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Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 08:27

Ich beneide Menschen, denen es scheinbar ohne Mühe gelingt, Ordnung zu halten. Man kann sie jederzeit besuchen, ihre Wohnungen sehen aus, wie gerade frühjahrshausgeputzt; in ihren Küchen stehen Gewürzdosen, Kaffeekannen oder Spülutensilien sauber in Reih und Glied, farblich aufs Beste mit den durch die blendend sauber geputzten Fenster herein scheinenden Sonnenstrahlen harmonierend. Ihre Schränke mit den nach Farbe, Größe und Verwendungszweck geordneten Kleidungsstücken könnten jederzeit für ein Einrichtungsmagazin fotografiert werden; den Inhalt meiner Schränke möchte niemand ablichten. Höchstens zur Anpreisung eines sich quasi selbst aufräumenden Ordnungssystems für die Darstellung von "vorher".

Bei diesen Menschen geschieht es auch nie, dass der Herzallerliebste sagt "Scha_hatz, ich weiß genau, dass wir noch Ersatzlampen für die Kellerleuchte/Ersatzbatterien für die Taschenlampe/Tonerkassetten ….. haben, aber ich finde sich nicht! Wo hast Du nur wieder …..!" Und bei Scha_hatz bricht leichte Panik aus, wo hat er oder sie nur wieder, ….. ?

Sollten solche Menschen Weinliebhaber sein, so wird ihre Kellerbuchführung jederzeit einer Vollinventur standhalten, Jahrgang, Menge und Art der eingelagerten Weine werden zu 100% mit dem akribisch geführten Kellerbuch übereinstimmen. Da gibt es kein "Scha_hatz, in der Liste steht, wir hätten noch einen 96er Lynch-Bages, aber bei 96 liegt keiner, hast Du etwa vergessen, den letzten auszutragen?" – "Vielleicht liegt der bei den 95ern? Du weißt doch, wir haben damals noch mal 96 und 95 nachgekauft. Vielleicht hat sich jemand beim Einlagern vertan?" Einlagerfehler sind immer gut, das Einlagern ist Schatzaufgabe, das Stemmen und Wuchten schwerer Holzkisten mit teurem Inhalt ist Männersache.

Aber der 96er Lynch-Bages bleibt verschollen. Vielleicht taucht er in ein paar Jahren unvermittelt hinten zwischen den Burgundern wieder auf. Oder auch nie mehr. Irgendwann ist der häusliche Friede wieder hergestellt.

Es geht natürlich auch anders herum. "Scha_hatz, schau mal was ich im Keller gefunden habe!"

2008 Neckenmarkt Alte Reben
Moric, Robert Velich, Burgenland


gut, die Etiketten kann man schon mal verwechseln, aber Abgleich der Buch- und Ist-Bestände ergibt noch nicht einmal, dass dafür eine Flasche des zeitgleich angeschafften Lutzmannsburg weniger im Hause ist. Lutzmannsburg hatte uns nämlich eigentlich einen Tick besser gefallen, weswegen er in der Hauptsache eingelagert wurde und vom Neckenmarkt nur 3 Flaschen. Insofern konnte hier zur Abwechslung einmal eine kellerwirtschaftliche und beziehungsrelevante Katastrophe abgewendet werden. Abgesehen von allgemeinen Darlegungen über die Notwendigkeit des Aufräumens und Ordnunghaltens.

Müsste man vom Etikett eines Weines auf hervorstechende Charaktereigenschaften seines Erzeugers schließen, dann muss es bei Herrn Velich äußerst diszipliniert und ordentlich zugehen. Keinerlei Chi-Chi, alle notwendigen Daten und Fakten gut lesbar in schwarz weiß mit einer Behörden-Registratur-Schrifttype, fast wie mit dem Rapidographen und Tusche (die Älteren unter uns werden sich noch dunkel an diese Schreibgeräte für technische Zeichner erinnern) gezogen.

Müsste man vom Etikett auf die Güte des Weines schließen, was aber niemand tut mit Ausnahme meiner Person, denn ich arbeite ja seit Jahren mit nicht unerheblichem Erfolg an meiner Etikettentheorie JSDEDBDW* ;), dann würde man diese Weine für recht langweilig und ein wenig abweisend halten. Großen Charme versprühen die Etiketten jedenfalls nicht, insofern ist meine Theorie wieder einmal bewiesen.

Robert Velich konzentriert sich auf das Wesentliche, auf Blaufränkisch und erzeugt aus dieser manchmal etwas unterschätzten Rebsorte (vor allem, wenn sie im Gewand eines württembergischen Lemberger daherkommt) ungemein dichte, extraktreiche und spannende Weine.

Der Neckenmarkt ist von einer dichten schwarzroten Farbe und duftet nach dunklen Beeren, nach Lakritz, nach herben Kräutern, eine angedeutet florale Note und am Gaumen kraftvoll und geschmeidig, ein Spannungsboden zwischen Mineralik, klarer Säure, seidigem Tannin, feine Aromen von Veilchenlakritz, ein wenig Holz, Tabak, ein wenig Vanille, ein klarer filigraner langer Abgang. Dieser Wein ist ein kleines Kunstwerk.

Die Blaufränkisch (oft auch als Pinot Noir des Ostens bezeichnet) von Velich werden oft und gerne mit großen Burgundern verglichen, was sicher seine Berechtigung hat wegen ihrer kühlen Mineralik und den klassischen Aromen von Veilchenlakritz, auch Kirsche (die ich hier allerdings nur sehr angedeutet schmeckte, aber das liegt manchmal auch einfach nur an der Tagesform, von mir und vom Wein), manchmal kommen mir dabei aber auch die großen eleganten Rhônegewächse mit ihrer gezügelten Wildheit in den Sinn.

Prost!

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* JSDEDBDW – Je scheußlicher das Etikett, desto besser der Wein ;)
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Weinzelmännchen

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 08:45

Liebe Susa!

Die Anwort eines Weinchaoten lautet: Wieso denn überhaupt ein Kellerbuch? Das Verschwinden und Wieder-Auftauchen von längst vergessen geglaubten Weinen hat doch auch seinen Reiz? Wiewohl dann einige Weine schon über dem Berg sind, wenn sie wieder ans Tageslicht kommen.

Noch kurz zu Velich's Moric Weinen:
Ja, auch mir gefällt der Lutzmannsburg Alte Reben etwas besser.
Der Neckenmarkt Alte Reben 2006 hat bei Parker (Schildknecht) 95 Punkte erhalten und war damit der bei Parker höchstbewertete Rotwein Österreichs (Lutzmannsburg "nur" 94 Punkte).
2008 für den Neckenmarkt Alte Reben ist ein bißchen ein Kindsmord.
Moric hat eine sehr schöne Basisqualität, den Blaufränkisch Burgenland, den ich dir als 2088 jetzt ans Herz legen kann; der Wein ist so herrlich altmodisch.
Blaufränkisch ist vielleicht international etwas unterschätzt, sicher aber nicht in Österreich. Bei uns ist zum Glück der Cabernet Sauvignon Boom vorbei. Neben dem Balufränkisch besinnt man sich auch der Qualitäten eines Sankt Laurent.
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Daniel
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susa

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 08:52

Was den Kindermord angeht, geb ich Dir eindeutig recht; was jetzt noch an 2008er Moric-Blaufränkisch im Hause ist, wird jetzt erstmal "vergessen" (steht ja im Kellerbuch, geht also nix verloren ;)). Aber auch in ihrer Jugend machen diese Weine durchaus Spaß, natürlich nach ausreichender Lüftung.

lieben Gruß
susa
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harti

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 17:12

Hallo susa,

vielen Dank für Deine Beschreibung des Moric-BF. Endlich habe ich ein Thema für unsere nächste Weinprobe: Blaufränkisch! Ob der Neckenmarkter AR allerdings dabei sein wird, muss ich erst noch kalkulieren, die Preise sind ja inzwischen doch recht ambitioniert.

Grüße

Hartmut
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Weinzelmännchen

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 17:29

harti hat geschrieben: Endlich habe ich ein Thema für unsere nächste Weinprobe: Blaufränkisch! Ob der Neckenmarkter AR allerdings dabei sein wird, muss ich erst noch kalkulieren, die Preise sind ja inzwischen doch recht ambitioniert.



Hallo Hartmut,
wenn ihr euer Budget schonen wollt, greift zum Einstiegswein, dem Blaufränkisch Burgenland, der ca € 12,-- kostet. Dieser Wein ist - wie ich schon ober ausgeführt habe - auf seine Art wunderbar altmodisch, weil er die Frucht und nicht das Holz in den Vordergrund stellt.
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Daniel
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susa

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 18:05

..... und aus mir vollkommen unverständlichen Gründen ist der Lutzmannsburg ein paar Euro preiswerter als der Neckenmarkt, jedenfalls beim Händler mV. Allerdings macht das bei der Größenordnung in der Tat den Bock auch nicht mehr fett.

lieben Gruß
susa
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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 18:22

.....kann das irgendwie damit zu tun haben, dass ein Herr Schildknecht für seinen Schildherren (Parker) den Neckenmarkt höher bewertet hat als den Lutzmannsburg? Ein Schelm, wer böses dabei denkt!
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Daniel
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weinfidél

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 18:32

Hallihallo!

Hab's eben geschafft, dem Abendverkehr zwischen Düsseldorf und Frankfurt zuvorzukommen...(ProWein lässt grüßen!)

Nun, dass ich ALLE Geschichten und Kommentare zu Blaufränkisch schätze, ist/dürfte ja da und dort bekannt sein. Dass ich insbesonders bei MORIC befangen bin, genauso. Somit erspare ich mir diesbezüglich irgendwelche Anmerkung. Aber, eine klitzkleine Sache hätte ich da noch: So schwierig kann es nicht gewesen sein, diesen Wein im Keller zu finden. Denn, der kann ja gar noch nicht so lange da sein... ;)

fidélst
Rico

Ps: Wie ich eben grad noch seh, sind da wieder "wunderliche" Vermutungen geäußert worden. Nein, mein liebes Weinzelmännchen, damit hat das wirklich nicht das Geringste zu tun! Roland war und ist davon überzeugt, dass der Neckenmarkter einfach mehr hergibt und sich voraussichtlich auf Zeit wesentlich besser entwickelt.
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susa

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Re: Heute im Glas ..... 2008 Neckenmarkt Alte Reben, Moric

BeitragDi 29. Mär 2011, 19:09

In der Tat ist der noch nicht lange im Keller, er ist ja auch noch nicht lange zu haben, er wurde eigentlich für einen Event, bei dem wir noch andere Jahrgänge Moric-BF hatten, angeschafft.

lieben Gruß
susa
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