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Di 21. Feb 2012, 10:32
Karnevalsunaffine Zeitgenossen atmen auf, noch heute und dann ist es für dieses Jahr wieder geschafft, die so genannte fünfte Jahreszeit geht zu Ende, meistens am Aschermittwoch mit dem Aschenkreuz und traditionellem Fischessen. Fisch, vor allem in seiner Form als sauer eingelegter Hering soll ja die Folgen exzessiven Alkoholkonsums lindern.
Karnevalsliebhaber könnten noch tagelang weiter feiern, bis auch sie irgendwann am Ende ihrer Kondition, ihres Aufnahmevermögens für Witze, Fettgebackenes, schlecht gezapftes Bier und Austausch von Körperlichkeiten aller Art und letztlich auch des Karnevalsbudets angelangt sind.
Ich freue mich vor allem darüber, dass ich die Tageszeitung aufschlagen kann und mal wieder etwas anderes sehe, als haufenweise Artikel über die Karnevalsumzüge, Karnevalssitzungen garniert mit den immer gleichen Bilder von Bein schwingenden Funkenmariechen, winkenden Karnevalsprinzen und Wind und Kälte trotzenden Fußtruppen. Ich verstehe, dass jeder in der Zeitung abgebildet und gewürdigt sein will und unsere Postille sich die protestierenden Abonnementskündigungen wirtschaftlich nicht leisten kann, wenn man vergessen hat, die reizende Fußtruppe der Kindergartengruppe Spitzmaus in Wort und Bild herauszustellen, die dieses Jahr politisch sehr korrekt als Bienchen verkleidet auf das Bienensterben hinweist.
Historisch gesehen ist Karneval ein Fest, in der die Rollen zwischen Herren und Dienern vertauscht oder aufgehoben waren, Diener saßen gleichberechtigt am Tisch und feierten mit ihrer Herrschaft, offen ausgesprochene kritische Worte durften nicht geahndet werden, hinter der Maske sagte sich manches, was man offen niemals auszusprechen gewagt hätte und die Herrschenden mussten sich mancherlei Spott und Kritik gefallen lassen. Karneval hatte eine gewisse Ventilfunktion und war die letzte Festivität vor einer langen Fastenzeit; noch einmal richtig zulangen beim Essen, Trinken, Lästern, Lieben und dann – Fleisch adé – carne levare – das Fleisch wegnehmen, was nicht nur wörtlich zu verstehen war.
Ich könnte jetzt klagen, dass Karneval heutzutage nicht mehr als ein Datum in einem gnadenlosen Entertainmentkarussell ist, irgendwo zwischen Sänger- und Modelsuche, die Zeit zwischen Silvester und Ostern füllend. Aber dennoch blitzt auch heute noch hin und wieder die Kritik, das dem Volke aufs Maul schauen, die Watschen für die "die da oben" gekonnt und witzig auf.
Es lag auf der Hand, dass unser Exbundespräsident dieses Jahr vermehrt Zielscheibe von Spott und Häme war, abgesehen davon dass die Terminierung seines Rücktritts den Karnevalswagenbauern noch ein paar zusätzliche Nachtschichten bescherte (wobei ein vernünftiger Konstrukteur den Wagen doch sicher so konzipiert hat, dass mit ein paar Handgriffen jede plötzliche Wendung noch einzubauen war).
Ein paar Kostproben aus den Büttenreden: "Der Mann brauchte Geld, der Mann kennt da ein paar die ihm geholfen haben, also ich als Kölner hab das Problem überhaupt nicht verstanden…" oder die Feststellung, dass die Herren der Schöpfung mit Küchengeräten ebenso auf Kriegsfuß stehen wie mit Bürogeräten "der eine scheitert am Kopierer, der andere am Anrufbeantworter" oder den noch, dann mach ich Schluss: "Was für ein Duell: Auf der einen Seite der mächtigste Mann des Staates, auf der anderen Seite Christian Wulff!"
Ich seh mir das lustige Treiben lieber aus der Ferne an und genieße ein paar ruhige Tage zu Hause, feines Essen, guter Wein, neues Buch und neue Musik und man muss nirgendwo hin oder Angst haben, dass man was verpasst. So gesehen bin ich auch ein großer Karnevalsfreund. Allerdings kann man ja nicht jeden Tag Wein trinken und so gab es am Tag nach Weiberfastnacht wie Herr susa süffisant anmerkte "heute mal keinen Wein"
2010 Nimbus
Trollinger Cannstatter Zuckerle
Weingut Rux, Württemberg
In der Tat, die Trollinger, die ich bisher aus Bowletassen ähnlichen Gefäßen serviert bekam, verdienten die Bezeichnung Wein wirklich nicht, dünn, wässrig-süß, was zum runterkippen aber sicher nicht zum trinken. Und dann hat sich unser Praktikant (regelmäßige Leser unseres Blogs wissen ja, dass wir drei Chefinnen einem hoffnungsvollen jungen Mann die Chance auf ein ausgiebiges Blogpraktikum gegeben haben, die der eher unregelmäßig nutzt, jedenfalls müssen wir den geplanten Aufstieg zum Senior Praktikanten ein ums andere Mal verschieben ….*seufz), also unser Praktikant besorgte Wein, vom Weingut Rux.
Was ich über das Gut hörte, finde ich äußerst sympathisch, junge Winzer (übrigens eigentlich aus Franken beheimatet mit dem Namen Ruck – und: Verwandtschaft!) haben einen alten Rebbestand in der Terrassenlage Cannstatter Zuckerle (eine der beiden Innenstadtlagen in Stuttgart) erworben und machen in ihrer "Garage" nun mit viel Engagement und der heute branchenüblichen Philosophie ihren Wein, also auch richtigen Wein, zum Beispiel einen Spätburgunder, von dem bei anderer Gelegenheit noch die Rede sein wird. Riesling und Sauvignon blanc runden das Paket ab.
Zurück zum Trollinger. To make a long story short: Das ist der beste, ja der allerbeste Trollinger, den ich in Deutschland getrunken habe (es gab da mal einen Vernatsch, der mich ähnlich begeistert hat, den lass ich mal außen vor). Was immer man an gerne kolportierten Vorurteilen gegen Weine, also *ööhm gegen alkohlhaltige Getränke aus dieser Rebsorte hegt, es geht auch anders. Sicher mit viel Handarbeit, Selektion, Konzentration (also nicht des Mostes sondern im Sinne von Fokussieren auf das Ergebnis) und nicht mit dem Ziel, große Mengen zu lachhaft kleinen Preisen auf den Markt zu bringen.
Der Wein hat eine klare kräftig rote Farbe (da hab ich schon blassere Spätburgunder gesehen) und einen feinen Duft nach Sauerkirsche, Gewürzen und dann am Gaumen wiederum feines Sauerkirscharoma, eine leicht gewürzige Bitternote nach Kümmel und Pfeffer, etwas Karamell, zartes Tannin, Extrakt, mittelschwerer Körper, guter Abgang und mit 12.5 vol% nicht zu alkoholisch aber durchaus kraftvoll.
Der verdient was Besseres als Linsanonspätzlaonsaitewürschtle (was allerdings, wenn vom richtigen Koch mit den richtigen Zutaten zubereitet auch eine ganz köstliche Mahlzeit ist, hängt viel vom verwendeten Essig ab) sondern eine feine Roulade mit Speck und Gemüse gefüllt mit viel Sauce und Bandnudeln. Das war, wie man im Lande des Trollingers wohl sagt "a Fescht".
Prost!
Karnevalsliebhaber könnten noch tagelang weiter feiern, bis auch sie irgendwann am Ende ihrer Kondition, ihres Aufnahmevermögens für Witze, Fettgebackenes, schlecht gezapftes Bier und Austausch von Körperlichkeiten aller Art und letztlich auch des Karnevalsbudets angelangt sind.
Ich freue mich vor allem darüber, dass ich die Tageszeitung aufschlagen kann und mal wieder etwas anderes sehe, als haufenweise Artikel über die Karnevalsumzüge, Karnevalssitzungen garniert mit den immer gleichen Bilder von Bein schwingenden Funkenmariechen, winkenden Karnevalsprinzen und Wind und Kälte trotzenden Fußtruppen. Ich verstehe, dass jeder in der Zeitung abgebildet und gewürdigt sein will und unsere Postille sich die protestierenden Abonnementskündigungen wirtschaftlich nicht leisten kann, wenn man vergessen hat, die reizende Fußtruppe der Kindergartengruppe Spitzmaus in Wort und Bild herauszustellen, die dieses Jahr politisch sehr korrekt als Bienchen verkleidet auf das Bienensterben hinweist.
Historisch gesehen ist Karneval ein Fest, in der die Rollen zwischen Herren und Dienern vertauscht oder aufgehoben waren, Diener saßen gleichberechtigt am Tisch und feierten mit ihrer Herrschaft, offen ausgesprochene kritische Worte durften nicht geahndet werden, hinter der Maske sagte sich manches, was man offen niemals auszusprechen gewagt hätte und die Herrschenden mussten sich mancherlei Spott und Kritik gefallen lassen. Karneval hatte eine gewisse Ventilfunktion und war die letzte Festivität vor einer langen Fastenzeit; noch einmal richtig zulangen beim Essen, Trinken, Lästern, Lieben und dann – Fleisch adé – carne levare – das Fleisch wegnehmen, was nicht nur wörtlich zu verstehen war.
Ich könnte jetzt klagen, dass Karneval heutzutage nicht mehr als ein Datum in einem gnadenlosen Entertainmentkarussell ist, irgendwo zwischen Sänger- und Modelsuche, die Zeit zwischen Silvester und Ostern füllend. Aber dennoch blitzt auch heute noch hin und wieder die Kritik, das dem Volke aufs Maul schauen, die Watschen für die "die da oben" gekonnt und witzig auf.
Es lag auf der Hand, dass unser Exbundespräsident dieses Jahr vermehrt Zielscheibe von Spott und Häme war, abgesehen davon dass die Terminierung seines Rücktritts den Karnevalswagenbauern noch ein paar zusätzliche Nachtschichten bescherte (wobei ein vernünftiger Konstrukteur den Wagen doch sicher so konzipiert hat, dass mit ein paar Handgriffen jede plötzliche Wendung noch einzubauen war).
Ein paar Kostproben aus den Büttenreden: "Der Mann brauchte Geld, der Mann kennt da ein paar die ihm geholfen haben, also ich als Kölner hab das Problem überhaupt nicht verstanden…" oder die Feststellung, dass die Herren der Schöpfung mit Küchengeräten ebenso auf Kriegsfuß stehen wie mit Bürogeräten "der eine scheitert am Kopierer, der andere am Anrufbeantworter" oder den noch, dann mach ich Schluss: "Was für ein Duell: Auf der einen Seite der mächtigste Mann des Staates, auf der anderen Seite Christian Wulff!"
Ich seh mir das lustige Treiben lieber aus der Ferne an und genieße ein paar ruhige Tage zu Hause, feines Essen, guter Wein, neues Buch und neue Musik und man muss nirgendwo hin oder Angst haben, dass man was verpasst. So gesehen bin ich auch ein großer Karnevalsfreund. Allerdings kann man ja nicht jeden Tag Wein trinken und so gab es am Tag nach Weiberfastnacht wie Herr susa süffisant anmerkte "heute mal keinen Wein"
2010 Nimbus
Trollinger Cannstatter Zuckerle
Weingut Rux, Württemberg
In der Tat, die Trollinger, die ich bisher aus Bowletassen ähnlichen Gefäßen serviert bekam, verdienten die Bezeichnung Wein wirklich nicht, dünn, wässrig-süß, was zum runterkippen aber sicher nicht zum trinken. Und dann hat sich unser Praktikant (regelmäßige Leser unseres Blogs wissen ja, dass wir drei Chefinnen einem hoffnungsvollen jungen Mann die Chance auf ein ausgiebiges Blogpraktikum gegeben haben, die der eher unregelmäßig nutzt, jedenfalls müssen wir den geplanten Aufstieg zum Senior Praktikanten ein ums andere Mal verschieben ….*seufz), also unser Praktikant besorgte Wein, vom Weingut Rux.
Was ich über das Gut hörte, finde ich äußerst sympathisch, junge Winzer (übrigens eigentlich aus Franken beheimatet mit dem Namen Ruck – und: Verwandtschaft!) haben einen alten Rebbestand in der Terrassenlage Cannstatter Zuckerle (eine der beiden Innenstadtlagen in Stuttgart) erworben und machen in ihrer "Garage" nun mit viel Engagement und der heute branchenüblichen Philosophie ihren Wein, also auch richtigen Wein, zum Beispiel einen Spätburgunder, von dem bei anderer Gelegenheit noch die Rede sein wird. Riesling und Sauvignon blanc runden das Paket ab.
Zurück zum Trollinger. To make a long story short: Das ist der beste, ja der allerbeste Trollinger, den ich in Deutschland getrunken habe (es gab da mal einen Vernatsch, der mich ähnlich begeistert hat, den lass ich mal außen vor). Was immer man an gerne kolportierten Vorurteilen gegen Weine, also *ööhm gegen alkohlhaltige Getränke aus dieser Rebsorte hegt, es geht auch anders. Sicher mit viel Handarbeit, Selektion, Konzentration (also nicht des Mostes sondern im Sinne von Fokussieren auf das Ergebnis) und nicht mit dem Ziel, große Mengen zu lachhaft kleinen Preisen auf den Markt zu bringen.
Der Wein hat eine klare kräftig rote Farbe (da hab ich schon blassere Spätburgunder gesehen) und einen feinen Duft nach Sauerkirsche, Gewürzen und dann am Gaumen wiederum feines Sauerkirscharoma, eine leicht gewürzige Bitternote nach Kümmel und Pfeffer, etwas Karamell, zartes Tannin, Extrakt, mittelschwerer Körper, guter Abgang und mit 12.5 vol% nicht zu alkoholisch aber durchaus kraftvoll.
Der verdient was Besseres als Linsanonspätzlaonsaitewürschtle (was allerdings, wenn vom richtigen Koch mit den richtigen Zutaten zubereitet auch eine ganz köstliche Mahlzeit ist, hängt viel vom verwendeten Essig ab) sondern eine feine Roulade mit Speck und Gemüse gefüllt mit viel Sauce und Bandnudeln. Das war, wie man im Lande des Trollingers wohl sagt "a Fescht".
Prost!
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
James Bond in From Russia with Love
An Klassikern lässt sich nichts mehr verbessern, jede Abwandlung wirkt bemüht. Deshalb interpretiere ich die Alternative mal als etwas Eigenständiges. Klingt auch so, als ob man dazu einen Riesling trinken könnte, was mir allemal lieber ist, als weinähnliche Getränke.