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Meine Mutter, der – wie es früher halt noch überwiegend üblich war – der Hauptteil meiner Erziehung oblag, bestand als integraler Bestandteil ihres Erziehungsauftrages darauf, dass ich auch und gerade die Aufgaben erledigte, die ich nun gar nicht liebte und die ich deswegen vor mir her schob, in der Hoffnung, sie erledigten sich vielleicht von alleine oder man vergäße, dass sie mir übertragen worden waren. Wie zum Beispiel Zimmer aufräumen, Mathematikhausaufgaben machen, oder auf meine Brüder aufpassen. Und nicht nur das. Sie war auch noch der Ansicht, ich solle all das gerne machen. Gerne! Man stelle sich vor, gerne an den Hausaufgabenheften sitzen (Mathematikhausaufgaben nahmen bei mir immer wesentlich länger als die dafür seitens des Lehrkörpers veranschlagte Zeit in Anspruch), während draußen meine Freunde schon Indianer oder Verstecken spielten.
Bis heute habe ich mich nicht dazu durchringen können, Tätigkeiten wie Bügeln oder Bettenbeziehen zu lieben. Sie müssen gemacht werden, sie werden gemacht, und gut ist. Aber all diese verhassten Tätigkeiten sind nicht gegen das Grauen zu Jahresbeginn: die Steuer! Als Finanzminister unseres kleinen Gemeinwesens (in Personalunion mit den Ressorts Außen- und Wirtschaftspolitik) obliegt mir allerdings die Erledigung der einschlägigen Tätigkeiten.
Und so sitze ich da mit einem Packen voller Belege, lade die zuständige Software auf den PC, nehme die Vorjahreserklärung als Beispiel, nur um festzustellen, dass die Zeile 14a der Anlage KAP nicht mehr existiert und ich keinen blassen Schimmer habe, ob auch die Zeilen 31 und 33 auszufüllen sind und im Zweifel mit was. GIYF – Google is your friend, und Herr W., unser zuständiger Sachbearbeiter soll ja auch noch seinen Spaß haben. Und gilt das Aufpolsternlassen eines Sofas als absetzbare Leistung im Sinne der haushaltsnahen Dienstleistungen? Keine Ahnung, aber Versuch macht kluch und wenn ich es nicht reinschreibe, dann kann es schon mal gar nicht anerkannt werden. Herr W. kann es ja wieder streichen.
Ach wie gerne würde ich jetzt Betten beziehen! Oder Fensterputzen! Oder 17 Oberhemden bügeln! Und wo in aller Welt sind die Krankenkassenbescheinigungen?
Früher konnte mich wenigstens die Aussicht, die zurück erstattete Steuer vollinhaltlich in das Bordeaux-Subskriptions-Budget einzustellen zu können, aufrecht erhalten. Aber seitdem ich (und meinesgleichen) im Bordelais personae non gratae sind (anders kann ich mir die Preisgestaltung und das Geschäftsgebahren nicht erklären) und meine Subskription in weiten Teilen ausfällt, ist auch dieser Anreiz verloren. Trotzdem muss die Steuererklärung gemacht werden, wenn ich das dem Staat als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellte Geld eines Tages wieder haben will. Und am Schluss hat man doch immer das Gefühl etwas Wesentliches vergessen zu haben oder durch die falsche Auswahl einer Zeile das ganze Gebilde zum Einstürzen zu bringen.
Wer weiß, vielleicht steige ich ja zur Sub 2012 wieder ein, wenn die Herrschaften an der Preisfront mal wieder ein Einsehen haben. Dafür müssen Rücklagen gebildet werden, also nichts wie ran an die Formulare. Hach, die Idee mit dem Bierdeckel war doch wirklich charmant, schade dass sie sich nicht durchsetzen konnte.
Aber irgendwann ist auch die boshafteste Steuererklärung erledigt und zur Feier des Tages genehmige ich mir einen besonderen Wein. Einen, der geeignet ist, aufgewühlte Finanz-wirtschaftsundaußenministerInnenseelen zu besänftigen – mal was Süßes, so als kleines Aperitifbelohnungsschlückchen nach vollbrachter Tat und vor dem Abendessen.
2006 Wiqem Auslese
Weingut Hand Wirsching, Franken
Der Name für diese Weißweincuvée ist ja schon ein wenig ambitioniert, sich gleich mit dem König aller Süßweine aus dem Sauternes anlegend. Und die Etikettengestaltung tut ihr Übriges dazu. Und das Ganze für 10€ die 375 ml-Flasche.
Der Wein ist goldgelb und fließt langsam ins Glas. Er duftet intensiv nach Weihnachtsgewürzen wie Muskat, Vanille, Zimt und nach kandierten Früchten. Den Gaumen umschmeichelt er cremig, fast tröstlich, und schmeckt wunderbar nach Aprikosen, Ananas, Karamell und Dessertkräutern wie Minze oder Zitronenmelisse, angenehme stützende Säure, zarte Botrytisnote, im Abgang ein wenig kurz. Und dazu ein großer Riegel Vollmilchschokolade und die beruhigende Gewissheit, jetzt wieder 364 Tage lang Ruhe zu haben.
PS
Und dem amerikanischen Schriftsteller Philip Roth gratuliere ich heute ganz herzlich zum 80.
Bis heute habe ich mich nicht dazu durchringen können, Tätigkeiten wie Bügeln oder Bettenbeziehen zu lieben. Sie müssen gemacht werden, sie werden gemacht, und gut ist. Aber all diese verhassten Tätigkeiten sind nicht gegen das Grauen zu Jahresbeginn: die Steuer! Als Finanzminister unseres kleinen Gemeinwesens (in Personalunion mit den Ressorts Außen- und Wirtschaftspolitik) obliegt mir allerdings die Erledigung der einschlägigen Tätigkeiten.
Und so sitze ich da mit einem Packen voller Belege, lade die zuständige Software auf den PC, nehme die Vorjahreserklärung als Beispiel, nur um festzustellen, dass die Zeile 14a der Anlage KAP nicht mehr existiert und ich keinen blassen Schimmer habe, ob auch die Zeilen 31 und 33 auszufüllen sind und im Zweifel mit was. GIYF – Google is your friend, und Herr W., unser zuständiger Sachbearbeiter soll ja auch noch seinen Spaß haben. Und gilt das Aufpolsternlassen eines Sofas als absetzbare Leistung im Sinne der haushaltsnahen Dienstleistungen? Keine Ahnung, aber Versuch macht kluch und wenn ich es nicht reinschreibe, dann kann es schon mal gar nicht anerkannt werden. Herr W. kann es ja wieder streichen.
Ach wie gerne würde ich jetzt Betten beziehen! Oder Fensterputzen! Oder 17 Oberhemden bügeln! Und wo in aller Welt sind die Krankenkassenbescheinigungen?
Früher konnte mich wenigstens die Aussicht, die zurück erstattete Steuer vollinhaltlich in das Bordeaux-Subskriptions-Budget einzustellen zu können, aufrecht erhalten. Aber seitdem ich (und meinesgleichen) im Bordelais personae non gratae sind (anders kann ich mir die Preisgestaltung und das Geschäftsgebahren nicht erklären) und meine Subskription in weiten Teilen ausfällt, ist auch dieser Anreiz verloren. Trotzdem muss die Steuererklärung gemacht werden, wenn ich das dem Staat als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellte Geld eines Tages wieder haben will. Und am Schluss hat man doch immer das Gefühl etwas Wesentliches vergessen zu haben oder durch die falsche Auswahl einer Zeile das ganze Gebilde zum Einstürzen zu bringen.
Wer weiß, vielleicht steige ich ja zur Sub 2012 wieder ein, wenn die Herrschaften an der Preisfront mal wieder ein Einsehen haben. Dafür müssen Rücklagen gebildet werden, also nichts wie ran an die Formulare. Hach, die Idee mit dem Bierdeckel war doch wirklich charmant, schade dass sie sich nicht durchsetzen konnte.
Aber irgendwann ist auch die boshafteste Steuererklärung erledigt und zur Feier des Tages genehmige ich mir einen besonderen Wein. Einen, der geeignet ist, aufgewühlte Finanz-wirtschaftsundaußenministerInnenseelen zu besänftigen – mal was Süßes, so als kleines Aperitifbelohnungsschlückchen nach vollbrachter Tat und vor dem Abendessen.
2006 Wiqem Auslese
Weingut Hand Wirsching, Franken
Der Name für diese Weißweincuvée ist ja schon ein wenig ambitioniert, sich gleich mit dem König aller Süßweine aus dem Sauternes anlegend. Und die Etikettengestaltung tut ihr Übriges dazu. Und das Ganze für 10€ die 375 ml-Flasche.
Der Wein ist goldgelb und fließt langsam ins Glas. Er duftet intensiv nach Weihnachtsgewürzen wie Muskat, Vanille, Zimt und nach kandierten Früchten. Den Gaumen umschmeichelt er cremig, fast tröstlich, und schmeckt wunderbar nach Aprikosen, Ananas, Karamell und Dessertkräutern wie Minze oder Zitronenmelisse, angenehme stützende Säure, zarte Botrytisnote, im Abgang ein wenig kurz. Und dazu ein großer Riegel Vollmilchschokolade und die beruhigende Gewissheit, jetzt wieder 364 Tage lang Ruhe zu haben.
PS
Und dem amerikanischen Schriftsteller Philip Roth gratuliere ich heute ganz herzlich zum 80.
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
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