Michl hat geschrieben:... Und gerade Carsten versteht es, für dieses Gefühl Metaphern zu finden, die man sonst eher im Zusammenhang mit Interpretationen von Kunstwerken, also Werken "geistiger Natur" liest. So sprach er gestern bspw. von "Reflexionen auf einem See... Brechungen des Lichts", um den Tiefeneindruck bei einem Wein zu beschreiben, der vordergründig oberflächlich wirkte....
Lieber Michl,
Carsten (den ich ja auch schon persönlich getroffen habe) bewundere ich sehr wegen seines Sprachvermögens und der Kraft wie der Kühnheit seiner Assoziationen! Ich lese seine Beiträge immer wieder mit viel Freude - vielleicht auch gerade deswegen, weil sein Zugang zum Thema Wein ein ganz anderer als mein eigener ist!
Michl hat geschrieben:Für mich ist in letzter Konesquenz die Natur selbst am ergreifendsten und geistige Produkte hinken immer irgendwie hinterher...
In diesem Punkt haben wir offenkundig eine völlig unterschiedliche Auffassung: Wie Ulli schon ganz richtig geschrieben hat, ist Wein am Ende auch ein Produkt des menschlichen Geistes, der für mich das mit Abstand größte Naturwunder darstellt. Wein - zumal richtig guter - macht sich nicht "rein natürlich" von selber, sondern entsteht infolge einer Idealvorstellung, die sein Erzeuger von ihm besitzt, in vom Menschen gesteuerten komplexen Prozessen. Ohne jetzt eine Kunst (um eine solche handelt es sich beim Winzern auf hohem Niveau auch für mich fraglos), die vorrangig den Geruchs- und Geschmacksinn betrifft, völlig abwerten zu wollen, halte ich die Künste, welche die Augen, die Ohren oder das "abstrakte" Denken in Sprache betreffen, doch für vorrangig. Dafür spricht schon ihre "Haltbarkeit" - Caroline Diels noch so faszinierender Sekt ist innerhalb von relativ kurzer Frist ausgetrunken und dann nur als Schatten in einer VKN erfahrbar, während Wagners Partitur von Tristan und Isolde immer wieder frisch realisiert werden und Caspar David Friedrichs Mönch am Meer immer wieder von anderen Generationen direkt angeschaut werden kann...Platons Phaidon wird seit etwa zweieinhalbtausend Jahren immer wieder gelesen und als grandiose Gedankenleistung bewundert, während wir vom Geschmack, den der griechische Wein um 400 v. Chr. besaß, so gut wie null Ahnung haben

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Ich wollte hier heute, um nicht nur offtopisches Geschwafel zum Besten zu geben, eigentlich noch eine Notiz zu einem Sekt von Jülg eingestellt habe, aber leider habe ich versehentlich die falsche Schäumerflasche (Pairits 2012) in den Kühlschrank gelegt

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Die Notiz zum deutschen Winzersekt kommt dann morgen oder übermorgen - und zu dem Thema "Wein und Transzendenz"

mag ja vielleicht noch jemand einen eigenen Faden eröffnen?
Herzliche Grüße
Bernd