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Heute im Glas ..... 1995 Château-Figeac

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Heute im Glas ..... 1995 Château-Figeac

BeitragDi 19. Apr 2011, 08:34

Does humor belong in music?

Frank Zappa hat die alles entscheidende Frage gestellt. Und gleich auf einen wunden Punkt hingewiesen. Nämlich den, dass sie Sache was immer sie sei ernst ist – bitterernst. Und wer lacht, lacht über die Sache. Und darüber lacht man nicht. Lachen – lächerlich machen, die Grenze ist fließend und bevor man die Sache, an der das Herz hängt, der Lächerlichkeit preis gibt, lacht man lieber gar nicht darüber.

Does humor belong in wine?

Was für eine Frage? In Wein gehören Trauben, alles andere macht Natur und Winzerskunst. Humor ist ja ganz nett und manifestiert sich manchmal in netten Weinnamen, heiter gestalteten Etiketten und locker geführten Verkostungen. Aber als notwendige Bedingung, quasi als sine qua non? Gottbewahre!

Das Wort Humor kommt aus dem Lateinischen und bedeutet ursprünglich "Saft, Feuchtigkeit". Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass Glück, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit auf einer harmonischen Mischung von Körpersäften beruht.

Und was ist Humor? Die Fähigkeit, die heiteren vielleicht auch die makabren Seiten einer Sache mit heiterer Gelassenheit zu sehen (Stichwort: englischer Humor)? Die Fähigkeit, andere zum Lachen zu bringen? Die Fähigkeit, über sich selber zu lachen? Die Fähigkeit, sich (s)einer Sache spielerisch anzunehmen.

Humor soll eines der Kriterien sein, das den Menschen vom Tier unterscheidet ("der lachende Aff"). Wenn ich mich an meinen leider schon zu seinen Ahnen versammelten Kater Morrison erinnere, wage ich diese Behauptung in Zweifel zu ziehen. Morrison mochte allerdings keinen Wein. Auch meine Kaffeemaschine hat einen sehr eigenen Humor.

Wein ist nun ein ganz besonderer Saft ist, das möchte niemand bestreiten. So weit so klar, was dann folgt ist weniger klar. Zum Beispiel die Weine in meinem Keller. Die machen sich ein Vergnügen daraus, sich zu verstecken, und haben wahrscheinlich einen Heidenspaß, wenn ich mit aufsteigender Panik die Regale durchwühle, um dann unvermittelt wieder aufzutauchen. Und zwar genau an der Stelle, an der sie laut Kellerplan zu liegen haben, allerdings erst beim dritten Suchdurchgang.

Vielleicht hängt meine Vorliebe für Château Figeac nicht nur mit den schmeck- und fühlbaren Eigenschaften der Weine zusammen, mit ihren komplexen Aromen, die von rustikal bis elegant alle Facetten aufweisen, der für das St. Emilion eher untypische Kiesboden, der den Wein von allen anderen unterscheidet und natürlich der selige Thierry Manoncourt, dessen feines Lächeln und liebevoller Humor mich gleich für ihn eingenommen hat. Manoncourt hatte Stil, ohne in diese hochnäsige Arroganz manch anderer bordelaiser Châteaubesitzer zu verfallen, für die alles außerhalb ihres Universums vernachlässigbare Petitessen sind. Er war der Beweis, dass aristokratisches Auftreten und Humor einander nicht ausschließen.

Die Tatsache, dass man Anfang letzten Jahres ein weißes Pferd auf der Wiese vor dem Château grasen ließ, zeugt doch von subtilem Humor.

Am Wochenende gab es den

1995 Château-Figeac
St. Emilion


der 50. Jahrgang, den Manoncourt auf die Flasche gebracht hat. Kurz danach hat er die Leitung des Hauses seinem Schwiegersohn übertragen und es ist überliefert, dass dieser vor seinem ersten "eigenen" Jahrgang wochenlang schlecht geschlafen hat, weil er nicht sicher war, ob er seinem Schwiegervater damit unter die Augen treten könnte.

Ein würdiger Jubiläumswein, der dunkelrot im Glas funkelt und zunächst nur sehr verhalten, nach zwei Stunden Luft aber sehr intensive Cassisnoten, Brombeeren, Pfeffer, Holzwürze zeigt; und dann erst am Gaumen, abgerundet und mit einem komplexen Aromenbündel, ich schmecke Pflaumenmus, Malz, Zigarrenkiste, ich fühle seidiges Tannin, feines Säuregerüst, Mineral, Erde; dann ein filigraner langer Abgang, das vor allem noch einmal die Beerenaromen herausarbeitet. Der Wein macht Spaß, er zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen und Herr susa wird auch übermütig, er will ein ganz besonderes Foto mit der leeren Flasche.

Weintrinken macht Spaß!

Prost!
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Weinzelmännchen

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Re: Heute im Glas ..... 1995 Château-Figeac

BeitragDi 19. Apr 2011, 20:15

Does humor belong in wine?

Natürlich, wer will den schon verbiesterte Weinliebhaber. Ein Liebhaber sollte doch auch per se Humor haben. "Wein" hat doch mit "weinen" nichts zu tun!

Ich sehe viel mehr die Gefahr, dass wir an Wein Interessierte zu ernst an das Thema herangehen. Daher sollten wir uns an der Nase nehmen und mehr Humor beim Ausleben unseres Hobbies einfordern.

Humorig sind ab und an die verbalen Weinbeschreibungen, wenn - wie ich schon hörte - zB vom Duft eines feuchten Hundewelpenbauches die Rede ist. In solchen Momenten kann ich nur schallend auflachen. Also mehr Mut zum Humor bei Weinbeschreibungen. Vielleicht können andere Forianer hier auch noch etwas beisteuern, sodass wir zu einem "best of" gelangen.

Es gibt aber für mich noch einen anderen Aspekt von Humor im Wein. Wenn du dir einen für dich neuen Wein zu Gemüte führst und dann darob seines Geschmack absolut überrascht bist, weil du mit viel, aber sicher nicht mit diesem Geschmack gerechnet hast, ist das für mich immer wieder ein humoriger Moment, der mir stets ein freudiges Lächeln ins Gesicht zwingt. Das ist ja dann auch mit einem guten Witz vergleichbar, der seine Pointe aus einer überraschenden Wendung erhält.
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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susa

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Re: Heute im Glas ..... 1995 Château-Figeac

BeitragDi 19. Apr 2011, 21:13

Nun, ich hab schon Verkostungen mitgemacht, dagegen ging es auf der Beerdigung meiner Großmutter nachgerade heiter zu. Das hatte schon was Religiöses.

Ich hab übrigens einen Wein, der mich jedes Mal zum Lachen bringt. Nix Großes, ein netter unkomplizierter Wein für jeden Tag, Typ roter Sommerwein zum Grillen, schau mal, vielleicht verstehst Du, was ich meine.

Bild

lieben Gruß
susa
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