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Deutsche Spätburgunder

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Oh Dae-Su

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMo 1. Sep 2014, 14:27

Hallo Stephan,

ich habe vor ca. 5 Monaten den Spätburgunder 2008 vom Johner getrunken. Nach längerem habe ich mir mal wieder eine Flasche gegönnt (bzw. sie in Angriff genommen ;) ). Im großen und ganzen kann ich deine Beschreibung des Weines gut nachvollziehen. Auch wenn es sicherlich ein recht unterschiedlicher Jahrgang war. Der 2008er könnte noch ein Tick holzgeprägter gewesen sein, für mich etwas im Vordergrund, und vor allem habe ich die ersten Stunden recht spätburgunder untypische Lakritznoten geschmeckt. Mir persönlich hat der 2008er, und ehrlich gesagt auch sonst davor die Spätburgunder von Johner, nicht wirklich gefallen. Der 2008er war mir etwas zu holzgeprägt, zeigte viel Vanille, war sehr extraktorientiert, hatte ne sehr milde Säure und hatte sehr intesive Fruchtsüße mit der ich leider nicht viel anfangen kann. Mir kam er wirklich erwartungstypisch "neuweltlerisch" vor. Viel mehr als nicht wenige Pinot Noirs aus der Neuen Welt (inkl. der Kiwi Pinots von Johner). Am zweiten Tag habe ich etwas mehr frieden schließen können da er größtenteils harmonischer wirkte. Doch am zweiten Tag kam der Alkohol etwas kräftiger raus. Was dann wieder nicht so toll fand. Ich glaube mit den Spätburgundern von Johner werde ich auch weiter meine Probleme haben. Im Gegensatz zu seinen weissen Burgunder Weinen. Die gefallen mir meistens.

Besten Gruss

Chris
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octopussy

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMo 1. Sep 2014, 15:54

Hallo Chris,

das hört sich sehr mäßig an. Ich hab von dem Wein eigentlich auch nicht viel erwartet. Die Gäste wollten aber einen deutschen Rotwein und auf der Karte im Restaurant gab es nur eine Cuvée von Markus Schneider (keinen Bock drauf), einen SB von Bergdolt, den ich vor ein paar Monaten schon hatte, und den Johner. Ich war wirklich positiv überrascht, er wurde mit Luft eigentlich immer besser und passte gut zu diversen Gerichten. Getrunken haben wir ihn aus einem Weißweinglas (ca. halbe Zalto-Universal-Größe). Ich bin nicht so weit, dass ich mir jetzt Johner Spätburgunder kaufen würde, aber letztlich fand ich den Holzeinsatz und die Traubenreife für einen modernen deutschen Spätburgunderstil fast schon vorbildlich und viel besser als z.B. bei zuletzt getrunkenen Spätburgundern von Ziereisen und anderen.
Beste Grüße, Stephan
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Kle

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMo 1. Sep 2014, 18:06

Hallo Chris&Stephan,

interessant, wie ihr über Johner diskutiert, denn vor zwei Wochen, als ich im Geschäft zufällig auf den einfachen Spätburgunder 2010 stieß, habe ich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder einen Wein vom Gut probiert. Meine ersten Erfahrungen vor über zehn Jahren revolutionierten mein Bild von deutschen Pinots. Ich hatte zuvor nicht für möglich gehalten, dass es substanzvolle deutsche Rotweine wie von Dr. Heger, Huber und eben Johner überhaupt gibt. Johner spielte aber von Beginn an wegen seiner üppigen und ausdrucksvollen Art, die für meinen Geschmack die Grenze zur Effekthascherei überschritt, eine Sonderrolle. Ich hatte den Eindruck von hochgezüchtet plakativen Produkten, die ihre spezielle Faszination besitzen können. Eindrucksvoll dabei war, dass die höheren Qualitäten niemals einseitig schmeckten, sondern mir gerade ihr Reichtum an aromatischen Überraschungen als Trick erschien.
Am 2010er verblüffte mich jetzt, dass mir der Wein tatsächlich wie ein Markenartikel die gleichen Empfindungen und Assoziationen bescherte wie einst die ersten von mir probierten Johners. Im besten Sinn ein trockener Wein – keine Restsüß-Anmutung wie es auf diesem Preisniveau öfter vorkommt. Der Wein erscheint gnadenlos gut ausgependelt, denn auch Säure macht sich nicht mit herben Anmutungen selbstständig. Er scheint ganz ausgerichtet auf die markante dichte Frucht mit ihrem dunklen zartbitteren Schmelz, für den das Holz nur dienende Funktion hat. Ergebnis ist ein verklärt rauchiges, heimeliges, nicht allzu komplexes Aroma, auf das man sich fest verlassen kann: Binnen 24 Stunden hat sich der Wein kaum verändert.
Diesen Spätburgunder kaufe ich so bald nicht wieder. Er ist mir für seinen soliden, expressiv-statischen Auftritt zu teuer. Lieber bezahle ich sechs Euro mehr für einen raffinierten Wein wie David Moreaus Côte de Beaune village, den ich wenige Tage später probieren durfte.

Gruß, Kle
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Tristram Shandy
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octopussy

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragDi 2. Sep 2014, 10:14

Hallo Carsten,

zu Johner komme ich demnächst nochmal zurück. Hier aber noch ein sehr interessantes Spätburgunder-Erlebnis - mit dem 1996 Spätburgunder Spätlese Trocken von Müller-Catoir aus Hans-Günter Schwarz Zeiten. Der Wein wurde blind serviert und ich war mir so! sicher, dass wir einen Barolo im Glas haben. Diese leicht balsamische Note in der Nase, diese Teernoten und doch auch kräftigen Tannine im Mund, da deutete für mich alles auf einen gereiften Barolo hin. Dass es sich am Ende um einen deutschen Spätburgunder aus den 90ern handelte, hat mich doch sehr erstaunt. Um es klar zu sagen: der Wein war gut. In der Runde fiel er eher durch, aber mir persönlich gefiel er doch sehr gut, war schön gereift und durchaus fein in der Aromatik.

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Beste Grüße, Stephan
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Oh Dae-Su

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragDi 2. Sep 2014, 14:07

Hallo Stephan und Kle,

@Stephan:

Bei mir könnte der mäßige Eindruck vom 2008er auch daher ein wenig rühren, da ich ihn nicht zum Essen getrunken habe. Macht vielleicht bei so einem satten Pinot recht viel aus. Anderersseits habe ich wohl einfach eine kleine Abneigung gegenüber diesem reichhaltigen "modernen" (ist ein wenig schwierig dieser Ausdruck, doch mir fällt gerade keiner ein) Hausstil bei den Pinots.

Ich glaube bei Ziereisen seinen Pinots gefällt mir meistens nur der Tschuppen. Mit den hochwertigeren tu ich mir meistens etwas schwer. Wie schon öfters an anderer Stelle erwähnt wurde meine Zunge wohl weniger für vermeintlich hochwertige deutsche Pinots geboren ;-). Leider! Diese sind mir einfach zu überambitioniert. Ich wäre froh wenn es sich anders verhalten würde. Da greife ich stets lieber zu einem einfacheren bzw. mittelklassigen Burgunder oder einen meiner experimentellen "Pinots weit weg" ;-).

Was deutsche Mittelklasse Spätburgunder betrifft bin ich im Moment dabei meinen Keller ein wenig zu lichten. Drei Stück hatte ich schon. Und seltsamsterweise war der überzeugenste Spätburgunder von einer Weingärtnergenossenschaft :D . Naja, waren ja nur Einzelaufnahmen. Ich werde, wenn ich es nicht vergessen sollte, davon berichten ;-)

@Kle:

Ich glaube unsere Eindrücke sind nicht sonderlich unterschiedlich. Als "Fazit" würde ich, wenn ich die Wahl habe, auch eher zu einer Vielzahl günstigen Burgundern greifen. Ich habe in den letzten Monaten fast 10 Bourgogne Rouges aus 2009 getrunken. Diese zeigten fast alle sehr positive, wenn auch meistens eher einfache, Qualitäten. Auch nicht unbedingt immer all zu sortentypische Eigenschaften, was wohl dem 2009er Jahrgang geschuldet sein mag, doch Andererseits hat dieser Jahrgang meiner Ansicht nach nicht selten dazu geführt, dass Bourgogne Rouges mehr Körper und auch Komplexität haben als ihre Brüder (oder Schwestern) aus eher durchschnittlichen Jahren.

Ich hatte den Eindruck von hochgezüchtet plakativen Produkten, die ihre spezielle Faszination besitzen können. Eindrucksvoll dabei war, dass die höheren Qualitäten niemals einseitig schmeckten, sondern mir gerade ihr Reichtum an aromatischen Überraschungen als Trick erschien.


Diesen Satz könnte ich z. B. gut unterschreiben. Aromatische Überraschungen hatten die Pinots von Johner, welche ich probiert habe, oft. Auch sicher nicht nur negative. Als unkomplex wollte ich sie auch nicht beschreiben. Nur an Harmonie der einzelnen Dimensionen der jeweiligen Pinots mangelt es mir ein wenig (oder auch ein wenig mehr). Da würden für mich Begriffe wie "hochgezüchtet plakativ" zur Beschreibung der Weine ganz gut passen.

Naja, es kann einem ja nicht alles in der Weinwelt oder Pinotwelt schmecken ;-). Das währe ja auch viel zu viel für nur ein Weintrinkerleben ;-)

Besten Gruss

Chris
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octopussy

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMi 3. Sep 2014, 09:01

Hallo Chris, hallo Carsten,

wirklich interessant, dass wir alle drei jetzt erst wieder einen Johner Spätburgunder getrunken haben, und danke für eure Eindrücke.

Ihr dürftet wissen, dass ich auch generell Schwierigkeiten mit deutschen Spätburgundern im Vergleich zum Burgund habe. Insofern bin ich keineswegs unvoreingenommen an den Johner herangegangen. Ich fand ihn irgendwie anders als die zuletzt getrunkenen Spätburgunder in einer vergleichbaren Preisklasse, z.B. von Bergdolt, Ziereisen, Wassmer und sogar Huber. Da wird gar nicht erst versucht, etwas burgundähnliches in die Flasche zu bringen. Und vielleicht fand ich ihn deshalb auch so gut, nämlich weil ich nicht den Eindruck hatte, dass der Winzer im Stil noch nennenswert auf der Suche ist, sondern seinen Stil gefunden hat, den man mögen kann oder auch nicht.

Zum Essen passte er übrigens wirklich gut, und zwar zu allen möglichen Gerichten.
Beste Grüße, Stephan
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Kle

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMi 3. Sep 2014, 20:52

das finde ich sehr interessant, Chris, dass du in manchen Fällen einfachere Qualitäten geschmacklich bevorzugst. Das stelle ich für mich nämlich auch öfter fest, höre es aber selten von anderen. Johner mit seiner Überwältigungs-Stilistik zeigt besonders gut, warum man gern mal den Kopf einzieht. Es sind ja Weine, die prädestiniert sind, zu imponieren. Eigentlich sollte man für Gäste immer welche im Keller haben. Ich kenne aber Johner leider zu wenig ( da ich in der Tat den Kopf eingezogen habe) und nehme mir seit Jahren vor, der Sache auf den Grund zu gehen. Eigenen Stil und Weg hat das Gut auf alle Fälle. Das ist bemerkenswert schon beim einfachen Pinot.

Gruß Kle
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Tristram Shandy
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Michl

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMi 17. Dez 2014, 20:43

Wer einen preiswerten Basis-Spätburgunder sucht, der empfohlen werden kann, hier ist einer. Ich hatte Ziereisen schon viele Jahre nicht mehr im Glas, die wenigen Weine, die ich kannte (bis 2007), haben mir nie wirklich gefallen, ich hatte sie unter "anstrengend" verbucht. Diesen hier könnte man m.E. so ziemlich als prototypischen Vertreter eines gelungenen deutschen Basis-Pinots bezeichnen. Mit unter 10 € ein preiswerter Spätburgunder.

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Viele Grüße

Michl
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graves

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMi 17. Dez 2014, 22:17

Michl hat geschrieben:Mit unter 10 € ein preiswerter Spätburgunder.


Absolut - für sich betrachtet bzw. in Relation zu den Weinen anderer Güter.

Die Inhouse-Konkurrenz ist aber hart: Persönlich finde ich den preislichen Sprung zum Tschuppen mit ca. 3 EUR relativ niedrig und der Tschuppen gefällt mir einfach richtig, richtig gut. Insofent hat es der kleinste aus dem Ziereisen-Rudel bei mir schwerer als er es bei dem PLV eigentlich verdient hätte.
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innauen

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Re: Deutsche Spätburgunder

BeitragMo 22. Dez 2014, 20:13

Hallo,

weil hier schon unterschiedliche Stimmen zu Kochs Spätburgunder zu lesen waren. Wir fanden die Basisqualität sehr, sehr anständig.

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Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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