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DAC (Districtus Austriae Controllatus)

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Bernd Schulz

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 22:18

Eine Frage: Gebietstypisch bedeutet was, Lagentypisch? I


Natürlich nicht! Eine Lage ist ja nun mal kein Anbaugebiet.

Beim Veltliner kenne ich mich zu wenig aus, aber beim Riesling schmecke ich den Unterschied zwischen einem Möselchen und einem Pfälzer in der Regel schon sehr deutlich. Das Kamp- und das Kremstal scheinen mir allerdings verflixt nahe beieinander zu liegen - die Unterschiede zwischen Kamptal und Weinviertel sind eventuell deutlicher ausgeprägt?

Das hat das AOC-System auch nie geleistet, und kein Bezeichnungssystem wird das jemals leisten können.


Eben, Ulli. Aber genau darauf (auf die Möglichkeit des blinden Kaufs) soll laut Gerald die DAC-Geschichte hinauslaufen, wenn ich mich weiter vorne nicht verlesen habe.

Das, was du über die "Verrechtlichung eines vorher rechtsfreien Raums" als Ziel des AOC-Systems schreibst, leuchtet mir ein. Es liegt auch auf der Hand, dass eine solche gewiss notwendige "Verrechtlichung" etwas mit groben qualitativen Standards zu tun hat - aber vielfach stößt man halt auf die Position, das französische Modell würde dem Kunden eine vergleichsweise viel bessere, klarere Qualitätsorientierung bieten als die Systeme in Deutschland oder Österreich. Dieser Sichtweise kann ich mich beim besten Willen nicht anschließen.

Viele Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Mi 14. Aug 2013, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Bernd Schulz

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 22:20

Nun die unweigerliche Frage: Wozu die Aufteilung dann in zwei DAC-Gebiete?


Marketing halt! :mrgreen: :twisted:

Beste Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 22:30

Alas hat geschrieben:
UlliB hat geschrieben:Nach meiner eigenen Erfahrung (im Zeitraum von 1997 bis 2007 intensiver und regelmäßiger Umgang mit Weinen aus beiden Herkünften): nein.


Nun die unweigerliche Frage: Wozu die Aufteilung dann in zwei DAC-Gebiete?


Da musst Du die fragen, die die Aufteilung vorgenommen haben :D

Der Ordnung halber muss man sagen, dass es die Aufteilung auch schon vor der Einführung des DAC-Systems gegeben hat, Kremstal und Kamptal waren auch da schon zwei getrennte Weinbaugebiete. Ich denke, dass das z.T. historische Gründe hat, Näheres kann ich Dir aber nicht sagen.

Die gleiche Frage kannst Du übrigens auch bezüglich der Abgrenzung des südlich der Donau gelegenen Teiles des Weinbaugebietes Kremstal (nota bene: der Fluss Krems mündet auf der Nordseite in die Donau, d.h. südlich der Donau gibt es gar kein Tal der Krems!) vom Traisental und des östlichen Teils des Kamptals vom angrenzenden Wagram stellen.

Gruß
Ulli
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Alas

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 22:44

UlliB hat geschrieben:Da musst Du die fragen, die die Aufteilung vorgenommen haben :D


OK, mach die Tage. :)

Gruß

Alas
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragDo 15. Aug 2013, 11:03

UlliB hat geschrieben:
Bernd Schulz hat geschrieben: Das gilt selbst im hochgelobten Frankreich, wo die ganze Angelegenheit sicherlich noch einmal anders gewachsen und in die Weinkultur eingebettet ist: Der Aufdruck AOC auf dem Etikett garantiert mir noch lange nicht, dass ich einen Wein blind kaufen kann.... :mrgreen:


Das hat das AOC-System auch nie geleistet, und kein Bezeichnungssystem wird das jemals leisten können.

Es ist aber vielleicht ganz interessant, hier einmal die Ausgangssituation zu beleuchten, vor deren Hintergrund Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts das INAO gegründet wurde und das AOC-System in Frankreich ins Leben gerufen wurde. Vorher herrschte nämlich in Teilen der Weinerzeugung, insbesondere aber im Weinhandel blanke Anarchie: die Händler kauften irgendetwas, verschnitten es bei Bedarf mit etwas anderem, füllten das dann in Flaschen, etikettierten es mit einem gut klingenden Namen (meistens eine bekannte und berühmte Herkunft) und verkauften es so. Nicht umsonst gibt es im Burgund Erzählungen über Weinhändler, die zu einem beträchtlichen Vermögen dadurch gekommen sind, dass sie "immer Burgunder verkauft, aber nie welchen eingekauft oder selber erzeugt" haben. Die Handhabe dagegen war praktisch Null, da es keinerlei rechtlich definierten Rahmen für die Verwendung einer Herkunftsbezeichnung gab.

Das AOC-System wurde mit dem vorrangigen Ziel geschaffen, genau diesen rechtlichen Rahmen zu schaffen, d.h. Herkünfte geographisch zu definieren und abzugrenzen, und gleichzeitig elementare Rahmenbedingungen der Produktion in der jeweiligen lokalen Tradition abzustecken und damit dem Konsumenten eine konkrete Chance auf Authentizität des Produktes zu geben (und die Basis zu schaffen, um Händler und ggf. auch Erzeuger bei Verstößen vor den Kadi ziehen zu können).

Mit der Etablierung des Systems hat man logischerweise mit den besten und berühmtesten Gebieten angefangen, wo der Handlungsdruck am Größten war. Das hat erheblich zu dem Ruf beigetragen, dass AOC-Weine qualitativ höherwertig sind - weil eben die besten und berühmtesten Weine Frankreichs als erstes den AOC-Status bekamen. Die primäre Zielsetzung war aber gar nicht Qualität (dazu waren und sind die Standards zu weit gefasst), sondern Authentizität der Herkunft. Es ging um Verrechtlichung eines weitgehend rechtsfreien Raumes. Den Qualitätsaspekt hat man erst ex post dem System zugeschrieben (bzw. zum Teil auch nur angedichtet).




Guten Morgen, Ulrich,

danke für Deine Ausführungen zur historischen Entstehung des AOC. War mir so nicht bekannt.

Vergleicht man die Situation in Österreich bleibt dann genau die von Dir gezogene Schlussfolgerung
UlliB hat geschrieben:
Die Ausgangssituation in Österreich bei Einführung des DAC-Systems war aber eine völlig andere: Österreich hatte schon vorher ein durchaus stringentes Weingesetz, das auch in brauchbarem Umfang kontrolliert wurde, die allgemeinen Qualitätsstandards waren hoch, und das Bezeichnungswesen war klar und in dem Rahmen, in dem ein Bezeichnungswesen überhaupt aussagekräftig sein kann, auch aussagekräftig. Es gab also aus rechtlicher Sicht und auch aus Sicht des Konsumenten eigentlich keinerlei wirklichen Handlungsbedarf.





Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass von ausländischen Weinfreunden die DAC-Regelung irgendwie als kleinster gemeinsamer Geschmacksnenner gesehen wird, siehe dazu den gestrigen Beitrag von Werner.
Und genauso wird es ja auch beworben.

Sei´s drum! Ich habe gestern abend in meinem Lieblingslokal (Taverne am Sachsengang) einen fantastischen 2000er Solitaire getrunken, welchen ich an anderer Stelle beschreiben werde :).

Beste Grüße,

Michael
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragDo 15. Aug 2013, 11:08

einen fantastischen 2000er Solitaire getrunken


der wäre als Cuvée ohnehin kein Leithaberg DAC ;)

Grüße,
Gerald
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragDo 15. Aug 2013, 11:34

Gerald hat geschrieben:der wäre als Cuvée ohnehin kein Leithaberg DAC ;)



...und Bacchus sei´s gedankt 2000 auch noch gar nicht möglich :D

Beste Grüße,

Michael
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragSa 17. Aug 2013, 08:50

Guten Morgen!

Gestern getrunken in der Wein&Co Bar: Leithaberg DAC rot 2010 von John Nittnaus.
Sosehr ich bei meiner grundsätzlich kritischen Einstellung zur DAC-Regelung bleibe, könnte die Leithaberg DAC die Ausnahme von der Regel der Sinnlosigkeit sein -sollte der Leithaberg von Nittnaus den Stil der Leithaberg DAC rot repräsentieren.

Ein leichtfüßig elegantes Geschmackserlebnis, transparent, staubtrocken, absolut kein Holzton, für mich der Eindruck des puren, unverfälschten Blaufränkisch. Eine Art Federspiel in rot. Man versteht dann sogar die vorgeschriebene Alkoholbegrenzung mit 13,5% (für einen solchen Wein eh schon zu viel).
Warum der durchaus vergleichbare BF Kalk und Schiefer nicht als Leithaberg DAC vermarktet wird ist mir nicht ganz klar.

Interessant wird sein, ob diese Leichtigkeit auch im wesentlich opulenteren Jahrgang 2011 bewahrt werden kann.

Beste Grüße,

Michael
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragSa 17. Aug 2013, 09:00

Hallo Michael,

den Eindruck hatte ich bei den bisher probierten Leithaberg rot auch (allerdings frühere Jahrgänge), also vor allem mehr auf Eleganz, Frische und auch relativ deutliche Säure ausgerichtet. Vielleicht als Antwort auf den bereits früher am Eisenberg etablierten Stil?

Ob das nur Zufall ist oder tatsächlich der beabsichtigte Stil ist, weiß ich nicht (vielleicht kann Bernhard etwas dazu sagen, wenn er wieder online ist).

Vorstellbar ist schon, dass der Stil so gewünscht ist, wenn ich die Pressemappe von www.leithaberg.at zu Rate ziehe:

Leithaberg DAC sollen langlebige Weine sein, Weine mit großem Entwicklungspotential.
Dieser Wein muss innere Spannung und Lebendigkeit aufweisen, muss engmaschig und
vielschichtig sein und muss sich nicht unbedingt schon beim ersten Schluck eröffnen.
Ausbau auf der Spontanhefe verleiht den Weinen zusätzliche Komplexität und lässt Weine
mit Länge, Mineralität, Nervigkeit, Ausdrucksstärke, Finesse und Eleganz entstehen.
Leithaberg DAC sollen strukturierte Weine sein, bei denen nicht das Holz, sondern der
Boden den Ausschlag gibt. Sie sollen einen bewussten Gegensatz zum so genannten
„internationalen Weinstil“ bilden: Holzlastigkeit und üppige Schwere sind ebenso verpönt
wie vordergründige Fruchtigkeit oder zuviel Buttrigkeit. Um das zu gewährleisten, hat
man sich auf eine Begrenzung des Alkoholvolumens von 12,5 – 13,5% geeinigt. Die
Rotweine sind von Mineralität, Eleganz, tiefgründiger Würze und dichter Tanninstruktur
geprägt.


Grüße,
Gerald
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragSa 17. Aug 2013, 09:35

Hallo Gerald,

ja, die Beschreibung trifft´s ziemlich genau. Lediglich die dichte Tanninstruktur hätte ich so nicht herausgeschmeckt, kann aber auch dem eher fruchtbetonten Jahrgang geschuldet sein. Ich werde mich mit dem Leithabergtypus jedenfalls weiterbeschäftigen,
obwohl -oder vielleicht gerade weil- meine Präferenz grundsätzlich woanders liegt, nämlich beim eher voluminösen, dichten, extrakreichen Rotwein z.B. Steinzeiler, Admiral, Mariental etc.

Jedenfalls wäre hier ein typischer mit dem Begriff Leithaberg verbundener Rotweinstil, wo sich der Konsument relativ genau vorstellen kann, was er bekommt. Nur brauche ich dazu natürlich kein aufgeblasenes DAC-System, derartiges haben wir nämlich schon seit Jahren in der Wachau mit Smaragd, Federspiel und Steinfeder.

Beste Grüße,

Michael
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