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Auf ein Glas ..... 2011 Tavel rosé, Perrin & Fils

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Auf ein Glas ..... 2011 Tavel rosé, Perrin & Fils

BeitragDi 4. Sep 2012, 08:38

Jetzt geht's langsam los. Die Zeit der Lese beginnt und damit die Spekulationen über den nächsten Jahrgang. Die natürlich immer von einer gewissen Taktik geprägt sind, wer kann sich schon leisten, einen Jahrgang in Bausch und Bogen als schlecht abzuqualifizieren. Schließlich muss die Weinwelt vom Verkauf der Weine leben und zusehen, wie sie aus egal welchem Ausgangsmaterial etwas Verkaufens- und vor allem Trinkenswertes macht. "Man kann auch aus Resten noch was machen!" war übrigens ein beliebter Spruch meiner Großmutter mütterlicherseits und die Resteverwertungskreationen ihrer Küche waren oft genug so köstlich, dass wir dafür jeden Sonntagsbraten mit Verachtung straften. Also, was dem Hoppelpoppel recht ist, mag doch dem Wein billig sein. A bissl wos geht alleweil!

Der neue Jahrgang, so las ich letztens von einem nicht näher genannt werden wollenden Bordelaiser Winzer, sei verdammt schwierig und man könne noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Trauben bis zur Lese, die wohl für Ende September/Anfang Oktober angesetzt sei, noch die erforderliche Reife bekommen würden, der Reifeverlauf sei doch sehr inhomogen. An anderer Stelle bemühte sich gleich ein anderer zu erwähnen, es gäbe zwar nur eine kleine Menge, die aber habe es in sich, die sei geradezu exorbitant gut.

Soweit alles wie gehabt. Der jüngste Jahrgang ist immer beste – irgendwie. Und ich gestehe, hier bin ich gerne gemein, ich gönne denen im Bordelais gerne noch einen richtigen Schrottjahrgang und nächstes Jahr meinetwegen noch einen. Ich habe denen noch lange nicht verziehen, dass sie mir mein Hobby, meine Leidenschaft so kaputt gemacht haben mit ihrer Preis- und Zuteilungspolitik.

In anderem Zusammenhang las ich dann über den 2011 Jahrgang in Deutschland (im Zusammenhang mit den GGs), das sei ein "Konsumentenjahrgang". Ja, für wen in aller Welt macht der Winzer denn den Wein, wenn nicht für den Konsumenten?

In der Tat ist es wohl, dass das wichtigste nach dem Wein selber ist, dass das Kind einen eigenen Namen hat, einen, der es von anderen unterscheidet. Das ist schon die halbe Miete. Da gab Martin Koessler letztens auch eine nette Erklärung, er meinte sinngemäß, das niemand mehr einfach sagen könne, dieser oder jener sei ein guter Wein. Damit ist wohl kein Kunde mehr zu begeistern, kaum aber würde ein einfacher solider, eben guter Wein als Terrassenwein angepriesen, verkaufe er sich wie geschnitten Brot. Gleiches gilt für alle anderen Vokabeln auch wie Kaminwein, Meditationswein, Kochwein.

Was nun ist aber ein Wein, der den Kosumentenjahrgang nicht für sich reklamieren kann? Ein Kritikerwein? Weinmacherwein? Gastronomiewein? Forenwein, schlug jemand vor, auch eine hübsche Idee, wie ich finde. Trotzdem mag ich die Vokabel vom Konsumentenjahrgang nicht besonders, in meiner Wahrnehmung haftet dieser Vokabel etwas Abwertendes an, Assoziationen zu Massenwein drängen sich mir auf und die Sache mit den Fliegen, die nicht irren können. Für Euch Konsumenten, sagt mir das, ist das doch gut genug, für uns Experten muss da schon mehr geboten werden. Das sei, wurde mir aber beschieden, mein Problem. Ich arbeite also dran, ich hoffe, NLP hilft oder MDP oder was auch immer.

Ein Wein, der wie kein anderer ein Etikett nach dem anderen drauf gepappt bekommt, ist der Rosé. Terrassenwein, Sommerwein, überhaupt kein Wein, Mädchenwein … Allerdings kommt man in diesem Jahr kaum um das Thema rum, Rosé ist der Wein des Jahres könnte man meinen. Tatsache ist, man muss mehr Rosés probieren, bis man einen guten findet, als man Frösche küssen muss, um einen Prinzen abzubekommen. Immerhin soll Rosé ja gut gekühlt, am besten knackekalt getrunken werden, das bügelt dann den einen oder anderen Fehlton weg und es bleibt im Einzelfall ungeklärt, ob das Fehlen einer etwas ausgeprägteren Aromatik an der Temperatur oder am Wein liegt. Außerdem macht sich die Farbe ganz allerliebst auf einem sommerlich gedeckten Tisch.

Also, bevor der Sommer zu Ende geht, trinken wir noch schnell einen Rosé, aber einen ordentlichen, einen der sogar ein bisschen warm werden kann im Glas und immer noch Spaß macht. Schließlich müssen die alle, alte provenzalische Weinweisheit, bis Weihnachten getrunken sein, nächstes Jahr wächst wieder neuer. Und nächstes Jahr wird in der Weinjournaille wahrscheinlich eine neue Weinsau durchs Dorf getrieben. Mal sehen, was es sein wird, Süßweine könnten ja mal wieder dran kommen oder Retsina. Wir werden sehen.

2011 Tavel Rosé
Perrin & Fils, Tavel AOC


Den Tavels sagen ja manche nach, dass sie die einzigen Rosés seien, die auch nach ein paar Jahren noch im Genuss getrunken werden können. Ich verlass mich nicht darauf, ich mag sie, genau wie alle anderen auch am liebsten gleich im ersten Jahr, wenn sie auf der Flasche sind. Intensive kräftige Fruchtaromen sind in der Regel das Charmanteste an den Weinen.

Der Perrinsche Tavel ist von einem recht kräftigem Rosé, wahrscheinlich ist dafür die Mourvèdre verantwortlich, die in der 2011er Cuvée neben Grenache und Cinsault enthalten ist (die Zusammensetzung wechselt von Jahr zu Jahr, es gab – meine ich mich zu erinnern – sogar mal einen reinrebigen Cinsault). Der Duft ist ein reines Beerenvergnügen, vor allem Erdbeere und Himbeere auch rote Johannisbeere und ein wenig Sauerkirsch, daneben auch eine etwas rauchige Note, die den Wein sehr wohltuend von den vielen dropsigen Vertretern seiner Zunft abhebt. Ziemlich kräftig ist er, hat ja auch 13 vol% Alkohol, was eigentlich für warme Sommerabende ein wenig kontraindiziert ist, aber wo findet man noch Rosés mit 11 vol%? Am Gaumen freue ich mich über eine feine Mineralnote neben all den Früchten, frische Kräuter, sogar ein wenig Schmelz und ein wirklich ordentlicher Abgang.

Na also, geht doch!
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Alas

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Tavel rosé, Perrin & Fils

BeitragDi 4. Sep 2012, 18:23

Hallo Susa!

Ein Tavel! Tatsächlich musste ich zwei Mal hinschauen.
Viel Zuschriften wirst du hierzu nicht bekommen, aus Gründen, die du in deiner gelungenen Vorrede angeführt hast.
Die AOC Tavel ist die einzige auf der Welt, in der ausschließlich Roséweine hergestellt werden. Sie entstehen also nicht als Nebenprodukte, sind zum Essen gedacht und der Perrinsche Tavel ist mit seinen 13 % eher schwach; normal sind 14%. Im Jahre 2009 wurde er nur aus Cinsault gemacht und war gut.
Mit dem Sonnenkönig habe ich eines gemein: Ich liebe Tavel zum Essen, fügen sie sich zu manchem Gericht besser, als jeder andere Wein.
Falls es bei dir auf der Rückreise vom Urlaub mal passen sollte, empfehle ich dir einen Stop hier:

http://www.domaine-mordoree.com/

Alle Weine der Domaine sind von hervorragender Qualität. Auf der Webseite finden sich unter Gastronomy sehr schöne Rezepte, die zu einem Tavel passen.

Gruß

Alas
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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Tavel rosé, Perrin & Fils

BeitragDi 4. Sep 2012, 18:42

Ja, der Mordorée steht sowieso schon auf meiner "to drink" Liste.

Und ich dachte ja, die Herrschaften vom Konsumentenjahrgang wagen sich mal aus ihren Löchern ;).

lieben Gruß
susa
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Re: Auf ein Glas ..... 2011 Tavel rosé, Perrin & Fils

BeitragDi 4. Sep 2012, 23:26

Hallo Susa,

Rose war und ist bei mir noch nicht so recht angekommen. Hatte bisher nur feinherbe Anjou probiert (nette Zechweine) und einen trockenen Italiener (unbekannt), der aber zur Vorspeise gepasst hat wie die Faust auf´s Auge. Die Vorspeise bestand aus halbierten Cherry-Tomaten, Seegras, etwas Salz mit Noiully Prat flambiert. Herrliche Kombo. Muss mich wohl mit Rose etwas mehr beschäftigen und dazu gehört dann natürlich und insbesondere Tavel.

Zum "Konsumentenjahrgang" und all dem Getönse will ich gar nicht viel sagen. Diese oder ähnliche Wortspiele gehen an mir in der Zwischenzeit am ... vorbei. Natürlich halte mich auch etwas an den Einschätzungen prof. Verkoster, vor allem auch an den Meinungen von den Händlern, die ich glaube in der Zwischenzeit etwas einschätzen zu können und natürlich auch an den Empfehlungen hier im Forum vor allem von denen, deren Neigungen und Wertungen ich etwas kennenlernen konnte. In den vielen Jahren sind da doch einige zusammen gekommen. An all diesen Einschätzungen wird man als Laie wohl nicht vorbeikommen, vor allem, wenn es um die mittel- und langfristige Einschätzung geht. Die momentane Einschätzung kann jeder selbst machen, in dem er probiert. Dann wird er sehen, ob das "Konsumentenjahr" sein Jahr ist oder doch eher strikte Selektion angesagt ist.
Servus
Wolfgang

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