Auf ein Glas ..... 2010 Weißburgunder Spätl. Köhler-Ruprecht

[susa]

Die EU, ständig um nichts weniger als Wohle, Wehe und Gesundheit ihrer Bürger besorgt, hat mal wieder regulierend eingegriffen. Ab nächstem Jahr sollte es nach ihrem Willen kein offen ausgeschenktes Olivenöl mehr in Restaurants geben (siehe hier). So könne der Verbraucher vor minderwertigem und überlagertem Öl sowie jeglichem Etikettenschwindel geschützt werden. So schnell, wie diese Nachricht die Runde machte, so schnell wurde auch wieder gegengesteuert (siehe hier). Die Konsumentenländer waren nämlich not amused, befürchteten jede Menge Müll, wenn Öl nur noch als Einwegportion auf den Tisch gelangt, und hielten das Ganze mal wieder für eine bürokratische Kopfgeburt à la Gurkenkrümmungsregelung oder Verordnung zur Einfuhr von Karamellbonbons.

Nach dem Willen und den Visionen der EU-ler wäre das Olivenöl sowieso erst der Anfang gewesen und es ist ja auch nicht gewiss, dass diese viel versprechende Ausgangslage (aus Sicht eines EU-Beamten) nun so mir nichts Dir nichts aufgegeben wird. Man muss halt nur – wie meine Oma früher zu sagen pflegte – den richtigen Pack-an finden. Essig, Salz, Pfeffer, Maggiwürze und offener Hauswein, es eröffnet sich hier, wie der alte Briest sagte "ein weites Feld" oder um es mit Herrn Roddenberry zu formulieren "unendliche Weiten", ganz zu schweigen von den Nüsschentellern an Hotelbars.

Ich fänd's traurig, wenn in Frankreich der gute Hauswein verschwinden würde, nicht selten der einfachste der nächst gelegenen Kooperative, in den Kanister abgefüllt oder aus dem BiB. Es gibt ja nur ganz wenige Gegenden in Frankreich, wo im Umkreis von 50 km kein Wein angebaut wird und selbst dort – also z.B. in der Normandie oder Nord-Pas-de-Calais – würde man doch niemals zum Essen auf ein Gläschen verzichten.

In Deutschland hab ich mit Hausweinen eher unliebsame Erfahrungen gemacht, es sei denn ich war in einem Weinanabaugebiet. Wie zum Beispiel in der Pfalz, genauer gesagt in Kallstadt im Weinkastell zum Weißen Ross. Der Hauswein dort ist ja klar. Frau Kuhnke, eine resolute Dame von recht rustikalem aber durchaus gewinnendem Charme, ist die Schwester von Bernd Philippi und so nimmt es nicht wunder, dass die gesamte Weinkarte des Hauses von oben bis unten mit entsprechenden Weinen bestückt ist, also das gesamte Köhler-Ruprecht Repertoire sowie Mont du Toit und Quinta da Carvalhosa.

Als wir zu Saumagenvariationen mindestens eine Rieslingspätlese zu bestellen wünschten, deutete sie keinen Widerspruch duldend auf die Karte: Den Saumaache essese? Dann nemmese dennda! Das muss knagge! Gut, wenn Frau K. das wünscht, dann wurde es eben die trockene QbA. Hat übrigens hervorragend gepasst, genau richtig. So lass ich mir Hausweine gefallen, egal ob offen oder geschlossen.

Zu weniger deftigen Gerichten und übrigens auch ganz wunderbar zum Spargel passend (also die Spargelsaison ist ja dieses Jahr ziemlich ins Wasser gefallen) zum Beispiel mit einem kleinen Kalbssaltimbocca oder ein bisschen gebratenen Rotbarbenfilets ist ein anderes Köhler-Ruprecht-Gewächs

2010 Weißer Burgunder Annaberg Spätlese
Koehler-Ruprecht, Pfalz

der zartgelb im Glas funkelt und dezent nach Zitrus, Mango und zarten Blüten duftet. Ein wirklich feiner, eleganter Wein mit cremig-festem Gaumeneindruck und dezenter Säure. Man schmeckt Aromen von Honig, Mandeln, Früchten, Karamell begleitet von einer zarten Mineralnote, mit sehr feinem recht langen Abgang.