wie auch Cirò (im Regenschatten der Sila).

Bild0125k.jpg
Rebflächen bei Bianco. Das sich herbstlich verfärbende Laub der Reben kontrastiert schön zu den silbrigen Olivenbäumen.
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragDi 15. Nov 2011, 00:50

Auf dem Rückweg gab es noch einen Abstecher in den Norden der Basilikata, wo sich das nicht mehr ganz unbekannte Anbaugebiet am Vulture befindet. Der Vulture ist ein erloschener Vulkan mit aus der Ferne charakteristischer Form. Die Oberhänge sind vollständig bewaldet. Wein wird am unteren Osthang und auf den östlichen Ausläufern des Vulture angebaut. Orte wie Maschito und Venosa liegen schon ein ganz schönes Stück vom Berg entfernt. Neben Reben dominieren mal wieder Olivenkulturen und -wenn man aus Kalabrien kommt, völlig ungewohnt- Getreideäcker. Möglich machen das mächtige Tuffablagerungen.
Ein Blick in den Slow Wine machte mich auf den kleinen Erzeuger Musto Carmelitano in Maschito ganz im Osten der DOC aufmerksam. Nach ein wenig Suche war der Betrieb auch aufzufinden, und es war kein Problem, spontan die Weine des Hauses zu probieren. Der Senior sowie Tochter (die eigentliche Leiterin) und Sohn waren alle anwesend. Alle waren sehr nett und auskunftsfreudig und offenbar von der Existenz von Weintouristen positiv überrascht. Interessanterweise spricht hier nur die ältere Generation gut Englisch. Reben besitzt man schon lange, hatte aber in der Vergangenheit alles an Abfüller abgegeben und erst seit wenigen Jahren wird selbst ausgebaut und verkauft. Probiert wurde im recht übersichtlichen Keller. Neben den fertigen Weinen aus der Flasche gab es auch etwas direkt aus dem Gärtank zu probieren, eine Art Federweißer mit eindrucksvollen Farben. Der in Beton ausgebaute Aglianico del Vulture Serra del Prete hat ausdrucksvolle Frucht und schöne, feine Gerbstoffe; so etwas findet man in diesem Gebiet nicht so oft. Für mich ganz zu Recht ein "Vino Slow"; auch im Gambero Rosso mit der Höchstwertung bedacht (und daher auch in D bei einem einschlägig bekannten Händler zu bekommen). Wie in der neuen Weinwelt Italiens üblich, gibt es noch einen Wein darüber mit Barriqueausbau, den ich mir aber nicht öffnen ließ. Neben dem Serra del Prete habe ich auch etwas von dem herrlich fruchtigen und feinen Rosé (auch aus Aglianico) eingepackt.

Bild0128k.jpg
Blick von Südosten auf den Vulture.

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Rebflächen östlich von Maschito.

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Aufschluß der Tuffablagerungen am der Straße von Venosa nach Melfi.
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragDo 17. Nov 2011, 23:54

Ein weiterer Besuch auf dem Rückweg galt einem Betrieb in Umbrien, den ich mir fest vorgenommen hatte. Adanti in Bevagna ist einer der großen alten Betriebe im Montefalco-Gebiet. Obwohl in allen relevanten Weinführern im Spitzenbereich der Region, ist dieser Erzeuger hierzulande nahezu vollständig unbekannt, und es gibt nicht eine Bezugsquelle in Deutschland.
Auf der Internetseite werden Öffnungszeiten angegeben, daneben auch, daß eine Anmeldung gern gesehen wird. Wie ich bei meinem Besuch erfahren durfte, ist das durchaus ernst gemeint, der Hauptgrund dafür ist der Perfektionismus des Seniors, der den Wein vor der Probe gerne durch Belüften vorbereiten möchte. Alvaro Palini kann man durchaus als Urgestein betrachten, etwas knorrig, aber herzlich und immer auskunftsfreudig. Inwiefern jemand im Betrieb Englisch spricht, habe ich nicht gefragt; man sollte aber bei fehlenden Italienischkenntnissen diesbezüglich sicher vorher anfragen.
Die derzeit verkauften Sagrantino sind alle aus 2005; sehr gute Weine, die aber vermutlich mit den Jahrgängen davor und danach nicht ganz mitalten können. Glänzend der 2007er Rosso, der unbedingten Kaufreflex auslöste und ein Vorgeschmack auf die Sagrantino der nächsten Jahre ist. Sagrantino und Rosso werden in großen Holzfässern ausgebaut; mit dieser Konsequenz dürfte Herr Palini im aufstrebenden Montefalco ziemlich der einzige sein. Außerdem gibt es noch einen IGT-Wein Rosso dell'Umbria hauptsächlich aus Cabernet und Merlot und mit Barriqueausbau, der naturgemäß nicht ganz nach meinem Geschmack ist. Viele Weine tragen die Bezeichnung "Arquata"; das ist der Bereich südlich von Bevagna, in dem der Betrieb und noch einige andere Höfe liegen.
Dies war sicher nicht mein letzter Besuch bei diesem Erzeuger.

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Ackerland, Oliven- und Weinkulturen in Arquata mit Gebäuden von Adanti
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Erdener Prälat

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragFr 18. Nov 2011, 00:29

Dann gab es noch einen Abstecher nach Montalcino; dort besuchte ich den Erzeuger Canalicchio - Franco Pacenti. Der recht kleine Betrieb (nicht zu verwechseln mit dem etwas bekannteren Canalicchio di Sopra in der Nachbarschaft) liegt im Weiler Canalicchio am Nordfuß des Montalcino-Hügels, nahe der Straße nach Siena. Ich wurde von der sehr engagierten Silvia Cennini, die Englisch spricht, durch den Betrieb geführt.
Vor einigen Jahren wurde in ein neues Gebäude mit Keller investiert, so daß man dort jetzt einen Gärkeller mit Edelstahltanks und einen Holzfaßkeller für den Ausbau des Rosso hat; der Keller für den Brunello befindet sich noch unter dem Stammhaus. Die Holzfaßkeller bestehen jeweils aus ca. 9 großen Fässern (Bilder auf der Internetseite des Betriebs), und es gibt nicht ein einziges Barrique. Auch wird ausschließlich Sangiovese kultiviert. Von dieser traditionellen Ausrichtung ist man auch stark überzeugt.
Vor kurzem wurde, für sehr viel Geld, wie Frau Cennini meinte, eine Verkostungsanlage mit Stickstoffkonservierung angeschafft, so auch daß in besuchsarmen Zeiten nicht mehr für jeden Gast Flaschen geöffnet werden müssen. Ich konnte die aktuellen Jahrgänge von IGT, Rosso und Riserva sowie die Jahrgänge 2004-06 des Brunello verkosten. Der IGT liegt schon auf gutem Rosso-Niveau; der 09er Rosso ist fein und elegant. Bei den Brunello ist 05 zweifellos ein sehr guter Wein, kann aber hinsichtlich Struktur und Feinheit mit den beiden anderen Jahrgängen nicht mithalten. Die 04er Riserva ist in dieser Hinsicht durchaus noch eine Steigerung. Angesichts für Montalcino moderaten Preisen (IGT 5, Rosso 10, Brunello 20, Riserva 35) kann man durchaus von einem sehr guten PLV sprechen. Auch diesen Betrieb habe ich sicher nicht zum letzten mal besucht.

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Landwirtschaftliche Flächen um Canalicchio.

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Rebflächen bei Canalicchio
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olifant

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragMi 29. Aug 2012, 16:42

Besuch beim Weingut Pranzegg / Martin Gojer - Bozen

Ein mit 33 Jahren noch wirklich junger Winzer, den Schritt zum Selbstvermarkter in Sachen Weinbau erfolgte erst vor 3 Jahren. Zuvor wurden die Trauben bei einer Genossenschaft eingeliefert.
Nur ca. 3 Hektar werden bewirtschaftet, davon ca. 2,5 h 'arrondiert' um den elterlichen Hof, sowie ca. 0,5 h 'über den Berg' in St. Jakob bei Laifers.
Im Mischbetrieb werden natürlich auch noch Obstkulturen bewirtschaftet, bei dieser Weinbergs-Betriebsgrösse unumgänglich.

Der Hof liegt am Kampillerweg, am Bergfuss der Nordwestflanke der Kohlererbergs - am Taleingang zum Eisacktal, gegenüber St. Magdalena - in etwa auf der Spitze einer ca. 150 m hohen an die Bergflanke geschmiegten kegelförmigen Formation, der den dortigen Reben Ausrichtung von West bis Nordwest bietet. Die Lage ist dennoch sonnendurchflutet und wirklich heiss.
Martin Gojer kommt sehr positiv und enthusiastisch rüber, energiegeladen, aber auch im positiven Sinne eigenbrötlerisch.
'Ich bin kein Önologe', sagt er, 'bei mir entstehen die Weine im Weinberg' - bei Kellertechnik wird nur das notwendigste verwendet, fast schon Minimalistisch, Pumpe zur Abfüllung, kleiner Abfüllfilter, ein halbes Dutzend Maisch- und Gärbehältnisse in Edelstahl und Holz, ein halbes Dutzend Lagerbehältnisse in Holz, 'Beton' und Edelstahl in unterschiedlichen Grössen.

Die Ertragsbegrenzung liegt für seine Weine bei ca. 8500 kg/h (Vernatsch), je nach Jahr auch darunter.
Die Vergärung erfolgt in Spontanvergärung.

Die Weine bleiben bis zur ersten Trinkreife im Keller, und werden erst dann abgefüllt, wenn diese nach seiner Meinung erreicht ist, und die Weine sind auch dann noch extrem jung.
In Zukunft wird die Freigabe der Weine nicht mehr unbedingt der numerschen Jahresabfolge entsprechen, so sein Anliegen.

Derzeit gibt es als jüngsten Wein den Jacob 2011, nominell ein Lagrein Rosé, faktisch eher ein 'Bauernkretzer', d.h. ein Kretzer der etwas länger auf der Maische gestanden ist und daher eher wie ein leichter würziger tanniniger Rotwein denn wie ein fruchtig sanfter Rosé wirkt. Seiner eigenen Weinbeschreibung http://www.pranzegg.com/fileadmin/userdaten/dokumente/pranzegg_jacob_DE.pdfist eigentlich nichts hinzu zu fügen. Das war ein Durstlöscher bei 37°C im Schatten (und was weis ich wieviel in der Sonne). Danach war's richtig schwierig nochmal anderen Rosé zu trinken, da im Kopf automatisch ein geschmacksvergleich gezogen wurde.

Auch im Verkauf der Vernatsch Campill 2009, wie alle anderen Weine auch als IGT im Verkauf, im gemischten Satz mit Lagrein und Barbera (ca.5%). Für einen Vernatsch dicht, dunkel, tief würzig und tanninig - im Glas noch unwahrscheinlich jung. In dieser Ausprägung kenne ich Vernatsch derzeit eigentlich nur noch in Form von von Hartmann Donà's Rouge.

Erst vor Kurzem auf die Flasche gezogen wurde der Lagrein Quirein 2009, im gemischten Satz mit Cabernet Franc und Teroldego (aber lt. Eigenauskunft auch geringen Mengen weiterer Sorten wie Syrah, Petit Verdot, Tempranillo, ..., Reben im Versuchsanbau um zu sehen was sonst noch gehen könnte), in einem Verhältnis von 3-5% zur Gesamtlese. Dieser Wein ist im Moment so jung und frisch, dass er kaum zu verkosten ist, saftige Säure, zum Kauen anregende Tannine, dahinter knackige vielschichtige Frucht, mineralische Komponenten, Ecken und Kanten. Spannend. Was daraus wird, das wird erst die Zeit noch zeigen, ich denke das wird gut ;) .

Ebenfalls haben wir noch den Weissen Caroline 2010, Cuvée aus Chardonnay, Viognier, Manzoni Bianco und Sauvignon, verkostet, der jetzt zwar abgefüllt wurde, aber erst kommendes Frühjahr in den Verkauf gelangen wird. Die ca. 600 Flaschen sind dann innerhalb 2 Monaten vergriffen. Der Geschmack im Moment ist noch recht Mostig und Hefig, 'mineralisches' Grundgerüst mit Ansätzen für späteres Aromenspiel. 'Ein Wein für die Gastronomie', sagt Martin Gojer, wenig Säure, dafür interressante Aromenpalette (wenn er denn mal trinkreif ist), 'für säurereiche Weisse sind unsere Lagen einfach zu tief und zu heiss, da muss man was anderes probieren'.

Ich und meine Familie haben die entspannte Atmosphere und das anregende Gespräch (nicht nur über Wein) sehr genossen. Es wird bestimmt nicht der letzte Besuch auf Pranzegg gewesen sein.
http://www.pranzegg.com/
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
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VillaGemma

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragMi 19. Sep 2012, 11:34

So...mit stolzer Brust kann ich auch einen Reisebericht aus der Toskana/Montepulciano anbringen. Wir haben in unserem Urlaub zwei Weingüter besucht, Avignonesi und Poliziano. Soviel vorweg, beides Mal hat es Spass gemacht. ;)

Zu Avignonesi:

Hier fasse ich mich ein wenig kürzer, als dass es ja schon einen Bericht gibt. Was hier aber *unbedingt* erwähnt werden muss ist das Mittagsessen (was man vorbestellen muss).
Das ist genial und bekommt gute 14-15 Punkte auf der Gault Millau Sala, also meiner eigenen ;-) Der Preis ist auch entsprechend; da einem dazu jedoch die durchaus sehr guten Weine von Avignonesi eingeschenkt werden (und auch nachgefüllt!!!....die Heimfahrt war grenzwertig :lol: ) ein absolut lohnendes Ereignis! Und sehr sehr nett, der Service, das Ambiente, das Essen. Note 1.

So zum Wichtigen: Der Wein. Nun ja, es ist ja ein Top-Weingut und wir hatten schon den Gandi Annate (2004, glaub ich) zu Hause bestaunt. Mit dem hatten wir den Vino Nobile erst so richtig wiederentdeckt. Lobenberger sei Dank :lol: . Daher wollte ich da auch hin. Wovon meine Frau und ich zunächst total überrascht waren (und dann auch gleich 6 Flaschen mitgenommen haben) ist der Weißwein Il Marzocco von A. 2011. 100% Chardonnay, ausgebaut in neuen franz. Eichenfässer. 6 Monate, glaub ich mich zu erinnern. Kein bißchen Zitrone, voller Körper, Pfirsich, Holz, lang im Geschmack...einfach lecker. Und das schreibe ich, obwohl 100% hete...ähm Rotweinfan bin :lol: .

Zum normalen Vino Nobile von A.: Mir ein Tick zu unausgewogen viel Holz. Direkter Vergleich zum Vino Nobile von Poliziano hier vorweg: Der 2009 Poliziano war runder. Dann habe ich auch den "wilden Bullen" Desiderio im Glas gehabt. Ja, lecker, voll, aber hat mich nicht überzeugt. Erst recht nicht der 50&50. Natürlich ist das ein leckerer Wein, keine Frage, aber er kostet mit 95,- Euro auch eine (für mich zu grosse) Stange Geld. Und da gefällt mit der Grandi Annate deutlich besser bei halben Preis. Zudem ist der GA ein Vino Nobile und somit auch typisch für die Gegend :geek: .

Zu Poliziano:

Gestern waren wir dann bei Poliziano. Leider ohne Essen ;-) ...aber auch mit sehr netter Führung und es wird aktuell (bei beiden) die Merlot geerntet. Konnte man live sehen...also die Verarbeitung. Bei der Ernte waren wir nicht dabei. Die Führung ist übrigens bei beiden auf Englisch gewesen.

Zum Wein: Auch hier hatten wir eine Entdeckung, den Mandrone die Lohsa 2009. Whow...ein sehr leckerer Wein zum Geniessen. Beerig, tief, lang. Nur eben ein bißchen untypisch für die Gegend :geek: . Es ist ein IGT, also nicht mit den typischen Trauben der Gegend, sondern 70 % Cabernet Sauvignon, 30% Merlot. 16 Monate in frnz. Eiche. Ein toller Wein für die 25,- Euro. Da haben wir 6 von mitgenommen, da ich dachte, den bekommt man nicht so leicht in Deutschland, lag aber falsch. Kriegt man (wie fast immer) günstiger in Deutschland. Google ist da der Freund ;-)

Zum Vino Nobile von P.: Ja, den bestell ich mir auch, der war für mich ein toller Alltagswein mit einem Tick mehr ;) ...Preislich wie auch im Geschmack.

Zum normalen Rosso schreib ich bei beiden mal nix...war nix besonderes. Ja, kann man trinken, aber muss man nicht :lol: ...da habe ich für 10 Euro (für unseren Geschmack) besseres zu Hause ;-)

Der weisse von P. ist ein einfacher, nicht ausgebauter Chardonnay und von daher schreib ich da auch nicht viel zu. War ok, einen Tick zu süss vielleicht. Könnte meiner Meinung 6 Monate Eiche gebrauchen ;-) so wie Avignonesi das macht.

Ja, und eine Frage hat sich geklärt: Wo liegt der unterschied zwischen Vino Nobile und Chianti Classio. Beides (u.U.) 100% Sangiovese, nur den CC mögen wir gar nicht (ist uns i.d.R. zu sauer) und den VN finden wir sehr lecker. Des Rätsels Lösung ist die Beschaffenheit der Erde und dass der VN häufig höher angebaut wird. Das wiederum führt dazu, dass die Beerenhaut dicker wird und man somit mehr Geschmack in den Wein bekommt. :geek:

Zusammenfassend: Beide Besuche lohnen sich sehr. Das Essen bei Avignonesi ist ein echtes Highlight. Einkaufen lohnt sich viel mehr bei Avignonesi, da die Preise dort vor Ort dann auch günstiger sind (wenn man 6/12/... Flaschen kauft, bei einer ...nun ja, wer kauft schon eine Flasche 8-) ;) )

Neu entdeckte sehr gute Weine: Mandrone die Lohsa 2009 von P. und Il Marzocco 2011 von A.

Bestätigt guter Wein: Gandi Annate von A. 2007, ach ja: Sie sind sich übrigens nicht sicher, ob sie den weiter machen. 2007 ist bislang der letzte Jahrgang. Und sie machen den auch nur in einem Topjahr. :? Zudem kommt hinzu, dass die neue Besitzerin auch neue Ideen hat :shock: ...bleibt spannend.

PS: Ich wollte eigentlich Bilder hinzufügen...ähm...muss ich nachliefern, da ich mir erschtmo anschauen muss, wie das hier geht :(
Zuletzt geändert von VillaGemma am Mi 19. Sep 2012, 18:49, insgesamt 1-mal geändert.
"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
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Weinbertl

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Re: Reiseberichte Italien

BeitragMi 19. Sep 2012, 13:16

Danke für diesen schönen Bericht :)

noch eine kleine Anmerkung bezgl. Unterschied CC und VN: Der Hauptunterschied zwischen Vino Nobile und Chianti besteht darin, dass Vino Nobile aus dem Sangiovese-Klon prugnolo gentile gewonnen wird.

Gruß
Robert
Grüße
Robert
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