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Freitag vor 150 Jahren .....

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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Markus Vahlefeld

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 16:19

Hi Frau susa,

nu gibt's Gegenwind :lol:

Im Ernst: ich oute mich jetzt mal. Ich gehöre zu denen, die sich sehr eingehend mit dem Dr. (wie er gerne von seinen Jüngern abkürzend genannt wird) beschäftigt haben, und ich habe sehr viel bei ihm gefunden, was mich angeregt und beschäftigt hat. Und ja, ich bin sogar Mitglied in der Gesellschaft und darf nach geltendem Recht den Titel Anthroposoph tragen ;)

Trotzdem: ich habe Deine Zeilen gerne gelesen, auch wenn ich sie selbst nie geschrieben hätte. Denn in gewisser Weise hast Du Recht. Wer mit dem Zeugs nichts anfangen kann, wird zu genau den Schlüssen kommen, die Du gezogen hast. Und das mit der Fortpflanzung der Anthros ist irgendwo abgeschrieben (das Thema Plagiate ist ja gerade in Mode) :P

Solange der Dr. von seinen Jüngern als ein Säulenheiliger verehrt wird, dem kein irdischer Makel anhaften darf, solange wird den Anthros genau der Geruch anhängen, den Du beschreibst. Mir ist das ehrlicherweise relativ egal, weil wie in allen Vereinigungen des Geisteslebens (den Kirchen, den Parteien etc.) es sone und solche gibt. Und wäre ich Katholik, würde ich der Kirche ob irgendwelcher heuchlerischer Priester auch nicht abschwören. Dass der Vergleich mit der katholischen Kirche nicht ganz zufällig ist, liegt für mich daran, dass Rudolf Steiner von vielen Anthros wie der unfehlbare Papst verehrt wird. Das ist leider eine der Masken der Anthroposophie und passt so gar nicht zur "Philosophie der Freiheit".

Dem entgegen zu halten ist nur, dass so verschiedene Persönlichkeiten wie Joseph Beuys oder Alfred Herrhausen ebenfalls den Anthroposophen zugerechnet werden können. Es ist, um mit dem Vater von Effi Briest zu sprechen, eben doch ein weites Feld.

Wer je Joly erlebt hat, wird wissen, dass er sich wunderbar in die Reihe "verrückter" Menschen einordnen lässt. Natürlich ist er überzeugter (oder gläubiger) Anthroposoph, aber was viel wichtiger ist: er ist ein Charakterkopf und jemand, der wirklich vor Begeisterung sprüht. So etwas ist oftmals anstrengend, aber missen möchte ich solche Verrückten nicht. Sie sind wie das Salz in der Suppe! Und genau so oder so ähnlich sind eben auch seine Weine. Ich wäre froh, wenn es mehr solcher "verrückter Weine" gäbe.

Beste Grüsse

Markus
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BuschWein

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 16:25

Biodynamischer Weinbau nach der Lehre Steiners ist eigentlich ein Widerspruch in sich, Steiner lebte asketisch und war dem Alkohol abhold


Zu Steiner passt am besten ein Satz von FW Bernstein, die größten Kritiker der Eleche ...

Schließlich war er eben nicht schon immer dem Alkohol abhold, ganz im Gegenteil, er war eine ziemlich verkrachte Existenz und durchaus ein ziemlicher Säufer. Aber irgendwann erkannte er, dass die Theosophie und später die Antroposophie ihm über die Vortragsreisen ein gutes Auskommen boten.

Da es keine wirklich autorisierten Schriften Steiners gibt, es sind fast alles mitstenographierte Abschriften seiner Vorträge, sind die Inhalte eher mit Vorsicht zu genießen. Ich denke auch nicht, dass man heute "biodynamisch" arbeitende Winzer "verhöhnt", wenn man auf die verquaste Ideologie hinweißt, die hinter der biodynamischen Landwirtschaft steht.
Armin
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Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
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Markus Vahlefeld

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 16:32

Ja, dass Steiner ganz und gar nicht asketisch lebte und z.B. sehr gerne Cognac trank (oder soff, das weiss ich nicht), das ist jedenfalls ein historischer Fakt.
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Gerald

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 16:45

Um auf das Thema im Bezug auf biodynamischen Weinbau zurückzukommen: ist das jetzt richtig, dass hier Kupferpräparate gegen Pilzinfektionen erlaubt sind oder nicht?

Würde mich nämlich sehr interessieren - falls die es ohne Kupfer (und andere Fungizide außer ihrem Hornkiesel, Kräutertees etc.) schaffen, dann wäre das schon eine tolle Sache.

Falls nein, wäre der Unterschied zu "normalem" biologischen Weinbau überwiegend ideologisch (oder weniger wohlwollen gesagt "esoterisch") ?

Grüße,
Gerald
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Dilbert

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 16:57

... will mich in die Diskussion gar nicht groß einmischen, weil ich keine wirkliche Meinung zu Herrn Steiner habe und seine Ideen auch nur oberflächlich kenne!

Nur zur Info für alle die's interessiert - in der neuen Effilee ist ein großer Bericht zum Thema "Wie braun ist Bio?". In dem Zusammenhang ist auch von den anthroposophischen Lehren die Rede. Den Wahrheitsgeahlt mag jeder selbst einschätzen!

Gruß,
Jochen
„Eine Magnum-Flasche? Genau die richtige Größe für einen schönen Abend. Vorausgesetzt, man beginnt mit einem Champagner, man endet das Menu mit einem Sauternes, und man ist allein daheim…“
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Rinquinquin

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 17:23

Hallo susa,

jetzt möchte ich gerne auf den beschriebenen Wein zurückkommen. ;)

Wurde der Wein dekantiert?
Laut M. Joly sollte er 24 Stunden dekantiert bzw. belüftet werden.
Wir haben noch einen Clos de la Coulée de Serrant aus dem Jahrgang 1997 und er ruht im Kühler. Der Höhepunkt soll frühestens nach 5-10 Jahren sein, deshalb hat Monsieur die Flasche bisher sozusagen vergessen. Leider haben wir die vorhergehenden Flaschen doch immer zu früh geöffnet, wenn auch stufenweise.

Aber jetzt ist der Wein doch gedanklich wieder etwas in den Vordergrund getreten.

Gruss von Rinquinquin
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susa

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragFr 25. Feb 2011, 18:03

Also zum Wein, der wurde belüftet (ca. 2 Stunden, großes Glas), und wie gesagt, er wurde ja auch über den Abend immer besser und das letzte Glas am Folgetag war einfach nur zum Niederknien schön.

Markus, die Schilys werden in dem Zusammenhang auch gerne angeführt ;). Und ich bin sehr davon überzeugt, dass vieles sinnvoll und nachahmenswert ist, aber dass doch einiges eine recht krude weltanschaulich-religiöse Mischung ist. Allerdings ist es mit dem Transzendenten sowieso immer so eine Sache, da fängt halt das Glauben an egal ob Gott und/oder die Wiedergeburt, da sind die Dinge zwischen Himmel und Erde an, von denen unsere Gelehrten noch längst nicht alles wissen.

Und ich hab das mit der Fortpflanzung ehrlich nicht abgeschrieben, bisher kannte ich diese These noch gar nicht und sie kann auch gar nicht wahr sein, denn ich bin mit einem Hardcore-Anthro-Bruder gesegnet und ich bin mir sehr sicher, dass meine beiden zauberhaften Nichten auf die althergebrachte Art und Weise entstanden sind ;).

lieben Gruß
susa
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Ralf Gundlach

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragMi 20. Jul 2011, 23:42

Jetzt hat es doch fast ein halbes jahr gedauert, bis ich diesen Thread entdeckt habe...und da wollte ich doch mal ein paar Worte zu Steiner und so schreiben, da ich seit 10 Jahren mit solchen Menschen zu tun habe, Bernd hat was von der Kahlgrachtmühle erwähnt, und da arbeite ich, kein Anthropsoph, kein Steiner-Jüngling, aber durchaus mit der, ich muss es mal so sagen, dümmlichen Aufklärung in manchen seiner Aussagen im dritten Reich bekannt, er hat seine sicher nicht ruhmreichen Aussagen zum Thema Juden am Anfang der Nazizeit bereut und hat sie, nicht wie viele andere, nicht erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges widerrufen, sondern viel früher, udn die Aufzeichnungen sind sehr glaubhaft ( außerdem, wenn,man nicht zu dieser Zeit gelebt hat unter diesen Umständen sollte man sich mit Urteilen und Verurteilungen zurückhalten, es ist immer leicht, jemanden zu verurteilen, man ist ja selbst der Jünger der Moral) .
Das Problem sind m.E. die Erzjünger Steiners, die ihn als Guru unreflektiert wiedergeben ( und die kann man nur veralbern) und die dämliche Presse, die ihn nur zerreissen möchte. Die biodynamischen Thesen von Steiner sind, und das glaube ich ganz sicher, nicht von ihm, sondern viel, viel älter, der Mann hat nur viel altes Wissen zusammengetragen und weitergegeben, was unsere Industriegesellschaft über Bord geworfen hat. Ich persönlich brauche nicht nur biodynamische Weine zum Glücklichsein, aber Winzer die so etwas betreiben, scheinen viel Bewusstsein an den Tag zu legen, und das spiegelt sich in der Qualität wieder.
Es gibt nicht nur eine Wahrheit.......aber die biodynamische Landwirtschaft hat ganz sicher eine Daseinsberechtigung

Gruß

Ralf
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Markus Vahlefeld

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragDo 21. Jul 2011, 13:04

Ralf Gundlach hat geschrieben:Bernd hat was von der Kahlgrachtmühle erwähnt, und da arbeite ich, kein Anthropsoph, kein Steiner-Jüngling, aber durchaus mit der, ich muss es mal so sagen, dümmlichen Aufklärung in manchen seiner Aussagen im dritten Reich bekannt, er hat seine sicher nicht ruhmreichen Aussagen zum Thema Juden am Anfang der Nazizeit bereut und hat sie, nicht wie viele andere, nicht erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges widerrufen, sondern viel früher, udn die Aufzeichnungen sind sehr glaubhaft


Hi Ralf,

das verstehe ich jetzt nicht... wer hat welche Aussagen widerrufen und wann... es erschliesst sich aus Deinem Text leider nicht.
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Ralf Gundlach

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Re: Freitag vor 150 Jahren .....

BeitragDo 21. Jul 2011, 20:07

Hallo Markus,

Steiner hat, soweit ich weiß um 1920 rum durchaus, vor allem aus dem heutigen Wissen bewertend, antisemitische Äußerungen bzgl. der Juden in Deutschland geäußert. Diesen Standpunkt hat er ungefähr 10 Jahre später ganz klar als falsche Einschätzung wiederrufen. Das meinte ich. Sorry, wenn es etwas verwirrend rüberkam, ich hoffe, jetzt ist es klarer.

Gruß

Ralf
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