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Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: So 10. Dez 2023, 19:17
von Lars Dragl
Hallo!

Ramland BdB Réserve 2014 Extra Brut aus dem GGG, das hier besser passt als das Zalto Universal

Besteht aus Grauburgunder mit etwas Weissburgunder, 90 Monate auf der Hefe und kaum Dosage.

Heute den dritten Tag offen und deutlich zugänglicher als die ersten beiden Tage. Erstaunlich helle Farbe, moussiert standesgemäß. Alles da, was man erwarten darf, aber eher leise und sehr fein. Wirkt noch richtig jung. Die Frucht geht Richtung Williamsbirne, die noch nicht ganz reif ist. Im Mund von betörender Balance, obwohl der Sekt fast knochentrocken daher kommt. In der Mitte feiner Schmelz und leichte Extraktsüße, hinten raus dann anhaltend mineralisch und mit feinen Ecken und Kanten. Ich finde man kann durchaus von Komplexität und Tiefe sprechen.
Der Sekt ist gerade sicherlich keine Alternative für eingefleischte Champagnerfreunde, weil der Grauburgunder sich immer wieder, aber auch von seiner besten Seite zeigt. Kann noch ein paar Jahre reifen und wird dann wohl auch mehr zeigen. Die Balance und die Länge machen mich zuversichtlich. Leider mit 40 € kein Schnapper.

Herzliche Grüße

Lars

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: So 10. Dez 2023, 20:12
von amateur des vins
Danke, Lars!
Ich kenne von den BdB bisher nur die 2010er Grande Réserve aus 100% WB, und mag sie sehr. Da ich GB auch mag, sollte ich mir Deine Réserve auch mal gönnen...

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: So 10. Dez 2023, 20:33
von Lars Dragl
amateur des vins hat geschrieben:Danke, Lars!
Ich kenne von den BdB bisher nur die 2010er Grande Réserve aus 100% WB, und mag sie sehr. Da ich GB auch mag, sollte ich mir Deine Réserve auch mal gönnen...


Hallo!

Den 10er BdB Réserve hatte ich auch (ohne Grande) und der hat mir auch sehr gut gefallen. Den 14er sehe ich schon besser als den 10er, der ja überwiegend Weissburgunder war, aber er ist noch nicht so weit wie dieser vor drei Jahren. Ich werte das mal als ein positives Zeichen.

Den 14er Kirchenstück habe ich mir auch gekauft. Den finde ich fast noch weniger entwickelt als den BdB. Kann sein, dass der diesen noch überholt. Gerade hat bei mir jedoch der BdB Réserve die Nase vorne, obwohl ich meine verbleibenden Flaschen noch mindestens ein Jahr nicht anrühren werde (soweit der Vorsatz).

Herzliche Grüße

Lars

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Sa 16. Dez 2023, 20:19
von Michl
Gestern und heute den 18er und neu erscheinenen 19er Freundeskreis von Krack im Glas. Ich bin richtig begeistert! Das ist wunderbarer Schaumwein auf der leichten, erfrischenden und dennoch anspruchsvollen Seite. Gestern dachte ich mir, so müsse eine Champagner-Cuvée von Frank John schmecken. Stilistisch gefällt mir dieser Sekt so richtig gut und der 19er legt qualitativ gegenüber dem 18er noch einmal eine Schippe drauf. Kann locker mit allen Schaumweinen in dieser Preisklasse konkurrieren...

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Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Mi 20. Dez 2023, 11:19
von UlliB
Michl hat geschrieben:Deutsche Winzer können erstklassigen Sekt machen, aber in der Breite und meistens auch Spitze kamen sie für mich nicht an die Experten aus den Sekthäusern ran. Der folgende Sekt straft das jedoch Lügen:

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Dieser Sekt ist für mich klar der beste Sekt, den ich bisher aus Deutschland im Glas hatte. Das ist eindeutig groß, ja überwältigend und ergreifend. In der Theorie könnte er allenfalls noch changierend-lebendiger sein, einen zum Narren halten und stets mit neuen Eindrücken aufwarten, wie es bspw. die großartigen Spitzen von Raumland aus 2013 tun. Aber diese haben dafür bei weitem nicht die Tiefe, die Ruhe und Gelassenheit und dieses überwältigend schöne mousseux dieses Sektes, welche ihn für mich zum besten Sekt machen, den ich bisher im Glas hatte.
Wer aber einen sehr frischen und mundwässernden Aperitiv sucht, sollte hier klar die Fnger weglassen. Das ist ein Sekt der Kontemplation erzeugt und verlangt, wenn man so will ein "Kaminsekt", der vielleicht sogar im Winter die beste Figur macht. Teuer ist er, aber jeden Euro aufgrund seiner Charakterstärke wert. Unfassbar auch, wie großartig extraksüß dieser Brut Nature daherkommt und wie schmeichelnd diese Ausbauart ausfallen kann. Das ist schon allergrößtes Kino.

Die Notiz hat mich dazu verleitet, mir eine Flasche davon zu besorgen. Meine Begeisterung hält sich vergleichsweise in Grenzen:

Cuvée MO 2014 (Diel) 12%Vol. "Erste Charge 900 Flaschen - Juli 2022". Helles Gold. Die Nase interessant: zunächst ganz deutlich Minze, das bleibt eine Weile so, bevor der Minzeton durch deutliches Neuholz verdrängt wird. Trotz 77 Monaten Hefelager sind die Hefetöne nur moderat, was ich erfreulich finde.

Während in der Nase die Frucht eher zurückhaltend ist, ändert sich das im Gaumen fast schon dramatisch - Orange oder vielmehr Orangensaft, intensiv, auch deutlich süß, wobei ich nicht sagen kann, ob das nur Fruchtsüße ist oder doch etwas Zucker. Analysenwerte habe ich keine gefunden, ist auch egal. Auch hier nicht übermäßig hefig. Was mich zunehmend nervt, ist das immer deutlicher erscheinende balsamisch-vanillige Neuholz, das von der Kohlensäure regelrecht hervorgetrieben wird. Ein bekannter Weinkritiker würde dazu schreiben bad cooperage choice, weniger (oder anderes) Holz wäre besser gewesen. Ansonsten passt das schon, Säure adäquat, feine Perlage, gute Länge.

Das ist schon ganz ok, und könnte richtig gut sein, wenn man mit dem Holz besser umgegangen wäre. Was ich mich allerdings frage: was hat dieses Produkt mit der Nahe zu tun? Zwar ist Herkunftscharakter bei Schaumweinen ohnehin nicht so leicht auszumachen, aber diese Designer-Cuvée aus Pinot noir und Chardonnay könnte wirklich von irgendwo sonst auf der Welt kommen, wo man Chardonnay und Pinot ausreichend reif bekommt und den richtigen winemaker zur Verfügung hat.

Gruß
Ulli

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Fr 29. Dez 2023, 18:47
von Elah
Wir hatten in einer kleinen Runde kurz vor Weihnachten diese beiden schönen Sekte:

- 2010 Raumland Grande Reserve Blanc de Blancs Extra Brut

Sehr feine Bläschen. Ausgewogen und rund, mit einer erfrischenden Zitrusnote.
Nicht viele Apfelnoten, die ich oft in Champagner finde.
Große Harmonie und ein sehr guter Wein, aber hatte auf ein bisschen mehr gehofft.

- 2017 Reinecker Privat-Sektkellerei Auggen Schäf Pinot Noir Sekt Extra Brut

Ebenfalls ein Sekt der mir sehr gut gefallen hat!
Angenehme Perlage, rofruchtig, deutlich Brioche, schöne Komplexität.
Nicht so geschliffen und eine deutlich andere Aromatik als der Raumland.


Meine Notizen sind etwas knapp, aber ich fand die beiden Schaumweine, wenn auch sehr unterschiedliche Stilistik, in einer Gewichtsklasse. Karsten darf mich gerne korrigieren oder seine Eindrücke schildern.

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Fr 29. Dez 2023, 18:58
von EThC
Elah hat geschrieben:- 2017 Reinecker Privat-Sektkellerei Auggen Schäf Pinot Noir Sekt Extra Brut
...hier fand ich vor allem den Vergleich mit den beiden anderen Lagen-Pinots, die exakt gleich vinifiziert wurden, sehr schön!

viewtopic.php?f=54&t=6256#p158934

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Fr 29. Dez 2023, 19:20
von amateur des vins
Elah hat geschrieben:Karsten darf mich gerne korrigieren oder seine Eindrücke schildern.
Nee, paßt scho'. :D

Daß ein BdN anders als ein BdB ist, überrascht ja nicht wirklich, und etwas rustikaler, oder jedenfalls würziger, darf er auch sein. Der Raumland durchläuft BSA, was ihn tendenziell "entapfelt". Mich haben die nach 10 Jahren Hefelager vergleichsweise dezenten Hefearomen (die ich in meinen Schaumweinen mag) verwundert; die hatte ich etwas prominenter und den Wein insgesamt etwas besser Erinnerung - er erschien mir etwas... gehemmt? Der Reinecker war eine Erstbegegnung und eine schöne Überraschung, wie Du schreibst deutlich rotfruchtig, und insgesamt im Vergleich etwas weniger feinperlig, kräftiger und rustikaler.

Absolut hatte ich den Raumland vorne, preisbereinigt den Reinecker. Nicht auszuschließen, daß ersterer sich mit dem Essen etwas schwerer tat.

Re: Winzersekt

BeitragVerfasst: Sa 27. Apr 2024, 09:31
von Michl
In letzter Zeit hatte ich es mal wieder mit Sekten von Griesel & Compagnie versucht. Gefühlt überall werden sie gelobt und immer wieder zweifle ich an meinem Geschmack und kaufe dann doch, aber nee, das sind nicht meine Schaumweine. In der Spitze überzeugen sie schon, sind aber für meinen Geschmack gemessen am Geboteten immer überteuert, im Mittelbau und in der Basis sind sie zum Teil auffalend schwach und für mich nicht selten kaum mit Freude zu trinken.

Gestern dann das neue Flagschiff von Andres & Mugler, die Cuvée 50 Lunes Brut Nature.

An sich bin ich biodynamisch arbeitenden Winzer*innen sehr zugeneigt, weil ich die Einstellung zum Verhältnis Mensch und Natur und Landwirtschaft im Speziellen teile. Die esoterischen Annahmen find ich dann eher lustig. Wenn Wein dann aber nach Mondphasen ausgebaut wird - wie dieses 50 Mondphasen auf der Hefe gelegene Exemplar - habe ich wenig Lust zu kaufen, weil mir die Entrationalisierung von Diskursen in der jüngeren Gesachichte zunehmend auf den Sack geht und auch diese Kleinigkeit zur Festigung "alternativer" Weltbilder beiträgt.
Lässt man sich aber auf diese Denke, besser das gefühlige in sich hinein Horchen ein, dann ist lustigerweise aber dieser Sekt einer, der schon ein Gefühl höherer Ursprünglichkeit vermittelt. Da ist so gar nichts artifiziell oder konstruiert, alles wirkt natürlich und gewachsen.
Erstaunlich war nicht nur die starke Entwicklung zum Besseren mit Luft und Zeit, sondern auch, dass die Nase im Vergleich zum Geschmack sehr konventionell ausfällt. Häufig ist es bei mir so, dass mich Weine in der Nase wesentlich mehr überzeugen können als im Mund. Hier war es andersherum.
Dennoch ist das absolut kein Sekt, der sofort imponiert. Das ist aromatisch sehr individuell und anspruchsvoll zu verstehen. Der schmeckt bestimmt nicht jedem und man muss ihn auch nicht kennen. Aber in seiner individuellen Ausrichtung ist das eine Bereicherung der deutschen Sektlandschaft, auch wenn man zum aufgerufenen Preis sicherlich Besseres findet. Aber "besser" ist halt relativ und sowieso die langweiligste Kategorie des Weingenusses.

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