Administrator
- Beiträge: 4163
- Bilder: 20
- Registriert: Mo 6. Dez 2010, 16:33
- Wohnort: Niederrhein
- Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Das Internet, wir wissen es alle, ist ein absolut unerschöpflicher Informationsquell. Und wer schon immer schnell vom Hölzchen aufs Stöckchen kam, der kann sich hier vollends verlieren. Dazu muss man nur den Links folgen.
Eine beliebte Verlinkung in Shopsystemen ist ja die "Kunden, die … kauften, kauften auch …"-Information. Es liegt ja auf der Hand, dass nach dem Ankauf einer sagen wir mal Bügelstation auch noch gerne drei Staffeln der Fernsehserie "Desperate Housewives" gekauft wurden. Schließlich ist Bügeln eine nervtötende Angelegenheit, bei der jede Abwechslung willkommen ist. Als ich einmal nach der Friedhofssatzung der Stadt Bonn, Stichwort Liegezeiten, googelte, bekam ich die Anzeige eines Partnervermittlungsinstitutes angezeigt. Wie die Person gestrickt ist, die DEN Algorithmus programmiert hat, möchte ich mir lieber nicht ausmalen.
In manchen Bereichen funktioniert das aber ganz gut. Der Musikversender uV hat wohl ein ganz gutes Profil unseres Musikgeschmacks erstellt (obwohl ich auch einmal "die beliebtesten Volksmusikhits" und "Weihnachten mit dem Montanara-Chor" für die beste Haushaltshilfe von allen bestellt habe), das passt.
Auch bei Wein sollte man meinen, funktioniert das. Jedoch die Information, dass Kunden, die einen Restposten 2001 Lamothe Bergeron gekauft haben, auch einen toskanischen Sangiovese-Rosé aus dem Jahre 2009 gekauft haben, lässt wohl eher auf Schnäppchenjagd und Restpostenkauf schließen, als auf eine wie auch immer geartete Affinität zwischen den beiden Weinen.
Im RL (was man zwar korrekterweise mit "real life" übersetzen sollte, ich bevorzuge aber das "richtige Leben"), also im richtigen Leben funktioniert das mit dem Wein besser, wenn man es mit einem vernünftigen Händler durchexerziert. Wir haben das immer am allerliebsten mit "Madame" gemacht.
Ich muss jetzt wieder ein wenig abschweifen. Madame war die Weinhändlerin unseres Vertrauens am Urlaubsort. Unsere erste Amtshandlung im Urlaub besteht darin, sie bzw. einen Weinladen aufzusuchen, über die neusten Neuigkeiten der lokalen Weinszene, den letzten Jahrgang und das Leben im Besonderen und im Allgemeinen zu plaudern und erst einmal von all unseren Lieblingsweingütern ein paar Probeflaschen zu erstehen. Madame unterhielt mit vielen von ihnen gute Geschäftsbeziehungen und bot viele Weine zu ab-Château-Preisen an.
Das Ende eines jeden Verkaufsvorganges war, dass wir Madame baten, uns einen Wein, einzupacken, den wir noch nicht kannten – weil sie unsere Vorlieben ja gut genug kannte –, und von dem sie meinte, dass wir ihn einmal probiert haben sollten. Schließlich möchten wir immer wieder gerne etwas Neues kennenlernen.
Darin war Madame unübertroffen. Hatten wir beispielsweise einen reinen Rotweinkauf getätigt, dann konnte ich sicher sein, dass sie zu einem Weißwein griff. So haben wir u.a. dank Madame unsere Kenntnisse des Weinbaus auf der Presqu'île de St. Tropez und in der Provence verte entschieden vertieft. Und unsere nicht unbeträchtliche Sammlung an Magnen Château Pibarnon sind fast allesamt bei Madame erstanden.
Und daran, so denke ich, erkennt man auch einen guten Weinhändler. Wer einem bei der Gelegenheit versucht, einen überteuerten und überlagerten Ladenhüter anzudrehen, der hat wohl bestimmte Kunden einmal und dann nimmermehr gesehen.
Leider hat Madame vor drei (ach, inzwischen sind es ja schon vier) Jahren ihren Laden verkauft und ihr Nachfolger hat aber nun so gar nichts von ihrem Weinverstand und ihrem Geschäftssinn. Und selbst nach drei Jahren kann er die Kreditkartenmaschine noch nicht richtig bedienen. Und Beratung – na ja. Wenn wir den Laden überhaupt noch mal betreten, dann beraten wir uns selber. Überraschungsempfehlungen sind auch Fehlanzeige, das Sortiment schrumpft kontinuierlich. Ich bin sehr gespannt, ob der Laden noch existiert, wenn wir in diesem Urlaub wieder da sind. Das wäre aber nicht so schlimm (aus meiner Konsumentensicht), weil die beste Angestellte von Madame sich nur ein paar Häuser weiter mit einem kleinen Restaurant und angeschlossenem Weinhandel selbständig gemacht hat (allerdings legt diese den Schwerpunkt auf Rosé, wir sind ja in der Provence, und Herr susa und Rosé … tja).
Einer der Weine, den wir in jedem Jahr probieren, und der meistens sehr positiv aus der doch manchmal eher vernachlässigbaren Qualität herausragt, ist der
2011 Château de Rimauresq Cru Classé rouge
AOC Provence
Die Basiscuvée bestand 2011 aus 37% Mourvèdre, 25% Syrah, 18% Grenache und 17% Carignan (Angaben gem. Datenblatt des Château, wo die restlichen 3% bleiben, weiß ich nicht). Die Zusammensetzung schwankt jahrgangsbezogen immer etwas. (Die gehobenen Qualitäten, der R., und die immer schnell ausverkaufte Cuvée Quintessence bestehen nur aus Mourvèdre, Cabernet Sauvignon und Syrah in unterschiedlichen Anteilen.) Das Gut liegt in Pignans bei Toulon im Schutz des höchsten Gipfels im Maurenmassiv bei der alten Pilgerkapelle Notre Dame des Anges und schon in der Nähe zu Bandol, den Weinen ist diese "Verwandtschaft" durchaus anzumerken, nicht nur wegen der Mourvèdre sondern weil sie insgesamt doch kräftiger und komplexer sind. Übrigens, das von mir an anderer Stelle empfohlene Gut Château Barbeiranne ist ebenfalls in Pignans beheimatet. Während ich bei letzterem vor allem Fan der Weißweine bin, bevorzuge ich bei Rimauresq die Roten.
Ich hab ja so meine Wahrnehmung, dass es entweder Rotwein- oder Weißweinwinzer gibt, einer der beides gleich gut kann, ist verdammt selten.
Das Wappenzeichen des Hauses ist übrigens ein Pelikan, was es damit auf sich hat, muss ich mal erfragen. Seinen Namen hat Rimauresq von einem kleinen Flüsschen, dass seine Weinfelder durchzieht, das Real Mauresque heißt. Im Sommer ist es allerdings meistens ausgetrocknet.
Die Bezeichnung Cru Classé hatte in der AOC Provence jahrelang praktisch so gut wie nichts mehr zu bedeuten. Sie wurde irgendwann in den 50iger Jahren des vorigen Jahrtausends einmal festgelegt und hat den damaligen Status Quo dargestellt. Die allermeisten Güter haben es nicht unbedingt als Verpflichtung zu einer besonderen Qualität verstanden (da bildete Rimauresq und vielleicht noch eine Handvoll anderer eine lobenswerte Ausnahme). Es ist erfreulich zu beobachten, dass sich dieses Bewusstsein bei vielen Gütern inzwischen wandelt und dass sie den zwei Worten auf dem Etikett auch Taten bzw. Qualität folgen lassen wollen (erfreuliches Beispiel ist die Domaine de la Croix, die nach kontinuierlichem qualitativen Niedergang in den 80er und 90er Jahren jetzt unter neuer Leitung wieder an gute alte Zeiten anknüpft).
Der einfache Rote des Hauses Rimauresq ist von dunkler Farbe und duftet nach roten Früchten, getrockneten Kräutern und ein wenig balsamisch, am Gaumen kräftig, straff, ein wenig rustikal, es zeigt sich noch ein Hauch Bitterschokolade und recht gute Länge. Vor allem ist er ein wunderbarer Begleiter zu den einfachen kräftig gewürzten lokalen Gerichten, wie der Daube, gegrillten Merguez und selbst ein kräftig gegrillter Fisch passt noch.
Eine beliebte Verlinkung in Shopsystemen ist ja die "Kunden, die … kauften, kauften auch …"-Information. Es liegt ja auf der Hand, dass nach dem Ankauf einer sagen wir mal Bügelstation auch noch gerne drei Staffeln der Fernsehserie "Desperate Housewives" gekauft wurden. Schließlich ist Bügeln eine nervtötende Angelegenheit, bei der jede Abwechslung willkommen ist. Als ich einmal nach der Friedhofssatzung der Stadt Bonn, Stichwort Liegezeiten, googelte, bekam ich die Anzeige eines Partnervermittlungsinstitutes angezeigt. Wie die Person gestrickt ist, die DEN Algorithmus programmiert hat, möchte ich mir lieber nicht ausmalen.
In manchen Bereichen funktioniert das aber ganz gut. Der Musikversender uV hat wohl ein ganz gutes Profil unseres Musikgeschmacks erstellt (obwohl ich auch einmal "die beliebtesten Volksmusikhits" und "Weihnachten mit dem Montanara-Chor" für die beste Haushaltshilfe von allen bestellt habe), das passt.
Auch bei Wein sollte man meinen, funktioniert das. Jedoch die Information, dass Kunden, die einen Restposten 2001 Lamothe Bergeron gekauft haben, auch einen toskanischen Sangiovese-Rosé aus dem Jahre 2009 gekauft haben, lässt wohl eher auf Schnäppchenjagd und Restpostenkauf schließen, als auf eine wie auch immer geartete Affinität zwischen den beiden Weinen.
Im RL (was man zwar korrekterweise mit "real life" übersetzen sollte, ich bevorzuge aber das "richtige Leben"), also im richtigen Leben funktioniert das mit dem Wein besser, wenn man es mit einem vernünftigen Händler durchexerziert. Wir haben das immer am allerliebsten mit "Madame" gemacht.
Ich muss jetzt wieder ein wenig abschweifen. Madame war die Weinhändlerin unseres Vertrauens am Urlaubsort. Unsere erste Amtshandlung im Urlaub besteht darin, sie bzw. einen Weinladen aufzusuchen, über die neusten Neuigkeiten der lokalen Weinszene, den letzten Jahrgang und das Leben im Besonderen und im Allgemeinen zu plaudern und erst einmal von all unseren Lieblingsweingütern ein paar Probeflaschen zu erstehen. Madame unterhielt mit vielen von ihnen gute Geschäftsbeziehungen und bot viele Weine zu ab-Château-Preisen an.
Das Ende eines jeden Verkaufsvorganges war, dass wir Madame baten, uns einen Wein, einzupacken, den wir noch nicht kannten – weil sie unsere Vorlieben ja gut genug kannte –, und von dem sie meinte, dass wir ihn einmal probiert haben sollten. Schließlich möchten wir immer wieder gerne etwas Neues kennenlernen.
Darin war Madame unübertroffen. Hatten wir beispielsweise einen reinen Rotweinkauf getätigt, dann konnte ich sicher sein, dass sie zu einem Weißwein griff. So haben wir u.a. dank Madame unsere Kenntnisse des Weinbaus auf der Presqu'île de St. Tropez und in der Provence verte entschieden vertieft. Und unsere nicht unbeträchtliche Sammlung an Magnen Château Pibarnon sind fast allesamt bei Madame erstanden.
Und daran, so denke ich, erkennt man auch einen guten Weinhändler. Wer einem bei der Gelegenheit versucht, einen überteuerten und überlagerten Ladenhüter anzudrehen, der hat wohl bestimmte Kunden einmal und dann nimmermehr gesehen.
Leider hat Madame vor drei (ach, inzwischen sind es ja schon vier) Jahren ihren Laden verkauft und ihr Nachfolger hat aber nun so gar nichts von ihrem Weinverstand und ihrem Geschäftssinn. Und selbst nach drei Jahren kann er die Kreditkartenmaschine noch nicht richtig bedienen. Und Beratung – na ja. Wenn wir den Laden überhaupt noch mal betreten, dann beraten wir uns selber. Überraschungsempfehlungen sind auch Fehlanzeige, das Sortiment schrumpft kontinuierlich. Ich bin sehr gespannt, ob der Laden noch existiert, wenn wir in diesem Urlaub wieder da sind. Das wäre aber nicht so schlimm (aus meiner Konsumentensicht), weil die beste Angestellte von Madame sich nur ein paar Häuser weiter mit einem kleinen Restaurant und angeschlossenem Weinhandel selbständig gemacht hat (allerdings legt diese den Schwerpunkt auf Rosé, wir sind ja in der Provence, und Herr susa und Rosé … tja).
Einer der Weine, den wir in jedem Jahr probieren, und der meistens sehr positiv aus der doch manchmal eher vernachlässigbaren Qualität herausragt, ist der
2011 Château de Rimauresq Cru Classé rouge
AOC Provence
Die Basiscuvée bestand 2011 aus 37% Mourvèdre, 25% Syrah, 18% Grenache und 17% Carignan (Angaben gem. Datenblatt des Château, wo die restlichen 3% bleiben, weiß ich nicht). Die Zusammensetzung schwankt jahrgangsbezogen immer etwas. (Die gehobenen Qualitäten, der R., und die immer schnell ausverkaufte Cuvée Quintessence bestehen nur aus Mourvèdre, Cabernet Sauvignon und Syrah in unterschiedlichen Anteilen.) Das Gut liegt in Pignans bei Toulon im Schutz des höchsten Gipfels im Maurenmassiv bei der alten Pilgerkapelle Notre Dame des Anges und schon in der Nähe zu Bandol, den Weinen ist diese "Verwandtschaft" durchaus anzumerken, nicht nur wegen der Mourvèdre sondern weil sie insgesamt doch kräftiger und komplexer sind. Übrigens, das von mir an anderer Stelle empfohlene Gut Château Barbeiranne ist ebenfalls in Pignans beheimatet. Während ich bei letzterem vor allem Fan der Weißweine bin, bevorzuge ich bei Rimauresq die Roten.
Ich hab ja so meine Wahrnehmung, dass es entweder Rotwein- oder Weißweinwinzer gibt, einer der beides gleich gut kann, ist verdammt selten.
Das Wappenzeichen des Hauses ist übrigens ein Pelikan, was es damit auf sich hat, muss ich mal erfragen. Seinen Namen hat Rimauresq von einem kleinen Flüsschen, dass seine Weinfelder durchzieht, das Real Mauresque heißt. Im Sommer ist es allerdings meistens ausgetrocknet.
Die Bezeichnung Cru Classé hatte in der AOC Provence jahrelang praktisch so gut wie nichts mehr zu bedeuten. Sie wurde irgendwann in den 50iger Jahren des vorigen Jahrtausends einmal festgelegt und hat den damaligen Status Quo dargestellt. Die allermeisten Güter haben es nicht unbedingt als Verpflichtung zu einer besonderen Qualität verstanden (da bildete Rimauresq und vielleicht noch eine Handvoll anderer eine lobenswerte Ausnahme). Es ist erfreulich zu beobachten, dass sich dieses Bewusstsein bei vielen Gütern inzwischen wandelt und dass sie den zwei Worten auf dem Etikett auch Taten bzw. Qualität folgen lassen wollen (erfreuliches Beispiel ist die Domaine de la Croix, die nach kontinuierlichem qualitativen Niedergang in den 80er und 90er Jahren jetzt unter neuer Leitung wieder an gute alte Zeiten anknüpft).
Der einfache Rote des Hauses Rimauresq ist von dunkler Farbe und duftet nach roten Früchten, getrockneten Kräutern und ein wenig balsamisch, am Gaumen kräftig, straff, ein wenig rustikal, es zeigt sich noch ein Hauch Bitterschokolade und recht gute Länge. Vor allem ist er ein wunderbarer Begleiter zu den einfachen kräftig gewürzten lokalen Gerichten, wie der Daube, gegrillten Merguez und selbst ein kräftig gegrillter Fisch passt noch.
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love