Administrator
- Beiträge: 4163
- Bilder: 20
- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 16:33
- Wohnort: Niederrhein
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
"Der will ja bloß verkaufen", das hör ich immer wieder, wenn ich erfreut erzähle, dass mir der Weinhändler eine Flasche Wein zur Lieferung dazu gegeben hat oder ich in der Boutique mV ein paar Prozente oberhalb der Skontogrenze auf den fürstlichen Einkauf bekommen habe ohne dass ich danach gefragt hätte (ich kann das nämlich nicht besonders gut, das Runterhandeln und Rumfeilschen). "Der will doch nur Dein Geld", zB der Gemüsehändler, der mit freundlichem Lächeln noch einen Bund Petersilie in die Tüte legt oder nach abgeschlossenem Wiegevorhang noch zwei Steinpilze mehr in die Tüte legt – als ob "etwas verkaufen wollen" etwas Unanständiges wäre und die Dreingabe des Händlers fast schon kriminell, mindestens jedoch unmoralisch.
Habe ich mich bis zu diesem Zeitpunkt über den unverhofften Zugewinn einfach nur gefreut, dann sitzt auf einmal der Stich des überlegenen Zeitgenossen, der den cleveren Schachzug des Feindes durchschaut hat. Da – susa, bist Du ihm wieder auf den Leim gegangen dem bösen Unternehmer. Freust Dich auch noch, dass er Dir genau so einen Wein eingepackt hat, von dem er weiß, dass Du ihn magst, der ausgeschamte Hund, der perfide. Herrdumeineslebens, bist Du naiv.
Natürlich wollen Unternehmer verkaufen, das müssen sie, es ist ihr Job, sie leben davon, Waren oder Dienstleistungen zu verkaufen, damit möglichst Gewinn zu machen, das sichert ihr Auskommen inklusive der Klavierstunden ihrer Sprösslinge, ihr Geschäft und so ein paar Arbeitsplätze im direkten und indirekten Umfeld.
Ganz ehrlich, so ganz verstehe ich diese Mäkelei am "doch nur verkaufen wollen" nicht. Verkaufen ist ein ehrbares und solides Geschäft, Motor und Basis unserer Wirtschaftsordnung. Selbst andere weniger erfolgreiche Wirtschaftsmodelle kamen nie ganz ohne aus. Manchmal frag ich mich, ob dieser Argwohn gegenüber jedwedem wirtschaftlichem Handeln und vor allem gegenüber wirtschaftlichem Erfolg eine sehr deutsche Eigenschaft ist. In anderen Ländern ist es mir nämlich so noch nie aufgefallen, ganz im Gegenteil, auf eine derartige Bemerkung eines Mitarbeiters beim small talk in der Mittagspause reagierten unsere amerikanischen und kanadischen Kollegen mit vollkommenem Unverständnis.
Also, ich hab letztens vom Weinhändler mV Wein geschenkt bekommen und ich hab mich einfach nur drüber gefreut und ihn ohne schlechtes Gewissen dafür aber durchaus mit Genuss getrunken. Und dabei hab ich mir gedacht, so ein Weinhändler, der hat es ja auch nicht leicht, und damit mein ich jetzt nicht nur den Stress mit der Bordeaux-Subskription oder diesen Primadonnen aus dem Burgund, Ärger mit zahlungsunfähigen oder –unwilligen Kunden, saumseligen Speditionen, trotteligen Winzern (ja solche gibt es auch, guten Wein machen zu können bedeutet nicht automatisch, auch im sonstigen Geschäftsleben ein solider und verlässlicher Partner zu sein) oder Banken mit der Flexibilität einer Eisenbahnschwelle. Vom Finanzamt will ich gar nicht erst anfangen.
Nein, ich meine, wie berechnet so ein Weinhändler in einem Sekundenbruchteil die Angemessenheit einer Dreingabe. Zu billig darf es ja nicht sein, dann besser nichts geben, denn das "Geschenk" drückt ja auf eine Weise seine Wertschätzung für den Kunden aus, zu teuer darf es auch nicht sein. Erstens wegen der Gewinn- und Verlustrechnung und zweitens, damit der Kunde nicht gleich meint, so etwas habe er ja jahrelang durch überhöhte Preise mitfinanziert (da ham wir's wieder). Und nicht zu alt ("Der musste wohl weg!") und auch nicht zu jung ("Den kriegt er wohl nicht verkauft"). Memoriert man schnell den kundenspezifischen Umsatz der letzten 12 Monate oder erinnert man sich, dass Kunde auch mal 15 Minuten auf den Laden aufgepasst hat, als man mal ganz schnell den Wagen aus dem Parkverbot setzen musste, da die reizenden Ordnungskräfte zur Überwachung des ruhenden Verkehrs mit gezücktem Abreissblock um die Ecke bogen?
Wahrscheinlich mach ich mir mal wieder viel zu viele Gedanken und der Händler greift einfach nach etwas, das gerade in der Nähe steht und nicht zu teuer ist.
Gut, dann freu ich mich einfach, auch wenn ich halt das Opfer einer schlau ausgedachten Strategie bin und trink den geschenkten Wein auf das Wohl aller (Wein)Händler, die es im Zweifel sowieso nie jemandem recht machen können.
2007 Riesling Köwericher Laurentiuslay Spätlese
Weingut Kirsten, Mosel
Also erstens mal, den hätte ich mir durchaus auch selber gekauft, ein feiner schmelziger durchaus schon kraftvoller Riesling, einer der seine feinen Aromen erst allmählich freigibt, der in klarem Gelb im Glas funkelt. In der Nase ein feiner mineralischer Duft verbunden Zitrusfrüchten, vor allem Grapefruit, Pfirsich, Apfel, Kräutern, am Gaumen angenehm trocken, feine Säure, Schiefermineralik, feingliedrig und ein langer recht komplexer Abgang.
Dazu gab es übrigens geräucherte Forellenfilets (auch noch eins obendrauf bekommen in der Räucherei) mit Apfel-Meerrettichsahne, eine Kombination, die ich nur weiter empfehle kann.
Prost!
Habe ich mich bis zu diesem Zeitpunkt über den unverhofften Zugewinn einfach nur gefreut, dann sitzt auf einmal der Stich des überlegenen Zeitgenossen, der den cleveren Schachzug des Feindes durchschaut hat. Da – susa, bist Du ihm wieder auf den Leim gegangen dem bösen Unternehmer. Freust Dich auch noch, dass er Dir genau so einen Wein eingepackt hat, von dem er weiß, dass Du ihn magst, der ausgeschamte Hund, der perfide. Herrdumeineslebens, bist Du naiv.
Natürlich wollen Unternehmer verkaufen, das müssen sie, es ist ihr Job, sie leben davon, Waren oder Dienstleistungen zu verkaufen, damit möglichst Gewinn zu machen, das sichert ihr Auskommen inklusive der Klavierstunden ihrer Sprösslinge, ihr Geschäft und so ein paar Arbeitsplätze im direkten und indirekten Umfeld.
Ganz ehrlich, so ganz verstehe ich diese Mäkelei am "doch nur verkaufen wollen" nicht. Verkaufen ist ein ehrbares und solides Geschäft, Motor und Basis unserer Wirtschaftsordnung. Selbst andere weniger erfolgreiche Wirtschaftsmodelle kamen nie ganz ohne aus. Manchmal frag ich mich, ob dieser Argwohn gegenüber jedwedem wirtschaftlichem Handeln und vor allem gegenüber wirtschaftlichem Erfolg eine sehr deutsche Eigenschaft ist. In anderen Ländern ist es mir nämlich so noch nie aufgefallen, ganz im Gegenteil, auf eine derartige Bemerkung eines Mitarbeiters beim small talk in der Mittagspause reagierten unsere amerikanischen und kanadischen Kollegen mit vollkommenem Unverständnis.
Also, ich hab letztens vom Weinhändler mV Wein geschenkt bekommen und ich hab mich einfach nur drüber gefreut und ihn ohne schlechtes Gewissen dafür aber durchaus mit Genuss getrunken. Und dabei hab ich mir gedacht, so ein Weinhändler, der hat es ja auch nicht leicht, und damit mein ich jetzt nicht nur den Stress mit der Bordeaux-Subskription oder diesen Primadonnen aus dem Burgund, Ärger mit zahlungsunfähigen oder –unwilligen Kunden, saumseligen Speditionen, trotteligen Winzern (ja solche gibt es auch, guten Wein machen zu können bedeutet nicht automatisch, auch im sonstigen Geschäftsleben ein solider und verlässlicher Partner zu sein) oder Banken mit der Flexibilität einer Eisenbahnschwelle. Vom Finanzamt will ich gar nicht erst anfangen.
Nein, ich meine, wie berechnet so ein Weinhändler in einem Sekundenbruchteil die Angemessenheit einer Dreingabe. Zu billig darf es ja nicht sein, dann besser nichts geben, denn das "Geschenk" drückt ja auf eine Weise seine Wertschätzung für den Kunden aus, zu teuer darf es auch nicht sein. Erstens wegen der Gewinn- und Verlustrechnung und zweitens, damit der Kunde nicht gleich meint, so etwas habe er ja jahrelang durch überhöhte Preise mitfinanziert (da ham wir's wieder). Und nicht zu alt ("Der musste wohl weg!") und auch nicht zu jung ("Den kriegt er wohl nicht verkauft"). Memoriert man schnell den kundenspezifischen Umsatz der letzten 12 Monate oder erinnert man sich, dass Kunde auch mal 15 Minuten auf den Laden aufgepasst hat, als man mal ganz schnell den Wagen aus dem Parkverbot setzen musste, da die reizenden Ordnungskräfte zur Überwachung des ruhenden Verkehrs mit gezücktem Abreissblock um die Ecke bogen?
Wahrscheinlich mach ich mir mal wieder viel zu viele Gedanken und der Händler greift einfach nach etwas, das gerade in der Nähe steht und nicht zu teuer ist.
Gut, dann freu ich mich einfach, auch wenn ich halt das Opfer einer schlau ausgedachten Strategie bin und trink den geschenkten Wein auf das Wohl aller (Wein)Händler, die es im Zweifel sowieso nie jemandem recht machen können.
2007 Riesling Köwericher Laurentiuslay Spätlese
Weingut Kirsten, Mosel
Also erstens mal, den hätte ich mir durchaus auch selber gekauft, ein feiner schmelziger durchaus schon kraftvoller Riesling, einer der seine feinen Aromen erst allmählich freigibt, der in klarem Gelb im Glas funkelt. In der Nase ein feiner mineralischer Duft verbunden Zitrusfrüchten, vor allem Grapefruit, Pfirsich, Apfel, Kräutern, am Gaumen angenehm trocken, feine Säure, Schiefermineralik, feingliedrig und ein langer recht komplexer Abgang.
Dazu gab es übrigens geräucherte Forellenfilets (auch noch eins obendrauf bekommen in der Räucherei) mit Apfel-Meerrettichsahne, eine Kombination, die ich nur weiter empfehle kann.
Prost!
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love