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Re: Deutschland 2019

Verfasst: Mi 13. Mai 2020, 17:47
von puschel
puschel hat geschrieben:Meine kurze Zusammenfassung
nach Gesprächen /Informationen einiger Winzer an Ahr /Mosel/ Rheingau
Das Weinjahr 2019 startete kühl und verhalten, die Blüte ca. Mitte Juni langjähriger Durchschnitt , dann folgte ein heißer und trockener Sommer mit Temperaturen von ueber 40°C im Schatten mit extremen Verbrennungen da kein Wasserpolster . Der Regen kam, leider etwas spät. Bei dann anhaltender Wärme und einsetzender Feuchtigkeit reifen die kleinen Trauben nun rasant schnell, so dass auch sehr schnell und früher als geplant geerntet werden musste.
Der Ertrag, deutlich unter Vorjahr ca 25%, qualitativ mit mehr Extrakt und mehr Säure als im Vorjahr :)
Moselglück hat geschrieben:
Kermit hat geschrieben: Die Quantität ist aber recht reduziert. Wenn ich sehe, dass der 2018er-Jahrgang bei etlichen Weinen so schnell ausverkauft war wie 2017, könnte es im nächsten Jahr noch knapper ausgehen.
Puuh, hoffentlich bekomme ich noch etwas ab :shock:
EThC hat geschrieben: Aber im Ernst! Ich hoffe bzgl. 2019 zumindest, daß mich dieser Jahrgang etwas mehr zum Kauf animieren kann, als zuletzt 2018, diesbezüglich bin ich ja eher der Verweigerer...
Hallo Zusammen,
nachdem ich jetzt knapp 2 Dutzend 2019er überwiegend aus den Anbaugebieten Mosel, Saar und Rheingau
probiert habe, 'mein erster Eindruck':
Quantitativ, wie schon erwähnt ein kleiner Jahrgang.
Qualitativ für mich ein sehr schöner, sehr guter Jahrgang,
der mich auch schon zum ein oder anderen Kauf animiert hat.
Im Gegensatz zum bis auf einige Ausnahmen doch eher 'luschen' 2018er Jahrgang,
bietet der 2019er Jahrgang:
Eine feine meist reife Säure mit hohem Weinsäureanteil und
ist reich an Extrakt, an Mineralstoffen, bei kleinem Ertrag
Die älteren Rebstöcke , die tief Wurzeln hatten wohl wenig mit Trockenstress zu tun.
Parallelen sehe ich zum Jahrgang 1997 bzw. noch mehr zum 2001er,
in Punkto Ertrag und Intensität ( Mostgewicht und Extrakt ) .
Die 2019er haben hier und da etwas 'Fett auf den Rippen' - überzeugen mich
durch eine feine Struktur,
meist reife und delikate Säure S analytisch recht hoch g/l
und durch den hohen Extrakt, reich an Mineralstoffen .
Die Säure steht nicht im Vordergrund, sondern ist im Extrakt eingebettet.

@Erich , dieser Jahrgang wird Dich zum Kaufen animieren ! :D
Diesen 2019er Jahrgang haben wir uns verdient. :lol:
Gruß Adi

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Mi 13. Mai 2020, 20:43
von EThC
puschel hat geschrieben:@Erich , dieser Jahrgang wird Dich zum Kaufen animieren ! :D
Diesen 2019er Jahrgang haben wir uns verdient. :lol:
Ich hab' schon d'rauf gehofft, daß 19 bei guter Reife auch allgemein eine schöne Säurestruktur zuläßt und nicht nur in Ausnahmefällen wie in 18. Ich werd' mich langsam 'rantasten und wenn ich genügend Kellerwand sehen kann vielleicht auch entsprechend zuschlagen. Bin gerade in der eher vorteilhaften Situation, daß ich kaufen kann, aber nicht muß... :mrgreen:

Re: Deutschland 2019

Verfasst: So 11. Okt 2020, 18:36
von stollinger
Hallo,

wir haben gestern das Gutsriesling-Paket 2019 eines Händlers blind verkostet. Wir haben die Probe noch mit zwei 2018ern ergänzt.

Bei zwei Rieslingen waren wir uns alle einig, die fielen merklich ab:

Weingut Müller-Ruprecht - Kallstadter Annaberg Riesling Trocken 2019:

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Den Wein selber finde ich nicht auf der HP des Winzers und auch bei keinem anderen Händler; ich vermute mal, dass es sich wieder um eine der PdP Sonderfüllungen handelt. Die wurden ja schon an anderer Stelle kontrovers diskutiert...

Weingut Ökonomierat Rebholz - Riesling trocken 2019:

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Ich fand den nicht besonders Riesling-typisch und eher inhomogen.

Begeisterung wollte auch nur bei einer Mitverkosterin bei diesem Wein entstehen:

Weingut Jülg - Riesling trocken 2019:

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Auch dieser Wein für mich recht untypisch, es kam die Anmerkung, das Jülg nicht unbedingt ein Riesling-Winzer sei; ich kann das nicht bewerten. Mir fehlt hier die Struktur und die aromatische Klarheit.

Eher schwach auch die beiden 2018er im Feld.

Weingut Schäfer-Fröhlich - Riesling trocken 2018:

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Auffällig der deutliche Petrolton, aromatisch recht inhomogen und ohne gute Struktur. Mit Luft zerfällt der Wein zusehends.

Weingut Wittmann - Riesling Estate trocken 2018:

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Strukturell etwas unförmig, mit weniger Druck als der 2019er; auch die Balance fehlt. Aber für einen 2018er noch einer der besseren.

Als nächstes ein breites Mittelfeld, mit auch den beiden analogen 2019ern.

Weingut Schäfer-Fröhlich - Riesling trocken 2019:

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Hat etwas Luft gebraucht, präsentiert sich dann aber sehr zugänglich. Nicht besonders komplex, oder große Spannung, aber angenehm zu trinken, balanciert.

Weingut Wittmann - Riesling Estate trocken 2019:

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Der brauchte etwas Zeit, dann durchaus extraktreich, die rauchigen Aromen gefallen mit recht gut.

Van Volxem - Saar Riesling 2019:

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Die Nase ließ einiges erhoffen. Im Mund war mir der dann deutlich zu süß. Auch will die Nase nicht wirklich zum Mund passen. Einige haben Gefallen dran gefunden, ich nicht.

Weingut Seehof - Familie Fauth - Riesling trocken Edition PdP 2019:

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Mir gefallen die rauchigen Aromen. Sehr zugänglich mit einer saftigen Frucht. Für den Preis ist das vollkommen angebracht. Mir gibt es da aber nicht genug zu entdecken, dass mein Interesse nachhaltig geweckt wird.

Die nächsten beiden Weinen haben leicht polarisiert. In der Wahrnehmung waren wir uns eigentlich alle einig, nur ob wir das mögen oder nicht, da hatten wir getrennte Meinungen. Ich habe schnell mal Probleme mit einer äpfelsäurelastigen, grünen Säure. Allgemein empfinde ich Weine, die sehr über die Säurestruktur kommen, etwas einseitig. Ich mag lieber die Frische von Gerbstoffen, die könne auch gerne mal richtig Grip haben.

Jakob Schneider - Rote Erde Riesling trocken 2019:

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Der ist säurebetont, und als solches dann wirklich klar und mit einer schönen Länge. Mein Blick auf den Wein ist aber eher, dass ich ihn damit eher einseitig finde, wenig tief.

Weingut Hermann Dönnhoff - Riesling trocken 2019:

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Auch dieser Wein wird von der Säure getragen, damit lang und klar. Wenig komplex, aber das was da ist, ist präzise.

Ich denke, dass sind gute Weine, es läuft dann auf individuelle Präferenzen hinaus.

Weingut von Winning - Riesling Drache trocken 2019:

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Eine schöne Nase, komplexer als die meisten anderen Rieslinge in der Verkostung. In der Gruppe insgesamt auf Platz zwei gelandet. Im Mund ist mir das persönlich etwas zu süß

Zuletzt meine drei Favoriten, wobei Emrich Schönleber auch in der Guppe Sieger, und Wagner Stempel auf Platz drei, war. Nur der Corvers-Kauter hat mir etwas besser gefallen als den Anderen.

Weingut Dr. Corvers-Kauter - Rüdesheimer Riesling trocken 2019:

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Das ist schon eine recht reife, extraktreiche Stilistik, da ist wenig Feinheit und auch nicht unbedingt Präzision; konnte nicht alle begeistern. Mir gefiel, dass es mal eine gewisse Spannung gab und der Wein hat einfach Spaß beim Trinken gemacht.

Weingut Wagner-Stempel - Riesling trocken 2019:

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Eine reife Phenolik, druckvoll und kräftig. Mir gefällt das würzig-herbe.

Weingut Emrich-Schönleber - Riesling trocken 2019:

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Auch hier eine reife, druckvolle Phenolik, extraktreicher. Zusätzlich fällt die schöne Säure auf.

Mein Resumee von der Stichprobe?

Da waren ja Weine dabei, die von den professionellen Verkostern >90 Punkte erhalten haben. Das sehe ich da nicht näherungsweise. Vielleicht ist meine Punkteverständnis da etwas veraltet, besonders im Zuge der allgemeinen Punkteinflation. Aber so im Bernd und Michl Kontext würde ich die Weine so im Optimum bei 87, maximal 88 Punkten eingrupieren. Ein besonderes Schnäppchen oder eine Empfehlung, weil sonst irgendwie interessant oder besonders, war nicht dabei.

Mir gefällt 2019 ganz gut, ich mag den eher reiferen Fruchtcharakter, mehr Zitrusfrüchte, weniger Apfel. Mir gefallen die druckvollen, reifen Phenole, halten den durchaus kräftigeren Extrakt in einer schönen Struktur. Die Säure besitzt auch eine gute Frische, häufig recht reif. Vorsichtig sollte man sein, wenn man sich an Petrolnoten stört, die sind schon recht reichhaltig vorhanden.

Ich finde der Jahrgang ist recht stark vom Witterungsverlauf geprägt, vom heißen Jahrgang. Damit befindet er sich schon in einer durchaus extremen Ausprägung; die Winzer scheinen zwar wirklich weitestgehend erfolgreich mit der Witterung umgegangen zu sein, aber für mich macht der Jahrgang nicht den Eindruck, als biete er sich an, um unterschiedliche Facetten eines Jahrgangs hier spannungsvoll und komplex zu verbinden. Er wird den extremen Charakter eines Hitzejahrgangs mit einer reifen Charakteristik und viel Extrakt beibehalten.

Ich werde mir noch ein paar 2019er kaufen, werde aber im Bereich der Ortsweine und 1. Lagen bleiben, weil ich denke, dass ich das beschriebene Charkteristikum von Dichte, Extrakt, Reife, Druck,... auch schön in diesen Weinen finden werde. Was mir etwas fehlt, sind Zartheit oder Feinheit, auch etwas subtiles und/oder geheimnisvolles, ja auch Tiefe. Ich habe in den Weinen insg. nicht genug Facetten wiedergefunden (wie sie in einem Jahrgang mit gemäßigter Witterung herausgearbeitet werden können), um an einen Kontrapunkt und eine Komplexität, wie ich sie bei einem GG erwarte, zu glauben. Ich traue dem Jahrgang das nicht in dem Umfang zu, dass ich den doch happigen Aufschlag zwischen einer 1. Lage und einem GG rechtfertigen kann, zumindest nicht, ohne vorher probiert zu haben.

Grüße, Josef

Re: Deutschland 2019

Verfasst: So 11. Okt 2020, 21:40
von EThC
Vielen Dank für diesen überaus interessanten Querschitt durch die 19er Riesling-Basis. Ich selbst bin hier noch nicht so weit vorgedrungen, bei 19er Rieslingen sind's bis jetzt gerade mal deren zwei, einer von Reinhardt aus der Pfalz und einer von der Tiny Winery von der Mosel, der allerdings aufgrund seiner etwas spezielleren Machart nicht unbedingt als Jahrgangs-Benchmark taugt. Dazu noch ein bißchen was aus anderen Rebsorten.
Insgesamt zeigt sich der Jahrgang für mich derzeit aber doch deutlich attraktiver als 2018, allerdings ist letzerer für mich auch einer der unattraktivsten der letzten Jahre gewesen, zumindest auf der weißen Seite.
Bis dato ist es aber nicht so, daß ich mich total begeistert auf die 19er Weine stürze, blind hab' ich bis jetzt nur ein bißchen was gekauft, um mir selbst ein Bild zu machen, vor allem von Tesch und Wagner-Stempel. Ob's großartig mehr wird, davon bin ich noch nicht so richtig überzeugt, bin halt doch mehr der Kaltjahrfan...

Re: Deutschland 2019

Verfasst: So 11. Okt 2020, 21:58
von Lorne Malvo
Ja danke für die tollen Notizen. 8-)

19 war für mich gefühlt schon deutlich kühler als 18.
Trocken, aber nur 2 kurze Hitzeperioden.
Klar, im Mittel schon auch warm, aber für die Säure ist die Hitze wohl noch gefährlicher...

Ich hoffe auf (nicht über) reife Weine mit deutlich stabilerer Säurestruktur als 18.
Habe nur Wagner Stempels 19er Neu Bamberg getrunken.
Trotz 13% und 5g Restzucker, hats Daniel Wagner mit schöner Säure balanciert hinbekommen.
So könnte es weitergehen. :)

Habe recht gut im Ortswein - Bereich eingekauft.

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Mo 12. Okt 2020, 08:43
von stollinger
Lorne Malvo hat geschrieben:Ich hoffe auf (nicht über) reife Weine mit deutlich stabilerer Säurestruktur als 18.
Habe nur Wagner Stempels 19er Neu Bamberg getrunken.
Trotz 13% und 5g Restzucker, hats Daniel Wagner mit schöner Säure balanciert hinbekommen.
So könnte es weitergehen. :)
Frische und ausreichend Säure war wirklich überall vorhanden, häufig unterstützt von reifen Gerbstoffen. Die Säure ist vorallem reif, also wenig Äpfelsäure; sie ist aber nicht knackig oder rassig (oder gar resch). Mir kommt das sehr entgegen, weil weniger aggressiv.

Wagner-Stempel mag ich ganz gern, beim 17er Porphyr hatte ich mir notiert, dass ich der Säure halber kapitulieren musste (obwohl ich den Wein nicht schlecht fand). Diese Gefahr sehe ich in 2019 nicht.
EThC hat geschrieben:Bis dato ist es aber nicht so, daß ich mich total begeistert auf die 19er Weine stürze, blind hab' ich bis jetzt nur ein bißchen was gekauft, um mir selbst ein Bild zu machen, vor allem von Tesch und Wagner-Stempel. Ob's großartig mehr wird, davon bin ich noch nicht so richtig überzeugt, bin halt doch mehr der Kaltjahrfan...
Wagner-Stempel wirds wohl auch werden, Tesch hatte ich noch nicht dran gedacht, ist aber eine gute Idee. Ohne Geier bekommt man dann doch mehr fürs Geld. Als Ergänzung zu kühleren Jahrgängen finde ich 19 im Keller ganz sinnvoll.

Grüße, Josef

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Mo 12. Okt 2020, 17:18
von niers_runner
Hallo Josef,

auch von mir vielen Dank für deinen Bericht.
Für die Freunde der fruchtsüßen Rieslinge kann ich folgende 19er empfehlen:

Wagner-Stempel: Heerkretz Kabinett
Wittmann: Morstein Kabinett
Lauer: Ayler Kupp Kabinett
Hofgut Falkenstein: Kettnacher Euchariusberg Kabinett

Beste Grüße

Peter

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Mi 14. Okt 2020, 18:41
von puschel
Hallo Josef,
jetzt erst gelesen, auch von mir - besten Dank :!:

Ja, Peter dann ergänze ich mal die rest- und edelsüßen Prädikatsweine

Für Puschel die Nr 1 unter den Auslesen
Dhroner Hofberg * von A.J.Adam

Die Nr 1 der Spätlese
Graacher Dompropst AP5 von Willi Schaefer

Und bei den Kabinettweinen benenne ich gleich 3
Graacher Dompropst, Willi Schaefer
Dhroner Häs‘chen, A.J.Adam
Krettnacher Euchariusberg Alte Reben vom Hofgut Falkenstein

Gruß Adi

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Do 15. Okt 2020, 16:11
von niers_runner
Eine weitere 19er Spätlese würde ich zu den TOP Rieslingen aus 2019 noch hinzufügen:

Dirk Richter 2019 Wehlener Sonnenuhr Spätlese

Beste Grüße

Peter Heun

Re: Deutschland 2019

Verfasst: Do 15. Okt 2020, 17:41
von Moselglück
niers_runner hat geschrieben:Eine weitere 19er Spätlese würde ich zu den TOP Rieslingen aus 2019 noch hinzufügen:

Dirk Richter 2019 Wehlener Sonnenuhr Spätlese

Beste Grüße

Peter Heun
Liegt im Keller :D

Gruß,

Daniel