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Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

eingeschenkt von: susa – Plaudereien über Gott und die Welt und auch über Wein
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susa

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Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragDi 24. Apr 2012, 09:11

In französischen Weinblogs wird derzeit darüber sinniert, ob ein Wechsel an der Staatsspitze der Großen Nation einen Einfluss auf den Weinbau, -handel oder –konsum haben wird. Dass der aktuelle Amtsinhaber kein wenig weinaffin ist und ihm die Sache mit dem Kulturgut und der französischen Genusstradition gestohlen bleiben kann, ist ja allenthalben bekannt. Und dass er eher geneigt ist, den Alkohol für zumindest eine Wurzel allen Übels zu halten, zu dessen Vernichtung jedes Mittel recht ist. Gut dass die Schnapsidee mit der Autobahn durchs Médoc u.a. direkt durch die Appellation Margaux vom Tisch war, bevor Monsieur Sarkozy in den Elysée-Palast einzog. Der hätte sie bestimmt erst Recht und mit Fleiß durchgesetzt.

Der etwas gemütlicher wirkende Monsieur Hollande sieht doch auch schon so aus, als ob er ein quart de rouge zu schätzen wisse. Davon abgesehen müsste ihm als Sozialisten die Idee der Caves Coopératives doch zusagen. Und vielleicht unternimmt der mal was gegen diese kapitalistischen Umtriebe im Bordelais, so wie man hierzulande zu Wahlkampfzeiten ja immer gerne über die Reglementierung der Spritpreise sinniert. Und da er ja u.a. auch den Staatshaushalt sanieren will, der Alkoholkonsum bietet doch ungeahnte Möglichkeiten der Wertabschöpfung.

Meine sicherlich nicht repräsentative Durchsicht französischer Weinblogs oder Netzpublikationen bringt mich übrigens zu der Ansicht, dass das Gebaren einiger französischer Luxuskonzerne bezüglich der Preisgestaltung ihrer Weine im deutschsprachigen Raum für mehr Diskussion sorgt als im Erzeugungsland selber. Vielleicht liegt das daran, dass – wie eine aktuelle Untersuchung belegt – der deutsche Verbraucher sich am besten mit Preisen auskennt. Dem macht man so schnell nix vor, guckst Du hier, und der weiß genau, was was bitteschön kosten darf. Für den kommenden französischen Finanzminister wäre doch das große Feld einer Luxussteuer, die steuerliche Behandlung des Lagerbestands oder zusätzliche Exportabgaben ganz bestimmt interessant.

Für uns, die wir Frankreich ja nur als gute Nachbarn und Touristen sehen, ist erst mal nur die Sache mit dem Pusteröhrchen wissenswert. Wer es nicht gelesen hat, bitte hier entlang.

Susa, höre ich meine schärfsten Kritiker schon wieder sagen, susa, Du bist eindeutig zu frankophil. Kannst Du eigentlich auch mal was zu anderen Ländern und vor allem deren Weinen schreiben. Es gibt doch nicht nur Frankreich. Dann gibt es noch die Untermenge der "wieso überhaupt immer all diese ausländischen Weine, wir haben hier in Deutschland doch auch so viele wunderbare Weine".

Aber irgendwo habt ihr ja Recht. Nehmen wir also heute mal Spanien: Elefantenjagd, königliche Seitensprünge (wobei ich manchmal denke, wenn ich eine immer so griesgrämig dreinschauende Gattin hätte, dann würde ich auch gerne mal in ein anderes Gesicht schauen mögen; andererseits schaut sie vielleicht auch nur deswegen so griesgrämig drein, weil ….), Haushaltsdefizit, Fußball-Europameisterschaft. Oder zweifelt etwa jemand daran, dass Spanien in diesem Jahr das Double holt und Europameister wird? Vorausgesetzt natürlich, dass sich die Pendelei zwischen Polen und der Ukraine reibungslos bewerkstelligen lassen wird, da scheint es wohl noch einen gewissen Regelungsbedarf zu geben, vor allem für die Fans, die ihre Mannschaften begleiten wollen. Was hat den Herrn Platini da wohl geritten? Aber ich wollte die Franzosen ja außen vor lassen. Sorry.

Vielleicht profitieren die spanischen Winzer ein wenig vom Bordelaiser Preishype, weil sich viele treue Kunden nun doch anderweitig umsehen, wo man für das Geld, das man früher für einen sagen wir mal dritten, vierten oder fünften Cru bezahlt hat, noch richtig viel und guten Wein bekommt. Im spanischen Weinbau hat man ja auch genug Fehler gemacht, in dem man meinte, von der allgemeinen Weinbegeisterung zu profitieren, indem man jeden Kartoffelacker zum Weinbaugebiet umwidmete, was uns so überflüssige Anbaugebiete wie zum Beispiel D.O La Mancha oder große Teile von Navarra beschert hat. Was zwar zu verbraucherfreundlichen Preisen führte aber nicht unbedingt zu spannenden Weinen. Wobei man niemals ein Gebiet in Bausch und Bogen verurteilen soll, es gibt immer irgendwo gute Bedingungen und begeisterte und talentierte Menschen, die dort das Besondere schaffen. Aber so insgesamt ist La Mancha wohl das spanische Rheinhessen, für das ja auch das zuvor Gesagte gilt oder zumindest lange Zeit gegolten hat.

So nun krabbele ich mal aus allen Fettnäpfchen wieder raus und komm lieber auf einen Wein zu sprechen, das ist quasi neutraler Boden.

2009 Victorino
Bodega Teso la Monja, DO Toro


für den niemand Geringerer verantwortlich ist als die Familie Eguren, die ehemaligen Besitzer der Bodega Numanthia.

Da nimmt es also nicht wunder, dass der Wein ein Ausbund an Kraft und Schönheit geworden ist. Wir haben ihn zusammen mit dem kleinen Bruder (Zweitwein halte ich in diesem Zusammenhang für die falsche Vokabel) getrunken und der Vergleich der beiden war eine spannende Sache. Der kleine Bruder, der 2009er Almirez, war in allen Belangen knalliger, weniger komplex, aber auch durchaus mit großen Vergnügen trinkbar. Einem ungeübten Trinker würde der Almirez sicher besser gefallen, seine Vorzüge sind schnell erfasst, vor allem ein wirklich faszinierendes Schokoladenaroma.

Der Victorino braucht ein wenig mehr Zeit, um in allen Facetten wahrgenommen zu werden (vor allem brauchte er gut drei Stunden Luft, um sich zu entfalten), gerade in der Nase ist er eher verhalten und gibt Aromen von Rauch, schwarzen Beeren, Bienenwachs und Schokolade nur langsam preis. Am Gaumen eher seidig, aber nicht zu weich, vielschichtig, perfektes Zusammenspiel von Mineralität, feiner Säure, reifen Beerenfruchtaromen, Bitterschokolade und kraftvolles aber nicht dominantes Tannin. Der Abgang ist lang und fein schwebend. Von einer perfekten Harmonie zwischen Kraft und Eleganz wird gerne mal schnell geschrieben, hier ist sie erreicht.

Der Wein ist perfekt zu gebratenem oder gegrillten Wild und kann durchaus auch zu Desserts mit hohem Bitterschokoladenanteil und gemäßigter Süße ein ganz spannender Begleiter sein.

Prost!
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Jürgen

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragDi 24. Apr 2012, 12:19

susa hat geschrieben:Prost!

Kein Wein zum Nachdenken, sondern einfach zum Genießen. Nix Großes aber echt lecker.
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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragDi 24. Apr 2012, 13:43

Jürgen hat geschrieben:...
Kein Wein zum Nachdenken, sondern einfach zum Genießen. Nix Großes aber echt lecker.


Da möchte ich aber doch mal entschieden widersprechen. Den seh ich schon in der ersten Liga und der bietet wesentlich mehr als nur "runterschlucken und fertig". Oder meinst Du den Almirez?

lieben Gruß
susa
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Chris

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragDi 24. Apr 2012, 22:51

da schliesse ich mich gerne Susa an. Der Wein bietet schon sehr viel für sein Geld. Meineserachtens ein wirklich mehr als würdiger Nachfolger des Numanthia. Der 2008 hatte mir im direkten Vergleich sogar mehr zugesagt wie der Alabster. Beim 2009 hatte ich leider nicht beide Weine nebeneinander, kann aber sagen das der Victorino wirklich sehr nett zu trinken ist.
Grüße, Chris
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Jürgen

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 07:59

Ich meine schon den Victorino 2009 :)

Ich finde den Wein ja auch saulecker aber eben kein Wein bei dem ich zum philosophieren ansetzen würde. Auf der ProWein habe ich tanning, cremig, süffig, vanillig notiert und ihm 93-94 Punkte gegeben. Auch den 2008er finde ich sehr gut, deswegen habe ich ihn mir auch in den Keller gelegt. Daß er ein würdiger Nachfolger des Numanthias ist kann ich auch unterschreiben. Auch diese haben mir in ihren Anfangsphasen immer sehr gut geschmeckt, dann aber - bis auf den 2004er - in späteren Jahren nie mehr die gewünschte Begeisterung wecken können. Bin mal gespannt wie ein Victorino reifen wird. Ich tendiere wahrscheinlich bei der Mehrzahl der Flaschen dazu, mich durch die Tannine durchzubeißen und die Frucht zu genießen.
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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 08:28

nun ja, wenn 93-94 Punkte bei Dir nur "ganz nett" sind, dann kann ich "ganz nett" zustimmen; Magie fängt in der Tat erst ab 98 an (obwohl man so etwas wie Magie nicht in schnöden Zahlen ausdrücken kann), aber ein bisschen drüber sinnieren kann man durchaus über den Victorino
;)

lieben Gruß
susa
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Jürgen

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 09:43

susa hat geschrieben:...aber ein bisschen drüber sinnieren kann man durchaus über den Victorino
;)

klar doch - Toro rules :lol: :D :!: 8-)

PS: Nur mal so zum Abgleich: Deinem Chateau Figeac 2009 habe ich auf der ProWein 94-95 Punkte gegeben.
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Moulis

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 09:54

Eigentlich ist der Victorino ja der Zweitwein ;)
Ich muss mich Jürgen anschliessen. Für mich kein großer, aber ein guter Wein.
Ich sehe ihn schwächer als die Numanthia die noch unter der Regie von Eguren gemacht wurden.
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susa

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 09:59

wär schön, wenn das MEIN Château wäre
und den 2010er Figeac fand ich auch besser als den 2009er ;)
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Moulis

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Re: Auf ein Glas ..... 2009 Victorino, Toro

BeitragMi 25. Apr 2012, 10:34

Mal eine Frage o.t.. Was hälst du als Figeacexpertin von dem 98er? ist der die 20 Gabrielpunkte wert? Und wie sieht es mit dem Trinkfenster aus?
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