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Na? Seid ihr auch schon alle in Google +? Wer drin ist, ist ja wer und wer noch nicht drin ist, der drückt sich an der virtuellen Fensterscheibe die Nase platt. Die wirklich wichtigen Internetgrößen waren ja schon vor dem letzten Wochenende drin. Wahre Wunderdinge sollen da ja vonstatten gehen in Circles, Hangovers – ach nee Hangouts, Clouds (oder war das nu wieder Apple, man wird ja ganz wuschig) oder Sparks. Alles wird anders, größer, besser, schöner, schneller. Versprochen.
Na ja, man wird sehen.
Ich war am Wochenende – ich erwähnte es bereits – mit ein paar Freunden an der Ahr, real – nicht virtuell.
Man hatte mich vorher gewarnt, Ahr, das sei so gar nichts mehr, da wolle keiner mehr hin, das wolle keiner mehr haben, die großen Namen nur noch teuer, die Weine lange nicht mehr das was sie mal waren, keine Überraschungen mehr, keine junge engagierte Winzergeneration, wie in anderen Anbaugebieten, nur Langeweile, ambitionierte Preise und sonst nix. Gut, der Händler, der mir das lang und breit vorbetete, hat keine Ahrweine im Programm .
Nun war aber gebucht und organisiert und wer einmal mit einem Tross von 13 Leuten losfährt, der kennt das, da kann man sowieso nicht mal spontan umorganisieren und fragt man 13 Leute hat man 17 Meinungen, wobei sich drei gar nicht äußern und zwei im letzten Moment doch noch abspringen.
Also hin. Unterbringung auf einem Weingut mit Ferienwohnungen, abends Buffet mit selbst gemachten Schmankerln und best bottle Party quer durch die Weinwelt von Kalifornien bis zum Mittelrhein und vorher eine Weinprobe beim Gastgeber. Pflichtveranstaltung, so dachten wir uns, probieren wir halt und kaufen ein paar Anstandsflaschen, irgendeine alte Tante finden wir bestimmt, die milden Portugieser und dropsigen Spätburgunder mag, dann haben wir schon mal ein Geburtstagsgeschenk.
Tja und dann mussten wir doch innerlich mehr als einmal Abbitte leisten. Die Probe verlief angenehm, der junge engagierte Winzer war eloquent, klug, amüsant und er weiß genau was er will und was er kann und das ist eine ganze Menge. Und seine Weine überzeugten. Mit den Basisqualitäten hatte ich genau wie u.a. bei Kreuzberg so meine Schwierigkeiten, nothing to write home about, nett, gefällig, ein bisschen mollig – und für die Qualität zu teuer, 5.90 für den Liter Spätburgunder, tja – da muss die Sache mit der Steillage, der sensiblen Rebsorte Spätburgunder, der Handarbeit natürlich sehr ausdrücklich geschildert werden.
Insgesamt glaube ich übrigens, dass maßgebliche Verbände der Ahrwinzerschaft Fortbildungsseminare für junge Winzer anbieten so z.B. zu "Die moderne Weinprobe – Weine präsentieren – verkosten – verkaufen" und das dazu erstellte Informations- und Schulungsmateriel von allen Weingütern sehr sorgfältig studiert, auswendig gelernt und angewendet wird. Wie sonst sollte man sich erklären, dass jede Weinprobe mit dem historischen Abriss des Ahrweinbaus seit Kriegsende bis heute anfängt, als die Ahr das Naherholungsgebiet der gesamten Ruhrgebiets war und der Wein den Kumpels nicht mehr abverlangen durfte, als ein frisch gezapftes Bier, leicht, bekömmlich, nicht zu trocken, geringer Alkoholgehalt, so sollte er sein und so war er. Da dieser allerdings immer noch doppelt so hoch lag wie der des Bieres waren die Folgen unabsehbar.
Bewohner des Kurortes Bad Hönningen wissen was ich meine.
An der Ahr soll dazu der Spruch kreiert worden sein
Wer an der Ahr war
und weiß, dass er da war,
war nicht an der Ahr.
Danach folgen regelmäßig immer die gleichen Zahlen, die gesamte Rebfläche der Bundesrepublik Deutschland beträgt etwas über 100.000 ha (im Vergleich dazu allein das Bordelais hat 120.000 ha), davon entfallen auf die Ahr gerade mal um die 550 ha, also knapp 5.5% (im Vergleich dazu allein das Gut Lafite Rotschild besitzt über 100 ha Rebfläche). 80% dieser Fläche liegen auf Steillagen mit z.T. extremen Steigungen von mehr als 50° Neigungswinkel und ist mit ca. 85% Rotweintrauben (in der Hauptsache Spätburgunder mit 67%) und dementsprechend 15% Weißweintrauben bestockt, insgesamt sind 45 rote und 22 weiße Rebsorten zugelassen.
Durch diese Zahlen muss der geneigte Ahrweinprobenbesucher durch, erst dann wird's spannend.
Ich mach es aber jetzt nicht länger spannend, sondern stelle ihn vor, den jungen Winzer mit Ferienwohnung und Weingut, Marc Linden, Weingut Sonnenberg in Bad Neuenahr, ein noch junges Weingut von ca. 7 ha, das von Lindens Großvater gerade dann gegründet wurde, als der Ahrweinbau in seine Krise geriet. Großvater Linden wusste also um die Vorteile antizyklischen wirtschaftlichen Handelns. Marc führt den Betrieb zusammen mit seiner Frau, die gerade letzte Woche ihre Winzerprüfung bestanden hat und das als zugereiste Niedersächsin – herzlichen Glückwünsch noch mal!, und dass die kleine Tochter, heute so um die drei Jahre alt, einmal den Betrieb übernehmen wird, das ist eh schon klar, wenn es in den Weinberg oder den Keller geht, weicht sie dem Vater nicht von der Seite.
Aber grau ist alle Theorie, der Wein will verkostet sein. Neben einem sehr gelungen vielschichtigen Frühburgunder hat mir am besten gefallen
2009 Spätburgunder A
und sehr vorbildlich stehen alle relevanten Zahlen in der Preisliste, Restzucker 1,0g Säure 4,6g Alkohol 14,5% Schwefel 85mg. Aber nackte Zahlen sagen gar nichts. Der Wein ist von kräftig klarem Rot und hat einen sehr feinen Duft nach Himbeere, Veilchenlakritz, Rauch, am Gaumen schmelzig, weiche süße Frucht, Kräuternote, feines dezentes Holzaroma, etwas Bitterschokolade, mittelschwerer Körper, leicht adstringierendes Tannin, Abgang lang, der Alkohol wirkt nicht zu wuchtig oder störend.
Intensives und spannendes Trinkvergnügen und ich freue mich schon darauf, den Wein, der jetzt in meinem Keller erst mal bis zum Herbst ruhen darf, zu einem Rehschnitzel oder einem geschmorten Fasan zu trinken, oder auch einfach so.
Prost!
Na ja, man wird sehen.
Ich war am Wochenende – ich erwähnte es bereits – mit ein paar Freunden an der Ahr, real – nicht virtuell.
Man hatte mich vorher gewarnt, Ahr, das sei so gar nichts mehr, da wolle keiner mehr hin, das wolle keiner mehr haben, die großen Namen nur noch teuer, die Weine lange nicht mehr das was sie mal waren, keine Überraschungen mehr, keine junge engagierte Winzergeneration, wie in anderen Anbaugebieten, nur Langeweile, ambitionierte Preise und sonst nix. Gut, der Händler, der mir das lang und breit vorbetete, hat keine Ahrweine im Programm .
Nun war aber gebucht und organisiert und wer einmal mit einem Tross von 13 Leuten losfährt, der kennt das, da kann man sowieso nicht mal spontan umorganisieren und fragt man 13 Leute hat man 17 Meinungen, wobei sich drei gar nicht äußern und zwei im letzten Moment doch noch abspringen.
Also hin. Unterbringung auf einem Weingut mit Ferienwohnungen, abends Buffet mit selbst gemachten Schmankerln und best bottle Party quer durch die Weinwelt von Kalifornien bis zum Mittelrhein und vorher eine Weinprobe beim Gastgeber. Pflichtveranstaltung, so dachten wir uns, probieren wir halt und kaufen ein paar Anstandsflaschen, irgendeine alte Tante finden wir bestimmt, die milden Portugieser und dropsigen Spätburgunder mag, dann haben wir schon mal ein Geburtstagsgeschenk.
Tja und dann mussten wir doch innerlich mehr als einmal Abbitte leisten. Die Probe verlief angenehm, der junge engagierte Winzer war eloquent, klug, amüsant und er weiß genau was er will und was er kann und das ist eine ganze Menge. Und seine Weine überzeugten. Mit den Basisqualitäten hatte ich genau wie u.a. bei Kreuzberg so meine Schwierigkeiten, nothing to write home about, nett, gefällig, ein bisschen mollig – und für die Qualität zu teuer, 5.90 für den Liter Spätburgunder, tja – da muss die Sache mit der Steillage, der sensiblen Rebsorte Spätburgunder, der Handarbeit natürlich sehr ausdrücklich geschildert werden.
Insgesamt glaube ich übrigens, dass maßgebliche Verbände der Ahrwinzerschaft Fortbildungsseminare für junge Winzer anbieten so z.B. zu "Die moderne Weinprobe – Weine präsentieren – verkosten – verkaufen" und das dazu erstellte Informations- und Schulungsmateriel von allen Weingütern sehr sorgfältig studiert, auswendig gelernt und angewendet wird. Wie sonst sollte man sich erklären, dass jede Weinprobe mit dem historischen Abriss des Ahrweinbaus seit Kriegsende bis heute anfängt, als die Ahr das Naherholungsgebiet der gesamten Ruhrgebiets war und der Wein den Kumpels nicht mehr abverlangen durfte, als ein frisch gezapftes Bier, leicht, bekömmlich, nicht zu trocken, geringer Alkoholgehalt, so sollte er sein und so war er. Da dieser allerdings immer noch doppelt so hoch lag wie der des Bieres waren die Folgen unabsehbar.
Bewohner des Kurortes Bad Hönningen wissen was ich meine.
An der Ahr soll dazu der Spruch kreiert worden sein
Wer an der Ahr war
und weiß, dass er da war,
war nicht an der Ahr.
Danach folgen regelmäßig immer die gleichen Zahlen, die gesamte Rebfläche der Bundesrepublik Deutschland beträgt etwas über 100.000 ha (im Vergleich dazu allein das Bordelais hat 120.000 ha), davon entfallen auf die Ahr gerade mal um die 550 ha, also knapp 5.5% (im Vergleich dazu allein das Gut Lafite Rotschild besitzt über 100 ha Rebfläche). 80% dieser Fläche liegen auf Steillagen mit z.T. extremen Steigungen von mehr als 50° Neigungswinkel und ist mit ca. 85% Rotweintrauben (in der Hauptsache Spätburgunder mit 67%) und dementsprechend 15% Weißweintrauben bestockt, insgesamt sind 45 rote und 22 weiße Rebsorten zugelassen.
Durch diese Zahlen muss der geneigte Ahrweinprobenbesucher durch, erst dann wird's spannend.
Ich mach es aber jetzt nicht länger spannend, sondern stelle ihn vor, den jungen Winzer mit Ferienwohnung und Weingut, Marc Linden, Weingut Sonnenberg in Bad Neuenahr, ein noch junges Weingut von ca. 7 ha, das von Lindens Großvater gerade dann gegründet wurde, als der Ahrweinbau in seine Krise geriet. Großvater Linden wusste also um die Vorteile antizyklischen wirtschaftlichen Handelns. Marc führt den Betrieb zusammen mit seiner Frau, die gerade letzte Woche ihre Winzerprüfung bestanden hat und das als zugereiste Niedersächsin – herzlichen Glückwünsch noch mal!, und dass die kleine Tochter, heute so um die drei Jahre alt, einmal den Betrieb übernehmen wird, das ist eh schon klar, wenn es in den Weinberg oder den Keller geht, weicht sie dem Vater nicht von der Seite.
Aber grau ist alle Theorie, der Wein will verkostet sein. Neben einem sehr gelungen vielschichtigen Frühburgunder hat mir am besten gefallen
2009 Spätburgunder A
und sehr vorbildlich stehen alle relevanten Zahlen in der Preisliste, Restzucker 1,0g Säure 4,6g Alkohol 14,5% Schwefel 85mg. Aber nackte Zahlen sagen gar nichts. Der Wein ist von kräftig klarem Rot und hat einen sehr feinen Duft nach Himbeere, Veilchenlakritz, Rauch, am Gaumen schmelzig, weiche süße Frucht, Kräuternote, feines dezentes Holzaroma, etwas Bitterschokolade, mittelschwerer Körper, leicht adstringierendes Tannin, Abgang lang, der Alkohol wirkt nicht zu wuchtig oder störend.
Intensives und spannendes Trinkvergnügen und ich freue mich schon darauf, den Wein, der jetzt in meinem Keller erst mal bis zum Herbst ruhen darf, zu einem Rehschnitzel oder einem geschmorten Fasan zu trinken, oder auch einfach so.
Prost!
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
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