Auf ein Glas ..... 2010 Grüner Veltliner Federspiel, Pichler

[susa]

Woran merkt man, dass Ostern ist? Ostern war am vergangenen Wochenende und das ist kein Aprilscherz. Bei dieser Gelegenheit mal eine Bitte. Wenn jemand sich die Mühe macht, einen pfiffigen Aprilscherz auszuarbeiten, dann schreit doch nicht gleich einer "April April!" Warum kann man das nicht erst mal ein bisschen sacken lassen. Diese "Herr Lehrer, ich weiß was!"-Attitude geht mir ein bisschen auf die Eierstöcke. Da muss ich ausnahmsweise dem Klimek beipflichten, der gestern zu diesem Thema auf facebook postete: "Danach weiß man, wer früher in der Schule immer gepetzt hat!"

Zurück zu Ostern: In diesem Jahr ist es wirklich schwierig, bei meiner Kollegin Suse, in der 180°-NL Nord zum Beispiel, liegt noch eine geschlossene Schneedecke; auch die NL Süd (München) meldet: "Ski und Rodel gut!" Und mein Außenthermometer scheint defekt zu sein, es meldet morgens immer Minusgrade, das kann doch nicht stimmen. Wahrscheinlich ein himmlischer oder meteorologischer Aprilscherz.

Voller Optimismus hat unser Spargelbauer schon vor drei Wochen sein Büdchen aufgebaut. Allerdings KANN es noch gar keinen neuen Spargel geben, es fährt noch nicht ein voll besetztes Auto mit polnischem, ungarischem oder rumänischem Kennzeichen zu den einschlägigen Bauernhöfen. Und ohne Erntebrigade sowieso kein Spargel.

Die Oster-Menüs der befreundeten Foodblogger lesen sich allesamt wie recycelte Weihnachtsessen, Ente, Hirsch, Roastbeef mit Kartoffelplätzchen oder Knödeln, Rotkohl, Rote Bete. Kein frisches knackiges Frühlingsgemüse, keine Kräuter (immerhin hab ich schon ein paar Blättchen Bärlauch im Garten). Und die Weine erst! Schwere Syrah, Bordeaux, argentinische Malbec und dicke Südtiroler Lagrein oder österreichische Blaufränkisch.

Dazu Kaminfeuer und Bitterschokolade. Und der ausgiebige Osterspaziergang wird nur von Hundebesitzern gepflegt.

Ich mach das nicht mehr mit. Seit gestern Mittag hab ich "Frühling befohlen!", dick eingepackt sind wir ins Städtchen gefahren, haben ein wenig Schaufenster geschaut (und bei dem Gedanken, nur mit leichter Chino, T-Shirt und Leinenjäckchen bekleidet zu sein so wie die Schaufensterpuppen, hat es mich doch sehr gefröstelt) und ich hab mir das erste Eis des Jahres gekauft. Auf die Hand! Im Hörnchen! Pistazie!

Wenn ich ehrlich bin, es hat noch nicht richtig geschmeckt. Aber in Moskau essen sie doch auch das ganze Jahr über Eis auf der Straße, wahrscheinlich um Außen- und Körpertemperatur etwas anzugleichen.

Wieder zu Hause hab ich beherzt zu einem Weißwein gegriffen, zum

2010 Grüner Veltliner Federspiel
Rudi Pichler, Wachau

Aus dem Jahr, in dem der Falstaff den Rudi Pichler zum Winzer des Jahres gewählt hat. Und ich wollte nichts dickes Rotes mehr im Glas sehen, sondern es sollte weiß, knackig und frisch sein.

Um mit der Kritik anzufangen, ein wenig mehr Frucht hätte mir gut gefallen, aber ansonsten erfüllte der Kandidat die in ihn gesetzten Erwartungen, zarter Duft nach Melone und Apfel, am Gaumen straff und animierende Säure (sehr appetitanregend), etwas Mineral und nach ein wenig Luft baute sich auch ein nettes Pfefferl auf. Abgang mittellang.

Zum Essen spielte er seine Trümpfe aus, als Essensbegleiter machte er eine perfekte Figur. Kurzerhand hatte ich aus dem geplanten Schweinebraten Koteletts geschnitten und gebraten, dazu einen Kartoffelsalat und jetzt passte der Wein perfekt.

Frohe Ostern gehabt zu haben.
Abends hab ich eine kräftige Merlot Riserva von Elena Walch aus dem Hut bzw. Keller gezaubert, passt einfach besser zum Wetter.

[Gerald]

Hallo Susa,

klar, der nicht enden wollende Winter ist schon ein bisschen lästig. Sogar hier in Ostösterreich, wo alles nicht ganz so schlimm war wie z.B. in Hamburg oder Berlin. Trotzdem sind für morgen schon wieder Schneefälle angesagt

Alles in allem war der Winter aber bei uns ziemlich mild, nur ein einziger Tag unter -10°C (das Weinviertel ist zwar in der Vegetationsperiode recht warm, im Winter gibt es aber immer wieder recht heftige Kaltlufteinbrüche, da uns keine Alpen oder sonstige Gebirge von der kontinentalen Kaltluft schützen). Und für den Weinbau werden die hohen Niederschlagsmengen auch recht günstig sein, zumal wir hier in der trockensten Region Österreichs sind.

Den besprochenen Wein habe ich vor zwei Jahren auch probiert und war von ihm nicht wirklich angetan (siehe http://www.verkostungsnotizen.net/vkn_d ... p?ID=33859). Vielleicht bin ich nicht der einzige mit dieser Ansicht, denn dass der Wein trotz geringer Erntemengen in 2010 überhaupt noch erhältlich ist, wundert mich doch sehr. Oder hast du ihn schon 2011 gekauft?

Insgesamt habe ich oft den Eindruck, dass gerade die "Starwinzer" in der Wachau sich vor allem auf ihre Topweine (also die Smaragde) konzentrieren und oft sehr mittelmäßige Ware zu hohen Preisen als Federspiel verkaufen. Durch den Klang des berühmten Namens werden sie sich trotzdem gut verkaufen ...

Grüße,
Gerald

Hallo Susa,

die aktuelle Wettersituation sehe ich gerade ganz entspannt: Nach einem Regen-Intermezzo am Ostermontag verspricht der "Midi Libre" für heute und morgen wieder ganz viel Sonne und frühlingshafte Temperaturen.
Allerdings scheint der Winter auch hier im Languedoc länger als üblich gedauert zu haben. Anders als in früheren Jahren wird zur Zeit noch kein weißer Spargel aus der Region angeboten.

Entspannte Grüße aus einem wieder mal schönen und genussvollen Urlaub

dylan

[susa]

Gerald, es gibt bessere GV-Federspiele, vor allem um den Preis (hab ca. 13€ dafür bezahlt). Mir fehlt da allerdings auch ein bisschen der Vergleich. Allerdings, die von Dir bemerkten Apfelmostnoten konnte ich nicht feststellen. Gar nicht gefallen kann ich nicht sagen, alles in allem ganz nett und mal eine Abwechslung nach all der roten Pracht .
Vollkommen recht hast Du aber mit der Forderung, dass man gerade von Spitzenwinzern auch in den Basisqualitäten sehr wohl mehr erwarten kann.

Dylan, das ist NICHT nett!

lg
s

[Gerald]

Na ja, die Apfelmostnoten waren auch 2011. Vielleicht sind sie inzwischen verschwunden.

Aber wenn du Gelegenheit hast, probiert einmal die 2010er Federspiele der Domäne Wachau. Kosten die Hälfte und sind um Klassen besser geraten (zumindest nach meinem persönlichen Eindruck).

Grüße,
Gerald

"Recycelte Weihnachtsmenues"-das triffts ganz gut. Koche am nächsten Freitag auch mal wieder ein grösseres Menue, das wird wohl auch nicht allzu frühlingshaft. Wollte Spargel, frische Morcheln und Erbsen, aber es wird wohl eher ein Traum bleiben.
Auch beim Wein setze ich auf Winter, Mersault statt Riesling, roter Bordeaux oder gar Barolo zum Lamm wird uns Wärme schenken.