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DAC (Districtus Austriae Controllatus)

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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 08:30

Das ist halt das Problem, wenn man etwas zu konstruieren versucht ohne, dass es dafür irgendwelche Wurzeln gibt. In Österreich trinke ich eben einen Grünen Veltliner, eine Blaufränkischen, einen Zweigelt aber keinen Weinviertel, Mittelburgenland oder Neusiedlersee.


na ja, das stimmt meines Wissens aber nicht ganz. Früher hat man einen "Gumpoldskirchner" bestellt oder einen "Brünnerstrassler" (entspricht etwa einem Weinviertel DAC) oder einen "Vöslauer" (Rotwein, ich glaube Blauer Portugieser) oder Vergleichbares. Die explizite Angabe von Rebsorten ist meines Wissens erst irgendwann im 20. Jh. üblich geworden.

Grüße,
Gerald
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migy

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 08:44

Früher hat man einen "Gumpoldskirchner" bestellt oder einen "Brünnerstrassler" (entspricht etwa einem Weinviertel DAC) oder einen "Vöslauer" (Rotwein, ich glaube Blauer Portugieser) oder Vergleichbares. Die explizite Angabe von Rebsorten ist meines Wissens erst irgendwann im 20. Jh. üblich geworden.


Der Brünnerstraßler ist mir auch gleich eingefallen als Beispiel für eine gebietstypische Bezeichnung, die sich bis heute bei den Konsumenten gehalten hat. Nur kann der typische Brünnerstraßler (sehr trockener, eher säuerlicher Weißwein) genau so ein Riesling, Welschriesling oder Sauvignon Blanc sein. Auch beim Gumpoldskirchner stelle ich mir nicht unbedingt eine bestimmte Rebsorte vor.
Es sind daher Gebietsbezeichnungen, die über der Rebsorte stehen.

Wie Du aber auch schreibst, ist die explizite Angabe von Rebsorten irgendwann im 20. Jh. üblich geworden. Also, seit ich mich für Wein interessiere -das ist so seit den späteren 80er Jahren- stand schon ganz klar die Rebsorte im Vordergrund. Ich würde daher schon meinen, dass die meisten Weintrinker in Österreich mit den Rebsorten und nicht den Gebietsbezeichnungen für Wein (außer vielleicht twirklich der Brünnerstraßler) "aufgewachsen" sind.

Beste Grüße,

Michael
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 08:51

Also, seit ich mich für Wein interessiere -das ist so seit den späteren 80er Jahren- stand schon ganz klar die Rebsorte im Vordergrund.


ja, das gilt für mich auch. Früher war es aber ganz sicher anders, mein Urgroßvater hat noch hier bei uns im Weinviertel Weingärten gehabt - und der Wein wurde definitiv nicht nach Rebsorten verkauft (er wusste zwar, welche Sorten er gepflanzt hat, es wurde aber nicht nach außen kommuniziert - so wie man heutzutage die Unterlagsreben nicht am Etikett angibt). Also hat "historisch" gesehen ein DAC schon eine gewisse Kontinuität.

Allerdings - wie du sicher richtig schreibst - ohne die starre Fixierung auf eine oder mehrere genau anzugebende Rebsorten. Also vielleicht so wie Leithaberg weiß oder die kommende DAC Wiener Gemischter Satz.

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:18

Es scheint mir, dass es ziemlich zwangsläufig zu Problemen führt, wenn man versucht, das über lange Zeit gewachsene französische Bezeichnungsrecht mit anderen existierenden Bezeichnungstraditionen zu hybridisieren. In Deutschland hat der VDP versucht, ein burgundisches Herkunfts- und Klassifikationmodell zu etablieren, ist hierbei auf den erbitterten Widerstand der eigenen Verbandsmitglieder gestoßen und schließlich unter Hinterlassung von völligem Chaos weitgehend gescheitert.

Ich habe bei diesen Versuchen immer den Eindruck, dass die Idee dazu in den Köpfen irgendwelcher Marketingleute entstanden ist, die vielleicht etwas von Marketing verstehen, von Wein aber ziemlich wenig, und von Weinbautraditionen überhaupt nichts.

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:22

ein burgundisches Herkunfts- und Klassifikationmodell zu etablieren


Gut, die DACs sind - zum Glück - ja nicht so weit gegangen, "Wertigkeiten" wie 1er oder Grand Cru zu definieren. Das hätte garantiert zu massivsten Auseinandersetzungen geführt, wie welche Lage jetzt zu bewerten ist. Und als typisch österreichische Lösung hätte man am Ende die GC-Lagen wahrscheinlich paritätisch verteilt. ;)

Nein, prinzipiell gefällt mir die Sache mit den DAC schon ganz gut, nur die praktische Umsetzung ist meiner Ansicht nach teilweise verbesserungswürdig ...

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:30

Gerald hat geschrieben:Nein, prinzipiell gefällt mir die Sache mit den DAC schon ganz gut, nur die praktische Umsetzung ist meiner Ansicht nach teilweise verbesserungswürdig ...


Und was würdest Du konkret verbessern wollen (ohne damit auf das ja vorher existierende Bezeichnungsmodell - Kombination von Herkunft und Rebsorte - zurückzukommen) :?:

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:38

Konkret verbessern würde ich z.B.

a) Strengere Typizitätsprüfung beim Weinviertel DAC (Exotik-Kompott hat meiner Ansicht nach nichts dort verloren)
b) Reduktion auf eine Rebsorte (Veltliner ODER Riesling) bei Traisental, Kamptal und Kremstal *)
c) Umbenennung von "Eisenberg DAC" auf "Südburgenland DAC" oder so ähnlich. Wenn das ganze Südburgenland als Eisenberg vermarktet werden kann, ist das meiner Ansicht nach so sinnvoll, wie wenn die ganze Côte de Beaune als Montrachet AC etikettiert werden darf :o

*) wobei man vielleicht auch fragen könnte, ob man überhaupt 3 unterschiedliche DAC braucht, also ob nicht etwa "Kremser Land" oder so ähnlich alle 3 Regionen zusammenfassen könnte? Aber wahrscheinlich geht das schon vom Weingesetz her gar nicht ...

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:51

Gerald hat geschrieben:a) Strengere Typizitätsprüfung beim Weinviertel DAC (Exotik-Kompott hat meiner Ansicht nach nichts dort verloren)


Ich sehe schon, woher Du damit kommst. Aber wie soll das denn praktisch funktionieren? Was typisch ist und was nicht, ist immer eine Frage der individuellen Einschätzung. Auch wenn man sich vielleicht auf die extremen Eckpunkte einigen kann - dazwischen gibt es ein fließendes Kontinuum an Stilen, und da werden die Meinungen dann ziemlich auseinandergehen. Nicht vergessen: die Zuteilung oder Nichtzuteilung einer staatlich geregelten Weinbezeichnung muss gerichtsfest sein, da kannst Du nicht im diffusen Raum persönlicher Einschätzungen operieren, sondern brauchst harte Fakten.

b) Reduktion auf eine Rebsorte (Veltliner ODER Riesling) bei Traisental, Kamptal und Kremstal *)


Würde ich für verfehlt halten. Nach meiner eigenen Erfahrung kommen sowohl aus dem Kremstal als auch aus dem Kamptal sowohl herausragend gute Veltliner als auch herausragend gute Rieslinge.

Wenn es jemals eine Wachau DAC geben sollte (was wohl nie passieren wird) - würdest Du die Winzer auch dort zwingen wollen, für die Herkunftsbezeichnung "Wachau" zu entscheiden, ob nur Rieslinge oder nur Grüne Veltliner dafür zugelassen sind?

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 10:59

Hallo Ulli,

Nicht vergessen: die Zuteilung oder Nichtzuteilung einer staatlich geregelten Weinbezeichnung muss gerichtsfest sein, da kannst Du nicht im diffusen Raum persönlicher Einschätzungen operieren, sondern brauchst harte Fakten.


na ja, bei der Vergabe der staatlichen Prüfnummer gibt es doch auch eine sensorische Prüfung. Und diese kann auch nie wirklich objektiv (wie z.B. ein analytisch-chemischer Messwert) sein. Wenn man mit "pfeffrig" beim Weinviertel DAC werben möchte, darf er nicht wie eine Dose Mango-Papaya-Ananas-Kompott schmecken ...

Würde ich für verfehlt halten. Nach meiner eigenen Erfahrung kommen sowohl aus dem Kremstal als auch aus dem Kamptal sowohl herausragend gute Veltliner als auch herausragend gute Rieslinge.


Keine Frage, es gibt - besonders im Kamptal - auch tolle Chardonnays und sogar Rotweine. Aber die DAC-Weine müssen ja auch nicht unbedingt das komplette Topsegment umfassen, sondern "nur" eine verlässliche Qualität (die auch durchaus eher im Basisbereich sein kann). So dass ich als Konsument weiß, was mich erwartet - auch ohne den konkreten Wein bzw. das Weingut vorher zu kennen.

Grüße,
Gerald
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Blaufränkisch

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Re: DAC (Districtus Austriae Controllatus)

BeitragMi 14. Aug 2013, 11:10

Hallo Ulli und Gerald!

Ich habe bei diesen Versuchen immer den Eindruck, dass die Idee dazu in den Köpfen irgendwelcher Marketingleute entstanden ist, die vielleicht etwas von Marketing verstehen, von Wein aber ziemlich wenig, und von Weinbautraditionen überhaupt nichts.


Lass das mal nicht Berthold Salomon ( http://www.salomonwines.com/undhof/salo ... of/family/ ) und Willi Klinger ( http://www.oesterreichwein.at/ueber-uns ... lum-vitae/ ) hören. Ersterem haben wir in seiner Zeit als ÖWM-Chef die Einführung, zweiterem die weitere umsetzung zu danken.

Was die strengere sensorische Kontrolle (wie auch die Weinbaugebietszusammenlegung) betrifft, so ist das alles über Weingesetz- oder DAC-Verordungsänderungen regelbar. Strengere Kontrollen sind halt vor allem dort ein Problem, wo die Anzahl der DAC-Weine sehr hoch und die Anzahl der benötigten Koster damit zwangsläufig auch hoch ist. Und dort wo die Definition des DAC-Stils rech grob gefaßt und nicht ständig gepflegt und intern transportiert wird.

Dazu kommt noch, dass die Stilvielfalt dort zwangsläufig größer sein muß, wo DAC-Weine im Alltagsweinbereich definiert werden. Bei der Qualitätsspitze ist der kellertechnische Einfluß üblicherweise deutlich geringer (und der der Herkunft höher), als bei Alltagsweinen. Sich auf erstere zu beschränken bedeutet aber halt auch, dass deutlich weniger Marketingbeiträge da sind, eine geringere Breitenwirkung des DAC-Gebietes,...

Wie ich schon sagte: Ein Experiment am lebenden Objekt...

Grüße

Bernhard
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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