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Auf ein Glas ..... 2008 Naiades, Bodegas Naia, Rueda

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Auf ein Glas ..... 2008 Naiades, Bodegas Naia, Rueda

BeitragDi 15. Jan 2013, 10:44

Bei den allermeisten ist ja jetzt wieder der Alltag eingekehrt, von ein paar glücklichen Skiurlaubern mal abgesehen.

Und der beginnt ja mit dem Wecker, dem Wunsch, sich lieber noch einmal rumzudrehen und noch etwas in den wohlig warmen Decken zu verweilen, aber dann steht man ja doch auf, macht Licht und Radio an und begibt sich zwecks Lebensgeistererweckung ins Bad.

Im Radio läuft derweil das Morgenprogramm und das besteht gefühlt zu 90% aus Reklame, die wiederum zu 90% aus Reklame für Möbelhäuser und Küchenstudios ("dat schönste Möbelhaus vonne ganze Welt – doch bei Roller – usw. usw.). Ich hab jetzt unserem Haussender die Treue gekündigt, es geht nicht mehr, noch eine Küchenreklame halt ich nicht aus.

Ich schlage also die Zeitung auf, fische erst mal die Reklameeinlage raus – Küchenreklame! Möbelhäuser!

Wer in aller Welt soll das alles kaufen. Früher kaufte man eine Küche fürs Leben und wesentliche Teile wurden von der Mutter auf die Tochter weitervererbt.

Natürlich brauchen die Küchen Alleinstellungsmerkmale, unverzichtbare Ausrüstungsdetails für jeden Geschmack. War also nur eine Frage der Zeit, bis die Küchendesigner den Weinliebhaber entdeckt haben.

Nun sollte man also meinen, wenn ein Küchendesigner für Weinliebhaber sinnvolle Features in eine Küche plant, dann fragt er einen, der sich mit der Materie auskennt. Also mit Wein. Da aber Designer ähnlich wie Unternehmensberater und Juristen von allem alles verstehen, müssen sie keinen fragen, sondern planen, wie es gerade so kommt.

Und so entsteht direkt neben dem Kühlschrank, direkt da wo die Abwärme entweicht, ein offenes Weinflaschenregal, auch gleich im direkten Einzugsbereich der Kochstelle, so dass allenthalben entweichende fetthaltige Dämpfe sich wie ein Schutzschild um die wohl gewärmten Flaschen legen. Da ist Vorsicht geboten, dass einem die Flasche nicht aus Versehen aus den Fingern flutscht, wenn man sie aus dem Regal entnimmt.

Auch ein imposanter stationär installierter vollautomatischer Korkenzieher macht sich gut, am besten so vor dem Fenster angebracht, dass sich dieses nur dann vollständig öffnen lässt, wenn man das Gerät in wesentlichen Teilen abbaut, um es nachher niemals wieder ordentlich zusammengebaut zu bekommen.

Klima- und Temperierschränke sind natürlich besonders exquisit, weswegen sie an optisch eindrucksvoller Stelle platziert werden. Dass deswegen nun der Weg zum normalen Kühlschrank weiter und um die Ecke führt, ist Schicksal. Schließlich greift Hausfrau oder -mann wesentlich häufiger in die Kombination aus Zigarren-/Käsehumidor und Weinschrank als in den ordinären Kühlschrank für Butter, Milch, Mineralwasser, Wurst und aufbewahrte Reste vom Vortag.

Dunstabzugshauben gehören natürlich in jede Küche. Beleuchtet sind sie sowieso und deswegen kann man gleich daneben so ein tolles Glasregal anbringen, so eines wo die Gläser am Fuß eingehängt werden wie in einer Kneipe. Dann ziehen die Essensdünste gleich dran vorbei, wodurch ein entscheidender Beitrag zur Kombination von Wein- und Essensaromen geleistet wird.

to be continued…

Da stell ich doch lieber die Weinflasche für die Zeit ihrer Benutzung in den normalen Kühlschrank neben die Milch und den roten Unaussprechlichen (also diese rote Sauce, ohne die man Schinkennudeln nicht runterbekommt und der es geht wie so vielen Dingen, niemand kauft sie, niemand hat sie, aber die Hersteller kommen mit der Produktion kaum nach).

Was für einen Wein sollte ich eigentlich zu Schinkennudeln mit Tomatenketchup servieren? Eigentlich gehört dazu ja eine eisgekühlte Coca Cola. Wäre ein eisgekühlter Colaschoppen eine Idee?

Genug der Grausamkeiten für einen Dienstagmorgen, zu den Schinkennudeln gibt es einen Grauburgunder, was Nettes, ein Schnäppchen aus der letzten Restpostenliste, so einen, den ich nach der neuen Nomenklatur fürderhin als "Stehwein" bezeichnen werde.

Dafür gibt es heute einen Sitzwein, es soll sogar Leute geben, die sich vor ihm hingekniet haben.

2008 Naiades
Bodegas Naia, D.O. Rueda


Den gab es letzten Samstag bei einem wunderbaren Menü zu gebratenen Rotbarbenfilets in Paprika-Ingwer-Sauce mit Paprika-Polenta (ein Rezept von Johanna Maier).

Zunächst mussten wir die Rebsorte(n) raten und wie das so ist, man weiß, dass man nichts weiß, nur dass der Wein eben weiß ist. In der Nase zarte Zitrusnoten, auch reife Birne, Pfirsich, Gewürze, florale Noten, am Gaumen zarter Schmelz, ein Anflug von Mineral, der an burgundische Chardonnays denken lässt, eine angenehme weil nicht zu wuchtige Holznote. Für Burgund ist die Mineralität zu dezent und die Fruchtaromatik zu intensiv und Chardonnay wäre ja eh zu einfach, dann hätte der Gastgeber nicht gefragt. Ich trau mich mal mit Sauvignon blanc aus der Deckung, ernte ein Grinsen und denke weiter.

Irgendwie will ich den Wein weiterhin nach Frankreich verorten, Viognier kommt mir noch in den Sinn, was ich aber gleich wieder verwerfe. Außerdem ist der Gastgeber ein ausgewiesener Spanienfan, man muss auch mal taktisch vorgehen. Das hat Herr susa sich wohl auch gedacht und kommt mir mit einem "Spanien!" zuvor, womit er den ersten Punkt einholt. Und legt auch gleich noch mit "autochthone spanische Rebsorte" nach.

Ich denk erst "Verdejo", aber nein, das kann kein Verdejo sein, Verdejo, das sind doch meistens diese Allerweltsweise, manchmal ein wenig plump oder sogar sprittig. Und der hier, am Gaumen voller Eleganz, Kraft, ein wunderbares Aromenspiel von Blütenduft, Zitrusfrüchten, Mineral, Gewürzen, vanilliger Holznote, gute Säurestruktur, fein eingebundener Alkohol, langer Abgang. Mit zunehemendem Luftkontakt wird er immer besser, sprich komplexer. Garnacha blanca? Xarel-lo? Parrelada? Keine Ahnung! Vielleicht doch ein Moscatel?

Ich geb's auf. Lieber genieße ich die perfekte Verbindung zwischen Essen und Wein, die zarte Paprikanote, die cremige Polenta und der würzige Schmelz des Weines verbinden sich perfekt. Insgesamt habe ich den Eindruck, dieser Wein ist ein recht vielseitiger Essensbegleiter, insofern wäre er sogar für die Schinkennudeln passend, wenn man ihm denn einen solch banalen Partner zur Seite stellen wollte.

Verdejo ist übrigens richtig, 100%!
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
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Don Miguel

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Re: Auf ein Glas ..... 2008 Naiades, Bodegas Naia, Rueda

BeitragFr 18. Jan 2013, 17:52

susa hat geschrieben:Im Radio läuft derweil das Morgenprogramm und das besteht gefühlt zu 90% aus Reklame, die wiederum zu 90% aus Reklame für Möbelhäuser und Küchenstudios ("dat schönste Möbelhaus vonne ganze Welt – doch bei Roller – usw. usw.). Ich hab jetzt unserem Haussender die Treue gekündigt, es geht nicht mehr, noch eine Küchenreklame halt ich nicht aus.

Ich schlage also die Zeitung auf, fische erst mal die Reklameeinlage raus – Küchenreklame! Möbelhäuser!

Hallo susa!

Beides fällt mir auch schon länger auf und beides nervt mich!

Beim Morgenradio ist es aber gar nicht so sehr die Werbung als der Umstand, dass meist ein Trio an pseudolustigen Moderatoren versucht, sich gegenseitig mit seichten und banalen Sprüchen zu übertrumpfen. Ich plane deshalb, mir ein Internetradio zu besorgen, da kann man das Programm aus anderen (nachtschlafenden) Zeitzonen hören, wo nicht gequatscht wird.

Der Werbung in der Zeitung entgehe ich zumindest morgens dadurch, dass ich das iPad meiner Dona nutze und dort die (werbefreie) Zeitungs-App nutze. Mittags und abends lese ich dann die Printausgabe, spätestens dann muss ich natürlich auch die ganze Werbung entsorgen.

Das Leben ist schon hart als westlicher Wohlstandsbürger!

Beste Grüße
Don

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