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Man kann auch aus Resten noch was machen. Das war so ein Standardsspruch meiner Oma. Und bei ihr war das auch nicht einfach so dahingesagt, sondern selbstverständliches Prinzip. Wegwerfen gab's nicht.
Der wöchentliche Speiseplan war eine Abfolge wieder verwerteter Reste der vorangegangenen Mahlzeiten, Reste vom Sonntagsbraten in der Sauce aufgewärmt, Reste der Kartoffeln zu Bratkartoffeln verarbeitet, ein Salat dazu, fertig war das Montagsessen und das sonntägliche Gemüse fand sich in der dienstäglichen Gemüsesuppe wieder usw. Das sah bei Kleidungsstücken nicht anders aus, zu klein gewordene Pullover beispielsweise (die an kein jüngeres Geschwisterkind weitervererbt werden konnten) wurden aufgeriffelt und daraus Socken und wärmende (und kratzende *seufz) Wollunterhosen gestrickt, Löcher in Strümpfen wurden gestopft, abgestoßene Hemdkragen und Manschetten wurden abgetrennt und neue wurden angenäht; Bettlaken wurden zu Kissenbezügen und Putzlappen. Einen Mülleimer gab es nicht, es gab einen Ascheimer, der seinen Namen zu Recht trug, denn er barg lediglich die Asche der Kohleöfen und aus dem Küchenherd (ein Allesfresser, der Unmengen an Holz, Briketts oder Eierkohle verschlang und auch der Entsorgung nicht weiter benötigten Zeitungspapiers, Kartons, Flaschenkorken usw. diente). Eier-, Kartoffelschalen und Abfälle vom Gemüseputzen wanderten auf den Kompost oder wurden an die Hühner und Kaninchen verfüttert ebenso benutzte Kaffeefilter (deren Inhalt hin und wieder auch zur Düngung der Topfblumen auf der Fensterbank diente). Plastik- oder Metallmüll gab es nicht.
Heutzutage sind wir schnell mit dem Wegwerfen bei der Hand, MHD beim Joghurt abgelaufen, sicherheitshalber wegwerfen! Zu viel Wurst gekauft und jetzt sieht sie etwas unansehnlich aus? Weg damit! Supermärkte, Hotels, Restaurants werfen über 25% ihrer eingekauften Lebensmittel weg, Hygienevorschriften, Lagerüberbestände, nicht verkaufte Waren. Sogar direkt beim Erzeuger werden im Prinzip verkehrsfähige Lebensmittel weggeworfen, weil sie irgendeiner Norm nicht entsprechen, um Preise zu stützen, weil sich der Kundengeschmack mal wieder geändert hat.
Ich möchte jetzt nicht weiter moralisieren, aber ich finde, es lohnt sich, hin und wieder mal darüber nachzudenken und sich an die eigene Nase zu fassen. Einerseits nimmt die Nahrungsmittelproduktion immer perfidere Ausmaße an (Massentierhaltung, Qualtransporte, usw.) und andererseits landet nicht wenig davon ohne den Umweg über den Verbraucher zu nehmen gleich im Müll. Und die Entsorgung kostet auch noch Geld und verbraucht wertvolle Ressourcen.
Nach Weinproben im Freundeskreis sieht es dann am nächsten Tag wie folgt aus: Mindestens 15 Flaschen stehen in Reih und Glied, sind am Abend noch voller Stolz fotografiert und in Social Media aller Art geteilt und veröffentlicht worden, haben uns beseelt und beflügelt (manche auch enttäuscht). Nun sind diese Flaschen, natürlich ein paar Flagships darunter, ein paar Geheimtipps usw., noch mehr oder weniger gefüllt, manche wurden ganz ausgetrunken, andere haben noch mindestens ein oder zwei Gläser voll Inhalt und diese letzte Flasche, die man im Überschwang des gelungenen Abends "so jung kommen wir nicht mehr zusammen" nachts um zwei noch aus dem Keller holte, die ist noch mehr als halb voll.
Und jetzt sitzen wir da mit den Resten. Am Folgetag ist uns nicht wirklich nach Wein, es war ja doch ein strammes Programm und wer spuckt da schon? Hand aufs Herz: Wenn Ihr Freunde und Weinliebhaber zu einem verschärften Verkosten einladet, spuckt Ihr dann? Im Leben nicht! Das wäre ja auch zu schade!
Eine oder zwei Flaschen sind sicher drunter, die noch einen weiteren Tag im kühlen Keller auf einen Einsatz warten können, morgen schmeckt vielleicht schon wieder ein Gläschen zum Feierabend. Ein paar Weine können im Eiswürfelbehälter eingefroren und dann würfelweise in Plastiktüten oder –dosen in der Kühltruhe verwahrt werden, um zukünftigen Suppen oder Saucen den letzten Schliff zu geben, aber irgendwann ist Schluss. Und dann soll man diese feinen Weine einfach so in den Ausguss geben? Das tut doch in der Seele weh!
Rettung naht, aus den Resten kann man ein köstliches Glühweingelee kochen. Immer ein beliebtes Mitbringsel, schmeckt prima auf Frühstücksbrot oder zur Verfeinerung von Rotkohlgemüse oder Saucen zu Wild.
Wenn wir nur ein wenig darüber nachdenken, dann fallen uns sicher noch weitere Einsatzmöglichkeiten für Weinreste ein. Die braucht man ja auch, weil man immer wieder mal einen Wein geschenkt bekommt, den man beim besten Willen nicht plg* vernichten möchte. Ganz zu schweigen von den Urlaubsfehlkäufen.
Vorbeugend gegen Urlaubsfehlkäufe hilft ja recht zuverlässig die begleitende Lektüre seriöser Weinführer, Blogs, Foren, sowie ein Begleiter, der grundsätzlich bei jeder Probe erst mal so skeptisch guckt, als wolle man ihn vergiften. Bis er dann gar nicht mehr anders kann als vergnügt zu grinsen, wie beim
2010 Pinot Grigio
Franz Haas, Südtirol
und das, obwohl Grauburgunder jetzt nicht unbedingt zu unseren Leib- und Magenrebsorten gehört, zu oft haben wir gerade bei dieser etwas nichtssagende, dünne, langweile Tröpfchen auf der einen oder hochgepeppte, überparfümierte Weine auf der anderen Seite erlebt. Der Mittelweg aber bringt komplexe Weine, die großen Trinkspaß bieten.
Hier haben wir einen strohgelb im Glas funkelnden Wein, der sein fein nach Äpfeln, Birnen und Blüten duftet, dabei auch ein wenig nussig. Der feine Eindruck setzt sich am Gaumen fort, feiner Schmelz, saftige Frische, Vanille, Honig, Zitrusfrüchte. Hier hat der Holzausbau (nur eine kleine Partie wird in Eichenholzfässern gereift) in genau richtigem Maße dafür gesorgt, dass der Wein neben den zarten floralen und hellfruchtigen Noten auch einen warmen etwas dichteren Schmelz erhält, alles in ausgewogenem Verhältnis zu einander, bis zum guten allerdings nicht sehr langen Abgang.
Und ganz zum Schluss noch eine Weinverwertungsidee: Eine Bekannte, deren Patentante an der Mosel ein kleines Weingut betrieb, erzählte, dass ihr immer vor den Montagen bei der Tante gegraust habe. Samstags und sonntags wurden in der kleinen Stube Weinproben veranstaltet und montags gab es dann immer Brotpudding mit Weinschaumsauce. Die Tante mochte auch keine Reste wegwerfen, und so wurde das übrig gebliebene Brot, das bei den Proben gereicht wurde (zusammen mit den Brotresten, die sich unter der Woche so angesammelt hatten), zu Brotpudding und die nicht ausgetrunkenen Weine zu Weinschaumcreme verarbeitet. (… allerdings nicht der Inhalt der Spuckgefäße, so weit ging die Sparsamkeit unserer Tanten und Großmütter dann doch nicht).
Prost! Und was macht Ihr mit Weinresten, die sich so ansammeln?
_____
*plg – par la gueule (durch die Kehle)
Der wöchentliche Speiseplan war eine Abfolge wieder verwerteter Reste der vorangegangenen Mahlzeiten, Reste vom Sonntagsbraten in der Sauce aufgewärmt, Reste der Kartoffeln zu Bratkartoffeln verarbeitet, ein Salat dazu, fertig war das Montagsessen und das sonntägliche Gemüse fand sich in der dienstäglichen Gemüsesuppe wieder usw. Das sah bei Kleidungsstücken nicht anders aus, zu klein gewordene Pullover beispielsweise (die an kein jüngeres Geschwisterkind weitervererbt werden konnten) wurden aufgeriffelt und daraus Socken und wärmende (und kratzende *seufz) Wollunterhosen gestrickt, Löcher in Strümpfen wurden gestopft, abgestoßene Hemdkragen und Manschetten wurden abgetrennt und neue wurden angenäht; Bettlaken wurden zu Kissenbezügen und Putzlappen. Einen Mülleimer gab es nicht, es gab einen Ascheimer, der seinen Namen zu Recht trug, denn er barg lediglich die Asche der Kohleöfen und aus dem Küchenherd (ein Allesfresser, der Unmengen an Holz, Briketts oder Eierkohle verschlang und auch der Entsorgung nicht weiter benötigten Zeitungspapiers, Kartons, Flaschenkorken usw. diente). Eier-, Kartoffelschalen und Abfälle vom Gemüseputzen wanderten auf den Kompost oder wurden an die Hühner und Kaninchen verfüttert ebenso benutzte Kaffeefilter (deren Inhalt hin und wieder auch zur Düngung der Topfblumen auf der Fensterbank diente). Plastik- oder Metallmüll gab es nicht.
Heutzutage sind wir schnell mit dem Wegwerfen bei der Hand, MHD beim Joghurt abgelaufen, sicherheitshalber wegwerfen! Zu viel Wurst gekauft und jetzt sieht sie etwas unansehnlich aus? Weg damit! Supermärkte, Hotels, Restaurants werfen über 25% ihrer eingekauften Lebensmittel weg, Hygienevorschriften, Lagerüberbestände, nicht verkaufte Waren. Sogar direkt beim Erzeuger werden im Prinzip verkehrsfähige Lebensmittel weggeworfen, weil sie irgendeiner Norm nicht entsprechen, um Preise zu stützen, weil sich der Kundengeschmack mal wieder geändert hat.
Ich möchte jetzt nicht weiter moralisieren, aber ich finde, es lohnt sich, hin und wieder mal darüber nachzudenken und sich an die eigene Nase zu fassen. Einerseits nimmt die Nahrungsmittelproduktion immer perfidere Ausmaße an (Massentierhaltung, Qualtransporte, usw.) und andererseits landet nicht wenig davon ohne den Umweg über den Verbraucher zu nehmen gleich im Müll. Und die Entsorgung kostet auch noch Geld und verbraucht wertvolle Ressourcen.
Nach Weinproben im Freundeskreis sieht es dann am nächsten Tag wie folgt aus: Mindestens 15 Flaschen stehen in Reih und Glied, sind am Abend noch voller Stolz fotografiert und in Social Media aller Art geteilt und veröffentlicht worden, haben uns beseelt und beflügelt (manche auch enttäuscht). Nun sind diese Flaschen, natürlich ein paar Flagships darunter, ein paar Geheimtipps usw., noch mehr oder weniger gefüllt, manche wurden ganz ausgetrunken, andere haben noch mindestens ein oder zwei Gläser voll Inhalt und diese letzte Flasche, die man im Überschwang des gelungenen Abends "so jung kommen wir nicht mehr zusammen" nachts um zwei noch aus dem Keller holte, die ist noch mehr als halb voll.
Und jetzt sitzen wir da mit den Resten. Am Folgetag ist uns nicht wirklich nach Wein, es war ja doch ein strammes Programm und wer spuckt da schon? Hand aufs Herz: Wenn Ihr Freunde und Weinliebhaber zu einem verschärften Verkosten einladet, spuckt Ihr dann? Im Leben nicht! Das wäre ja auch zu schade!
Eine oder zwei Flaschen sind sicher drunter, die noch einen weiteren Tag im kühlen Keller auf einen Einsatz warten können, morgen schmeckt vielleicht schon wieder ein Gläschen zum Feierabend. Ein paar Weine können im Eiswürfelbehälter eingefroren und dann würfelweise in Plastiktüten oder –dosen in der Kühltruhe verwahrt werden, um zukünftigen Suppen oder Saucen den letzten Schliff zu geben, aber irgendwann ist Schluss. Und dann soll man diese feinen Weine einfach so in den Ausguss geben? Das tut doch in der Seele weh!
Rettung naht, aus den Resten kann man ein köstliches Glühweingelee kochen. Immer ein beliebtes Mitbringsel, schmeckt prima auf Frühstücksbrot oder zur Verfeinerung von Rotkohlgemüse oder Saucen zu Wild.
Wenn wir nur ein wenig darüber nachdenken, dann fallen uns sicher noch weitere Einsatzmöglichkeiten für Weinreste ein. Die braucht man ja auch, weil man immer wieder mal einen Wein geschenkt bekommt, den man beim besten Willen nicht plg* vernichten möchte. Ganz zu schweigen von den Urlaubsfehlkäufen.
Vorbeugend gegen Urlaubsfehlkäufe hilft ja recht zuverlässig die begleitende Lektüre seriöser Weinführer, Blogs, Foren, sowie ein Begleiter, der grundsätzlich bei jeder Probe erst mal so skeptisch guckt, als wolle man ihn vergiften. Bis er dann gar nicht mehr anders kann als vergnügt zu grinsen, wie beim
2010 Pinot Grigio
Franz Haas, Südtirol
und das, obwohl Grauburgunder jetzt nicht unbedingt zu unseren Leib- und Magenrebsorten gehört, zu oft haben wir gerade bei dieser etwas nichtssagende, dünne, langweile Tröpfchen auf der einen oder hochgepeppte, überparfümierte Weine auf der anderen Seite erlebt. Der Mittelweg aber bringt komplexe Weine, die großen Trinkspaß bieten.
Hier haben wir einen strohgelb im Glas funkelnden Wein, der sein fein nach Äpfeln, Birnen und Blüten duftet, dabei auch ein wenig nussig. Der feine Eindruck setzt sich am Gaumen fort, feiner Schmelz, saftige Frische, Vanille, Honig, Zitrusfrüchte. Hier hat der Holzausbau (nur eine kleine Partie wird in Eichenholzfässern gereift) in genau richtigem Maße dafür gesorgt, dass der Wein neben den zarten floralen und hellfruchtigen Noten auch einen warmen etwas dichteren Schmelz erhält, alles in ausgewogenem Verhältnis zu einander, bis zum guten allerdings nicht sehr langen Abgang.
Und ganz zum Schluss noch eine Weinverwertungsidee: Eine Bekannte, deren Patentante an der Mosel ein kleines Weingut betrieb, erzählte, dass ihr immer vor den Montagen bei der Tante gegraust habe. Samstags und sonntags wurden in der kleinen Stube Weinproben veranstaltet und montags gab es dann immer Brotpudding mit Weinschaumsauce. Die Tante mochte auch keine Reste wegwerfen, und so wurde das übrig gebliebene Brot, das bei den Proben gereicht wurde (zusammen mit den Brotresten, die sich unter der Woche so angesammelt hatten), zu Brotpudding und die nicht ausgetrunkenen Weine zu Weinschaumcreme verarbeitet. (… allerdings nicht der Inhalt der Spuckgefäße, so weit ging die Sparsamkeit unserer Tanten und Großmütter dann doch nicht).
Prost! Und was macht Ihr mit Weinresten, die sich so ansammeln?
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*plg – par la gueule (durch die Kehle)
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love