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DAC (Districtus Austriae Controllatus)

Allgemeine Themen oder solche, die mehrere Regionen betreffen
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 17:31

naja, wenn sich z.B. Chateau Latour aus der AOC Pauillac verabschiedet und künftig als Vin de Pays de la Gironde firmiert, würde das ganz sicher eine ganze Menge Leute interessieren; vor allem käme sofort die Frage auf: warum das?


Guten Abend Ulrich,

da gebe ich Dir natürlich recht. Ich wollte damit ausdrücken, dass dem Konsumenten die Appelationsbezeichnung auf dem Etiektt ziemlich egal ist. Ein Latour ist ein Latour, ein Montrose ein Montrose, AOC hin oder her. Und würde man sich geräuschlos aus der AOC verabschieden -was wohl nicht möglich wäre- würde es keiner merken.

Ansonsten stimme ich Dir völlig zu, und die Botschaft der Top-Regionen/Winzer dürfte lauten: Wozu das Ganze?
Zudem erweckt gerade die Werbung für den Weinviertel DAC den Eindruck, dass unter diesem Siegel eher einfache, saubere, schmackhafte, pfeffrige Weine für den Alltag verkauft werden. Der Größenschluss kann daher nur lauten: Wenn ich exklusive Top-Weine vermarkten will, ist das DAC-Siegel eher kontraproduktiv, also Finger weg!

Beste Grüße,

Michael
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slowcook

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 18:11

Hallo Michael

Ja, genau so wie du es im letzten Abschnitt formulierst, würde mir als ausländischem Käufer die Weinviertel DAC Sinn machen: Als verlässliches Startbrett für die Basis-Veltliner, die oft nur in Ö zu bekommen sind und daher etwa hier in der Schweiz nicht bekannt sind. Für die Spitzenweine existieren Beschreibungen zuhauf und die eigenen Erfahrungen über Jahrzehnte sind in diesem Segment sowieso nicht zu ersetzen!

Dann sollte das aromatische Spektrum aber wie hier schon oft erwähnt nicht dermassen breit sein. Ich kann hier nur für mich sprechen: Ich kaufe GV entweder wegen seines unnachahmlichen Pfefferls (Beispiel Weinviertel) oder wegen seiner unerhörten Fähigkeit, nach einer lahmen Phase aufzudrehen (Beispiel Honivogl). Exotisches gibt's anderswo genug; mir tuts irgendwie weh, wenn Veltliner-Winzer hier leichtfertig einem fragwürdigen Trend nachrennen.

Gruss
Werner
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Bernd Schulz

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 18:26

Aber ich glaube schon, deinen Ansatz ein bisschen zu verstehen: Geschmackliche Vielfalt unter einer einheitlichen regionalen "Dachmarke", nicht Einheitlichkeit im Geschmack. Ich hätte nämlich immer letzteres als Ziel der DAC angenommen - und gerade beim Weinviertel DAC wird das ja auch in der Werbung mit dem "Pfeffer" so transportiert.


Wenn mit der DAC "Einheitlichkeit im Geschmack" erreicht werden soll, stellt sich die Frage nach der Zielgruppe.

Fortgeschrittene Weinfreunde, die bereit sind, auch mal mehr als 3,99 für eine Flasche auszugeben, dürfte eine solche "Einheitlichkeit" bei aller Liebe zur Gebietstypizität eher abstoßen.

Konsumenten, die ein möglichst vorhersehbares und einheitliches Geschmacksbild bevorzugen, suchen und finden ihre (mittlerweile durchaus sauber vinifizierten) Weine im Preissegment von 1 - 5 Euro.

Wer also kauft dann überhaupt die DAC-Weine?

Angekommen scheint mir davon aber in Deutschland nicht viel zu sein. Selbst bei ausgesprochenen Weinfans löst das Thema "DAC" hier in aller Regel nur ein Schulterzucken aus.


So sieht es aus. Und meiner Meinung nach liegt das weniger daran, dass österreichische Mittelfeldweine in Deutschland auf kein Interesse stoßen. Der Orientierungswert solcher von oben übergestülpter Reglementierungs- und Vereinheitlichungskonzepte hat für den Verbraucher einfach sehr enge Grenzen. Sobald ich mich oberhalb eines gewissen Mindestniveaus bewege, muss ich mich immer mit dem Erzeuger und seinen konkreten Weinen befassen. Das gilt selbst im hochgelobten Frankreich, wo die ganze Angelegenheit sicherlich noch einmal anders gewachsen und in die Weinkultur eingebettet ist: Der Aufdruck AOC auf dem Etikett garantiert mir noch lange nicht, dass ich einen Wein blind kaufen kann.... :mrgreen:

Beste Grüße

Bernd
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 19:21

Hallo Bernd,

das sehe ich doch ein bisschen anders. Wenn ich in einem Restaurant einen mittelgewichtigen, würzigen und perfekt vinifizierten Veltliner möchte, aber keinen der Produzenten auf der Karte kenne, dann hilft die Bezeichnung "Weinviertel DAC" doch sehr - wenn die sensorische Prüfung einmal funktionieren sollte. Denn zu einem "Billigveltliner" aus dem Discounter sollte doch ein erheblicher Unterschied sein. Wenn ich aber einen Spitzenwein aus einer mir ohnehin bekannten Lage eines bekannten Produzenten möchte, dann bringt mir ein "... DAC Reserve" am Etikett keinerlei weitere Information.

Für dieses - preislich wie im Alkohol - mittlere Segment mit einem einigermaßen einheitlichen Geschmacksbild passt Weinviertel DAC meiner Meinung nach sehr gut. Ähnliches gilt für Mittelburgenland DAC classic etc. In etwa so wurde es auch - zumindest beim Weinviertel DAC - beworben.

Bernhard sieht das offenbar ganz anders, für ihn - wenn ich ihn richtig verstanden habe - ist xyz DAC sozusagen das Qualitätsgütesiegel einer Region, die sich vor allem über die Topweine definiert. Ein einheitliches Geschmacksbild wird in diesem Zusammenhang wahrscheinlich keine größere Bedeutung haben, nehme ich einmal an.

Ist natürlich schwierig, das Konzept dem Konsumenten zu vermitteln, wenn es so unterschiedliche Interpretationen davon gibt ...

Grüße,
Gerald
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Bernd Schulz

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 20:21

Hallo Gerald,

falls die Hauptintention der DAC wirklich in einer "Einheitlichkeit im Geschmack" liegen sollte, bin ich mir nicht so sicher, ob der Unterschied zwischen einem DAC-Veltliner und gut gemachten Discounter-Veltliner am Ende so groß ausfällt, dass viele Konsumenten bereit sind, dafür einen hohen Aufpreis zu bezahlen. Oder anders ausgedrückt: "Gebietstypizität" bedeutet für mich etwas deutlich anderes als ein "einheitliches Geschmacksbild", auch wenn die Gebietstypizität gewisse geschmackliche Gemeinsamkeiten impliziert.

Von der Theorie zur Praxis: Gibt es denn Zahlenmaterial zum kommerziellen Erfolg des DAC-Modells? Verkaufen sich DAC-Weine besonders gut? Existieren vielleicht irgendwelche Absatzstatistiken?

Beste Grüße

Bernd
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 20:38

Bernd Schulz hat geschrieben: Das gilt selbst im hochgelobten Frankreich, wo die ganze Angelegenheit sicherlich noch einmal anders gewachsen und in die Weinkultur eingebettet ist: Der Aufdruck AOC auf dem Etikett garantiert mir noch lange nicht, dass ich einen Wein blind kaufen kann.... :mrgreen:


Das hat das AOC-System auch nie geleistet, und kein Bezeichnungssystem wird das jemals leisten können.

Es ist aber vielleicht ganz interessant, hier einmal die Ausgangssituation zu beleuchten, vor deren Hintergrund Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts das INAO gegründet wurde und das AOC-System in Frankreich ins Leben gerufen wurde. Vorher herrschte nämlich in Teilen der Weinerzeugung, insbesondere aber im Weinhandel blanke Anarchie: die Händler kauften irgendetwas, verschnitten es bei Bedarf mit etwas anderem, füllten das dann in Flaschen, etikettierten es mit einem gut klingenden Namen (meistens eine bekannte und berühmte Herkunft) und verkauften es so. Nicht umsonst gibt es im Burgund Erzählungen über Weinhändler, die zu einem beträchtlichen Vermögen dadurch gekommen sind, dass sie "immer Burgunder verkauft, aber nie welchen eingekauft oder selber erzeugt" haben. Die Handhabe dagegen war praktisch Null, da es keinerlei rechtlich definierten Rahmen für die Verwendung einer Herkunftsbezeichnung gab.

Das AOC-System wurde mit dem vorrangigen Ziel geschaffen, genau diesen rechtlichen Rahmen zu schaffen, d.h. Herkünfte geographisch zu definieren und abzugrenzen, und gleichzeitig elementare Rahmenbedingungen der Produktion in der jeweiligen lokalen Tradition abzustecken und damit dem Konsumenten eine konkrete Chance auf Authentizität des Produktes zu geben (und die Basis zu schaffen, um Händler und ggf. auch Erzeuger bei Verstößen vor den Kadi ziehen zu können).

Mit der Etablierung des Systems hat man logischerweise mit den besten und berühmtesten Gebieten angefangen, wo der Handlungsdruck am Größten war. Das hat erheblich zu dem Ruf beigetragen, dass AOC-Weine qualitativ höherwertig sind - weil eben die besten und berühmtesten Weine Frankreichs als erstes den AOC-Status bekamen. Die primäre Zielsetzung war aber gar nicht Qualität (dazu waren und sind die Standards zu weit gefasst), sondern Authentizität der Herkunft. Es ging um Verrechtlichung eines weitgehend rechtsfreien Raumes. Den Qualitätsaspekt hat man erst ex post dem System zugeschrieben (bzw. zum Teil auch nur angedichtet).

Die Ausgangssituation in Österreich bei Einführung des DAC-Systems war aber eine völlig andere: Österreich hatte schon vorher ein durchaus stringentes Weingesetz, das auch in brauchbarem Umfang kontrolliert wurde, die allgemeinen Qualitätsstandards waren hoch, und das Bezeichnungswesen war klar und in dem Rahmen, in dem ein Bezeichnungswesen überhaupt aussagekräftig sein kann, auch aussagekräftig. Es gab also aus rechtlicher Sicht und auch aus Sicht des Konsumenten eigentlich keinerlei wirklichen Handlungsbedarf.

Man kann es nur immer wieder betonen: die Bezeichnung DAC ist nicht wie die AOC als ein seinerzeit notwendiges Ordnungselement geschaffen worden, sondern einem durchaus funktionierenden System als Marketinginstrument übergestülpt bzw. angeflanscht worden. Und das Ergebnis davon ist hier zu besichtigen: wirklich benötigen tut das kein Mensch - der orientierte Konsument nicht, der uninteressierte auch nicht, und die guten Winzer ganz offensichtlich auch nicht. Die Frage, was das Ganze denn überhaupt soll, ist mehr als berechtigt.

Gruß
Ulli
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Alas

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 20:57

Hallo!

Eine Frage: Gebietstypisch bedeutet was, Lagentypisch? Ich frage mich, ob man einen Unterschied bei einem Veltliner aus dem Kamp- und Kremstal schmeckt und woraus dieser bestehen könnte.

Gruß

Alas
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 21:04

Alas hat geschrieben:Ich frage mich, ob man einen Unterschied bei einem Veltliner aus dem Kamp- und Kremstal schmeckt


Nach meiner eigenen Erfahrung (im Zeitraum von 1997 bis 2007 intensiver und regelmäßiger Umgang mit Weinen aus beiden Herkünften): nein.

Wie sollte das auch gehen? Beide Gebiete grenzen unmittelbar aneinander, haben das gleiche Klima und mit Ausnahme von ein paar "Urgesteinsinseln" hier und dort (die im Wein dann allerdings geschmacklich deutlich hervortreten) auch gleiche Böden.

Gruß
Ulli
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Blaufränkisch

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 21:16

Spannende Aspekte. Leider muß ich weg und bin ein paar Tage offline.

Herzliche Grüße an alle

Bernhard
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Alas

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 21:17

UlliB hat geschrieben:Nach meiner eigenen Erfahrung (im Zeitraum von 1997 bis 2007 intensiver und regelmäßiger Umgang mit Weinen aus beiden Herkünften): nein.


Nun die unweigerliche Frage: Wozu die Aufteilung dann in zwei DAC-Gebiete?

Gruß

Alas
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